„Fahrradmann! Fahrradmann! Schau mal, was ich kann!“

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Dez 012011
 

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Meine gelbe Jacke löst überall Bewunderung aus. Der Händler von Radlust in der Skalitzer Straße sagte gestern: „Sie haben das Beste, was ein Radfahrer tragen kann – eine schön gelbe Warnjacke  mit Reflexstreifen. Die ist aber sehr teuer!“ „Nicht für mich! Ich habe sie für 29.- Euro bei Niedrigpreis in der Yorckstraße gekauft!“, erwidere ich.

Zusammen mit  meiner Mutter und meiner Frau spazierte ich heute auf einem Spielplatz in der Wilhelmstraße entlang. Eine Kita-Gruppe spielt auf dem Spielplatz. Die Kinder wollen auf der herrlichen Drehwippe gedreht werden, das seh ich doch!

„Bist du ein Krankenwagenmann? Du hast so eine gelbe Jacke!“, fragt mich bewundernd eines der Kinder.

„Nein, die trage ich nur zum Fahrradfahren“, erwidere ich.

Dann drehe ich die Kinder unter dem belustigten Zuschauen von Oma, Frau und Erzieherinnen. „Habt ihr keine Angst?“, frage ich. „Nein, Fahrradmann, dreh schneller!“ „Habt ihr immer noch keine Angst?“ „Nein, dreh schneller!“

Anschließend Hüpfen und Springen für alle. Ich springe von einem 40 cm hohen Bord in den Sand, tue so, als hätte ich fürchterliche Angst. Die Kinder lachen laut.

Der Junge springt von einen 60 cm hohen Palisadenzaun in den Sand.

„Fahrradmann, Fahrradmann, schau mal, was ich kann!“ Er springt ohne Angst. „Nächstes Jahr komm ich schon in die Schule.“ Wir stellen uns namentlich vor. Alle freuen sich, alle haben Spaß an der kleinen Begegnung.

Ja, der ist schulreif!

Bild: Neue vorgezogene Radaufstellflächen in der Wilhelmstraße

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Willkommen, ungeliebte Fahrradhelme und bespöttelte Warnwesten in fröhlichen Farben!

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Okt 262011
 

Das Spötteln über klobige Fahrradhelme und über leuchtende, fröhliche Farben der Müllkutscher und der Rettungssanitäter, die ich selbst ebenfalls gern trage, geht mir aber so was am Fahrradsattel vorbei! Ich mag beides – sowohl den furchtbar spießigen Fahrradhelm als auch die tolle prollige Warnweste. In diesen – zugegebenermaßen anfechtbaren – modischen Entscheidungen sehe ich mich erneut bestätigt durch folgende neuere Veröffentlichung:J. Gutsche et al.:
Helmtragequoten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland und vermeidbare Kopfverletzungen bei Fahrradunfällen.
Das Gesundheitswesen 2011; 73 (8/9): S.491-498

Aus dem Inhalt:

Presseservice: Ungeliebte Fahrradhelme vermeiden viele Kopfverletzungen
Die Statistiken zeigen: Nach Arm und Bein ist der Kopf das am häufigsten beschädigte Körperteil. Viele Verletzungen wären durch Fahrradhelme vermeidbar. Die Schutzwirkung stehe außer Zweifel, schreibt die Forscherin: Nach wissenschaftlichen Studien sinke das Risiko einer Kopfverletzung um 69 Prozent, wenn Radfahrer einen Helm tragen.

In Deutschland halten sich aber viele Kinder und Jugendliche nicht an die Empfehlungen. Dies hatte zuletzt der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Robert Koch-Instituts ergeben. Dort waren die Mütter von 3- bis 17-Jährigen gefragt worden, ob ihr Kind regelmäßig beim Radfahren einen Helm trägt. Im Alter von 3–6 Jahren war dies bei 90 Prozent der Fall, so Gutsche. Der Anteil nehme mit zunehmendem Alter jedoch stark ab, und von den Teenagern (14–17 Jahre) schützen sich nur noch 11 Prozent.

