Die Männer mit den zwei Hunden

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Jan 042009
 

Dieses Foto zeigt einen Eindruck von meinem Neujahrsspaziergang. Er führte mich zusammen mit den zwei Hunden Rita und Kusja und meinem jüngeren Sohn an den Ufern des Flusses Moskwa entlang. Es herrschte klirrender Frost, Eiskristalle blitzten und spiegelten, dass es eine Lust war! Wir feierten Neujahr in einer Datscha an der Rubljowka-Straße – mitten in jener Gegend, welche die geistige und politische Elite Moskaus seit Jahrzehnten für Wochenende und Ferien auserkoren hat – von Swjatoslaw Richter über den Wirtschaftswissenschaftler Kondratieff bis hin zu Jelzin und Putin … e tutti quanti. Die häufigen Straßensperrungen belegen, wie wichtig diese Leute sind. Dank meiner zwei Hunde kam ich immer wieder in kurze lockere Gespräche mit anderen Spaziergängern und tauschte Neujahrsgrüße aus.

Vor wenigen Stunden flogen wir wieder in Deutschland ein. Ich bin froh und dankbar, dass ich diese zwei reich angefüllten Wochen in Russland verbingen durfte. Ich werde in den kommenden Tagen das eine oder andere aus dem öffentlichen Leben dieses Landes berichten und meinen holzschnittartigen Gesamteindruck hier auf diesem Blog niederlegen.

Ich habe in Moskau kaum gebloggt, da ich nur sehr eingeschränkten Internet-Zugang hatte. Aber jetzt geht es wieder los – ich melde mich zurück.

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Dez 312008
 

… so hielt Annette von Droste-Hülshoff am letzten Tag des Jahres inne. So halte auch ich in den letzten Stunden des alten Jahres 2008 inne. Wir bereiten uns hier auf das größte in Russland gefeierte Fest vor: Neujahr.

Die vergangenen Tage brachten wieder Zufälle jeder Art, Überraschungen, neue Freundschaften. Im Obrastsow-Puppentheater begegneten wir beispielsweise niemand geringerem als der Zarin Katharina II. Wir erkannten sie an ihrem heftigen deutschen Akzent. „Fürst Potemkin zeigt Uns endlich das Volk. Denn Wir sind ja dem Volke noch nicht begegnet.“ Was für eine Freude! In Gogols „Weihnachtsabend“ erwies sich die Zarin als gütig – sie schenkte das Paar Schuhe, das den Weg zum vollkommenen Glück bereitete. Schuhe können glücklich machen, das ist der Beweis, von den herrlichen Puppenspielern unwiderleglich erbracht! Frauen wussten es schon vorher.

Den Geiger Viktor Tretjakoff durfte ich im Moskauer Konservatorium hören, und auf dem Roten Platz liefen wir Schlittschuh. Ich kaufte gestern einige neueste russische Geschichtsbücher für die allgemeinbildenden Schulen und vertiefe mich mit Feuereifer in die derzeit gepflegte Sicht auf die russische Geschichte des 20. Jahrhunderts, wie sie im Lande selbst gepflegt wird. Höchst spannend, spannender als jeder Agententhriller! Wir müssen ein gemeinsames Verständnis für das vergangene Jahrhundert aufbauen, etwas, was jetzt eben noch nicht besteht.

Und jeden Tag lese ich ein Gedicht von Puschkin.

In diesem Sinne: Alles Gute Ihnen allen – Auf ein Frohes Neues Jahr 2009! Möge es die Gemeinsamkeit stärken, das Trennende abbauen, Zukunft schaffen, Leiden mindern!

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Sep 222008
 

Schon zwei Wochen lang besuchen wir nun die Grundschule am Brandenburger Tor – eine staatliche Europaschule, mit den beiden Unterrichtssprachen Deutsch und Russisch. Was für ein Stolz! Jeden Tag die Auseinandersetzung: „Wer darf ihn bringen? Wer darf ihn holen?“  Ich genieße es, die Klassenzimmerluft zu schnuppern. Kinder zu haben, bedeutet für mich, dass ich Tag um Tag wieder eintauchen kann in das beglückende Gefühl, wieder von vorne anzufangen.

