Kronberg/Ts. oder Kreuzberg/Berlin? oder: Schulden und Wohlstand für alle

 Pflicht  Kommentare deaktiviert für Kronberg/Ts. oder Kreuzberg/Berlin? oder: Schulden und Wohlstand für alle
Okt 272009
 

„Wir haben diese Regierung gewählt, jetzt müssen wir auch mit ihr leben.“ Meine Treue zu den gewählten Regierungen, mein staatsbürgerlicher Respekt vor den Regierungen in Bezirk, Land und Bund ist gleichermaßen unerschütterlich. Dabei kenne ich keine Parteien. Jede gewählte Regierung hat einen Anspruch darauf, nach ihrem Tun und Lassen beurteilt zu werden.

Mein erster Eindruck vom Koalitionsvertrag: eine Fülle an gut gemeinten Einzelmaßnahmen, sauber abgewogen zwischen den Interessen aller Beteiligten. Leider kein tragender Geist erkennbar. Bezeichnend: Gleich das erste Kapitel lautet „Wohlstand für alle“. Das ist exakt der Titel des Buches von Ludwig Erhard, das derzeit mit gutem Grund vergriffen ist. Denn als Erhard das großartige Buch schrieb, gab es nichts zu verteilen. Erhard meinte: Wenn der Staat die richtigen Bedingungen setzt, schaffen sich die Bürger ihren Wohlstand durch eigene Tüchtigkeit. Zu verteilen hatte Erhard nichts, und gerade deswegen funktionierten seine verblüffend einfachen Grundprinzipien. Er hatte wider die Mehrheitsmeinung gewettet – und seine Wette ging glanzvoll auf.

Wenn die neue Regierung erneut mit der „Wohlstand-für-alle-Verheißung“ antritt, kann sie dies nicht so wie Erhard meinen.  Denn jetzt gilt es vor allem eine riesige Schuldenlast zu verteilen – über die Bürger und über die Generationen hinweg. Dieser Zusammenhang tritt in dem Koalitionsvertrag nicht deutlich hervor. Es ist die große Wette, die die neue Regierung eingeht. Wird das Kalkül aufgehen? Schuldenabbau dank Wachstum bei gleichzeitiger Austeilung von Wohltaten? Es ist uns allen zu wünschen! Ich hege Zweifel, da ich im Koalitionsvertrag zu wenig Ausgabenkürzungen erkenne.

Mit großem Interesse habe ich die Teile im Koalitionsvertrag gelesen, die die Integrationspolitik betreffen (Kapitel III, Abschnitt 5). Mein Befund: Die Maßnahmen gehen in die richtige Richtung! Mindestens für Wohngegenden wie Kronberg/Taunus oder Pforzheim, also für solche gutsituierten Wohngegenden wie die, aus denen mutmaßlich die Verfasser des Koalitonsvertrages stammen. Es ist alles nicht falsch, es ist alles gut gemeint, was da gefordert wird: Integrationsfördermaßnahmen die Palette rauf und runter, Ausbau der Integrationskurse, Deutschpflicht für Eltern, Integration durch Sport. Alles gut und schön.

Für mein heimisches Kreuzberg oder für Neukölln reicht es aber nicht. Zu recht schlägt der Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky die Hände über dem Kopf zusammen. Denn das Betreuungsgeld etwa ist ein Freifahrtschein für die Familien, ihre Kinder zuhause zu behalten. Mit jedem weiteren Kind steigt das Familieneinkommen erheblich, die Schere zwischen hervorragend „verdienenden“ kinderreichen Familien mit sechs oder acht Kindern und schlechtgestellten Alleinerziehenden öffnet sich noch weiter.

Hier fehlt mir der Gedanke der Pflicht, der Gedanke der Entscheidung für dieses Land. Stattdessen wird das Instrument des „Integrationsvertrages“ geschaffen (Zeile 3349). Das kann ja nur bedeuten: Der Staat tritt den Zuwanderen als fairer Partner auf Augenhöhe gegenüber. Er verhandelt mit ihnen über Bedingungen der Integration und verlangt im Gegenzug auch eine Art Selbstverpflichtung, etwa zum Besuch der Integrationskurse.

Das halte ich für nicht zielführend. Der demokratische Staat, also wir alle, hat das Recht, die Erfüllung bestimmter Pflichten von allen Bürgern, auch von den Zuwanderern, zu verlangen. Eine Vereinbarung des demokratischen Staates mit den einzelnen zugewanderten Bürgern halte ich für nicht sinnvoll. Der Staat sollte sich gerade nicht auf ein Do-ut-des mit den Migranten einlassen. Jeder Bürger, der die Vorzüge unseres Landes genießt, muss im Gegenzug dafür alles tun, um sein Leben in Freiheit und Selbstverantwortung zu leben. Die Zuwanderer stehen in der Pflicht, sobald sie sich dafür entschieden haben, hier zu leben. Im Koalitionsvertrag fehlt völlig das Moment der Entscheidung. Man muss einfach sehen: Wer hier zuwandert, tut dies freiwillig. Er oder sie muss eine klare Ansage erhalten, welche Pflichten damit einhergehen. Sonst fahren sie weiterhin mit uns Schlitten.

Was uns hier in Kreuzberg oder Neukölln wirklich die Haare zu Berge stehen lässt, das ist, wenn man mit Förderung ohne Ende, mit Maßnahmen des Staates, mit Einladungen, mit Locken und mit Betteln eine gewisse Anstrengung von den Bürgern erbittet, statt kategorisch von ihnen etwas zu verlangen. Das Betreuungsgeld ist eine derartige kontraproduktive Maßnahme.

Damit kommt die Politik nicht durch. Das stößt auf taube Ohren bei den Adressaten. Mit dem Integrationsvertrag wird sich erneut eine fundamentale Unbekanntschaft unserer Politiker mit den vorherrschenden Mentalitätsmustern bei den Zuwanderern offenbaren.

Lest das ganze Interview mit Heinz Buschkowsky im heutigen Tagesspiegel:

„Das ist Zynismus pur“
Die Vorschule kann das nicht richten?