Das Team um die RKI-Wissenschaftlerin hat die Ergebnisse des KiGGS mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Schutzwirkung in Beziehung gesetzt und den sogenannten PAR-Wert berechnet. PAR steht für „population attributable risk“ zu deutsch: bevölkerungsbezogenes zuschreibbares Risiko. Gemeint ist der rechnerische Anteil aller Kopfverletzungen nach Radunfällen, der durch das Tragen von Helmen verhindert werden könnte. Da ältere Kinder und Jugendliche meist ohne Helm radeln, ist der PAR bei ihnen besonders hoch: In der Altersgruppe der 11- bis 13-Jährigen beträgt er nach den Berechnungen von Gutsche 57 Prozent, bei den 14- bis 17-Jährigen sogar 66 Prozent.

Eine Helmpflicht wie in Schweden, Kroatien, Spanien und Finnland hält die Autorin in Deutschland jedoch nicht für konsensfähig. Selbst der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) ist dagegen. Er befürchtet einen Rückgang der Fahrradnutzung. Nicht bestritten wird allerdings, dass Helme schützen. Wenn es gelänge drei Viertel der jugendlichen Radler zu motivieren, würde nach den Berechnungen von Johanna Gutsche der Anteil der vermeidbaren Kopfverletzungen bei Jugendlichen deutlich auf 35 Prozent zurückgehen.

J. Gutsche et al.:
Helmtragequoten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland und vermeidbare Kopfverletzungen bei Fahrradunfällen.
Das Gesundheitswesen 2011; 73 (8/9): S.491-498

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Okt 262011
 

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An dieser Stelle der Wilhelmstraße sah ich vor etwa 10 Tagen mitten auf der Radfahrspur eine schwer verunfallte Radfahrerin bewegungslos auf dem Boden liegen – zusammengeprallt mit einem rechts abbiegenden Fahrzeug. Mehrere Unfallzeugen kümmerten sich bereits vorbildlich um die Verletzte, der ich von dieser Stelle aus rasche und vollständige Genesung wünsche.

Und damit zum Thema des Tages: Sicherheit im Fahrradverkehr.

Die durch Bundesverkehrsminister Ramsauer angeregte Helmpflichtdebatte hat „mit Sicherheit“ erreicht, dass das Thema Sicherheit im Fahrradverkehr wieder nach oben „gespült“ worden ist. Ebenso trat in den Vordergrund, ein wie wichtiger Faktor das Verhalten der Verkehrsteilnehmer ist. Die beste Fahrrad-Infrastruktur ist nutzlos, wenn sie nicht genutzt wird und die Radfahrenden zu wenig zur Eigensicherung und Eigenverantwortung
unternehmen. Empfehlenswerte Maßnahmen der Eigensicherung sind
beispielsweise gute Sichtbarkeit im Dunkeln, das Befahren der Radweganlagen
nur in der vorgeschriebenen Richtung, aber auch die ständige Vorsicht
gegenüber sich öffnenden Autotüren und rechtsabbiegenden Kraftfahrzeugen.

Ich persönlich meine: Der Fahrradhelm ist ein sinnvoller Bestandteil der Eigensicherung. Er
verleiht bei nicht zu hohen Aufprallgeschwindigkeiten des Kopfes einen
gewissen Schutz vor schweren Schädelverletzungen. Dies haben mir mehrere
helmtragende Fahrradfahrer, die einen Sturz auf den Kopf ohne Trauma
überlebt haben, bestätigt. Auch Rettungsmediziner, mit denen ich sprach,
haben mir dies so bestätigt.

Ich empfehle Kindern und Erwachsenen das Tragen des Helms neben
anderen Maßnahmen der Eigensicherung wie etwa heller Kleidung im Dunkeln. Gegenüber meinem minderjährigen Sohn habe ich das Helmgebot kraft elterlicher Verantwortung autoritär durchgesetzt.

Das reflexhafte Abwehren  der Helmdebatte oder der Helmpflichtdebatte, noch
dazu mit ständiger Bezugnahme auf veraltete Untersuchungen und „gut
abgehangene“ Argumente, ist nicht zielführend. Warum?