Unser Weg führt durch die Wilhelmstraße – vorbei am Finanzministerium. Im Stadtbezirk Mitte nutzen wir den vorbildlich ausgebauten Radstreifen. Im Stadtteil Kreuzberg hingegen ist es ein arger Kampf um jeden Zentimeter. Die Wilhelmstraße ist hier noch nicht für den Fahrradverkehr hergerichtet. Hier gibt es nur eins: Kind auf den Bürgersteig, Vater zwängt sich auf der einen Fahrspur neben parkenden Autos an der SPD-Zentrale vorbei. Die hinter mir blockierten Autos nehmen meist Rücksicht, nur selten zwängt mich ein überholender PKW direkt an die parkenden Autos ran. Aber es bleibt eine häufig unübersichtliche Lage. Oft nehmen wir auch das Tandem. Am ersten Tag kam ein Papi gleich mit dem BMW Z3 mitten auf das Schulgelände gefahren. Man zeigt, was man hat! So sind wir Männer. Da möchte ich nicht nachstehen. Auch ich habe einen auffallenden Zweisitzer – eben das herrliche stählerne Raleigh-Tandem aus dem Vereinigten Königreich. Es ist nur etwa 30 Jahre alt. Kein Alter für einen Oldtimer!

Unser Bild zeigt einen Eindruck vom ersten Schultag, mit Burattino, der russischen Variante des Pinocchio.

Übrigens: In der neuen Radzeit, Nr. 3/2008, erzählt Jörg Asmussen, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, warum er sehr gerne mit dem Rad zu seinem Dienstort fährt. Auch hohe Bundesbeamte, Minister, Abteilungsleiter können in Berlin Rad fahren. Und sie tun es, denn Berlin ist Fahrradstadt. Ich fahre oft morgens auf der Wilhelmstraße am Bundesfinanzministerium vorbei und besorge mir dann bei meinem neuen russischen Zeitungshändler an der Ecke des Ministeriums druckfrische Ware, plaudere auch ein paar Worte und kriege meist noch ein Bonbon mit nachhause. So fängt der Tag gut an! Meine innige Freude!

Das Heft kann ich nur wärmstens empfehlen – es weist Wege in ein besseres Miteinander, mehr Sicherheit, ein besseres, gesünderes Stadtklima auf. Sarah Stark, die ADFC-Landesvorsitzende, unterzieht den letzten Verkehrssicherheitsbericht des Senats einer eingehenden Würdigung. Und Sybil Henning-Wagener berichtet amüsant und auf den Punkt gebracht über das „Gehzeug“ des Wiener Verkehrswissenschaftlers Knoflacher. Sehr unterhaltsam zu lesen. Neugierig geworden?

Hier könnt ihr die Radzeit 03/2008 downloaden:

radzeit-3-2008-72dpi.pdf application/pdf-Objekt

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Aug 172008
 

Der Urlaub im türkischen Kadikalesi nahe Bodrum brachte wunderbare Begegnungen, Entspannung, Spaß, Freude mit meinen russischen Schwiegereltern, aber leider auch den furchtbaren Schatten des Kaukasuskrieges, der sich über die letzte Woche legte. Wir kennen viele Georgier, die Georgier gelten in Russland als lustiges, lebensfrohes Völkchen, über das endlose Anekdoten kursieren. Und dann das! Längere Sitzungen am Internet waren unvermeidlich. Meine Türkischkenntnisse besserten sich rapide – jede Woche ein neues Wort! Unsterbliche Dialoge entspannen sich – auf russisch und türkisch gemischt, da ich als Russe galt und am „Russentisch“ saß, wie das Gevatter Thomas Mann genannt hätte. Einen dieser Dialoge will und darf ich euch nicht vorenthalten:

Türkischer Kellner Achmed: „Mozhna?“ (Das ist russisch, zu deutsch: „Darf ich den Teller abräumen, den Sie da eben so unordentlich leergegessen haben?“) Ich: „Evet!“ (Das ist türkisch, zu deutsch: „Ja, sehr freundlich von Ihnen und nehmen Sie doch bitte auch die Gabel mit.“) So leicht ist Türkisch!

Aber insgesamt waren die Türken sehr belustigt und erfreut, dass sich jemand mit ihrer Sprache Mühe gab. Ich glaube, das hatten sie noch nicht erlebt. Mein Sohn Wanja schwamm lange Strecken, baute Muskelmasse auf, und forderte alle möglichen Jungs zum Kräftemessen heraus. Sein Spitzname: Klitschko, Liebling der Türken. Als Klitschkos Vater hatte ich ebenfalls einen Stein im Brett. Im Hotel weilten ansonsten 50% türkische Gäste, 20% Russen und 30% Litauer und Letten. Was für eine Mischung – das ist das neue Europa!