Wir haben keine Vorschul- oder Kitapflicht. Die fordere ich schon lange. Wenn die Kinder mit fast keinem oder radebrechendem Deutsch eingeschult werden, kommen sie häufig aus dieser Falle in der ganzen Schulzeit nicht mehr heraus.

 Posted by at 16:16

Kita-Pflicht für Politiker muss kommen!

 Das Böse, Faulheit, Geld, Gute Grundschulen, Pflicht  Kommentare deaktiviert für Kita-Pflicht für Politiker muss kommen!
Okt 272009
 

Meine persönlichen Schlagzeilen heute:

Kita-Pflicht für Politiker muss kommen! Weiterhin riesiges Wertevakuum in der Bildungsdebatte!

CDU-Opposition wirft Senat vor, ein eiskaltes Einsparprogramm auf dem Rücken der Schüler durchziehen zu wollen und die Axt an das geheiligte gegliederte Schulwesen legen zu wollen. Alle zeigen mit dem Finger aufeinander: „Ihr Bösen im rot-roten Senat wollt Schule, Bildung und Jugendarbeit kaputtsparen!“ Beispiel: Friedrichshain-Kreuzberger Jugendstadträtin Monika Herrmann (Grüne), die gegen die Politik des eigenen Bezirksamtes, gegen die Privatisierung von Einrichtungen der Jugendarbeit demonstriert!

Retourkutsche: „Selber böse! Ihr Bösen von der CDU und von der FDP und von den Grünen wollt Spaltung der Gesellschaft vertiefen!“

Freunde, arkadaşlar, Kanzlerin Merkel hat einmal im Gespräch mit Anne Will gesagt: „Die Bundesregierung ist kein Kindergarten. Sie können den Leuten nicht das Handy verbieten.“ Damit meinte sie im Klartext: „Ein Kindergarten ist leichter zu führen als ein Bundeskabinett. Denn im Kindergarten kann man den Kindern etwas verbieten.“

Ich meine: Berliner Landes- und Bezirkspolitik gleicht über weite Strecken einem schimpfenden Kindergarten mit wechselseitiger Schuldzuweisung. Es fehlt vielen Politikern an grundlegender Kita-Bildung. Meine Bitte: Berliner Landes- und Bezirkspolitiker aller Parteien, bitte holt eure Kita-Bildung nach! Ich kenne tolle Kitas, wo man das Gefühl für Eigenverantwortung erlernt! Statt immer nur auf andere loszuschimpfen.

Ich kenne die Melodie, ich kenne die Herrn und auch die Damen. Sie geht so: Der Staat soll alles machen. Ängste nehmen, Freizeit organisieren, kostenlose Jugendreisen für die Benachteiligten aller Klassen und aller Bezirke. Alles, alles, alles soll das Land Berlin  in die Hand nehmen. Und von Mutti Bundesrepublik holt das ungebärdige, schlecht erzogene Bundesland Berlin sich das benötigte Kleingeld. Statt es selbst zu erwirtschaften.

Frische Ideen fehlen. Mut fehlt.  Werteorientierung fehlt. Quer durch alle Parteien. Versprechungen blühen.

Ich behaupte: Bessere Bildung mit weniger Geld ist möglich! Bessere Grundschule auch mit größeren Klassen ist möglich! Es liegt nicht am Geld! Hört doch auf, immer nur den schwarzen Peter den anderen zuzuweisen. Das Bundesland Berlin hat mit die höchsten Sozialausgaben, die höchsten Bildungsausgaben, die höchsten Jugendhilfeausgaben aller Bundesländer pro Einwohner – und dennoch in vieler Hinsicht und in manchen Bezirken mit die schlechtesten Sozialdaten bundesweit! Trotz – oder gerade weil?!

Hier kommt Lesefutter für unser Politiker-Kita. Was meint ihr? Hat der Blogger Johannes Hampel mit seinen maßlosen Vorwürfen recht? Verteidigt euch! Lest und diskutiert in überparteilichen Arbeitsgruppen folgende Artikel:

Nicht ohne meinen Jugendtreff.“ zitty Berlin, Das Hauptstadtmagazin, Nr. 22-2009, 22. Okt.-4. Nov. , S. 26-27

„Der Bund agiert in höchstem Maß unsolidarisch.“ Tagesspiegel, 27.10.2009

 Posted by at 11:49

„Die Eltern sind in der Pflicht“ – na endlich sagt das jemand mal!

 Das Gute, Familie, Pflicht  Kommentare deaktiviert für „Die Eltern sind in der Pflicht“ – na endlich sagt das jemand mal!
Sep 042009
 

Die Berliner Journalistin Regina Köhler erhält den Theodor-Wolff-Preis. Sehr gut! Ich gratuliere Ihnen, Frau Köhler.

Sie sind die einzige mir bekannte Journalistin, die so einfache Sätze wie „Die Eltern sind in der Pflicht“ bei den Redaktionen einzureichen wagt – und die dann die Redaktion so weit umgarnt, dass solche einfachen bündigen Wahrheiten abgedruckt werden. Sie müssen ja beträchtlichen Charme haben.

Diesen Satz „Die Eltern sind in der Pflicht“, den habe ich schon oft – häufig in der Form „Wir Eltern sind in der Pflicht“  – ausgesprochen, hier hinein gebloggt, geschrieben, geklagt und gepfiffen. Das Echo? Nun, ich bekomme Erwiderungen der folgenden Art:

„Du redest ja schlimmer als ein CDU-ler aus den 50er Jahren!“

„Wir müssen den Eltern durch Förderprogramme helfen!“

„Die Eltern haben kein Geld, um ihre Kinder sinnvoll zu erziehen“

„Die Eltern brauchen Hilfe, sie sind alle überfordert!“

„Die verheerende Schulpolitik des rot-roten Senats macht sinnvolle Erziehung unmöglich!“…

… und was dergleichen trickreiche Ausflüchte mehr sind. Ich nehme alle diese Vorwürfe gerne auf mich, bin bereit, sie Punkt um Punkt zu widerlegen, und erkläre mich hiermit zum Bundesgenossen der Preisträgerin Regina Köhler.