Ich beobachte bei uns im Bezirk eine stark zunehmende Achtlosigkeit, ja
Verantwortungslosigkeit bei immer mehr Radfahrenden. Diese subjektive
Beobachtung wird gestützt durch die überproportionale Zunahme an verletzten
Radfahrern bei uns im Bezirk: Die Zahl der verunfallten und verletzten
Radfahrer hat in dem radverkehrsstarken Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im
Jahr 2010 und auch bisher in 2011 stärker zugenommen, als nach dem Anstieg
des Radverkehrs zu erwarten gewesen wäre. Eine erhöhte Zahl an Radfahrenden
bedeutet also nicht automatisch mehr Sicherheit beim Radverkehr. Auch beobachten wir schwere Unfälle an vorbildlich ausgestatteten Radverkehrseinrichtungen (breite Radfahrstreifen, deutlich abmarkierte Radlerfurten usw.).

Ebenso ist beispielsweise die ständige Vorsicht beim Geradeausfahren neben
rechtsabbiegenden Fahrzeugen eine empfehlenswerte Maßnahme des
Eigenschutzes. Ich meine, dass wir ständige Vorsicht beim
Geradeausfahren neben rechtsabbiegenden Fahrzeugen wieder und wieder
empfehlen sollten.

Sicherheit im Radverkehr ist eine Gesamtaufgabe: radverkehrstaugliche
Infrastruktur, Maßnahmen an den Fahrzeugen, verantwortliches Verhalten zur
Eigen- und Fremdsicherung müssen zusammentreten. Das Tragen eines Helms kann
Bestandteil des empfohlenen Verhaltens werden.

 Posted by at 12:01
Okt 212011
 
Der arme Blogger führte heute ein entzückendes Gespräch mit zwei Jüngeren-als-er-selber-Radlerinnen, die über Helmpflicht, über Ob-man-bei-Rot-halten-soll usw. redeten. Die Drohung des Bundesverkehrsministers mit der Helmpflicht wirkt jetzt schon! Eine: „Ja, ich halte jetzt auch mal bei Rot.“ Die andere: „Dann ich auch!“ Ich (begeistert): „Danke, DANKE; dass ich das als uralter Vater noch erleben darf: Radler, die bei Rot anhalten!“ Geschehen heute an der Ecke Mehringdamm/Tempelhofer Ufer! TOLL! Danke, Herr Ramsauer! 
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Müssen Radfahrende jetzt rot- oder schwarzsehen?

 Fahrrad, Friedrichshain-Kreuzberg  Kommentare deaktiviert für Müssen Radfahrende jetzt rot- oder schwarzsehen?
Okt 122011
 

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Unser Bild zeigt einen neu angelegten Radfahrstreifen in der Wilhelmstraße, den ich gestern aufnahm. Das bringt uns zur Aktuellen Debatte! Zittern und Zagen bricht aus in so manchen Stammtischgesprächen. Wie wird es unter dem neuen Senat für 1.-Mai-Demonstranten, für Radfahrer weitergehen? War bisher alles gold für Radfahrende in der Radlerstadt Berlin?

Ich meine: Zur Verzweiflung besteht kein Anlass! Statt des üblichen CDU-Verprügelns sollte man also mal kucken, was die anderen regierenden Parteien in ihren Bezirken und in der Stadt bisher so zustande gebracht haben. Und es war – milde gesagt – nicht alles erfreulich,
was in radverkehrspolitischer Hinsicht über uns hereingebrochen ist in den
letzten 10 Jahren.

Ist umgekehrt die CDU radfahrfeindlich und betonfreundlich? Sollen gar etwa
jetzt alle Radverkehrsanlagen betoniert oder klimaschädlich asphaltiert werden, statt im schnuckeligen Katzenkopfpflaster oder in der lustig spritzenden, klimaschmeichelnden wassergebundenen Wegedecke ausgeführt zu werden?

Kucken wir genauer hin! Bereits im ersten ihrer Programmpunkte fordert die
CDU „großzügige Wegeanlagen für den Fuß- und Radverkehr“, sie fordert
„breitere Radverkehrsanlagen“ (Programm Punkt 8), ein „gut ausgebautes Netz
der kurzen Fuß-Wege“ (Programm Punkt 10). Die CDU beklagt, dass „Radfahren
in Berlin gefährlicher als in Polen ist“, und diagnostiziert unerbittlich:
„Anstelle einer durchdachten Radverkehrspolitik beschränkt sich der Senat
oft auf Symbolpolitik.“ Das Wahlprogramm der Berliner CDU liest sich fürwahr
stellenweise so, als hätten Radfahr-Aktivisten mitgeschrieben.