Wir gaben auch zwei Zimmerkonzerte, Wanja und ich mit meiner Frau, denn wir Männer hatten unsere Geigen mitgenommen, sie ihre Stimme sowieso. Ich wage zu behaupten, dass ich der erste Mensch war, der Bachs g-moll-Solosonate in Kadikalesi spielte, und zwar zum Rufe des Muezzin, mein Sohn spielte „Hänschen klein“, wohl auch als Erstaufführung.

Kleinasien – das ist ja auch die Geburtsstätte Europas. Wir sind alle Kultur-Schuldner Asiens. Die herrliche europäische Leitkultur ist samt und sonders in Kleinasien entsprungen: Homer stammt von hier, Herodot sowieso, ionische Naturphilosophen Kleinasiens stellten die ersten Fragen nach dem Woher und Wozu. Erst später trat Athen in diese durch Asien gebahnten Denk- und Dichtwege.

Ein Ausflug führte uns nach Ephesus, das heutige Efes. Paulus, der eigentliche Schöpfer des Christentums, hatte sich hier auf den Marktplatz gestellt und den staunenden Bewohnern verkündet: „Ich bringe euch den unbekannten Gott!“ Sie glaubten ihm nicht. Aber – ich stellte mich unter den Tausenden von Touristen ebenfalls in die Überreste des antiken Bouleuterions, des Gerichts- und Versammlungstheaters, in dem Volksversammlungen, Gerichtsverhandlungen und künstlerische Darbietungen erfolgten. Was für ein Gefühl! 1200 Menschen passten hier hinein. Ich erprobe den Ruf, ein Satz fliegt mir zu – etwa von Göttin Diana? – ich spreche ihn laut aus in die sengende Hitze, und er klingt zurück von den steinernen Rängen, klar, vernehmlich, verstärkt. Er lautet:

„Wenn wir alle zusammenstehen, dann wird es gelingen!“ Das Foto zeigt mich in Ephesus, während ich eben diesen Satz ausspreche.

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Historiker-Scharmützel: die Farbe Rot

 Krieg und Frieden, Russisches, Sozialismus  Kommentare deaktiviert für Historiker-Scharmützel: die Farbe Rot
Apr 012008
 

Nach einem Besuch in einem deutschen Konzentrationslager in der Nähe Berlins gerate ich ungeplant in Begriffs-Scharmützel zwischen zwei Historikern: Wie lange hieß die Rote Armee eigentlich Rote Armee? Hieß die Armee der Sowjetunion bis zum Ende der Sowjetunion Rote Armee? Einer der Historiker vertritt die Auffassung, bereits 1943 habe Stalin den Befehl erteilt, die Rote Armee nur noch Sowjetarmee zu nennen, da die von Trotzkij geprägte Bezeichnung „Rote Arbeiter- und Bauern-Armee“ – im Gegensatz zur konterrevolutionären „Weißen Armee“ – nicht mehr zeitgemäß sei. Ab sofort, so Stalin, gehe es nicht mehr um die Ausbreitung des Kommunismus mithilfe der Bajonette, sondern um die Verteidigung des Vaterlands im Großen Vaterländischen Krieg. Deshalb müsse die Armee ab sofort Sowjetarmee genannt werden.

Am Abend ergibt eine Rücksprache bei einer Russin und eine Konsultation des Internet folgendes Bild: Ab Februar 1946 verlor die sowjetische Armee tatsächlich offiziell den Namen Rote Armee und wurde fortan Sowjetische Armee genannt. Die Bezeichnung Rote Armee ist im Bewusstsein der Russen unlösbar mit dem besonders verheerenden Russischen Bürgerkrieg 1918-1920 verbunden, der ja etwa 8 Millionen Tote forderte. Um den Anspruch der Armee, für das ganze Land aufzutreten, zu unterstützen, wurde die Bezeichnung Rote Armee aus dem amtlichen Verkehr gezogen, zumal ja viele Zehntausende Offiziere der Weißen Armee in die Rote Armee übernommen worden waren und dort ihren Dienst taten.

Gleichwohl wird weiterhin landläufig in Deutschland außerhalb der Fachkreise die Bezeichnung Rote Armee bis zum Ende der Sowjetunion verwendet, owohl dies fachlich gesehen nicht astrein ist.

Mit diesem Ergebnis können, so meine ich, beide Historiker zufrieden sein und sich die Hand zum Friedensschluss reichen.

