Brauchen wir in Deutschland Mindestlöhne wie in der Türkei? (2)

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Jun 072011
 

Polen, Türkei, Deutschland: Das sind in meinen Augen zur Zeit die drei Staaten, die in Europa bzw. Vorderasien zur Zeit mit die beste Wirtschafts- und Finanzpolitik betreiben. Diese drei Länder haben Regierungen, die in der Wirtschaftspolitik auf Initiative und Unternehmergeist, auf Arbeit und Verantwortung setzen. Die Daten der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geben den drei amtierenden Regierungen in Polen, der Türkei und Deutschland recht: gutes Wachstum, vertretbare Verschuldung, sinkende Arbeitslosigkeit.

Nicht zufällig sind es gerade die Türken und die Polen, die bei Unternehmensgründungen in Berlin ganz vorne liegen:

Migranten als Unternehmer: Polen und Türken stehen an der Spitze – Wirtschaft – Tagesspiegel

In gewisser Weise sind die volkswirtschaftlichen Daten eine Art Leistungsnachweis einer Regierung. Bei sinkender Staatsverschuldung, sinkendem Haushaltsdefizit, sinkender Arbeitslosigkeit, insbesondere sinkender Jugendarbeitslosigkeit (in der Regel nur erreichbar bei Wachstum  der Volkswirtschaft), haben die Regierungen ihre Aufgabe gut erfüllt.

Hohe Staatsverschuldung, hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere hohe Jugendarbeitslosigkeit deuten darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Den Staat Griechenland oder den Stadtstaat Berlin etwa sollte man besser nicht als Vorbild nehmen. Griechenland und das Bundesland Berlin leiden an jahrzehntelang gepflegter Verhätschelung der zu Leistungsempfängern degradierten Bürger durch den bemutternden Staat. Die Folgen sind offenkundig: exorbitante Verschuldung, aufgeblähte Staatsquote, hohes Haushaltsdefizit, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Jugendarbeitslosigkeit, politischer Extremismus rechts und links, soziale Unruhen mit der Gefahr links- und rechtsextremistischer Umtriebe.

Der aktuelle SPIEGEL bietet reichlich Zahlenmaterial für meine Behauptungen. Insbesondere empfehle ich das Lesen aller Beiträge über die Türkei und über Griechenland – hintereinander weg. Spannend, aufschlussreich!

Als kleine Ergänzung zur Grafik auf Seite 90 empfehle ich jedoch unbedingt einen Blick in die Sozialversicherungsdaten der genannten Länder. Das Netz der Sozialversicherung, also Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung in der Türkei ist dürftig bzw. nicht vorhanden, dafür gibt es immerhin einen gesetzlichen Mindestlohn (€ 353,8/Monat), der ziemlich genau dem Betrag entspricht, den ein erwachsener Arbeitsloser in Deutschland zusätzlich zu allen sonstigen Beihilfen bar aufs Konto überwiesen bekommt.

Das wär doch was für die deutsche Linke: Abschaffung von Hartz IV (eine langgehegte Forderung der Linken) bei gleichzeitiger Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe des türkischen Mindestlohnes? Wie schaut’s damit aus?

Der türkische Mindestlohn ermöglicht dem einzelnen mit großer Mühe das Leben und Überleben – aber die Familien halten zusammen! Wer mehr verdient, gibt ärmeren Familienmitgliedern gern und bereitwillig ab.

In der Türkei besteht ein starker positiver Anreiz zu arbeiten – und folglich verdienen Fachkräfte dort netto mittlerweile ebenso gut oder besser als in Deutschland, wie es das Beispiel der aus Deutschland zugewanderten Fachärztin Neşe Stegemann beweist (SPIEGEL Nr. 23/2011, S. 92). Zugleich besteht in der Türkei ein negativer Anreiz gegen die Arbeitslosigkeit. Denn wenn Familien zu wenig arbeitende Mitglieder haben, rutschen sie in Armut ab. Sie müssen dann Mitglieder ins Ausland entsenden, um dort den Lebensunterhalt für alle zu sichern. So geschah es, dass in den sechziger und siebziger Jahren zur Existenzsicherung der Familien halbe Dörfer nach Deutschland übersiedelten. Die entsandten Familienmitglieder konnten dann – selbst im Fall der späteren Arbeitslosigkeit – die ärmeren Verwandten von Deutschland aus gewissermaßen mitziehen. Ein Modell, das sich schnell herumsprach, auch in anderen Ländern!

Die türkische Wirtschaft kann nur deshalb boomen, weil die Familien als unzerreißbares Element der sozialen Grundsicherung bestehen geblieben sind. Die demographischen Daten stimmen auch deswegen, weil alle Erwachsenen wissen, dass sie im Alter und im Falle von Krankheit und Arbeitslosigkeit auf die Familie und auf die eigenen Nachkommen angewiesen sind.

Oder – wie es ein früher bekannter, in Deutschland heute vergessener Dichter mal  gesagt hat:

Am Ende hängen wir doch ab
von Kreaturen die wir machten.

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Es gibt keinen Milieuschutz für Diktatoren mehr!

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Feb 112011
 

09022011326.jpg Großer Tag für Ägypten! Großer Tag für die arabische Welt! Großer Tag für die Freiheit! Es gibt keinen Milieuschutz für Diktatoren in den arabischen Staaten mehr.

Was aber ist das – „Milieuschutz“?

Milieu lautet ein alter Name für die verbrecherische Halbwelt.