Regina Köhler hat recht. Damit sind wir schon zwei.  Sie und ich.

Kommentar – Fernseher aus! – Berlin – Berliner Morgenpost
Die Eltern sind in der Pflicht.

 Posted by at 11:38

Butter von Martin Lindner oder Eisen von Rosa Luxemburg? Mehr fordern, und dadurch fördern!

 Pflicht, Rosa Luxemburg, Sozialadel, Sozialismus  Kommentare deaktiviert für Butter von Martin Lindner oder Eisen von Rosa Luxemburg? Mehr fordern, und dadurch fördern!
Jul 132009
 

Einen sinnvollen, butterweichen Reformvorschlag legte Martin Lindner MdA kürzlich vor: WENN Arbeit vorhanden sei, sollten  Hartz-IV-Empfänger auch verpflichtet werden können, 30% der Transfer-Zahlungen durch Arbeiten für die Gemeinschaft zu verdienen. Wenn sie dies ablehnten, dann sollten die Leistungen gekürzt werden. Der Chor der Ablehnung war einhellig. Dem armen Herrn Lindner pfiff der Vorwurf der sozialen Kälte um die Ohren!

Die „Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit und Soziales – Hartz IV muß weg“ (LAG) der bayerischen /LINKEN/ ist empört: „Das ist ein Schlag in die Gesichter von etlichen Millionen Hartz-IV-Beziehern und zu Niedrigstlöhnen Arbeitenden! Das ist Raubtierkapitalismus pur!“, meint eine Sprecherin der LAG, nur mühsam Zurückhaltung wahrend. 

Wie anders tönt da – Rosa Luxemburg! Keine Zurückhaltung wahrend und gestützt auf ihr eisernes Pflicht- und Arbeitsethos, forderte die hochverehrte Rosa-Luxemburg-Stiftungspatronin die Arbeitspflicht für alle. Sie meinte: Continue reading »

 Posted by at 10:21

Brauchen wir die flächendeckende Ganztagsschule ab 5 Jahren als Pflichtschule?

 Gute Grundschulen, Pflicht  Kommentare deaktiviert für Brauchen wir die flächendeckende Ganztagsschule ab 5 Jahren als Pflichtschule?
Jul 132009
 

Individuelle Betreuung für jeden einzelnen Schüler, zeitintensivste staatliche Fürsorge und Obhut von Kindesbeinen an, Übernahme fast der ganzen Erziehungsarbeit, weg von den Familien, hin zu den staatlichen Einrichtungen … Im Grunde stellt der Staat jedem einzelnen Schüler aus den geschlossenen türkisch-arabischen Parallelgesellschaften eine individuelle Betreuung zusammen und bezahlt sie dann auch. Die Eltern können weiterhin aus der Satellitenschüssel fernsehen.

Genau den Weg, den ich hier als fast einzig gangbaren beschrieb, hat das Neuköllner Albert-Schweitzer-Gymnasium beschritten. Lest den Artikel in der BZ von gestern! Das ist die Ganztagsschule, wie sie Bundeskanzlerin Merkel ja ebenfalls gefordert hat. Die türkischen und arabischen Familien Continue reading »

 Posted by at 10:00
Jul 092009
 

09072009001.jpg Immer wieder stellen wir fest, dass Schulkinder nicht ausreichend, nicht gut genug essen.  Bei einem Schulfest sah ich einmal: die Mütter brachten Weißbrot mit Wurst belegt mit, ein bisschen Kuchen – sonst nichts, kein Obst, kein Gemüse, keinen frischen Salat. Wo waren dieVäter? Ich selbst rede mich wieder mal heraus damit, dass ich etwas zum kulturellen Rahmenprogramm beitrug.

Die EU hat deswegen ein Programm zur kostenlosen Verteilung von Obst an Schulkinder aufgelegt.

Bundesrat – Bundesrat mit Mammutprogramm vor Sommerpause | ZEIT ONLINE
Im Vermittlungsausschuss landen wird höchstwahrscheinlich das Schulobstprogramm. Auch die Länder finden die von der EU verfügte kostenlose Verteilung von Obst und Gemüse in den Pausen gut. Sie verlangen aber eine höhere Kostenbeteiligung des Bundes.

Eine gute Idee. 12 Millionen soll das Programm kosten, Bund und Länder sind sich über die Kostenverteilung nicht einig.  Der Staat soll also für die Ernährungsdefizite der Familien aufkommen. Das klingt eigentlich sehr gut. So habe ich auch beobachtet, dass die gesamte Zahngesundheit snnvollerweise einen wichtigen Platz in der Kita-Erziehung einnimmt.

Aber – gestern kam mir eine andere Idee. Wäre es nicht gut, Kinder und Eltern so zu beeinflussen, dass sie von selber darauf kommen, dass Obst gesünder als immer nur Wurst und Weißbrot ist? Dass sie selber darauf achten müssen, sich Vitamine, reichlich Bewegung und geistige Anregung zu beschaffen?

Ich glaube: Wir Eltern brauchen gezielte, nachhaltige, leicht einprägsame Beeinflussung. Da es bei unseren Sprachkenntnissen oft hapert, helfen die langen, wortreichen Elternbriefe recht wenig. Am 09.04.2009 untersuchten wir in diesem Blog die deutsch-türkischen Elternbriefe und kamen zu dem Befund: Es wer eine völlig unrealistische türkische Akademiker-1-Kind-Familie, die bikulturell ihr Einzelkind erst in Türkisch, dann in Deutsch unterweist, 12 Stunden am Tag um das Kind kreist und offen und lernbegierig alle pädagogischen Anregungen aus den 8-seitigen Elternbriefen aufnimmt. Völlig an der Realität vorbei!

Ich kenne mittlerweile viele türkische und arabische Eltern und meine: So wird es nicht funktionieren. Man muss es einfacher, fasslicher, knackiger anpacken. Wie einen frischen Apfel. Wie ein Sprichwort. Etwa: „An apple a day keeps the doctor away.“ Derartige Regeln haben ihren Sinn.