Und das schreibt übrigens die Wikipedia:

РККА, Рабоче-Крестьянская Красная Армия (Красная Армия) — официальное наименование Сухопутных войск и ВВС, которые вместе с ВМФ, Пограничными войсками, Войсками внутренней охраны и Государственной конвойной стражей составляли Вооружённые Силы СССР с 15 января 1918 года по февраль 1946 года. Днём рождения РККА считается 23 февраля 1918 года — день, когда было прекращено немецкое наступление на Петроград и подписано перемирие (см. День защитника Отечества). Первым руководителем Красной Армии был Лев Троцкий.

С февраля 1946 года — Советская Армия, под термином «Советская Армия» подразумевались все виды Вооружённых Сил СССР, кроме Военно-морского флота.

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Glückwunsch Ira!

 Freude, Kinder, Russisches, Singen, Theater, Vorbildlichkeit, Willkommenskultur  Kommentare deaktiviert für Glückwunsch Ira!
Jan 082008
 

2112_14067_nbh_potapenko_190.jpg Zufällig entdecke ich auf der Homepage des Nachbarschaftsheims Schöneberg einen Bericht über Ira, die in der Kita am Kleistpark verschiedene Theateraufführungen gemacht hat. Glückwunsch, Ira! Wir sind stolz auf Dich!

Zitate:

Die Opernsängerin Irina Potapenko, Mutter eines Kindes in der Kita Am Kleistpark, hat dort vieles angestoßen. Gemeinsam mit dem Team initiierte sie das Projekt „Der kleine Amadeus“. Mittlerweile gibt es eine feste Kooperation mit der Musikschule des Bezirks, eine Musikpädagogin arbeitet in der Kita. Die aus Moskau stammende Alt-Sängerin musiziert in ihrer Freizeit ebenfalls weiter mit den Kindern.

Frau Potapenko, gerade haben Sie mit Kitakindern Mozarts Zauberflöte aufgeführt. Wie geht das mit Vierjährigen?
Wir haben mit acht Kindern und sechs Puppen gespielt, alles hat gut geklappt. Wir werden das wiederholen. Die Kinder, die mitgemacht haben, waren begeistert. Alle anderen haben gebannt zugehört. Dass sie klassische Musik kennenlernen, ist so wichtig! Es sollte sogar eine Selbstverständlichkeit sein. Dafür engagiere ich mich.

Das hört sich energisch an. Reißen Sie immer viele Menschen mit?
Ich muss zugeben, als mein Sohn im Jahr 2005 in die Kita kam, habe ich mich sofort eingemischt. „Wo ist das Klavier?“, war meine erste Frage. Es gab keins. Dann wurde es angeschafft, das hat etwas in Gang gesetzt. Gemeinsam mit meinem Mann Johannes Hampel, der Geige spielt, habe ich Konzerte auf den Fluren der Kita gegeben. Das war im Mozartjahr 2006. Jetzt folgte als weiterer Höhepunkt die Zauberflöte.

Sie haben auch die Figuren gebastelt?
So fing es an. Die Königin der Nacht habe ich aus Pappmaschee gemacht, dann konnte ich nicht mehr aufhören. Als ich die Puppen hatte, habe ich die Oper auf 40 Minuten Länge gekürzt. Die Arie der Pamina singt eine befreundete Sopranistin, die Orchesterbegleitung kommt von der CD. Ein Kita-Vater ist Tonmeister, er hat alles zusammengeschnitten. Alle Kinder sind wieder voll dabei, sie singen, malen, dekorieren. Auch die, die zu Hause mit Kultur oder Musik womöglich gar nichts zu tun haben. Genauso die Kinder, die zum Beispiel sprachliche Probleme haben. Die Sprache der Musik versteht jeder.

Weil sie die Seele wirklich öffnet, so wie Mozart es meint?
Kinder lügen in diesem Alter nicht, ihre Reaktion ist direkt und ehrlich. Wenn die Botschaft dieser Musik nicht ankäme, würde man es ihnen sofort anmerken. Aber sie kam bisher noch jedes Mal an, also habe ich immer weitergemacht. So machen wir mit der Kita auf uns aufmerksam. Für Eltern und Erwachsene aus der Nachbarschaft werden wir die Zauberflöte noch einmal aufführen. Das Haus soll ein Familienzentrum werden. Das unterstütze ich sehr

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„Wir sind gut angekommen“

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Nov 292007
 

Große Freude!

Um 13.48 Uhr erhielt ich gestern folgende E-mail von meinem Schwiegervater:

Passportnyi kontrol proshli uspeshno
U nas idet sneg
Um 16.27 deutscher Zeit erreicht mich folgende SMS von Ira: „Wir sind gut angekommen.“

Jetzt wird erst einmal gefeiert!