Neben dem herrlichen Ausdruck „Förderkulisse“ habe ich in drei bis vier Jahren teilnehmender Beobachtung der politischen Landschaft Berlins auch den Ausdruck Milieuschutz gelernt.  Milieuschutz bedeutet in grobschlächtiger Vereinfachung die Verhinderung des Wandels. Milieus, wie sie über Jahrzehnte hinweg durch die Berliner Förder- und Subventionspolitik herangezogen wurden, sollen erhalten bleiben. Zur Abwehr des Wandels wird beispielsweise beschlossen, dass bestimmte Bäder nicht eingebaut werden dürfen. Wer bestimmt dies? Die Politik!

Es genügt, eine bestimmte Bäderart als Luxusbad einzuordnen, und schon unterbleibt die bauliche Veränderung. Das berüchtigte „Milieu“ bleibt unter sich, der Wandel wird zuverlässig verhindert.

Lasst uns den Gedanken des Milieuschutzes etwas weiterspinnen! Denkbar wäre auch, dass bestimmte Arten von Fahrrädern, etwa Lastenräder mit drei Rädern oder Räder mit mehr als 3 Gängen oder Rennräder mit weniger als 12 kg Gewicht oder Tageszeitungen mit mehr als 24 Seiten (wie etwa die Wochenend-taz oder FAZ) verboten werden könnten. Denn sie sind ebenfalls – sofern die Politik das so will – als Luxusgüter einzustufen. Man braucht „eigentlich“ kein Rennrad unter 12 kg Gewicht, keine Tageszeitung mit mehr als 24 Seiten.

Förderkulissen funktionieren mit Geldgeschenken.

Milieuschutz funktioniert mit verweigerten Genehmigungen oder mit Verboten.

Geschenke und Verbote sind Merkmale einer obrigkeitlichen Politik, die Freiheiten einschränkt und Staatsabhängigkeit erzeugt. Obrigkeitliche Politik kann in Diktatur umschlagen. Extremes Beispiel: Ägypten!

Amt für Stadtplanung, Vermessung und Bauaufsicht, Fachbereich Stadtplanung, Milieuschutz – Berlin.de

Förderkulisse und Milieuschutz sind Eigenarten der Berliner Landes- und Kommunalpolitik. Zusammen sichern sie eine extrem hohe Staatsquote – und reichlich Posten und Pöstchen für stockkonservative Politiker in allen Parteien, die über beides verfügen. Dank des Milieuschutzes wird verhindert, dass weniger staatsabhängige Bewohner, also etwa Familien mit Kindern und selbstverdienenden Eltern, in sozial schwächere Gebiete einziehen. Und mit den reichlich ausgereichten Fördermitteln belohnen und befestigen die Politiker dann anschließend ihre Milieus. Die Verfügungsgewalt über Fördermittel und Verbote sichert der Politik in den Parteien eine immer stärkere Macht. Es ist ein Schwarzes Loch!

Ein jahrzehntelanger verhängnisvoller, aus den Mauerzeiten stammender Kreislauf, den die Berliner Kommunal- und Landespolitiker in den Innenstadtbezirken aus dem Eff-eff beherrschen!

Unsere Bilder zeigen ein Beispiel  für informellen Milieuschutz.

Inschrift des anonymen Milieuschützers:

„Yuppie-Palais am Hofgarten in Kreuzberg unerwünscht“

09022011325.jpg

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Feb 102011
 

Für eine der tatkräftigsten Berliner Politikerinnen überhaupt halte ich übrigens unsere Friedrichshain-Kreuzberger Stadträtin für Jugend, Familie und Schule, Monika Herrmann. „Elternarbeit“, „Familienturnen“, „Stadtteilmütter“, „Inklusion im Bildungswesen“ … die Projekte der Stadträtin setzen die absolut richtigen Schwerpunkte!

Von ihr übernehme ich auch den Ausdruck „traumhafte Förderkulissen.“ Na endlich kein Gejammer, kein Anklagen, kein Gegreine, wie wir es sonst so oft von Bürgern und Politikern (die ja auch nur Bürger wie wir alle sind) hören! Löblich! „Traumhafte Förderkulissen!“ Was für ein wunderschöner Ausdruck!

Damit ist gemeint: Wenn man weiß, wo Fördertöpfe bereit stehen, wird man in Berlin auch Geld finden. Mangelndes Geld ist nicht das Problem in Berlin. Erborgtes Geld ist genug da. Nur wenige Politiker sind so mutig, dies auszusprechen. Mut, Tatkraft  und Ehrlichkeit finde ich immer gut. Es sind echte Bürgertugenden.

Sanierung: Berlins Schulen
„Wir haben verschiedene Förderkulissen“, sagt Schulstadträtin Monika Herrmann. Neben Stadtumbau-West und -Ost können hier vor allem Gelder aus der „Sozialen Stadt“ in die Schulen geleitet werden: Kreuzberg hat fünf Quartiersmanagement-Gebiete. Für den Umbau der Nürtingen-Grundschule am Mariannenplatz konnte so eine halbe Million Euro aufgebracht werden. „Das ist traumhaft“, freut sich Herrmann und sagt im gleichen Atemzug, sie sehe dieses Ungleichgewicht kritisch.

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Dez 142010
 

Der Tagesspiegel berichtet soeben:

Auch beim neuen Hauptstadtflughafen „Berlin-Brandenburg International“ (BBI) regt sich nun massiver Widerstand. Davon wollen die Hauptstadt-Grünen, die mit Renate Künast bei den Berlin-Wahlen 2011 die Chance sehen, erstmals eine Regierende Bürgermeisterin zu stellen, profitieren.“Lärmschutz geht vor Wirtschaftlichkeit“, sagte die grüne Spitzenkandidatin gestern dem Handelsblatt.