Zum Beispiel brauchen die Eltern robuste Taschenkarten, wie sie den deutschen Soldaten in Afghanistan mitgegeben werden: einfache, leicht fassliche Anweisungen in deutscher Sprache, unterlegt mit einem eindrücklichen Bild. Etwa: „Kinder sollen neben den Hausaufgaben kein türkisches oder arabisches Satellitenfernsehen schauen!“ „Kinder müssen täglich drei Mal frisches Gemüse oder frisches Obst essen!“  „Ihr gehört zu uns! Ihr werdet hier gebraucht!“ „Lernt deutsch!“ „Kinder müssen sich nach jeder Mahlzeit  die Zähne putzen!“ „Treibt mehr Sport!“ „Du musst Deutsch können – lest jeden Tag euren Kindern aus einem deutschen Buch vor!“ „Hört jeden Tag eine deutsche Geschichte an!“ “Ihr seid Schmiede eures Glücks!“ „Ihr gehört dazu – hier ist eure Heimat!“

Was meint ihr? Sollte man nicht ein Kartenspiel auflegen? Mit den 36 wichtigsten Erziehungsregeln, die man wirklich guten Gewissens vertreten kann.  Es fehlt bei uns Eltern oft am Basiswissen. An Erfahrungen, die man einfach weitergeben muss. Deshalb sind die Kinder dann oft nicht gesund, wachsen nicht richtig. Es fehlt nicht am Geld, es fehlt am Wissen.

Die Hoffnung, dass die hunderttausenden von überforderten Eltern in mühevollen Elternkursen allmählich das ABC der Kindererziehung lernen werden, hege ich nicht. Zumal das ja auch viel zu teuer wäre. Wir, das heißt der Staat, muss massiv einsteigen, er muss geradezu propagandistisch kämpfen dafür, dass die Eltern ihren Kindern die Zukunft eröffnen. Heute sehe ich Dutzende lernbegierige, offene, wache 6-jährige – und Hunderte von 16-jährigen  Jugendlichen, die nichts mehr mit sich und ihrer Zeit anzufangen wissen. Sie haben im Alter von 16 Jahren weder Deutsch noch irgendeine andere Sprache wirklich gelernt, sie haben kaum Fachwissen, sie sind körperlich nicht fit. Sie können sich nicht beschäftigen.  Sie sind unsere verlorenen Söhne.

Diese massive Mentalitätsbeeinflussung geschieht leider einfach nicht. Man lässt es treiben. Es wird alles viel zu zahm, viel zu zurückhaltend angepackt. Die Imame in den Moscheen gehen da viel deutlicher zur Sache. Schaut euch das gestern verlinkte Video von Euronews an!

Soeben kam ich am Potsdamer Platz vorbei. Dort beobachtete ich eine Demonstration von Iranern. „Nieder mit der Diktatur, nieder mit der Diktatur!“ Zehn, zwanzig Mal wiederholt. Hier könnt ihr das Video sehen. Ja, so ist das eben, so funktioniert Massenkommunikation: Man muss es den Leuten einfach sagen. Man muss es den Leuten oft sagen. Sie wollen keine Abhandlungen, sie wollen Sprichwörter, Bilder, Klänge. Denkt an die zehn Gebote!

Zurück zum Obst! Soll der Staat kostenlos Schulobst an alle verteilen? Ich habe nichts dagegen. Besser finde ich es aber, in den Kindern die Sehnsucht nach Obst zu entfachen. In den Eltern die Sehnsucht nach gesunden und glücklichen Kindern zu entfachen. Etwa, indem man sie so beeinflusst, dass sie erkennen: Ich möchte meinem Kind Obst in die Schulpause mitgeben.

Das Bild zeigt eine Aufnahme von der Demonstration der Iraner.

 

 Posted by at 22:20

Kein Ende der Migrantenmisere in Sicht: Migranten, ihr müsst selber ran!

 Integration, Migration, Pflicht  Kommentare deaktiviert für Kein Ende der Migrantenmisere in Sicht: Migranten, ihr müsst selber ran!
Jul 082009
 

Ein durchaus repräsentatives Bild der Bewusstseinslage an der Berliner Bildungsfront bietet der gedruckte Tagesspiegel heute auf den Seiten 7 und 8. Unser Bildungssenator versuchte es gestern im Abgeordnetenhaus mit der vierundzwanzigsten Reform des Bildungswesens innerhalb von 5 Jahren – daraus wurde vorerst nichts. Jetzt warten wir noch einmal eine Woche bis zum nächsten Anlauf.  Inzwischen ist reichlich Zeit, sich weiter nach Herzenslust an Bildungsdebatten zu erlaben. Kein Ende in Sicht. Weiterhin scheint die irrige Meinung vorzuherrschen, durch Systemreformen und durch fleißiges Debattieren könne man an der grundlegend verfahrenen Situation etwas verbessern.

„Kein Ende in Sicht“ lautet auch der Titel eines Artikel, in dem endlich einmal selbst ein so wohlmeinendes Organ wie der Tagesspiegel einen Blick auf die Ursachen der Berliner Misere wirft. Wie bereits in diesem Blog mehrfach erkannt, ist die Integration auf keinem guten Weg. Es geht rückwärts. Die türkischen und die islamischen Gemeinden wachsen beständig, die deutschen Familien haben ganze Stadtviertel bereits verlassen. Die Verdrängung ist in vollem Gang.

Kein Ende in Sicht
Unter Lehrern, Eltern und auch unter manchen Schulpolitikern verfestigt sich der Eindruck, dass die Schulen diesen Kampf nicht gewinnen können. Anders als noch vor 20 Jahren erhofft, wird das Integrationsproblem nicht kleiner, sondern größer. Eine Erklärung ist: Die Türken als größte Migrantengruppe heiraten überwiegend Landsleute, die bis zur Eheschließung in der Heimat gelebt haben. Die große Mehrheit der türkischstämmigen Kinder, die in Berlin geboren werden, haben also mindestens ein Elternteil, das bei der Geburt des Kindes nur wenige Wort Deutsch spricht.

Die Folge ist, dass in den Familien überwiegend Türkisch gesprochen wird und die Eltern den Kindern in der Schule nicht helfen können. Die Lehrer in Kreuzberg, Wedding, Neukölln, zunehmend auch in Charlottenburg, Schöneberg und Spandau fangen also stets wieder bei Null an.

