Glücklich im Schlaubetal: Froschkonzert, Baches Rauschen, Adlerflug

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Mai 252018
 

Eine ungeheure Fülle an Eindrücken für lauschendes Ohr und lugendes Aug, für unbeschuhten Fuß und witternde Nase bot uns die Wanderung durch den sonnenbeschienen Oberlauf der Schlaube am vergangenen Sonntag.  Die Schlaube ist ein geheimnisreicher, weithin unbekannter Fluss, den nur sehr wenige kundige Wanderer dem Namen nach kennen – und noch weniger Menschen zu erreichen wissen. Hier gleich in aller Frühe das Konzert der Frösche im Erlenbruch:

Ein paar Schritte weiter, und silbrig hell sprang uns ein Bächlein entgegen:

Doch damit nicht genug! Hinaufgeschaut, und über dem See an der Kieselwitzer Mühle kreisten zwei Seeadler, auf Beute lauernd, einander folgend im azurenen Himmel, einander umspielend. Dies alles innerhalb weniger Minuten erleben zu dürfen, flößte mir ein ungeheures Glücksgefühl ein, das noch heute anhält, da ich mich dankbar daran erinnere!

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Glücklich im Schlaubetal

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Mai 232018
 

Im Schlaubetal, 20. Mai 2018

[…] „Der abendliche Rundgang um den Wirchensee bezauberte uns. Die Sonne sank als glühender Ball der Götter über die halkyonisch glatte, unergründliche Wasserfläche.“ —

 

„Die Luft war erfüllt von soviel Sanftheit, soviel Wärme, solchem Dämmerschein. Von einem erhöht gelegenen Aussichtspunkt der Jäger genossen wir die unendliche grüne Weite. Überall regte sich huschendes Geraschel, Gezirpe, Vogelschlag erfüllte den Wald. Hier oben, da in den Wiesen, da entspringt glucksend die Schlaube.“ [—]

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Sattes Blau, zartes Grün, kaltes Bad

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Apr 292018
 

Wir haben heute einen herrlichen Ausflug mit Wanderung zum Liepnitzsee bei Wandlitz unternommen, wo ich in das immerhin 12 Grad warme Seewasser eintauchte und 20 Sekunden schwamm! Überall schmückte sich der Wald mit zartem Grün; der Himmel bestach uns am Vormittag mit sattem, tiefem, dunklem Blau, wie man es sonst nur ganz selten im Hochgebirge sieht!

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Edinburgh, die Schöne Europas – vom Arthur’s Seat bestaunt

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Apr 212018
 

Gelb gesprenkelt bieten sich die Flanken des mächtigen Arthur’s Seat unseren Augen dar: es ist der Stechginster, der hier vor den immer noch kahlen Laubbäumen seine üppig schäumenden Blüten austreibt. 251 m ragt der mächtige, vor 350 Millionen Jahren aus Vulkanschlecke erstarrte massige Doppelgipfel über Edinburgh empor. Die Hauptstadt Schottlands zieht europäische Reisende von überallher an! Ich höre während des unschweren, nur 40 Minuten dauernden Aufstieges Italiener, Russen, Spanier, Schweizer, Franzosen in ihren jeweiligen Sprachen miteinander sprechen. Die Italiener versichern einander: „Lì sopra, ci sono pure gli scalini!“ – „Per fortuna!“, werfe ich ein. Gelächter allenthalben! Dieser 251 m hohe Gipfel sollte doch auch von Ungeübten an diesem sonnigen Vormittag des 14. April 2018 wirklich zu bezwingen sein! Und siehe da: Schon nach wenigen Minuten haben wir die von den Italienern angekündigten Stufen erreicht. Von oben winkt unsere erste Gipfelstürmerin herab. „Vittoria, mio core, non lagrimar più!“

Oben angelangt,genießen wir den herrlichen Ausblick auf die Silhouette der Stadt. Hier im Vordergrund unten rechts der Ortsteil Holyrood mit dem Holyrood-Palast, den Überresten der Abtei Holyrood und dem neuen schottischen Parlamentsgebäude. Weit hinten, jenseits der Stadt mit ihren fast 500.000 Einwohnern, in der Mitte des Horizonts, locken die Pentland Hills. Der strahlende Sonnenschein, in dem der Stechginster uns gelb anlachte, hat sich mittlerweile hinter einigen Wolkenschleiern verborgen.