Lärmschutz geht vor Wirtschaftlichkeit!“ Unter diesem Motto kämpft Renate Künast nunmehr für die Umwidmung des neuen Berliner Flughafens BBI in einen Regional- und Europa-Flughafen. Ja, schlaft gut, Bürger.

Bei gleichbleibenden Mobilitätsbedürfnissen würde dies bedeuten, dass mehr Kilometer auf der Straße und der Schiene, weniger in der Luft zurückgelegt werden. Denn wenn man von Berlin aus nur in die nahegelegenen europäischen Städte gelangt, muss man eben für die Fernflüge mit Bahn oder Elektro-Auto nach Frankfurt oder München reisen. Und wie fährt der ICE und das E-Auto (im Gegensatz zu Flugzeugen)? Mit Strom! Und woher kommt der Strom? Zu 23% aus Atomkraft! Die Grundlast wird sogar zu einem viel höheren Anteil aus Atomstrom gedeckt. Mehr ICE-Verkehr oder E-Mobilität bedeutet also kurzfristig (bis 2016) in jedem Fall mehr Atomstrom. Also fördert Renate Künast in ihrem laufenden Wahlkampf die Abhängigkeit vom Atomstrom.

5000 Euro Staatsknete für jedes Elektroauto!„, fordert Renate Künast im Interview mit der BZ (Jahr: 2010). Ist also die E-Mobilität die Lösung für Berlins Verkehrsprobleme? Ich würde sagen: Wenn es wenigstens  E-Fahrräder wären! Leiser sind die Motoren der E-Autos in jedem Fall als die Explosionsmotoren der PKW. Lärmschutz geht vor Wirtschaftlichkeit! Schlaft ruhig, Bürger!

Dennoch sind E-Autos in höchstem Maße umweltbelastend. Nicht nur bei uns, sondern mehr noch in Süd-Amerika, wo unter unzumutbaren sozialen Bedingungen mehr als die Hälfte des teuren Lithiums abgebaut wird, das für die Batterien gebraucht wird.

Nachdem dieses Blog auf diese Zusammenhänge wiederholt hingewiesen hatte, etwa am 20.04.2010, tut dies nunmehr auch der BUND. Er weist klar nach, dass Elektromobilität als solche nur unter eng umschriebenen Bedingungen eine bessere Umweltbilanz aufweist als Erdöl-Mobilität. Diese Bedingungen sind in Deutschland einfach nicht gegeben!

Elektromobilität – BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland

Ich bleibe dabei:  Mindestens bis zum Jahr 2016 bedeutet die von Renate Künast geforderte Verlagerung der Verkehre von der Luft auf den Boden, die geforderte Verlagerung hin zu zu mehr Verkehr am Boden, zu mehr E-Mobilität eine erhöhte Umweltbelastung durch Atomkraft.

Man kann also mit Fug und Recht sagen: Renate Künast fördert die Atomkraft.

Grüne im Lande! UmweltschützerInnen und Ökofuzzis! Wohin fliegt Renate Künast?  Holt sie zurück! Ihr dürft sie nicht so alleine fliegen lassen!

Grüne, bitte umsteuern! Wart ihr nicht eine Umweltpartei?

Bildnachweis: Eigenkraftfahrzeug des Bloggers, aufgenommen heute. Copyright: Johannes Hampels Blog

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Widerstand gegen die Umverteilungspolitik!

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Nov 272010
 

27112010081.jpg Proteste: Demo gegen kaltes Deutschland – Berlin – Tagesspiegel
„Auch wenn die Bundesregierung ihr Sparpaket durch den Bundestag drückt, der Widerstand gegen die Umverteilungspolitik wird weiter gehen.“

So ein Sprecher der „Antifaschistischen Linken Berlin“. Na, ich meine: ein bisschen Umverteilung sollte schon sein! Wir verteilen gegenwärtig etwa 34% der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung  als Sozialausgaben des Staates um. Die Tendenz: steigend, außer bei sehr guter Konjunktur. In Berlin steigt diese Umverteilung zugunsten der Sozialschwachen mal eben so um 7%!

Politik ist doch immer auch Umverteilungspolitik durch den Staat von Reich zu Bedürftig! Soll denn jeder selber für sein Leben aufkommen? Wollen die Linken Antifas wirklich alle Umverteilungspolitik beenden?

Toller herzerwärmender Bericht heute auf S. 12 des Tagesspiegels! Man demonstriert gegen die Kälte! Ach was! In unserem Land muss niemand erfrieren, niemand verhungern, aber es herrscht in der Tat eine gewisse mitmenschliche Kälte, weil alle sich auf den Staat hinausreden.

Ich hätte mich so gefreut, wenn ein einziges Mal diejenigen, die gegen die soziale Kälte protestieren, zu uns Unterschichtlern in die Araberschule gekommen wären. Aber nein. Das tun sie nicht. Man verschafft sich ein wohlig-warmes, ein gutes Gewissen, indem man den Staat belagert und den Staat um „soziale Wärme“ anfleht.

Was für ein getrockneter, tiefgefrorener Unsinn. Was für eine Heuchelei! Dass Lehrer für diese Heuchelei auch noch Unterrichtsbefreiung gewähren, stimmt mich richtig hitzig!