„Das Radroutennetz ist ein Flickenteppich, der in vielen Fällen im Nichts
endet“ (CDU-Wahlprogramm, Punkt e45, S. 60). Nebenbei: Die Fahrradunfälle
sind 2010 im äußerst CDU-armen, grün regierten Friedrichshain-Kreuzberg –
stärker als der Radverkehrsanteil – um satte 9% gestiegen (Morgenpost
09.10.2011). Wir sind also nach Mitte der zweitgefährlichste Bezirk für die
Radfahrer, wir haben gerade hier bei uns im Bezirk trotz aller vollmundigen
Bekenntnisse keine überzeugende Radverkehrspolitik der linken und grünen
Volksparteien.

Der Berliner CDU-MdB Karl-Georg Wellmann hat wiederholt geäußert: „Das Auto
macht die Stadt kaputt.“ Und so einer sitzt für die CDU im Bundestag?!
Die Gutachten zur A100, mit denen die A100-Gegner argumentierten, waren zum
Teil völlig falsch, ein Verkehrs-Gutachten musste komplett eingestampft
werden, das Ingenieur-Büro hat das Honorar zurückgezahlt (siehe taz
19.02.2010). Der Widerstand der Grünen gegen die A100 war zuletzt nur noch ein Stellungskrieg in einem Glaubenskampf, der wie alle Glaubenkämpfe rational nicht mehr vermittelbar war.

Ich meine: Es kann für den Radverkehr unter dem neuen Senat nur besser werden.

Also habt keine Angst! Es gibt für Radfahrende keinen Grund, einseitig rot zu
sehen oder einseitig schwarz zu sehen.

Konkrete Mitarbeit an den Einzelproblemen ist gefragt. Wo haben in den
letzten 5 Jahren regierende SPD, regierende Grüne und regierende Linke der
Sache des Radverkehrs besonders geschadet? Was sollte der neue Senat, das
neue Bezirksamt besser machen? Hierzu sollten und werden wir überzeugten
Radfahrer uns vernehmlich machen!

 Posted by at 17:21
Sep 132011
 

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Belächelt wird der arme radelnde Kreuzberger Blogger oft, wenn er sich an die  Verkehrsregeln hält, einen unförmig-eiförmigen Helm beim Radfahren trägt, sein hell strahlendes Licht bei Dämmerung einschaltet, ja oft sogar tagsüber eine gelbe Warnweste trägt. Wie kann man so spießig sein!  Nun denn. Dann bin ich eben spießig. Immerhin habe ich meinen Sohn auf genau die Schiene dieser Spießigkeit gesetzt: „Werde ein guter Radfahrer! Werde ein guter Umweltschützer! Trage die leuchtende Weste des Vorbildes! Spare CO2 ein! Halte dich als Radfahrer an die Verkehrsregeln!“

Die Klagen der Polizei über undisziplinierte Radfahrer – so berechtigt sie auch sind – können uns nicht zu einer Verhaltensänderung zwingen. Ich passe mich der Mehrheit der Radfahrer nicht an.

Lest aus der  Morgenpost von gestern:

Sehr „beliebt“ unter Radfahrern ist offenbar auch das Fahren auf Radwegen in der Gegenrichtung. Auch die Fahrräder selbst genügten oft nicht den Vorschriften. In 1043 Fällen gab es erhebliche Mängel in der Sicherheit. So waren überraschend häufig die Bremsen, die Beleuchtung oder die Klingel kaputt. 17 Räder konnten von der Polizei als gestohlen identifiziert werden, gegen die Fahrer wird ermittelt.

Die Defizite in Sachen Sicherheit am Rad wollten längst nicht alle Radfahrer einsehen oder bloßlegen. Die Polizei teilte mit, dass wiederholt die Signale zum Anhalten „übersehen“ wurden und die Fahrer nur bereit waren, den Polizisten Fersengeld zu geben. Zustimmung bekamen die Kontrolleure für ihre strengen Aktionen dagegen nach eigenen Angaben mehrfach von Fußgänger und besonders von Eltern mit Kindern, die sich auf Gehwegen von Radfahrern bedrängt fühlen.

mobil.morgenpost.de

Bild: Zugeparkter Radstreifen zum Fahrradfahren in der Lindenstraße, Kreuzberg

 Posted by at 11:45

Fernstenliebe oder Nächstenliebe – wofür entscheidet ihr euch?

