Mrz 152010
 

Gute Diagnose Uwe Radas heute in der taz auf Seite 12! Er hat recht: Die heutige Debatte über Gentrifizierung, Verdrängung, steigende Mieten, angezündete Autos, gestohlene Fahrräder, verwahrloste Kinder usw. kreist fast nur um Negativbegriffe! Sie ist weitgehend ideologisch aufgeladen. Sie wird fast ausschließlich von Nichtbetroffenen und Nichtfachleuten geführt, also von Journalisten, Lobbyisten, Parteipolitikerinnen, Netzwerkern. Häufig bekämpft man den Wandel, ohne den Ist-Zustand zu kennen. Wer etwa behauptet, hier in Kreuzberg müsse alles so bleiben, wie es ist, der lebt meist gar nicht hier, bringt seine Kinder hier nicht zur Schule, sitzt seine Nachmittage nicht auf Kreuzberger Kinderspielplätzen ab. Wir brauchen hier den Wandel, wir brauchen neue Zuzügler, wir brauchen gemischte Nachbarschaften, nicht homogene Strukturen wie jetzt.

Unbedingt nötig ist ein positives Leitbild! Wo wollen wir hin? Sollen Kinder weiterhin quer durch die Stadt gefahren werden, nur damit sie an die richtige Grundschule außerhalb Kreuzbergs kommen? Oder wollen wir das kleinräumige, hochverdichtete Miteinander von Wohnen und Schule?

Manchen Quartiere können nur Ghetto oder Szeneviertel sein. Warum?: Wir sind die Stadt – taz.de
Um die verlorenen Stadtbürger der Suburbanisierungsjahre wieder einzusammeln, werden innerstädtische Flächen mobilisiert und schicke Neubauten aus dem Boden gestampft. Die negativen Auswirkungen dieser „Renaissance der Innenstadt“ werden dann Quartiersmanagern und der sozialen Feuerwehr überlassen.

Dieser Abschnitt ist bezeichnend! Es entsteht der Eindruck, als würde das Quartiersmanagement eingerichtet, um die Folgen von Gentrifizierung abzufedern. Ein grotesker Irrtum. Das Quartiersmanagement, die soziale Feuerwehr ist als fürsorgliche Belagerung eingerichtet worden, um die jahrzehntelange gewachsenen, homogenen Milieus der benachteiligten Schichten vor weiterem Abstieg zu bewahren. Es ist eingerichtet worden, um zu verhindern, dass ganze Nachbarschaften umkippen und in Perspektivlosigkeit und Kriminalität versinken.

Wir brauchen jedoch eine kluge, nach vorne schauende kleinräumige Steuerung von selbsttragenden, nachhaltigen Wandlungsprozessen, nicht das Bewahren und Befestigen von zementierten Strukturen.

Wir brauchen Modellbezirke, nicht Katastrophenszenarien.

 Posted by at 13:45

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