Voilà – da habt ihr eure Wärme!

Bild: neue Straßenmöblierung heute auf der Obentrautstraße

 Posted by at 16:06

Staatliche Bewirtschaftung von Wohnraum?

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Jul 202010
 

Die staatliche Bewirtschaftung von Gütern des allgemeinen Bedarfs ist immer dann sinnvoll, wenn Ausnahmesituationen wie etwa Krieg, Vertreibung, Erdbeben oder Vulkanausbrüche zu einer extremen Verknappung des Überlebensnotwendigen führen. So erzählten mir meine väterlichen Vorfahren immer wieder, wie froh sie waren, als sie nach Vertreibung und Flucht zwangsweise bei den Niederbayern einquartiert wurden, denn anders hätten die Eingesessenen nur schwerlich Platz gemacht.

Ist diese Notsituation vorüber, muss die staatliche Zwangsbewirtschaftung aufhören. Denn sie gebiert fast naturgesetzlich Korruption, also die „Vorteilsannahme im Amt“. Sie gebiert Verquickung von Privatinteresse und Amtsinteresse, sie gebiert Kriminalität und Elendskieze. Konrad Adenauer und Ludwig Erhard beseitigten handstreichartig am 19. Juni 1948 über Nacht die staatliche Bewirtschaftung der Waren des Alltagsbedarfs. Die Folge: Der Markt kam in Schwung, fast über Nacht wich der Mangel dem ausreichenden Angebot.

Wir lernen: Ein Gut, das nicht plötzlich oder dauerhaft extrem knapp ist, sollte nie durch den Staat bewirtschaftet werden. Denn die Folgen der dauerhaften staatlichen Bewirtschaftung sind verheerend.

Ein Lehrbuchbeispiel ist die unselige staatliche Wohnungspolitik im Berlin der 70er und 80er Jahre. Ganze Stadtviertel wurden zugrundegerichtet, eilig hereingeschleuste Migrantenfamilien wurden auf Staatskosten in überteuerten, kaputtsanierten Wohnraum untergebracht, die Sozialämter zahlten ohne mit der Wimper zu zucken die weit überteuerten Mieten. Prestigeprojekte wurden als Sozialwohnungen mit Renditegarantie aufgelegt, die Investoren und die Wohnungswirtschaft schneiden seither Schnitte um Schnitte vom Landeshaushalt heraus: eine legale Form der Ausplünderung der Staatsfinanzen.

Die dauerhafte staatliche Bewirtschaftung von Wohnraum ist eine der größten Sünden gegen die Freiheit, eine der schwersten Hypotheken, an denen der Landeshaushalt Berlins noch Jahrzehnte leiden wird.

Das Bundesland Berlin muss nunmehr schnellstmöglich aus allen Formen der direkten staatlichen Einflußnahme auf die Wohnungswirtschaft oder der Beteiligung an der Wohnungswirtschaft aussteigen. Die mehrern hunderttausend landeseigenen Wohnungen sind mitnichten ein Pfund, mit dem es zu wuchern gilt, mitnichten ein sozialer Stoßdämpfer. Das wäre nur dann vielleicht der Fall, wenn das Gut Wohnraum in ganz Berlin extrem knapp wäre. Davon sind wir aber sehr weit entfernt.

Im Gegenteil: Die Ballung der staatlich alimentierten Sozialmieter an einigen wenigen sozialen Brennpunkten hat zu einer verheerenden Verdichtung von Arbeitslosigkeit, Kriminalität und individuellen Krankheiten geführt. Das kann ich Tag um Tag in Kreuzberg oder Neukölln besichtigen.

Alle traditionsgebundenen Berliner Parteien sind und waren beteiligt – SPD, CDU, FDP, die Grünen, sie alle profitierten von der ungehemmten Umverteilung staatlicher Gelder, ja sogar die von ferne steuernde SED saß im Boot, denn sie hatte natürlich ein Interesse an einer Destabilisierung der ungeliebten „politischen Einheit Westberlin“.

Es nimmt kaum Wunder, dass viele der heutigen Entscheider in der Berliner Landespolitik, im Berliner Abgeordnetenhaus bereits in den 80er Jahren in der Bau- und Bezirksverwaltung tätig waren. Sie müssen Kenntnis von der massiven Korruption, von dem massiven Einsickern krimineller Gruppen haben, die etwa bei der Vergabe und Weitergabe landeseigener Mietwohnungen um sich gegriffen hatten. Ein Teil der immergleichen Machtelite Berlins entstammt der Bauverwaltung des alten Westberlin. Von diesen Persönlichkeiten war aber bisher öffentlich kaum ein Sterbenswörtchen über die eigenen Verfehlungen, über die Verfehlungen der eigenen Partei, über die eigene Verquickung in den Sumpf der 80er Jahre zu hören. Gut für sie alle! Gut für Berlins Parteien! Verheerend für Berlin.

Und jetzt wird mühselig weiter an den Spätsymptomen herumgedoktert, statt den chirurgisch präzisen, den heilenden Schnitt zu setzen. So wird Berlin nie und nimmer auf die Beine kommen.

Berlin braucht endlich den Schnitt mit dem Sumpf der korrupten Vergangenheit, in dem so manche bewährten Kräfte bis zum Halse stecken. Weg mit dem alten Umverteilungsdenken der alten Eliten! Weg mit dem scheinsozialen breiigen Bestandskonservatismus!

Wo sind sie, die Ludwig Erhards, die Konrad Adenauers unserer Zeit? Helft!