 Fahrrad, Fernstenliebe, Friedrichshain-Kreuzberg, Grünes Gedankengut, Identitäten, Kinder, Klimawandel, Liebe, Opfer, Rassismus  Kommentare deaktiviert für Fernstenliebe oder Nächstenliebe – wofür entscheidet ihr euch?
Aug 302011
 

Lieber noch rate ich euch zur Nächstenflucht und zur Fernstenliebe„, so der selbsternannte große Antichrist des 19. Jahrhunderts, Friedrich Nietzsche, in seinem Also sprach Zarathustra. Fernstenliebe statt Nächstenliebe – ein schönes Wort! Gemeint ist: zur Erreichung des Ideals, des richtigen Menschen, des Übermenschen, müssen Opfer im Hier und Jetzt gebracht werden.

„Wir Grünen sind die Partei des Rocks, nicht des Hemdes“ – so einmal treffend der frischgebackene Ministerpräsident des Ländle in Anspielung auf das Sprichwort: „Das Hemd sitzt näher als der Rock.“ Ein klares Bekenntnis zum Ideal der Fernstenliebe!

Daran musste ich gestern bei der feierlichen Einweihung der May-Ayim-Gedenktafel wieder denken: Ich erlebte eine grandiose Solidarität mit den Opfern von Kolonialismus und Rassismus, begonnen bei der schändlichen Berliner Afrika-Konferenz 1884. 1884 hieß konsequenterweise auch die Band, die aufspielte. Der Fixpunkt des Gedenkens ist die Opfer-Erfahrung, die Solidarität gilt den Fernsten. Die heute lebenden Schwarzen in Deutschland werden in die endlose Opfer-Erfahrung eingereiht. Kolonialismus und Rassismus werden als definierendes Moment für das Schwarzsein in alle Ewigkeit festgeschrieben.

Genau das tun auch viele Schwarze in den USA – über Jahrhunderte hinweg: „Wir sind alle Opfer der Weißen, denn wir wurden gewaltsam nach Amerika verschleppt!“ Die Black Panther etwa reden so. Der Opferstatus hat sich verfestigt. Rassistisches Denken wird als identitätsstiftend für Opfer übernommen.

Dass May Ayim von eigenem Vater und eigener Mutter verraten und verlassen wurde, spielte gestern überhaupt keine Rolle. Dabei ist es offenkundig: Wenn sie eine liebende Mutter, einen liebenden Vater statt prügelnder Ersatzeltern gehabt hätte, wäre sie niemals so unglücklich geworden. Sie wäre kein OPFER des RASSISMUS geworden.

Hätten alle Kinder liebende Eltern, gäbe es die meisten sozialen Probleme nicht.

Identität in der Fernstenliebe entsteht also aus der Identifikation mit weit entfernten Opfererfahrungen. Das Fernste prägt das politische Handeln entscheidend mit. Früher waren es die Sandinistas in Nicaragua oder die Vietkong, die Opfer des „US-amerikanischen Imperialismus“, mit denen man sich in identifizierte. Heute sind es die durch Otto Friedrich von der Gröben ab 1683 aus dem heutigen Ghana verschleppten und verkauften Negersklaven und deren Nachkommen.

Ebenso tun die Anhänger der Fernstenliebe alles für das fernste Ziel, für den Klimaschutz etwa – sie retten das Weltklima für die Fernsten. Dass allein durch die Klimaschutzmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz die objektiven Wohnkosten um 45% steigen werden – geschenkt!  Irgendwer wird schon zahlen – entweder die Mieter selbst, oder die steuerzahlende Allgemeinheit. Wir erinnern uns: Zur Erreichung des Fernzieles müssen Opfer im Hier und Jetzt gebracht werden!

Ich war gespannt – hatte sich bei all der grünen Fernstenliebe auch etwas für den Bereich des Nächsten getan? Hatte sich zum Beispiel die Situation des Fuß- und Radverkehrs am May-Ayim-Ufer gebessert? Gibt es nun endlich ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder? Ist die Dominanz des Autoverkehrs am May-Ayim-Ufer mittlerweile zurückgedrängt? Gibt es nun endlich einen durchgängigen Radweg? Endlich einen durchgängigen Uferweg für Fuß- und Radwanderer?