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Wanderers Glück auf dem Caerketton

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Apr 202018
 


Sieh Dich um, Wanderer auf dem Caerketton! Du gehst den Saumpfad auf Berges Grat entlang, der breit genug ist, dass Dir nicht schwindelt. Zur Linken geht es hinunter nach Swanston, dort wo das weiße Cottage hinter noch unbelaubten Bäumen schimmert. Und zur Rechten? Nach rechts, da führt der Weg weiter nach Allermuir. Aber Deine kleine Schar und Du, ihr haltet die Spur; der Wind weht euch von beiden Seiten zu, ihr steht darüber, ihr haltet das Gleichgewicht. Nichts kann euch umkippen, der Widerstand des Windes ist eine Wohltat, ihr haltet die Nase in den Wind. Ihr seid stark, ihr seid unbeirrbar und unschlagbar. Ihr seid – der Clan im Hochland!

Bild: Auf dem Pfad vom Caerkatton Hill Richtung Lothianburn in den schottischen Pentland Hills. Aufnahme des Verfassers vom 16.04.2018

Diese Wanderung wird in diesem schönen Wanderführer beschrieben:
Susan Falconer: Walking in the Pentland Hills. 30 walks in Edinburgh’s local hills. A walker’s guide. Second edition 2016. Cicerone, Milnthorpe. Hierin: Walk 2: In Stevenson’s footsteps, S. 27-30

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Wanderlust in den Rauener Bergen

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Apr 112018
 

„It’s a pleasant thing to be young and have ten toes, and you may lay to that – Ach, es ist herrlich jung zu sein und zehn gesunde Zehen zu haben“
Dieser Lobpreis des Gehens und Wanderns aus dem Mund des einbeinigen Seebären John Silver aus Robert Stephensons Schatzinsel kommt mir bei unseren Wanderungen immer wieder in den Sinn. Bald werde ich Edinburgh besuchen, wo ich die Spuren dieses bedeutenden schottischen Schriftstellers nachzeichnen werde!

Letzten Sonntag führte uns der Weg von Bad Saarow durch Gehölz und Gestrüpp zum Großen Kolpiner See, wo wir hunderte von Erdkröten auf Massenwanderung beobachteten.

Überall sprangen und kletterten, krabbelten und krochen sie uns vor den Füßen umher. An einer Bucht im Kolpiner See paarten sie sich mit größter Lust, gern auch zu mehreren; später würden sie dann zwischen den Halmen des Röhrichts ihre Laichfäden aufspannen.

An diesen amphibischen Tieren wird der entwicklungsgeschichtliche Ursprung des Lebens aus dem Wasser deutlich!

Und von da gings hoch hinauf zu den Rauener Bergen, wo wir die beiden gewaltigen Markgrafensteine bestaunten. Grobkörniger prophyrischer Granit wurde während des Pleistozäns in mächtigen Massen von Südschweden hierher geschoben. Der größte landliegende Findling Deutschlands befindet sich genau hier!

Ein Blick vom Aussichtsturm auf den Rauener Bergen belohnte uns für alle Anstrengungen. Das Bild ganz oben zeigt diese Weite!
Solche Wanderungen tun uns allen sehr gut! Man besteigt den Zug, fährt gestärkt, ermutigt und erquickt zurück in die Stadt und freut sich seiner zehn gesunden Zehen und wie herrlich das Leben und das Wandern doch sein kann.

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Wider das Vergessen – ein Kiezspaziergang durch das Bayerische Viertel

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Mrz 242018
 

Bei kaltem Frost und strahlendem Sonnenschein warfen wir am vergangenen Samstag einen großartigen, erkenntnisreichen Blick in die Geschichte unserer Schöneberger Wohnumgebung! Geführt durch Bürgermeisterin Angelika Schöttler durchstreiften wir unseren Bezirk. An jedem dritten Samstag im Monat wird in der Regel mit der Bürgermeisterin ein neues Gebiet erkundet – sehr löblich, sehr empfehlenswert! Thema des Kiezspazierganges war dieses Mal das Bayerische Viertel.

Für die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie stellt zwar das heutige Schöneberg kein Ruhmesblatt dar, denn die Schöneberger Kohlenhandlung, in der die mutigen SPD-Politiker Annedore Leber und Julius Leber ihre konspirativen Treffen abhielten, ist in ihrem jetzigen Zustand nur noch als trauriges Denkmal für das Vergessen zu bezeichnen.