Preisbremse für Sozialmieten – Berliner Zeitung
Dass viele Sozialwohnungen zu teuer sind, geht auf das Fördersystem des Sozialen Wohnungsbaues zurück, das in den 1970er-Jahren im damaligen West-Berlin ersonnen wurde. Es sah vor, dass die finanzielle Unterstützung jedes Jahr um rund 13 Cent je Quadratmeter sinkt und die Mieten um den gleichen Betrag erhöht werden können. Seitdem sind die jährlichen Mieterhöhungen garantiert.

 Posted by at 12:58
Feb 222010
 

In allen sozialistischen Staaten, die ich vor 1989 besucht habe, galt Arbeitszwang. Bereits Rosa Luxemburg forderte ihn: „Nur der darf Lebensunterhalt bekommen, der etwas als Gegenleistung erbringt.“ Bereits kurz nach der siegreichen Oktoberrevolution richteten die Sozialisten riesige Arbeits- und Umerziehungslager ein, in denen sie arbeitsscheues Gesindel und volksfeindliche Elemente – wie sie die Arbeits- und Obdachlosen nannten –  auf Vordermann brachten. Diese Idee übernahmen 15 Jahre später auch die deutschen Nationalsozialisten.

Von diesen sozialistischen Zwangsmaßnahmen sind wir heute glücklicherweise weit entfernt! Allerdings erlaubt das SGB eine Form der Sanktion,  nämlich die Kürzung der Bezüge, falls ein Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit ablehnt. Darauf weist zu Recht Klaus Ernst von der Linkspartei hin. Guido Westerwelle wiederum forderte, diese heute möglichen Sanktionen auch ungescheut anzuwenden. Ich meine: Klaus Ernst und Guido Westerwelle fordern nichts anderes als die Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze. Von dem typischen sozialistischen Arbeitszwang oder gar Zwangsarbeit, wie sie zur Praxis der sozialistischen Staaten gehört, sind sie beide gleich weit entfernt. Beide wollen einen Beitrag zur Debatte um Hartz IV leisten. Man sollte Westerwelle und Ernst  nicht in parteipolitischer Verengung gegeneinander ausspielen. Schluss mit dieser Hatz!

Aber lest selbst in der Jungen Welt nach:

20.02.2010: FDP bleibt auf Krawallkurs (Tageszeitung junge Welt)
Der designierte Parteivorsitzende der Linken, Klaus Ernst, erklärte, die Linke werde gegen jede Verschlechterung bei Hartz IV mit allen Mitteln protestieren, »auch auf der Straße«. Erwerbslosen, die angebotene Jobs nicht annehmen, drohe schon heute der Verlust existentieller Mittel.

 Posted by at 11:14
Jul 252009
 

Einen der besten Artikel seit langem über den Berliner Bankenskandal veröffentlichte soeben Ewald B. Schulte im Tagesspiegel. Brillant recherchiert! Fakten und Namen stimmen, soweit ich das beurteilen kann.

Der Berliner Bankenskandal, der im Jahr 2001 an die Oberfläche trat, war das kleine Orchestervorspiel zur globalen Finanzkrisen-Götterdämmerung, die im Herbst 2008 ausbrach. In beiden Fällen war es nicht der freie Markt, der aus den Fugen geriet, sondern ein verhängnisvolles Zusammenspiel von politisch gesteuerten Staatsbanken und staatsnahen Banken, ein politisch gewollter Run auf nicht genügend besicherte Immobilienkredite, eine Verquickung zwischen staatlicher Aufsicht, Parteienklüngel (damals in Berlin: Berliner SPD und Berliner CDU), eine grobe Vernachlässigung der Bankenaufsicht – und Vorteilsnahme zugunsten der eigenen Seilschaften: diese Faktoren haben der Gemeinschaft schwersten Schaden zugefügt, und fügen ihn ihr weiterhin zu.

Der arme Herr Landowsky soll das jetzt alles ausbaden. Was für eine Heuchelei! Als ob einer allein die Hauptschuld trüge! Wurde der Skandal eigentlich richtig aufgearbeitet in Berlin?

Ohne eigenes Risiko
Die Verantwortung für den Berliner Bankenskandal hat die Politik erfolgreich abgeschoben. Klaus Landowsky ist da keine Ausnahme: Er steht als Ex-Banker, nicht als Ex-Politiker vor Gericht.

 Posted by at 23:02

Essig der Ausnüchterung: Es geht nicht mehr so weiter – denkt um!

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Jun 202009
 

Erfreuliches höre ich vom neuen Berliner Finanzsenator Nußbaum. Die Berliner Zeitung berichtet heute:

Es geht nicht mehr – Berliner Zeitung
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat angesichts von Wirtschaftskrise und Einnahmeausfällen bei den Steuern einen Mentalitätswandel in der Bevölkerung und in der Politik gefordert. „Ich bin der Überzeugung, dass weder die politische Klasse noch die Bevölkerung richtig realisiert hat, was diese Krise wirklich für uns, für unseren Wohlstand bedeutet“, sagte der Senator der Berliner Zeitung.