Wanja hat sehr zugelegt, spricht sehr gerne, erzählt längere Geschichten, schreibt gerne in russischer Sprache am Computer.

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Nov 242007
 

… fragt Achmed Khammas. Wir haben uns entschieden, dass Ira mit ihrem russischen Pass, in den Wanja eingetragen ist, nach Moskau fliegt und Wanja dort abholt. Am kommenden Mittwoch dürft Ihr uns alle die Daumen drücken, dann werden Ira und Wanja, mit Reisepässen, amtlichen Einträgen und ihrem bezaubernden Lächeln versehen, den Flieger nach Berlin-Schönefeld zu besteigen versuchen. Da darf einfach nichts schiefgehen, denn in dieser Besetzung gelang ihnen auch die Einreise nach Russland. Wer rein darf, darf auch mit denselben Dokumenten wieder raus, nehmen wir an. Die deutschen Stellen – Botschaft, Grenzpolizei – haben sich weder geäußert, noch konnten sie eine verlässliche-eindeutige Auskunft geben, noch haben sie sonst irgendetwas für uns unternommen. Eine lehrreiche Erfahrung. Das also ist der schlanke Staat.

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Nov 232007
 

Zu später Stunde sendet mir ein Leser aus Berlin ein Gedicht Majakowskis mit der Bitte, eine Übersetzung der ersten Zeile zu liefern. Die erste Zeile lautet:

Себе, любимому, посвящает эти строки автор

Wohlan denn – mein Vorschlag zur Übersetzung lautet:

„Dem lieben Selbst widmet diese Zeilen der Autor“

 

Kommentar: Majakowski scheint hier jene typischen Widmungseinträge in Büchern auf die Schippe zu nehmen, etwa: „Dem lieben Wanja widmet diese Zeilen der Autor.“ Lustig, oder? Man könnte auch an die herrlich-ironische Wendung von Sigmund Freud denken: „Seine Majestät – das Selbst“.

Das ganze Gedicht von Majakowski könnt Ihr lesen, wenn ihr auf Kommentar zu diesem Eintrag klickt!

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Nov 212007
 

Zu den privaten Verwicklungen im Gestrüpp der russisch-deutschen Visapolitik liefern unsere Politiker eine erstklassige, leicht kakophone Orchesterbegleitung! Ich bin begeistert über dieses zeitliche Zusammentreffen: Am selben Tag, an dem unserem Wanja durch die russischen Grenzer die Heimreise in sein Vaterland verweigert wurde, verweigerte Russland erstmals entgegen bisherigen Gepflogenheiten auch den deutschen Militärtransportern die Überflugrechte. Und in Deutschland wird Kanzlerin Merkel angegriffen, weil sie sich gegenüber Russland so zurückhaltend zeige. Lesen wir doch, was Gerhard Schröder bei der Quandt-Stiftung gesagt haben soll:

„Wenn man die Diskussionen der letzten Zeit verfolgt, gewinnt man den Eindruck, dass manche für eine Distanzierung, ja sogar eine Gegnerschaft zu Russland eintreten. Ich halte diesen Weg für falsch, geradezu für gefährlich. Wir dürfen nicht auf diejenigen hören, die wieder Mauern, diesmal rhetorische und ideologische, aufbauen wollen. Manche tun dies mit dem Verweis auf ihre Biografie, die Erfahrung mit Systemen wie der DDR. Ich habe Verständnis für manche Emotionalität. Aber die Frage ist, ob es klug ist, sich in der internationalen Politik davon leiten zu lassen. Ich bin davon überzeugt: Nein.“