Aber es war mir um so mehr eine große Genugtuung, dass der maßgebliche Begründer des Revisionismus, der große Sozialdemokrat Eduard Bernstein, immerhin noch im Gedächtnis zumindest unserer kleinen Wandergruppe verankert wurde. Ja, wir kamen an der oben zu sehenden Gedenktafel in der Bozener Straße vorbei. Gelegenheit, dieses mutigen, unbeugsamen Theoretikers, der als einer der ersten SPD-Politiker öffentlich an den marxistischen Dogmen zweifelte, zu gedenken!

Bernsteins Grab besuchte ich übrigens am 4. Juni 2017 auf dem Friedhof an der Eisackstraße, der sich im Zuge der Auflösung befindet, umtost von der Stadtautobahn A 100, ebenfalls in Schöneberg. Dort dämmert Bernsteins Ehrengrab unter tiefschattenden Bäumen dem Ende alles Irdischen entgegen.

Die Schriftsteller Gottfried Benn und Arno Holz zählten ebenfalls zu den Schönebergern. Wir kamen an ihren ehemaligen Wohnungsadressen vorbei.

Besonders dankbar war ich dafür, dass sich endlich mein quälender Zweifel bezüglich der im Bayerischen Viertel überall ausgehängten nationalsozialistischen Verordnungen und Gesetze klärte, mit denen ab 1933 die Entrechtung, Verfolgung und Vertreibung der Schöneberger Juden juristisch abgesichert wurde. Das kann doch nicht sein! Sollten diese Gesetze und Verordnungen immer noch oder gar wieder gelten? So durchzuckt es mich immer wieder, wenn ich durch das Bayerische Viertel radle. Warum hängen diese schändlichen Unrechtsparagraphen Tag um Tag im Schöneberger Straßenraum herum? Ist es denn schon wieder so weit?

Weit gefehlt! Es handelt sich um ein Erinnerungsmahnmal, die Orte des Erinnerns, wie ja auch aus kleinen, nachträglich angehängten Täfelchen hervorgeht. Starker Tobak, nichts für empfindliche Nerven ist das; diese Erinnerungsorte wirken vermutlich re-traumatisierend für die Menschen, die jene Unmenschlichkeit der durch die Nationalsozialisten beherrschten Gesellschaft gerade hier in der Schöneberger „jüdischen Schweiz“ erleiden mussten. Auf mich entfalten offen gestanden die Täfelchen weiterhin eine nachhaltig verstörende, deprimierende Wirkung.

Insgesamt jedoch fand ich den Rundgang mit Bürgermeisterin Schöttler eine wunderbare Sache. Sie liebt ganz offensichtlich den Bezirk. Sie möchte all die schönen und weniger schönen Geschichten, die hier geschehen sind, weitererzählen und weitergeben. Und wir gerieten sogar ins persönliche Gespräch mit einem Mitwandernden, der tatsächlich ab 1952 hier am Bayerischen Platz seine Kindheit erlebt hatte. Er schilderte uns seine Erlebnisse und Erfahrungen. Wir hörten zu, lauschten, froren, nickten, fragten.

Mein Dank geht in diesem Augenblick an Frau Schöttler und alle, die uns erzählt, geführt, begleitet haben. Und an die Märzensonne! Sie wird es im Laufe der Tage schaffen. Der alte Winter wird sich ohnmächtig in seine Berge irgendwo hinter Bayern zurückziehen. Sie wird die Oberhand über den Frost behalten.

Strahle hell und warm! Im Zuhören, Lauschen, Nicken, Fragen, ja auch im Frieren entsteht allmählich das Gefühl der Zugehörigkeit, das Gefühl der Gemeinschaft. Und zuletzt erscheint, wie immer vorübergehend, wie fröstelnd und gefährdet auch immer, tatsächlich das Bewusstsein von Heimat.

https://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/ueber-den-bezirk/spaziergaenge/

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Schritte zur Versöhnung der europäischen Völker

 1917, Russisches, Versöhnung, Wanderungen  Kommentare deaktiviert für Schritte zur Versöhnung der europäischen Völker
Mrz 102018
 

„Ja, damals, als diese Najade im pompejanischen Stil aufgetragen wurde, nahm Russland selbstverständlich an der europäischen Geschichte teil. Deutsche Handwerker, italienische Architekten, französische Gouvernanten und Gelehrte waren fester Teil der russischen Gesellschaft. Der deutsche und der russische Hochadel bildeten eine politische Klammer zwischen der Mitte und dem Osten Europas. Überall in Europa wurden die Romane Balzacs, Zolas, Tolstois und Dostojewskis gelesen.“

Derartige Gedanken an die ehemals durchaus vorhandene gesamteuropäische Kultur- und Gedächtnislandschaft kamen mir vor zwei Sonntagen während einer kurzen Wanderpause in den Sinn.