Wer ist schuld daran? Die Bildungspolitik? Wieder einmal bestärkt der Tagesspiegel diesen Eindruck: er fordert indirekt mehr Geld und mehr Stellen für die Sprachförderung. Genau diesen Eindruck bestärkten auch einige türkische Imame: sie riefen laut Tagesspiegel – heute auf S. 8 – beim Freitagsgebet dazu auf, sich dem Bildungsstreik anzuschließen. Die türkischen und arabischen Schüler sollten also die Schulen nicht besuchen, denen sie eigentlich ihren Stempel aufgedrückt haben. Statt endlich einmal von den Türken und den Arabern klare, eindeutige Anstrengungen für bessere Bildung, besseres Deutsch zu verlangen, erflehen diese vom türkischen Staat bezahlten Bediensteten mehr Geld, mehr Stütze, mehr Betreuung für ihre muslimischen Schäflein. Trefflich sekundiert von den Migrantenverbänden. Ich finde: Das schlägt dem Fass den Boden aus. Was erwartet ihr? Soll der deutsche Staat jeder nachziehenden Braut einen Sprachkurs, einen Sozialarbeiter, eine Beratungsstelle, einen Integrationskurs anbieten? Das wird nicht möglich sein.

Ich schlage stattdessen vor: Der türkische Staat sollte ein soziales Sicherungssystem aufbauen, das der deutschen Sozialversicherung nahekommt. Dann entfiele der Anreiz, durch konsequenten Nachzug von vermittelten Ehepartnern die gesamte Familie innerhalb des deutschen Sozialsystems aufzubauen. Schafft Chancen in der Türkei, die dieses großartige Land endlich mit der Bundesrepublik Deutschland konkurrenzfähig machen! Es darf nicht sein, dass ein Arbeitsloser mit vier Kindern in Kreuzberg, Wedding oder Neukölln doppelt oder dreimal so viel Einkommen hat wie sein Verwandter in Anatolien, der als Lehrer arbeitet.

Die Türken und Araber, die hier bei uns leben wollen, müssen dreifach oder vierfach soviel tun wie bisher, um ihre Loyalität zu diesem Land unter Beweis zu stellen. Sie müssen mehr für ihr Glück tun. Sie müssen lernen, auf eigenen Füßen zu stehen und nicht ständig zu jammern und zu klagen und nach mehr entwürdigender staatlicher Hilfe zu betteln. Sie müssen fleißiger lernen, sie müssen geschlossene Parallelgesellschaften aufbrechen. Sie sollten sogar, so meine ich,  die deutsche Landessprache  als Umgangssprache erlernen und in den Familien pflegen, neben willkommenen Zweitsprachen wie etwa Englisch und Türkisch.

Ständig den Staat mit ihn überfordernden Integrationsaufgaben zu behelligen, ist ein Weg in die Sackgasse. Wer hier leben will, muss seinen Willen zur Anstrengung, zur Arbeit an der Integration unter Beweis stellen. Daran fehlt es noch gewaltig. In der Zwischenzeit meine ich: Wir brauchen höhere Hürden für den Zuzug, Zuzugsbeschränkungen, mehr Pflichten für die Sozialleistungsempfänger, mehr Eigenbeitrag der Migranten.

Schulreformen können einen winzigen, aber keineswegs den entscheidenden Beitrag zur besseren Integration leisten. Der Ball liegt bei den Migranten. Leute, Freunde: ihr müsst ran. Jetzt.

 Posted by at 11:52
Jul 052009
 

Herausragendes Interview mit Amir Kassaei in der Zeitung von heute! Quintessenz: Der Iraner hat nach seiner Flucht einen konsequenten, schmerzhaften Schnitt getan. Er hat  sich strukturell assimiliert. Dadurch konnte er erfolgreich werden. Auch wenn es weh tut. Er wird später die Sehnsucht nach Iran noch stärker spüren als jetzt. Das Interview lohnt sich! Klickt auf den Link, um es ganz zu lesen!

Nahost – Was der Berliner Werber Amir Kassaei vom Iran hält – Politik – Berliner Morgenpost
Morgenpost Online: Ist ein radikaler Schnitt nötig, um im neuen Land anzukommen?
Kassaei: Für mich ist Integration Bringschuld, nicht Holschuld. Ich habe mich immer als Gast gesehen. Wenn Sie mich einladen, sage ich Ihnen auch nicht, wie Sie ihre Wohnung einzurichten haben. Für viele klingt das nicht selbstbewusst genug. Aber für mich ist das ein Teil des Selbstbewusstseins, mich in einem Land anzupassen.

 Posted by at 23:10

Egoismus der Gene

 Friedrichshain-Kreuzberg, Gute Grundschulen, Kinder, Migration, Pflicht, Verantwortung  Kommentare deaktiviert für Egoismus der Gene
Jun 122009
 

 „Mein Kind first“: Wie Eltern gute Schulen verhindern – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL
Eltern können sehr maßlos sein. Eine Mutter sagte bei einer anderen Veranstaltung zur Fusion von Berlins Haupt- und Realschulen: „In den Hauptschulen, da gibt es zu viele Migrantenkinder. Und wenn Sie die Schulen zusammenlegen, dann werden sie noch einen größeren Haufen Scheiße produzieren.“ Schule als Klassenkampf.

So schreibt Christian Füller heute in Spiegel online. Wirklichen schweren Kummer habe ich in meinem Leben kaum. Aber als tiefen persönlichen Schmerz empfinde ich, wie hier in Kreuzberg die Schülerschichten von der ersten Klasse an separiert werden. „Wir geben  jeden Monat 200 Euro allein für Benzin aus, damit wir unsere Tochter in die richtige Grundschule bringen können.“ So verriet mir ein bildungsbewusster Vater einer Erstklässlerin. Mein Sohn geht in die Schule, der wir vom Bezirksamt zugewiesen sind. Denn ich kann es nicht verantworten, dass in unserem Staat, den ich rundweg bejahe und immer bejaht habe, jeder nur das Beste für sich und die Seinen herauspickt. So zerfällt unsere Gesellschaft – selbstverständlich zerfällt sie auch und mit Wonne in unserem spießig-grünen-bürgerlichen Kreuzberg! Die Grünen fahren hier bei Wahlen absolute Rekordwerte ein – und die Schülerschichten sind getrennt wie Kuchenschichten. Es ist eine absolute Klassengesellschaft, die unser ach so linkes Kreuzberg heranzieht. Hurra, wir zerfallen!