Urteilt selbst! Schaut euch die Bilder an! Diese Bilder geben die tatsächliche Lage des May-Ayim-Ufers am gestrigen Tag wieder. Ihr werdet sehen:

Nein, die Dominanz des nahweltschädlichen PKW-Verkehrs ist in Friedrichshain-Kreuzberg nicht gebrochen.

Es gibt weiterhin in Friedrichshain-Kreuzberg nicht genug Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

Es gibt weiterhin in Friedrichshain-Kreuzberg weder für Fuß- noch für Radwanderer einen durchgehenden Weg an den Ufern der Spree.

Nicht einmal das ist also geschafft worden. FreundInnen, MitstreiterInnen! DA müssen wir ran!

 Posted by at 12:57

Merzedes Benz & Friends fahren vor

 Das Gute, Fahrrad  Kommentare deaktiviert für Merzedes Benz & Friends fahren vor
Aug 282011
 

280820111174.jpg Schöner Ausflug mit unseren Rennrädern heute zum Flughafen Tempelhof. Merzedes Benz  zeigt, was es hat: röhrende Silberpfeile, standfeste Unimogs, die steile Rampen emporklettern ohne umzufallen!

Die Faszination des Autos wirkt weiterhin auf mich! Die 11.000 U/min eines Rennmotors sind Musik in meinen Ohren! So ein Bekenntnis muss erlaubt sein. DAS muss man doch noch sagen dürfen.

Die Faszination der Geschwindigkeit lebe ich weiterhin mit dem FELT-Rennrad aus.

Besondes gefreut hat mich, dass Daimler auf dem Flugfeld einen vorbildlichen, großen Fahrradabstellplatz hingezaubert hat.  Weder der ganze Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg noch der Berliner Hauptbahnhof noch – meines Wissens – die Stadt Berlin insgesamt haben das geschafft, was ich heute gesehen habe: einen großen Fahrradabstellplatz mit den berühmten Friedrichshain-Kreuzberger Bügeln, diebstahlsicher, massenweise Fahrräder sind abstellbar, eingezäunt. So muss er sein! Warum ist dies so schwer? Ich mag mich täuschen, aber die Fahrradabstellplätze, die in den letzten Monaten in Berlin gesehen habe, konnten mich alle nicht überzeugen.

Ostkreuz und Ostbahnhof sind bisher ebenfalls ein Desaster und stehen dem Hauptbahnhof in nichts nach.

Selbst der Abstellplatz vor der Heinrich-Böll-Stiftung in der Schumannstraße, den ich immer wieder gern ansteuere, kommt nicht im entferntesten an die Ausmaße und die Qualität des heutigen Tempelhofer Abstellplatzes von Daimler-Benz heran. Das ist doch absurd!

Ein Automobilkonzern schafft etwas, was die selbsternannten Fahrradförderer und auch der „Umweltverbund“ offenkundig bisher nicht geschafft haben!

http://www.youtube.com/watch?v=pC1T6BKWNg4  

 Posted by at 23:26

Dießen fährt schon mal vor: Fahrradparkhaus!

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Aug 252011
 

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Es ist eine merkwürdige Tatsache, dass es im verschlafenen Berlin noch kein Fahrradparkhaus gibt, wie ich es beispielsweise in Dießen/Ammersee, Wolfsburg und Hannover sah! Der Bedarf an Abstellmöglichkeiten für die treuen Rösser wächst stark an!  Im übrigen steht die Großwetterlage pro Fahrrad, wie ein recht netter Artikel von Peter Neumann heute auf S. 20 in der Berliner Zeitung belegte.

Wir Fahrradfahrer sind keine kleine, verachtete Minderheit mehr. Vielmehr ruhen die Augen der Öffentlichkeit wohlwollend auf uns. Nun müssen wir aber auch recht artig Platz machen, wenn Fußgänger aus dem Bus aussteigen, müssen höflich und ordentlich fahren, brav Handzeichen geben! Sonst ist es mit der Sympathie und Schönwetterlage bald vorbei. Der klirrende Frost des Autowahns könnte wieder über uns herfallen.