Hier ein Fresko, ein Wandgemälde in der Loggia Alexandra auf dem Böttcherberg oberhalb des Wannsees. Weit, hoch, herrlich schweift der Blick hinüber nach Babelsberg. Errichtet wurde dieses kleine Prachtstück zur Erinnerung an Alexandra Fjodorowna, die als Prinzessin Charlotte von Preußen geboren wurde und nach ihrer Heirat mit dem russischen Großfürsten Nikolaus, dem späteren russischen Kaiser Nikolaus I., diesen russischen Titel annahm: Kaiserin Alexandra Fjodorowna.

Die Zerstörung der traditionell guten, jahrhundertelang gewachsenen preussisch-russischen bzw. deutsch-russischen Beziehungen begann im späteren 19. Jahrhundert im Zeichen imperialen Machstrebens der europäischen Großmächte.

Aber erst durch die bolschewistische Machtergreifung und die anschließende, unvorstellbar brutale, etwa bis zum Tod Stalins (1953) währende kommunistische Terrorherrschaft in der Sowjetunion wurde Russland dauerhaft aus der europäischen Familie herausgerissen. Lenin, der deutsch-russische Adlige mit all seinen willigen Vollstreckern, warf 1917 gewissermaßen – gefördert und angestachelt durch die Oberste Heeresleitung des Deutschen Reiches – die zerstörerische Brandfackel, mehr noch: eine Atombombe auf das alte Russland. Millionen von Toten, Hungersnöte unvorstellbaren Ausmaßes, zerstörte Landschaften, unendliches Leiden und Elend in weitesten Bevölkerungsschichten, zerbrochene Familien waren die Folge.

Die berühmt-berüchtigte Oktoberrevolution des Jahres 1917 muss, so scheint mir, heute in mancherlei Hinsicht als ein vernichtender atomarer Schlag betrachtet werden, von dem sich Russland erst im 21. Jahrhundert zu erholen beginnt.

Hier sind auf Seiten aller europäischen Länder, insbesondere Deutschlands, mühsame Schritte der Wiederannäherung erforderlich, die hoffentlich irgendwann zu echter Aussöhnung zwischen den europäischen Völkern führen werden, wie dies ja auch zwischen Frankreich und Deutschland, zwischen Großbritannien und Deutschland gelungen ist.

Ein Schüleraustausch zwischen Russland, dem größten europäischen Land, und den anderen Staaten Europas, insbesondere den Staaten der Europäischen Union, könnte ein wichtiger Baustein dieser Versöhnungsarbeit sein. Hierfür kann und soll, so meine ich, der deutsch-französische Schüleraustausch ein echtes Vorbild sein.

Die Strecke dieser Wanderung, welche zur Loggia Alexandra führt, ist hier zum Nachwandern beschrieben:
Manfred Schmid-Myszka: Von Wannsee nach Babelsberg. Wanderung am südlichen Berliner Stadtrand. In: M. Schmid-Myszka: Rund um Berlin. Von der Ruppiner Schweiz bis in den Spreewald. 50 ausgewählte Wanderungen in der Mark Brandenburg. Bergverlag Rother, München 2016, S. 104-106, hier bsd. S. 106

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Gleitendes Glück auf den Urkräften des Eises

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Mrz 042018
 


Der Schlachtensee bietet eine weite glatte Eisfläche. Sehr früh setzen wir die Kufen ins Eis. Da es nicht geschneit hat, gleiten wir mühelos dahin. Nur lang hingezogene Risse beweisen, welche Urkräfte am Werk sind: das Eis arbeitet unaufhörlich, es atmet mit jedem Zentelgrad. Immer wieder entlädt sich die Spannung in lautem Knallen: Peitschenhiebe des sich dehnenden Eisschildes.