Ich kann das Gejammere über die angeblich so schlechten Schulen nicht mehr hören. Jeder schimpft auf die Schule, auf den Berliner Senat, auf DIE Lehrer, auf DIE Schüler. Keiner fragt: Was kann ich tun? Was ist meine Pflicht? Alle erheben Ansprüche an den Staat. Nur wenige erbringen freiwillig etwas für den Staat. Verantwortung, Pflicht – das erstreckt sich doch zunächst auf das unmittelbare Umfeld, in dem man lebt.

Gerade wird wieder einmal eine Neuerung in Berlins Schulen eingeführt. Haupt- und Realschulen werden zusammengelegt zu einer neuen Sekundarschule. Ein Schritt in die richtige Richtung. Die Oppositionsparteien beißen sich an kleineren Details fest wie etwa dem Zugangsverfahren zum Gymnasium. Einige kreischen: „Schüler auslosen ist ein Verbrechen.“ Das Losverfahren ist ein Verbrechen an den Kindern! Ach, wenn die wüssten! Dass ich nicht lache! Ein absoluter Nebenschauplatz!

Nein nein: Die Separierung der Schüler erfolgt völlig unabhängig von den Schulformen. Sie setzt bereits ab Klasse 1 ein.

Keiner dieser Politiker, mit denen ich spreche, hat auch nur ein einziges Mal bei mir angefragt: „Herr Hampel, Sie schicken Ihr Kind in eine Grundschule mit über 90% Migrantenanteil. Wie geht es Ihrem Kinde damit?“ Die Öffentlichkeit, die Eltern und leider auch viele Politiker reden über die Grundschulen, aber innerlich haben sie sich von den breiten Schülerschichten längst verabschiedet. Alle verdienen an der Panikmache kräftig mit. Sie schüren den Unmut, den Verdruss.

Ich stamme aus einem Pädagogenhaushalt. Mutter Lehrerin, Vater Hochschulprofessor der Didaktik. Seit über 40 Jahren verfolge ich die Bildungsdebatte die Tonleiter rauf und runter. Ich würde sagen, ich bin fast Profi.  Mein derzeitiges Fazit: 1) Es wird allzu viel vom Staat erwartet. 2) Die Schulen sind weit besser als ihr Ruf. 3) Die Schüler und die Eltern müssen mehr arbeiten.

Wir müssen die Kinder und die Schulen stärken. Durch eigene Leistung. Nicht immer nach dem Staat rufen. Jeder kann was beitragen.

Unser Bild zeigt den hier bloggenden Vater mit Schülern, mit Künstlerinnen und der stellvertretenden Rektorin der Fanny-Hensel-Grundschule bei einer gemeinsamen Thateraufführung.

 

 Posted by at 12:29
Jun 062009
 

05062009.jpg Die wichtigste Tat heute: Zusammen mit den fünf türkischen und arabischen Nachbarskindern reinigen wir den gesamten Innenhof des Nachbarhauses: überall lagen Windeln, Glasscherben und sonstiger Müll herum. „Ramadama“ hieß das in München. Danach macht das Spielen mehr Spaß. Die Kinder formen einen Turm aus Sand. „Das ist ein Gefängnis“, sagen sie.

Im Vorbeigehen, am Fuße des Kreuzbergs, spreche ich mit einigen Vertretern der Friedrichshain-Kreuzberger Linkspartei. Sachlich erkennen wir große Unterschiede, aber es wird gleich klar: wir respektieren einander. Und es macht sogar Spaß mit ihnen zu streiten. Wir kommen überein, dass alle morgen bei den Europawahlen wählen gehen sollen. Auf keinen Fall sollte man den Europawahlen fernbleiben.

Das Plakat „Stadtpolitik statt Parteipolitik“ fing ich gestern in Dresden ein. Ich werte es als Dokument eines tiefen Misstrauens gegenüber den „Big Five“, den fünf großen Parteien.

 Posted by at 22:54
Feb 162009
 

15022009.jpg Unter dem Namen RosadeLuxe plante einer der 2005 ausgewählten Entwürfe zum Rosa-Luxemburg-Denkmal ein Modelabel zu entwickeln, das in Lizenz an Modefirmen verkauft werden sollte. Daraus wurde nichts, heute zieren stattdessen 60 Zitate Rosa Luxemburgs den Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte.Viele kennen somit weiterhin nur herausgerissene Zitate dieser wichtigen Galionsfigur der kommunistischen Bewegung. Der größere Zusammenhang wird von den Passanten leider buchstäblich mit Füßen getreten.

Das Buch von Frigga Haug „Rosa Luxemburg und die Kunst der Politik“, erschienen 2007 im Argument Verlag, räumt mit zahlreichen Vorurteilen auf, die diese Frau heiligenscheinartig umwabern. Wer keine Zeit hat, die Werke und Briefe Luxemburgs zu lesen, sollte mindestens die umfangreiche Zitatsammlung in Haugs höchst verdienstvollem Bändchen studieren.

Rosa Luxemburg war zeit ihres Lebens überzeugte Marxistin. Dass die Menschheitsgeschichte notwendig auf den Kommunismus zulaufe, daran glaubte sie unerschütterlich. An keiner Stelle wich sie davon ab, dass sie die gewaltsame Umwälzung der kapitalistischen Ordnung und die darauf folgende Diktatur des Proletariats für notwendig und unausweichlich hielt. Die Liquidierung der Verfassungsgebenden Versammlung, ausgeführt am 19.01.1918 durch Lenin, begrüßte sie ausdrücklich ebenso wie den massiven Terror gegen das „Lumpenproletariat“, gegen „Abweichler“ und „bourgeoise Elemente“, die sich der Oktoberrevolution entgegensetzten.