Schnellwege, breitere Spuren und ein Parkhaus : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv
Auch die zusätzlichen Fahrradstellflächen, für die ein „Masterplan Fahrradparken“ entwickelt werden soll, könnten Autos Platz wegnehmen. Von der „Umnutzung von Kfz-Stellplätzen“ ist die Rede. Es sollen auch neue Lösungen erprobt werden – zum Beispiel mehrstöckige Abstellanlagen. Vorgesehen ist ein Modellprojekt für eine Fahrradstation mit Serviceangeboten und Platz für mindestens 500 Zweiräder.

 Posted by at 22:39

„Und ihr seid wirklich mit dem Fahrrad aus Berlin gekommen?“

 Fahrrad, Kinder, Singen, Wanderungen  Kommentare deaktiviert für „Und ihr seid wirklich mit dem Fahrrad aus Berlin gekommen?“
Jul 272011
 

04072011814.jpg Immer wieder ernteten wir von den Kindern erstaunt-ungläubige Blicke, wenn sie bemerkten, dass wir weder mit dem Auto noch mit dem Flugzeug auf den Campingplatz angereist waren.

Dabei war es in Mecklenburg-Pommern zu DDR-Zeiten gang und gäbe, dass man ohne Auto und ohne Flugzeug in den Urlaub fuhr. Nur, für die heutigen Kinder sind das längst vergangene Zeiten! Viele heutige Kinder kennen die Erfahrung gar nicht mehr, dass sie sich über mehrere Stunden aus eigener Kraft auf ein Ziel hin bewegen müssen. Sie wissen nicht mehr, wie sich das anfühlt, wenn einen ein Regenschauer überrascht und durchnässt. Sie kennen die tiefe Erschöpfung nach einem durchwanderten Tag nicht. „Wozu wandern? Es gibt doch Autos!“

Ich meine: Es tut Kindern gut, wenn sie einmal erkennen, dass man ein Ziel auch zu Fuß oder mit eigenen Kräften erreichen kann.

Andererseits: Zum ersten Mal nach langer Zeit hörte ich auf dem Campingplatz einige Kinder in aller Frühe zusammen singen. Es waren die Kinder unserer Zeltnachbarn, Buben im Alter von 5 und 7 Jahren. Soll ich euch was verraten? Dies war eines meiner schönsten Urlaubserlebnisse.

Bild: Omnia nostra nobiscum portamus – „Alle Habe tragen wir mit uns“. Unsere glorreiche Anreise im Regen, vor dem Klärwerk in Körkwitz.

 Posted by at 17:45
Jul 212011
 

22062011766.jpg Die Bergmannstraße bleibt im Fokus der Aufmerksamkeit. Was ich bei meinen Umfragen unter Anwohnern und Geschäftsleuten im Bergmannkiez feststellte: „Shared Space“ ist ein Fremdwort, niemand weiß damit etwas anzufangen. Mehr Chancen räume ich dem Wort und der Sache der „Begegnungszone“ ein. Sie klingt deutsch und stammt aus der Schweiz. Lest selbst im Tagesspiegel vom 20.07.2011:

Senat plant: Mehr Sicherheit für Fußgänger – Verkehr – Berlin – Tagesspiegel
In den geplanten „Begegnungszonen“ sollen Fußgänger auch auf der Straße Vorrang haben. Für Autos und Radler gilt Tempo 20. Als erste Testreviere wurden der Checkpoint Charlie und die westliche Bergmannstraße in Kreuzberg erkoren, wo die Fußgänger ohnehin in der Mehrheit sind. Als weitere Kandidaten gelten die nördliche Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg und die Stargarder Straße in Prenzlauer Berg.

Für die Kommunalpolitik in Friedrichshain-Kreuzberg tun sich interessante Gemengelagen auf: Einerseits ein BVV-Beschluss aus dem Juni 2010, der die Verlängerung der Fahrradstraße in die westliche Bergmannstraße fordert. In der Tat: Die wichtige Fahrrad-Senatsroute TR 4 führt geradenwegs durch die Bergmannstraße! Die sogenannte Fahrradstraße im östlichen Teil der Bergmannstraße hat freilich kaum etwas verändert. Sie hat aber auch niemandem geschadet oder wehgetan. Die Autos fahren munter weiterhin rein und raus, parken im modischen Querparken einen großen Teil der Fläche zu. Schaut selbst in die Fahrradstraße hinein:

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Andererseits ein Vorschlag des Senats, hier eine „Begegnungszone“ einzurichten. „Fahrradstraße“ und „Begegnungszone“ widersprechen einander. Denn Fahrradstraßen beanspruchen einen eindeutigen Vorrang des Radverkehrs gegenüber dem Fußverkehr und dem Autoverkehr. Sie können dort eingerichtet werden, wo der Fahrradverkehr bereits jetzt die vorherrschende Verkehrsart ist, oder wo zu erwarten ist, dass er alsbald die „vorherrschende Verkehrsart“ sein wird.