Nußbaum hat recht. Er könnte sogar noch schärfer formulieren, doch muss er erst einmal versuchen, sich im Senat einen sicheren Stand zu erarbeiten. Ich selbst verlange seit vielen Monaten ein fundamentales Umdenken – und nur ganz wenige vernehme ich, die klare Schlüsse aus der Finanz- und Wirtschaftskrise ziehen. Gefordert ist ein völliges Neubedenken der Aufgabenteilung zwischen Staat und Gesellschaft, zwischen den Hilfesystemen und dem einzelnen. „Papi“, so nennen die jungen Gespielinnen in Italien ihren Ministerpräsidenten. „Papa Staat, hilf uns, sorge für uns“, dieser Klageruf ertönt auch bei uns noch viel zu oft. „Wir werden helfen“, so erbarmte sich – leider! – Kanzlerin Merkel in einer Fernsehsendung mit Anne Will. Und danach sprach sie vom „dritten Weg“ zwischen Planwirtschaft und Marktwirtschaft, sie nannte dies irrigerweise „Soziale Marktwirtschaft“.

Nein, der Staat wird nicht mehr helfen können. Der zusätzliche Finanzbedarf von über 300 Milliarden Euro neuen Schulden bis 2012, wie ihn der Bundestag gestern festgeschrieben hat, ist ein Menetekel, ein klarer Beweis der Parlamente, dass sie das Einmaleins des Marktes vergessen haben.

Wir müssen zur Marktwirtschaft zurück. Die massiven Stützungen und die gigantische Neuverschuldung bringen einen derart erhöhten Steuer- und Regelbedarf mit sich, dass der Begriff einer „schleichenden Planwirtschaft“ gerechtfertigt erscheint. Ich sage: Wir brauchen eine solche schleichende Planwirtschaft nicht. Sie ist Gift für die Freiheit. Der Staat hat über die Jahrzehnte hin viel zu viel vermasselt, beginnend von den Landesbanken über das Heranzüchten neuer Großbanken – wir stehen mit 106 Milliarden Euro Bürgschaften und Beihilfen hinter der Neuzüchtung Dresdner/Commerzbank, bis hin zu dem Opel-Rettungspaket, dank dessen nunmehr russische Großbanken mit am Kabinettstisch in Berlin sitzen und den Ausgang der Bundestagswahlen mit beeinflussen dürfen! Was für ein abgrundtiefer Fehler!

Durch die satten Staatshilfen wird nach und nach jede Fähigkeit der einzelnen erstickt, sich selbst zu helfen. Die Menschen verlieren den Mut, sich ihrer eigenen Kräfte zu bedienen. Hier in Berlin erblicke ich eine zunehmende Versteppung der Selbsthilfekräfte. Ganze Stadtviertel leben fast nur noch davon, die staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen – dazu gehört insbesondere das Gebiet, in dem ich wohne, mein heimisches Kreuzberg.

Als entscheidenden Fehler erachte ich, dass kein Politiker offen die Wahrheit ausspricht, dass wir uns auf eine massive Senkung des Wohlstandes werden einrichten müssen. Ich kenne fast nur den Bundespräsidenten Köhler, die Bundestagskandidatin Vera Lengsfeld, den schwäbischen Politiker Oswald Metzger, den früheren Finanzsenator Sarrazin  und nun eben den Finanzsenator Nußbaum, die mutig genug sind, uns Wählern diesen reinen Wein oder vielmehr Essig der Ausnüchterung in homöopathischen Dosen einzuträufeln. Bitte mehr davon! Wir brauchen solche Ehrlichen in einer Truppe von Opportunisten.

Der Markt bringt eine gewisse Härte mit sich. Es wird uns nicht alles so leicht in den Schoß fallen. Aber genau diese Härte wird dazu führen, dass unsere Kräfte wieder erstarken, dass die allzu leichte Bequemlichkeit vertrieben wird.

Gestern las ich mit meinem Wanja Tom Sawyers Geschichte. Die Tante Polly belohnt den listigen Bengel, diesen Tom, dafür, dass er – vermeintlich – den Zaun gestrichen hat …  mit einem hellen, glänzenden roten Apfel.

Wir müssen dahin zurückkommen, dass selbst ein Apfel uns wieder als Belohnung erscheinen mag. Und „es wird uns besser dabei gehen“. Die Einbuße an Wohlstand wird zu einem Mehr an Lebensqualität führen. Die wiedergewonnene Verantwortung wird uns stärker und glücklicher machen.

 Posted by at 22:39

Die Lemminge. Ein Aufsichtsrat packt aus

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Jun 182009
 

Rolf Breuer ist neben Josef Ackermann und Horst Köhler einer der ganz wenigen aus dem Inneren der Finanzbranche, die Missstände unverblümt ansprechen. Höchstes Lob diesen drei, denn sie suchen die Schuld nicht bei den anderen, sondern bei sich und ihresgleichen. Merkwürdig: Als Nestbeschmutzer werden sie trotzdem nicht beschimpft. Sie dürften recht haben, vor allem weil sie in der Minderheit sind und weil ihnen aus ihren Aussagen kein Vorteil erwächst.

Ansonsten wird hemmungslos gemauert und geblockt, dass es keine Freude anzusehen ist. Diese Unter-den-Teppich-Kehrerei hat uns Milliarden gekostet und wird uns noch Hunderte Milliarden kosten. Bitte weiter auspacken!

Banken in der Krise: Ex-Deutsche-Bank-Chef Breuer gibt Aufsichtsräten schlechte Noten – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
Es sind ernüchternde Einblicke, die der 71-Jährige am Donnerstag auf einer Veranstaltung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zur Corporate Governance über den Alltag der Kontrolleure bei Banken gibt. So berichtet Breuer von seinem „Aha-Erlebnis“. Nämlich als er erkannt habe, dass sich der ganze Aufsichtsrat bei unklarer Sachlage oft schlicht nach der Meinung zweier Leitfiguren richtete. Einem Kollegen mit viel Fachwissen – und ihm selbst. Eine solche Dominanz des Vorsitzenden „darf nicht sein“, sagt Breuer. Später spricht er von der „Gefahr des Lemmingverhaltens“.