Es stimmt: Beim letzten Treffen mit Putin schaute Merkel ausweislich der Pressefotos frostig drein. Es stimmt: Der Kanzlerin Merkel fehlt jener unwiderstehliche, im buchstäblichen Sinne ölige Charme, mit dem andere Männerfreundschaften schmieren und pflegen. Es stimmt: Dank ihrer DDR-Vergangenheit lernte Angela Merkel Russisch, sie ist einfach näher dran an allem, was in der größeren, der östlichen Hälfte Europas geschieht. Sie kennt sich auch in diesem, wie in vielen anderen Gebieten aus. Muss man ihr das vorwerfen? Eine ähnliche Vertrautheit mit den russischen Gegebenheiten konnte Gerhard Schröder bisher nicht unter Beweis stellen. Aufgrund seiner lupenreinen BRD-Vergangenheit darf man auch nicht zu viel von ihm erwarten, ebensowenig wie von einem Erhard Eppler. Dieser häuft Lob auf Putin, der die zerfallene Sowjetunion einigermaßen demokratisch zusammenzuhalten versuche. Daran ist so viel richtig, dass Putin tatsächlich dank des mit aller Härte fortgeführten, die russische Identität fördernden Tschetschenienkriegs, dank üppig sprudelnder Einnahmen aus dem Ölgeschäft, dank harter Hand in der Innenpolitik das russische Reich (grosso modo in den Grenzen des Zarenreiches von 1917) sichern konnte und auch weiter sichern wird. Grundsatz russischer Politik ist es unverändert seit mehreren Jahrhunderten, dass der Zusammenhalt des Reiches und die unumschränkte Anerkennung der Macht des ersten Mannes wichtiger sind als die Einhaltung des Rechts, ganz zu schweigen von der Achtung der Menschenrechte, einer nach russischen Maßstäben recht neumodischen Erfindung.

Muss man ihm dafür ölig zulächeln? Wir bezahlen doch das russische Gas mit gutem Geld, nicht mit Dauerlächeln, mit Kuschen und Anbiedern! Kanzlerin Merkel scheint ihre Außenpolitik auf einigen schlichten Grundsätzen zu begründen:

Sprich mit allen, die du für wichtig hältst! Schließe Bündnisse, aber spiele nicht Freundschaft mit allem und jedem vor! Achte Verträge, zahle deine Rechnungen! Drohe nicht! Vertritt deine Überzeugungen eindeutig, biedere dich nicht an! Die Achtung der Menschenrechte ist wichtiger als gute Laune zu jeder Zeit!

Manches daran mag undiplomatisch erscheinen – ich halte Merkels Auftreten gegenüber dem russischen Staat für goldrichtig.

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Stand der Dinge Moskau-Berlin

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Nov 202007
 

Hier einige der zahlreichen Anfragen und Meinungen, die mich in den letzten Tagen erreichten!

„Wo ist Wanja jetzt, noch in Moskau??“ – Ja, er ist noch in Moskau und erwartet heute seine Mama, die aus Berlin einfliegt, um ihn nach Deutschland zu holen.

„Habt Ihr inzwischen schon Hilfe bekommen?“ Wir haben von Freunden und Verwandten viel Unterstützung und Trost erfahren. Dafür danken wir herzlich! Die Deutsche Botschaft in Moskau hat sich trotz Zusagen nicht gemeldet. Vielleicht ist ihr etwas passiert? Es ging den deutschen Botschaften in Russland bekanntlich sehr schlecht, sie standen vor dem Zusammenbruch, das konnte man vor allem im Jahr 2004 in allen deutschen Zeitungen lesen. Damals wurden im Fließbandverfahren von deutschen Botschaften unter tätiger Mithilfe von Schlepperorganisationen Visa für junge alleinreisende Frauen ausgegeben. Wie steht es jetzt damit? Die Beamten sind offenbar weiterhin überfordert. Sie benötigen weiterhin unsere tätige Hilfe. In diesem Blog schlug Leser Achmed Khammas am 15.11. Hartz IV vor.

Es wäre jedoch vermessen, wenn wir Vertretung, Beratung oder gar Wahrung unserer Interessen als deutscher Staatsbürger von den deutschen konsularischen Vertretungen erwarten wollten! Vorerst scheint der Leitspruch weiterhin zu sein: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Diese Haltung hatte offenbar Joseph von Westphalen im Sinne, als er seinen Edeldiplomaten im Roman „Im diplomatischen Dienst“ Harry von Duckwitz nannte. Ein herrlich sprechender Name!

„Dann solltet ihr das Ganze aber in jedem Fall dem Botschafter in Moskau zur Kenntnis bringen!“ Ich habe unser Anliegen bereits am 14.11. bei einem mir namentlich bekannten Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Moskau fernmündlich sowie über elektronische Post bei der deutschen Botschaft in Moskau zur Kenntnis gebracht. Mir wurde rasche Hilfe für den folgenden Tag zugesichert. Ich warte weiterhin. Der uns entstandene finanzielle Schaden ist groß, aber an wen sollten wir uns denn wenden?

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Von Glanz und Einheit russischen Geschichtsdenkens

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Nov 152007
 

Der Palast Tsaritsyno lässt erahnen, wie die russische Seele tickt, in welchen Zeiträumen sie atmet. Wir besuchten den Ort am 13. November.

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