Der Saum der Wälder umkränzt den See. Er wird noch da sein, wenn das Eis längst geschmolzen ist. Doch heute halten wir es fest, das gleitende Glück.

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Die Baumtrommler

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Mrz 022018
 

Wir gehen den Weg in den Wald hinein. Froststarrend ruhen die Baumstämme. Unverrückbar liegen sie da, als warteten sie auf den Schnee, der nicht kommt. Doch das ist nur Schein. So scheinhaft sind sie wie auch ein Pochen, ein Klopfen, ein Hämmern. Erst unhörbar, so dass du erst einmal an eine Sinnestäuschung denkst. Vor uns breitet sich der froststarrende Wald aus, der Düppeler Forst. Schabt ein Riemen deines Rucksacks taktgenau an der Kapuze, ja, nein? Du hältst inne. Du fragst die Mitwandernde, du drehst den Kopf in die hell strahlende Sonne.


Da, horch! — Ein weiteres Klopfen, ein Hämmern, ein insistierendes Pochen. Holz auf Holz! Kastagnetten des Frosts! Die beiden Pocher, die beiden Hämmerer scheinen aufeinander zu lauschen. Sie senden sich Signale zu, unsichtbare Morsezeichen. Die Morsezeichner auf ihren Bäumen sind’s! Jetzt drehst du den Kopf weiter, da vernimmst du aus einer dritten Richtung, leicht erhöht, vielleicht um einen Ganztonschritt, wieder ein inständiges Hämmern und Trommeln. Der dritte fällt den beiden ersten ins Wort. Er befiehlt ihnen zu schweigen. Doch die beiden ersten lassen sich nicht beirren. Sie fallen einander in den Tanz, sie hämmern herum, dass es eine Lust ist.

„Jetzt erst recht!“ Da hörst du die Späne fliegen! Sie raufen sich zusammen, diese drei Baumtrommler, sie spannen uns einen Konzertsaal auf, mitten im Wald. Sie pochen und hämmern, wild und doch präzis, weit über unseren Köpfen führen sie ihr Konzert auf. Sie zerbrechen ernst, unbeirrbar, leidenschaftlich die Kirchenstille des Sonntagmorgens. Dabei haben sie nicht studiert, diese Schlagzeuger mit ihren hämmernden Schnäbeln. Kein Dirigent könnte ihre Symphonie dirigieren, kein Komponist könnte eine derartige Fülle an Rhythmen, Tonhöhen und Nuancen aufschreiben. Kein Konzertsaal, auch nicht der neue holzvertäfelte Saal, der nach Pierre Boulez benannt ist, könnte dir ein derartiges überwältigendes Lauschen und Staunen bieten wie diese drei unsichtbaren Hämmerer.

Hört die Spechte am Stamme! Sie lernen nicht, sie erwarten keinen Lohn, sie verlangen keinen Eintritt, und doch übertreffen sie an Erfindungsreichtum und Klangfülle, an Pracht und Herrlichkeit jedes hochdekorierte Meisterschlagzeugerensemble im Kammermusiksaal der Philharmonie.

Die Fotos zeigen Blicke in diesen Konzertsaal im Düppeler Forst, den wir am vergangenen Sonntag durchwanderten.

Die Strecke dieser Wanderung, welche zum Konzertsaal Düppeler Forst führt, ist hier zum Nachwandern beschrieben:
Manfred Schmid-Myszka: Von Wannsee nach Babelsberg. Wanderung am südlichen Berliner Stadtrand. In: M. Schmid-Myszka: Rund um Berlin. Von der Ruppiner Schweiz bis in den Spreewald. 50 ausgewählte Wanderungen in der Mark Brandenburg. Bergverlag Rother, München 2016, S. 104-106, hier bsd. S. 105

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„Да и мы тоже.“ Dostojewskis universale Einsicht

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Jan 042018
 

В большинстве случаев люди, даже злодеи, гораздо наивнее и простодушнее, чем мы вообще о них заключаем. Да и мы тоже.

Endlose, quälende Hustenanfälle in der Nacht treiben den schlaflos Schreibenden immer wieder hoch. Dieser Husten, dieser Schleim, ach all dieses Ungemach, das aus dem Inneren des eigenen Leibes hervorzuquillt! Wer oder was bringt hier Linderung?