 Posted by at 15:35
Jun 152009
 

Irgendwann streikte das Mikrophon. Auf einmal hörte man die Stimme der Rednerin unverstellt, klar, raumfüllend. Hildegard Müller ließ sich nicht beirren: Es geht auch ohne Unterstützung. Unverstellt, klar, raumfüllend: so war auch der Inhalt ihrer Rede.  

 

Eingeladen hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung. Es war die Auftaktveranstaltung zur Reihe „“Friedrichshain-Kreuzberger Gespräche““.

 

War dies ein Sinnbild für das Thema? Müssen wir uns mehr auf die Kraft des einzelnen verlassen, der sein Wort hinaussendet in den offenen Raum, unbekümmert darum, ob er stets das sagt, was die jeweilige Regierung in ihrem unerforschlichen Ratschluss zu tun beabsichtigt? Der sich der Kraft der Freiheit anvertraut?  

 

Hildegard Müller wird ja recht launisch in der neuesten Hymne auf die neue CDU, angestimmt von Mariam Lau, in folgenden Worten als einer der bekannten „Wirtschaftsflüchtlinge“ vorgestellt, worüber auch dieses Blog am 23.08.2008 berichtete:  

 

Schon früher als „der Frieder März“ geht Hildegard Müller, eine der engsten Vertrauten Merkels und Staatsministerin im Kanzleramt. Sie wird Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft.

 

Und Hildegard Müller hatte in der Tat ihre eigenen Gedanken, die sie furchtlos und sachlich, diplomatisch-gewandt und doch in der Sache eindeutig vortrug.

 

Einiges sei herausgegriffen! Sind die Ursachen der Bankenkrise richtig erkannt worden? Vielfach wird einem ungehemmt wuchernden Markt, der sich über alle Regeln hinweggesetzt habe, die Schuld an der Finanzkrise zugeschrieben. Frau Müller konnte nachweisen, dass auch die Staaten ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung tragen, nicht so sehr durch Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflicht als dadurch, dass sie selbst als Akteure auf dem Markt auftreten. Und zwar häufig mit groben Patzern, in jedem Fall aber wettbewerbsverzerrend.

 

Über all den Stützungs- und Rettungsmaßnahmen laufen die Staaten Gefahr, nicht in ihre Zukunft zu investieren. Autos alten Typs werden zwei drei Jährchen weitersubventioniert, und mittlerweile versäumt man das Ausreifen und Wachsenlassen neuer, marktfähiger, innovativer Produkte, die selbständig ihren Markt finden.

 

Innovation, Abbau bürokratischer Hemmnisse, etwa im Bereich des Infrastrukturausbaus -, und eine massive Förderung der Bildung: dies mahnte Hildegard Müller auf eine Weise an, dass niemand, niemand im Saal ihr die Zustimmung verweigert hätte. Wir waren alle überzeugt oder wurden alle überzeugt, und wer nicht überzeugt war, der hat es nicht gesagt. Und so stellten wir ein paar Fragen, die Frau Müller auf unnachahmliche Art teils von hinten her, teils von vorne her abarbeitete. Tja, der eine oder andere war baff darob. Wie macht sie das?

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Ein bisschen enttäuscht war ich aber doch: Denn ich hatte mir sorgsam ein paar Fragen zurechtgelegt, mit denen ich die regierungsnahe Politikerin ein bisschen ärgern wollte, hatte „Erhards „Wohlstand für alle“ studiert und mich auch zum neuesten EU-Energiehandel (Öl, Gas, Strom, Derivate, Zertifikate) gewappnet: Denn auch in der EU, vor allem aber in Deutschland gilt es, einen funktionierenden Markt herzustellen, es gilt, das Oligopol der „großen Vier“ zu brechen, –so meine ich jedenfalls.

 

Aber Freunde, Blogger, was soll ich euch sagen? Hildegard Müller nahm mir den Wind aus den Segeln. Sie listete eigentlich fast all jene kritikwürdigen Punkte, die mir an der aktuellen Politik der Bundesregierung schwer aufstoßen, selbst auf. Sie machte sich für eine „Neue soziale Marktwirtschaft“ stark. Und „neu“, das heißt ja wohl eine Marktwirtschaft, die nicht mehr auf das Selbstläufertum eines garantierten Wachstums setzt, sondern auch auf behutsam steuernde Eingriffe des Staates zugunsten eines wahrhaft zukunftsfähigen Marktes. Gut, schön, überzeugend gesagt!

 

Ich besann mich um, blies meine Fundamentalkritik am Staatssozialismus neuester Prägung ab. Ich stand zwar auf, zückte meine Samisdat-Kopie des derzeit nicht erhältlichen Werkes von Ludwig Erhard aus der Tasche und forderte kühn erst einmal eine Rückbesinnung auf die alte soziale Marktwirtschaft. Aber ansonsten stimmte ich der Rednerin in fast allen Punkte zu. Und gut war’s.

 

Am besten gefiel mir die folgende Aussage Frau Müllers: „Ersparen Sie mir, die Vor- und Nachteile der Parteiprogramme abzuwägen. Ich bin CDU-lerin durch und durch. Für mich gibt es nur die CDU. Sie ist die einzige Partei, die Freiheit und staatliche Regeln in die richtige Balance bringen kann.“

 

Na bitte, dachte ich. So schön und überzeugend kann CDU sein! Und noch etwas dachte ich: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.