Haug weist schlüssig nach, dass alle Versuche, die innere Einheit der revolutionären kommunistischen Parteien zu spalten oder Rosa Luxemburg gar zu unterstellen, sie wende sich gegen die Oktoberrevolution, ja sie habe sich innerlich vom Marxismus verabschiedet, wie dies etwa Hannah Arendt annimmt, zum Scheitern verurteilt sind (Haug, a.a.O. S. 164).

Warum sind aber viele so sehr von Luxemburg fasziniert? Luxemburg arbeitete wie Liebknecht, Lenin und Stalin auf die gewaltsame Errichtung einer Räterepublik hin, deren Entstehung selbstverständlich nicht „mit Rosenwasser getauft sein würde“, wie sie selbst in ihrer blumigen, mit religiösen Wendungen durchtränkten Bildersprache sagt. Wodurch unterscheidet sich Rosa Luxemburg von anderen kommunistischen Führern, die sie kannte, auf die sich bezog, die sie wiederum schätzten, wie etwa Lenin und Stalin?

Mit einem weiteren Bild gibt sie selbst Auskunft. Sie weist nämlich die Alternative „entweder Maschinengewehre oder Parlamentarismus“ als „Vereinfachung“ zurück (Haug, a.a.O. S. 142).  Für sie heißt es foglich:  Sowohl Maschinengewehr als auch Parlamentarismus. Zwar wird sie nicht müde, den deutschen Reichstag als „parlamentarischen Kretinismus“, als „Haus der tödlichsten Geistesöde“, als „verfallende Ruine“ zu bezeichnen, dennoch fordert sie zur Teilnahme an den Wahlen und zur aktiven Mitarbeit in den Parlamenten auf. Sie schreibt:

„Wir wollen innerhalb der Nationalversammlung ein siegreiches Zeichen aufpflanzen, gestützt auf die Aktion von außen. Wir wollen dieses Bollwerk von innen heraus sprengen“ (Haug, a.a.O. S. 60).

Was die russischen Kommunisten handstreichartig, gestützt allein auf Maschinengewehre, Erschießungskommandos, Tscheka  und Straflager bewirkten, das wollte sie durch Unterwanderung des bestehenden Systems erreichen.

Durch beharrliche Erziehung und Belehrung der Massen, nicht nur durch Terror und physische Vernichtung der Gegner, wollte sie den Weg zur Diktatur des Proletariats ebnen: Weltrevolution auf die etwas sanftere Art.

Innerhalb der kommunistischen Bewegung verlangte sie Meinungsfreiheit. Sie kritisierte den absoluten Vorrang, den die russischen Kommunisten gegenüber den KPs aller anderen Länder für sich beanspruchten. Deshalb sagte sie in ihrem Aufsatz über die russische Revolution: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenken.“ Damit ist gemeint:  Für die Revolution sind verschiedene Lösungsansätze denkbar und zulässig. Solange man die Diktatur des Proletariats anerkennt, darf es laut Luxemburg keine Denkverbote geben. Kein Marxist hat das Recht, einem anderen Marxisten die eigenständige Denkbewegung zu verbieten. So kritisierte sie scharf, dass Lenin alle anderen sozialistischen Parteien, etwa die Sozialrevolutionäre, liquidierte. Luxemburg verlangte nach der Beseitigung der bürgerlichen Ordnung eine ungehinderte Meinungsfreiheit für alle Revolutionäre, nicht nur für die Bolschewiki, sondern auch für die Sozialdemokraten, die ja damals noch marxistisch eingestellt waren.

Wie Karl Marx selbst sah sie voraus, dass bei der Errichtung der Diktatur Fehler und Irrtümer unterlaufen. Sie forderte: Wir müssen beständig korrigieren, nachbessern, lernen, die Revolution gelingt nicht über Nacht. Agitation, Belehrung der unreifen Massen, gemeinsam voneinander und miteinander lernen ist ebenso wichtig wie der bewaffnete Kampf.

Zeit lassen ist wichtig! Dass die Revolution in Russland so schnell und leicht gelang, sah sie nicht voraus. Für Deutschland rechnete sie mit längeren Zeiträumen – da das deutsche Proletariat schmachvoll versagt hatte, indem es die Kriegskredite bewilligt hatte.

Wie stünde Rosa Luxemburg zu Hartz IV, zu 1-Euro-Jobs und ähnlichen Entwürdigungen? Hierüber hat sie sich eindeutig geäußert. Sie fordert nämlich eine allgemeine Arbeitspflicht für alle. Arbeit, Arbeit, Arbeit! Sie schreibt in der Sozialisierung der Gesellschaft:

„Damit alle in der Gesellschaft den Wohlstand genießen können, müssen alle arbeiten. Nur wer irgendeine nützliche Arbeit für die Allgemeinheit verrichtet, sei es Handarbeit oder Kopfarbeit, darf beanspruchen, dass er auch Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse von der Gesellschaft bekommt. Ein müßiges Leben, wie es jetzt die reichen Ausbeuter führen, hört auf“ (Haug, a.a.O. S. 92).

Mit diesen und anderen Gedanken stand Luxemburg nicht allein: Ab Januar 1918 begann Lenin, ein weitgespanntes System an Arbeits- und Umerziehungslagern einzurichten, die teilweise die Politik der Massenhinrichtungen ersetzten. Es waren die Anfänge des GULAG.

Aber auch mit ihrer Lehre von der Unterwanderung der bestehenden Institutionen, mit ihrem nachdrücklichen Beharren auf Höherbildung und Umerziehung der unreifen Massen konnte sich Luxemburg letztlich doch durchsetzen. Nach 1945 gelangten viele europäische kommunistische Parteien nicht durch plötzliche Machtergreifung, sondern durch die Eliminierung konkurrierender Parteien aus Koalitionsregierungen heraus an die Macht. Wie Luxemburg vorgeschlagen hatte, leisteten sie die vollkommene Mimikry an ein parlamentarisches System, um dann ihr eigenes  System an die Stelle der von innen heraus gesprengten Ordnung zu rücken.