Der Schreibende befindet sich in Russland, auf dem Land, in einer Datschensiedlung hart am Ufer der kraftvoll dahinströmenden Moskwa. Moskwa, Fluss des Schicksals, Fluss des Lebens, der die Jahrzehnte verbindet!

Hin und her streifen die Augen des Schreibenden über die Buchrücken, die in hundertjährigen Holzregalen vor ihm aufgereiht sind. Ich ziehe dieses und jenes Buch hervor, suchend irren meine Augen über die Seiten hin. Da – endlich ein Buch, dem ich verfallen war, das ich als Jugendlicher schon durchlas, dem ich dann erneut in Niederbayern nächtens begegnete beim Tode eines Onkels. Und auch damals las ich mich darin fest. Sollte jetzt der Augenblick gekommen sein, das Buch erneut vorzunehmen? Genau da, wo ich jetzt bin, genau jetzt, da ich an unstillbarem Husten leide?

Ich ziehe das Buch hervor, öffne die ersten Seiten. Da ist sie schon, die Stelle, bei der ich hineinspringe in diesen Fluss des Lesens! Da!

Da, da – Да и мы тоже, „… ja, und wir sogar auch…“ So beschließt Dostojewski das erste Kapitel seines Romans von den drei Brüdern. Ja, wir sind so auch, wir können so auch sein, wie die da, die Schlechten, die Verworfenen. Tröstlich stärkende Einsicht! Sie kann sogar den Husten stillen. Dieses Da, dieses Да eröffnet die Pforten zum Du! Ja, so könntest du auch sein! Denke daran, ehe du dich schlafen legst. Du bist wahrscheinlich auch ein Teil der Mehrheit, erkenne, dass Du einer aus der Mehrheit bist!

Wisse: In der Mehrheit der Fälle sind die Menschen, auch die niederträchtigen, viel unbefangener, zutraulicher als wir gemeinhin von ihnen annehmen. Ja sogar wir auch.

Dostojewski schreibt es so:

В большинстве случаев люди, даже злодеи, гораздо наивнее и простодушнее, чем мы вообще о них заключаем. Да и мы тоже.

 

Bild: Der Fluss Moskwa, am heutigen Tag. Bei Nikolina Gora

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Vier Türme, vier Lebensalter, vier Tageszeiten!

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Sep 182017
 

Gestern war ein großartiger Tag, von neblichter Morgendämmerung an bis zum Nachtanbruch von den beeden kreglen Wandrern ganz auf den vier Wanderbeinen verbracht! Vier Türme erklettert, 14 km durch Wälder und Hügel gelaufen! Von Falkenberg in der Mark, wohin uns ganz früh die Eisenbahn brachte, führten die bestens ausgeschilderten Pfade erst frisch am Fontanestein vorbei, den holpernden Stock, Wurzeln, Steine den Trott hinauf zum Bismarckturm, von da rasch ins Leben hinein, über den tiefdunklen Teufelssee den eratmenden Schritt mühsam den Berg hinauf zum Gipfel des märkischen Watzmanns. Mittagssonnenstrahlen rieselten durch die noch üppig begrünten Kronen – dann zum Eulenturm beim Haus der Naturpflege. Von dort ging es immer weiter über Stock und Stein zum Skistadion in Freienwalde, wo es uns auf den Sprungturm der 66m-Schanze hinaufhob. Weit hoch herrlich der Blick rings ins Leben hinein! Nachmittagssonne, da der Blick ungehindert ins Weite dringt! Ab dann, frischer hinab, siehe, die Sonne sank schon! Hinab zum unterirdischen Friedhof im Talgrund, dem Rosengarten, wo tief tief drunten entzahnte Schädel schnatterten und das Gebein schlockerte. Nun schon wieder eratmend bergan hinauf zum Galgenberg.

Den krönenden Abschluss bildete dann ein Ausblick vom Aussichtsturm! Schlotternde Knie wollten zurück, nachhaus, zum Bahnhof in Bad Freienwalde. Nacht ward es. Und so war’s vollbracht.

Das Leben geht weiter!

 

Bild: Blick vom Bismarckturm bei Falkenberg in die Mark hinaus, 17. September 2017, vor Mittag

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Schaurige Schönheit, nicht ungefährlich

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Aug 172017
 

10. August

Mit der Gitsch-Gondelbahn fuhren wir bei strahlender Morgensonne hinauf zur Bergstation auf der Gaisraste, die in 2058 m Höhe liegt. Von hier bot sich ein herrlicher Rundblick über das Pustertal bis hin zu den Geislerspitzen.