 

Also, ich fände es äußerst bedauerlich, wenn Hildegard Müller nicht irgendwann den Weg zurück in die „echte“ Politik fände.

 

Das Foto zeigt Hildegard Müller zusammen mit einem CDU-Mitglied aus Friedrichshain, Herrn Ulbricht.

 muller_ulbricht08062009005.jpg

 

Buchtipps:

Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Angela Merkel und die Modernisierung der CDU. DVA München 2009, Zitat hier: S. 42

 

Ines Zenke/Ralf Schäfer (Hgg.): Energiehandel in Europa. Öl, Gas, Strom, Derivate, Zertifikate. 2. Auflage, C.H. Beck Verlag, München  2009

 

 

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Mai 302009
 

… zeitigen die Opel-Verhandlungen im Kanzleramt! … Applaus, es ist vollbracht: für einige Tage steht der deutsche Staat als Retter von Opel da! Applaus auch für unseren Wirtschaftsminister: Er zeigt ein gewisses Rückgrat. Applaus auch für die SPD, sie setzt nach – die Rolle des Retters scheint ihr zu gefallen. Als nächstes ist also Arcandor dran!

Gut auch, dass der Wirtschaftsminister den deutschen Staat als erpressbar bezeichnet hat: Erpressbarkeit ist so ziemlich das schlimmste, was einer Regierung vorgeworfen werden kann.

Freuen dürfen sich die drei Oppositionsparteien! Die Opelaner werden irgendwann aufwachen. Wahrscheinlich sogar vor der Bundestagswahl.

Autokrise: Die seltsame Opel-Rettung – Opel – Wirtschaft – FAZ.NET
Opel selbst schreibt jeden Tag drei Millionen Euro Verlust und wäre Mitte der Woche zahlungsunfähig geworden. Und weltweit werden mit 90 Millionen Autos rund doppelt so viele gebaut wie gekauft werden.

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Füllen Sie Wasser in den Tank der Marktwirtschaft, oder: Wer kann schon etwas gegen den Weihnachtsmann haben?

 Anbiederung, Etatismus, Geld, Gouvernance économique, Italienisches, Verwöhnt, Weihnacht, Weihnachtsgans  Kommentare deaktiviert für Füllen Sie Wasser in den Tank der Marktwirtschaft, oder: Wer kann schon etwas gegen den Weihnachtsmann haben?
Mrz 262009
 

Eine sprudelnde Quelle von staatlichen Beihilfen für einzelne Branchen bleibt Italien. Das Land ist deshalb mittlerweile in der Rangliste der Volkswirtschaften weit nach hinten gefallen, der Produktivitätszuwachs liegt weit unter dem anderer EU-Staaten.  Und als eine der Ursachen dafür benennen Fachleute den allzu ungehinderten Umgang mit staatlichen ‚aiutini‘.  Selbstverständlich gibt es in Italien auch die Verschrottungsprämie – sie wird noch bis 31.12.2009 weiterlaufen. Allerdings hat man sich in Italien mindestens bemüht, einen Umweltanteil einzubauen; wer sein Auto bloß verschrottet, ohne ein neues zu kaufen, erhält immerhin 80 Euro auf die Hand und ein Jahres-Abo im öffentlichen Verkehr:

Incentivi e rottamazione senza segreti Ecco la guida per avere i vari bonus – Motori – Repubblica.it
INCENTIVI CON ROTTAMAZIONE DI AUTO EURO0 O EURO1
Se si distrugge una vecchia auto e non si compra nulla (la famosa „rottamazione pura“ voluta dai verdi) si ottiene un micro bonus di 80 euro che copre i costi di rottamazione dell’auto e un abbonbamento ai mezzi pubblici, ma per avere la tessera „intera rete“ per un anno non bisogna essere intestatari di altre auto).

Ansonsten gilt: Das jahrzehntelange Beihilfewesen, die innige Verquickung zwischen Brancheninteressen und Politik hat die italienische Autoindustrie zurückgeworfen, der Konzentrationsprozess hat stark zugenommen, der Wettbewerb ist massiv beeinträchtigt, die italienischen Autos werden außerhalb des Landes kaum gekauft. Mit einem Wort: Wenn Staaten gezielt Branchen aufpäppeln und verwöhnen, füllen sie Wasser in den Tank der Marktwirtschaft. Sie spielen Weihnachtsmann und Osterhase. Worüber sich natürlich alle Wähler-Kinder freuen.

Was Italien kann, kann das Land Berlin ebenfalls:  Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt heute im Finanzteil auf S. 20 einen Rückblick auf die Bankgesellschaft Berlin. „Das Berliner Bankendesaster war bis zum Scheitern der IKB das größte in der deutschen Nachkriegsgeschichte.“ Und dem damals bereits hoch verschuldeten Bundesland Berlin gebührt das zweifelhafte Verdienst, einen Banken-Schutzschirm in der damals noch gigantischen Höhe von 21,6 Milliarden Euro aufgespannt zu haben. An den Folgen wird das Land noch jahrzehntelang zu tragen haben. Berlin macht’s vor!

Die FAZ kommentiert: „Parallelen zur aktuellen Finanzkrise sind unverkennbar: Es wurden Kredite vergeben, die nicht hätten vergeben werden sollen, die Risiken wurden in anderen Finanzprodukten versteckt.“

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