Rosa Luxemburg ist viel stärker in den Hauptstrom der kommunistischen Bewegung eingebunden, als dies manche Romantiker wahrhaben wollen.

Dies wäre auch die Kritik, die man an Haugs Buch anbringen könnte: Die Verfasserin unterschätzt die Wirkmacht Rosa Luxemburgs, sie deutet ihre Gedanken weithin so, als sei es reine Theorie der Revolution und nicht „revolutionäre Realpolitik“, wie Luxemburg ihren Ansatz selbst nannte.

Zu recht hat die Partei „Die Linke“ Rosa Luxemburg als Ikone geehrt, indem sie die ihr nahestehende Stiftung so benannte. Alle, die am Ziel eines Umsturzes der bestehenden Ordnung festhalten, werden aus den Schriften Rosa Luxemburgs reichlich Belehrung ziehen können. Man braucht nur Geduld, Zeit, Arbeit und Bildung der Massen.

Wer heute entspannt über den Rosa-Luxemburg-Platz mit seinem Denkzeichen schlendert, sollte aufmerksam die Sätze dieser herausragenden Revolutionärin lesen und in einen Zusammenhang einbetten. Ihre Zeit ist noch nicht abgelaufen. Für ein Franchising als RosadeLuxe – viel zu schade!

Zu diesem Thema findet statt:

Dienstag, 17. Februar 2009, 18.30 Uhr, Café Sybille, Karl-Marx-Allee 72, Friedrichshain.  Start der Gesprächsreihe “Politik ohne Phrasen – Vera Lengsfeld lädt ein” mit dem Titel:  ”Taugt Rosa Luxemburg als Ikone der Demokratie?” Diskussion mit Halina Wawzyniak (Linke), Prof. Manfred Wilke, Manfred Scharrer

 Posted by at 00:19

Bildungsvergleich: Ost-Schüler bringen West-Mann in Bedrängnis

 Geige, Gute Grundschulen, Integration durch Kultur?, Kinder, Leitkulturen, Musik, Pflicht, Vorbildlichkeit  Kommentare deaktiviert für Bildungsvergleich: Ost-Schüler bringen West-Mann in Bedrängnis
Nov 242008
 

Immer wieder gerate ich als einzelner West-Mann unter Druck in den fröhlichen Versammlungen meiner durch Kommunismus und Diktatur geprägten Freunde und Verwandten. So auch wieder gestern: Gemeinsam hörten wir – eine Runde von Musikern und Sängern aus aller Herren Länder, darunter ich als einziger West-Mann – einen privaten Mitschnitt vom Wieniawski-Wettbewerb Lublin 1988. Junge Geiger mussten in drei Runden ein anspruchsvolles Programm vorführen, darunter eben auch einige der schwersten Stücke, die es überhaupt in der Violinliteratur gibt, solche Leckerbissen wie die Variationen über ein eigenes Thema von Henri Wieniawski. Die spätere Siegerin, Natalia Prischepenko aus der damaligen Sowjetunion, hatte es uns gleich von Anfang an angetan: Eine bezaubernde Erscheinung, brachte sie die Emotionen der Musik voller Lebendigkeit, mit Stolz, Selbstgewissheit und Charme über das Podium in den ganzen Saal hinein, technisch makellos, brillant, angriffslustig, aber im Tempo absolut unerschütterlich. Selbst die allerschwersten Variation mit den Pizzicati der linken Hand „stand“ sie ohne Tempoverzögerungen! Jeder einzelne Ton perlte. Hinreißend, und das alles im Alter von 15 Jahren! Ihr Lehrer Zachar Bron saß irgendwo in einer der letzten Reihen, spielte im Geiste und sogar mit Gesten alles mit, ackerte, litt mit der Schülerin … Aber der Erfolg gab den beiden recht.

Oft höre ich dann: „Solche Höchstleistungen in den Bereichen Musik, Naturwissenschaften und Sport brachte eben nur das alte System hervor! Es gab weniger Ablenkung durch Gameboys, Handys und MP3-Player. Talente wurden bis in die hintersten Winkel der Sowjetunion gezielt gefördert. Herkunft zählte nicht – nur die Begabung. Solange man politisch nicht aneckte, konnte man sicher sein, dass eigene Leistungsreserven optimal ausgeschöpft wurden. Ihr im Westen habt dem nichts entgegenzusetzen. Bei euch herscht Kuschelpädagogik. Die soziale und ethnische Herkunft entscheidet hier in Berlin im großen und ganzen über den Bildungserfolg! Ausländer schaffen es kaum nach ganz oben. Das Niveau wird nach unten angeglichen, Leistung wird kaum gefördert.“

Schluck! Ich kann dem kaum etwas entgegensetzen. Das Niveau etwa in der Musikerausbildung war in den Staaten des Ostblocks deutlich höher als in Westeuropa. Dies meine ich wirklich nach Dutzenden von direkten Begegnungen mit Musikern feststellen zu können.

Wer weiß – vielleicht hat das bessere Abschneiden der Ost-Bundesländer auch etwas mit dieser Kultur der Leistung und des Lernens zu tun? Ich vermute dies. Denn die Mehrzahl der Lehrer, die etwa in Sachsen und Thüringen unterrichten, dürften noch aus der DDR stammen. Doch halt – es gibt ja noch Bayern … und da kenn ich mich aus. Denn ich habe mein Abitur in jenem fernen Lande errungen – das allerdings weder dem Osten noch dem Westen, sondern dem stolzen Süden der Republik angehört! Vivat Bavaria.

Bildungsvergleich: Ost-Erfolg bei Pisa macht Westländer neidisch – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL

Hauptschulen? Nicht in OstdeutschlandSachsen und Thüringen zählen jetzt zu den großen Gewinnern des innerdeutschen Ländervergleichs Pisa-E der 15-jährigen Schüler. Sachsen eroberte den Spitzenplatz in Mathematik und Lesekompetenz sehr knapp vor Bayern. Beim Schwerpunkt Naturwissenschaften liegt das Land international sogar auf dem zweiten Rang hinter Finnland, wenn man die deutschen Bundesländer in die weltweite Studie einsortiert.

 Posted by at 10:41