Jun 122009
 

 „Mein Kind first“: Wie Eltern gute Schulen verhindern – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL
Eltern können sehr maßlos sein. Eine Mutter sagte bei einer anderen Veranstaltung zur Fusion von Berlins Haupt- und Realschulen: „In den Hauptschulen, da gibt es zu viele Migrantenkinder. Und wenn Sie die Schulen zusammenlegen, dann werden sie noch einen größeren Haufen Scheiße produzieren.“ Schule als Klassenkampf.

So schreibt Christian Füller heute in Spiegel online. Wirklichen schweren Kummer habe ich in meinem Leben kaum. Aber als tiefen persönlichen Schmerz empfinde ich, wie hier in Kreuzberg die Schülerschichten von der ersten Klasse an separiert werden. „Wir geben  jeden Monat 200 Euro allein für Benzin aus, damit wir unsere Tochter in die richtige Grundschule bringen können.“ So verriet mir ein bildungsbewusster Vater einer Erstklässlerin. Mein Sohn geht in die Schule, der wir vom Bezirksamt zugewiesen sind. Denn ich kann es nicht verantworten, dass in unserem Staat, den ich rundweg bejahe und immer bejaht habe, jeder nur das Beste für sich und die Seinen herauspickt. So zerfällt unsere Gesellschaft – selbstverständlich zerfällt sie auch und mit Wonne in unserem spießig-grünen-bürgerlichen Kreuzberg! Die Grünen fahren hier bei Wahlen absolute Rekordwerte ein – und die Schülerschichten sind getrennt wie Kuchenschichten. Es ist eine absolute Klassengesellschaft, die unser ach so linkes Kreuzberg heranzieht. Hurra, wir zerfallen!

Ich kann das Gejammere über die angeblich so schlechten Schulen nicht mehr hören. Jeder schimpft auf die Schule, auf den Berliner Senat, auf DIE Lehrer, auf DIE Schüler. Keiner fragt: Was kann ich tun? Was ist meine Pflicht? Alle erheben Ansprüche an den Staat. Nur wenige erbringen freiwillig etwas für den Staat. Verantwortung, Pflicht – das erstreckt sich doch zunächst auf das unmittelbare Umfeld, in dem man lebt.

Gerade wird wieder einmal eine Neuerung in Berlins Schulen eingeführt. Haupt- und Realschulen werden zusammengelegt zu einer neuen Sekundarschule. Ein Schritt in die richtige Richtung. Die Oppositionsparteien beißen sich an kleineren Details fest wie etwa dem Zugangsverfahren zum Gymnasium. Einige kreischen: „Schüler auslosen ist ein Verbrechen.“ Das Losverfahren ist ein Verbrechen an den Kindern! Ach, wenn die wüssten! Dass ich nicht lache! Ein absoluter Nebenschauplatz!

Nein nein: Die Separierung der Schüler erfolgt völlig unabhängig von den Schulformen. Sie setzt bereits ab Klasse 1 ein.

Keiner dieser Politiker, mit denen ich spreche, hat auch nur ein einziges Mal bei mir angefragt: „Herr Hampel, Sie schicken Ihr Kind in eine Grundschule mit über 90% Migrantenanteil. Wie geht es Ihrem Kinde damit?“ Die Öffentlichkeit, die Eltern und leider auch viele Politiker reden über die Grundschulen, aber innerlich haben sie sich von den breiten Schülerschichten längst verabschiedet. Alle verdienen an der Panikmache kräftig mit. Sie schüren den Unmut, den Verdruss.

Ich stamme aus einem Pädagogenhaushalt. Mutter Lehrerin, Vater Hochschulprofessor der Didaktik. Seit über 40 Jahren verfolge ich die Bildungsdebatte die Tonleiter rauf und runter. Ich würde sagen, ich bin fast Profi.  Mein derzeitiges Fazit: 1) Es wird allzu viel vom Staat erwartet. 2) Die Schulen sind weit besser als ihr Ruf. 3) Die Schüler und die Eltern müssen mehr arbeiten.

Wir müssen die Kinder und die Schulen stärken. Durch eigene Leistung. Nicht immer nach dem Staat rufen. Jeder kann was beitragen.

Unser Bild zeigt den hier bloggenden Vater mit Schülern, mit Künstlerinnen und der stellvertretenden Rektorin der Fanny-Hensel-Grundschule bei einer gemeinsamen Thateraufführung.

 

 Posted by at 12:29

Sorry, the comment form is closed at this time.