 

 

 

 

 

 

Ein bequemer Weg brachte uns um den Rücken von Breiteleben herum an diesem plätschernden Brunnen vorbei. Etwa eine Stunde lang querten wir Wiesen und durchschritten einige Almweiden, auf denen das Vieh graste.

 

Dann wurde es ernst: Ein Hinweisschild kündigte den ungesicherten Schellebergsteig an, der an abschüssigem, felsdurchsetztem Schrofengelände quer durch die zerschrundene Westflanke des Fallmetzers (2568 m) führt.

Wir stiegen ein. Jetzt galt es, jeden Schritt sorgfältig zu setzen! Oftmals war die Trittspur ausgesetzt. sorgfältig sicherten wir uns mit den Händen ab.

Doch ließen wir auch den Blick hinab in das grüne Altfaßtal fallen, das sich in 300 m Tiefe unter unseren Füßen ausbreitete.

Am Ufer des Großen Seefeldsees, der auf 2271 m liegt, hielten wir die wohlverdiente Mittagspause.

„Wie ein Fjord hockt das Gewässer in einem engen Graben – wenn Wolken ziehen, Licht und Schatten rasch wechseln, ein Bild von schaurig-wilder Schönheit“, schreibt Eugen E. Hüsler in seinem Wanderführer.

An den Hängen des Talkessels fielen uns große Flächen auf, die üppig mit einer betörend schönen Blume besetzt waren. Ein zweiter Blick belehrte uns: Die bezaubernde, von emsigen Hummeln besuchte Alpenschönheit war nichts anderes als der Blaue Eisenhut. Die giftigste Pflanze ganz Europas, deren Wurzel von alters her als todbringendes Gift bekannt ist und auch als Pfeilgift bei Jägern Verwendung findet! Wer weiß, vielleicht wurde es schon in der späten Kupferzeit verwendet? Vielleicht fiel der hinterrücks mit einem Pfeil erschossene Ötzi ihm zum Opfer?
Hier ist er jedenfalls, der Blaue Eisenhut in all seiner Pracht:

Bald mussten wir von der rauhen Schönheit des Talksessels Abschied nehmen, denn für den Nachmittag waren Gewitter angekündigt.

Wir stiegen hinab ins Tal des Altfaßbaches, der sich mäandernd durch den Talboden schlängelt. In der Wieserhütte stärkten wir uns mit einem Teller Suppe.
Gegen Ende der Wanderung führte uns eine bequeme Sandstraße zurück nach Meransen. Hochwillkommen war uns dabei eine Kneippstation. Dort konnten wir im eisig kalten Wasser des Altfaßbaches Erquickung und Erfrischung für die Füße schöpfen.

Das letzte Stück lief wie von selbst. Jetzt wurde die Landschaft weicher, das Felsige verschwand, eine üppige Pflanzendecke breitete sich über die sanfter geschwungenen Hügel. Der Blick weitet sich ins Ungeahnte hinüber zu den entfernten Bergen jenseits des Pustertales.

 

 

Wir waren zurückgekommen. Eben als wir die Gondelbahn bestiegen, die uns zurück nach Meransen bringen sollte, fielen die ersten Regentropfen.

 

Die für den Nachmittag angekündigten Gewitter setzten erst spät am Abend ein. Von unserem Quartier aus konnten wir Blitz und Donner verfolgen, und dann begann ein Hagelschlag ungeheuren Ausmaßes. Bis zur Größe eines Apfels hatten sich die Hagelgeschosse zusammengeballt, unseren Ohren bot sich ein betäubendes Trommelfeuer!
Am nächsten Tag wurde klar: es war in dieser Gegend am Eisack der schlimmste Hagelschlag seit vielen Jahren.

Beleg:
Eugen E. Hüsler: Tauferer Ahrntal mit Pfunderer Bergen. 50 ausgewählte Berg- und Talwanderungen. Rother Wanderführer. Bergverlag Rother GmbH, München 2016, darin: Route 47: Seefeldsee, 2271 m. Spannender Weg zu einem versteckten Alpenfjord, S. 142-143

 

 Posted by at 21:21