Die „Begegnungszone“ nach Schweizer Vorbild beansprucht hingegen Vorrang nicht für den Radverkehr, sondern für den Fußverkehr.

Meine persönliche Meinung? Nun, der Bergmannkiez ist mit etwa 7000 Einwohnern/Quadratkilometer eins der dichtestbesiedelten Wohngebiete Deutschlands! Dennoch prägen derzeit parkende und fahrende Autos sowie auch der zunehmende Fahrradverkehr das Straßenbild in der Bergmannstraße. Die Fußgänger müssen halt schauen, wo und wie sie ihren Weg durch Autos, Autos, Tische, Stühle und Fahrräder hindurch finden.

Verkehrskonzepte erfüllen in der Stadtplanung eine nur dienende Funktion. Der Verkehr dient dem Menschen bloß. Ich persönlich schlage deshalb vor, die Bergmannstraße in einem umfassend durchdachten, kulturell anspruchsvollen Ansatz in eine „Straße der Mitmenschlichkeit“ umzugestalten.

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Die Fotos in diesem Eintrag stammen alle aus dem Juni 2011 und zeigen den jetzigen Zustand der Bergmannstraße.

 Posted by at 10:00

„Die Geige klingt wie eine Geige!“

 ADFC, Authentizität, Fahrrad, Geige, Ökologie  Kommentare deaktiviert für „Die Geige klingt wie eine Geige!“
Jun 052011
 

Alles klar für das Umweltfestival. Der Soundcheck am Brandenburger Tor machte große Freude: „Ihre Geige klingt wie eine Geige!“ Schön, dass es das noch gibt, so unverstellt wahr, so echt. Das grüne Bändchen der Künstler ist sehr kleidsam!

Plaudereien führen mich über die Stände, vor allem natürlich zum ADFC-Stand.  Dort erhalte ich Gewissheit: Diese Satteltaschen werden auch einzeln verkauft – nur nicht überall. Gut auch: Ich erstehe von ADFC-Vorstandsmitglied Martina Schneider persönlich eine Warnweste, die den Autofahrer um 1,5 m Abstand beim Überholen von Radfahrern bittet. Gut angelegte 5 Euro!

Nachher um 15.30 Uhr: Auftritt des armen Kreuzberger Bloggers!

Bild: Das ist mein Helm. Das ist meine Geige. Das ist meine Tasche. Einfach. Schlicht.
Helm, Geige, Tasche. Froh zu sein bedarf es wenig.

Umweltfestival

 Posted by at 12:03
Mai 312011
 

31052011663.jpgWir müssen alle sparsam mit Energie umgehen – mehr auf erneuerbare Energien setzen, z.B. auf die Muskelkraft des Menschen.

Der gute Tipp zur Energiewende: Satteltaschen für das Fahrrad. Es klingt banal, ist es aber nicht! Wie oft habe ich mich schon über wackelnde Aktentaschen und Laptops auf meinem Eigenkraftfahrzeug geärgert. Das hat nun ein Ende. Vor drei Tagen kaufte ich entsprechend dem Rat eines Freundes die Satteltaschen einer bekannten, der führenden deutschen Marke, Stückpreis 55.-, Paarpreis 109.- Das muss drin sein in der Schatulle.

Bild: Die sinnreiche Einhänge-Konstruktion dieser führenden deutschen Satteltaschen-Marke. Ein Klick – einhängen, fertig. Ebenso sinnreich wie die Klick-Verschlüsse an den Rennrad-Schuhen.

„Eines der ganz wenigen Produkte, an denen es nichts zu verbessern gibt!“

Energiewende: Alle aussteigen, bitte – Politik – Tagesspiegel

 Posted by at 08:05