Süßes oder Saures?

 Immanuel Kant, Philosophie  Kommentare deaktiviert für Süßes oder Saures?
Dez 172010
 

Mit dieser Frage klopfen am letzten Tag des Monats Oktober die Kinder bei uns an. Ob ihnen bewusst ist, dass sie eine Fragestellung aus Kants Metaphysik der Sitten aufgreifen?

Immanuel Kant unterscheidet bekanntlich zwischen süßem und saurem Verdienst:

Kant, Immanuel, Die Metaphysik der Sitten, Zweiter Teil. Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre, Einleitung, VII. Die ethischen Pflichten sind von weiter, dagegen die Rechtspflichten von enger Verbindlichkeit – Zeno.org
Wenn dieses Verdienst ein Verdienst des Menschen um andere Menschen ist, ihren natürlichen und von allen Menschen dafür anerkannten Zweck zu befördern (ihre Glückseligkeit zu der seinigen zu machen), so könnte man dies das süße Verdienst nennen, dessen Bewußtsein einen moralischen Genuß verschafft, in welchem Menschen durch Mitfreude zu schwelgen geneigt sind; indessen daß das sauere Verdienst, anderer Menschen wahres Wohl, auch [522] wenn sie es für ein solches nicht erkenneten, (an Unerkenntlichen, Undankbaren) doch zu befördern, eine solche Rückwirkung gemeiniglich nicht hat, sondern nur Zufriedenheit mit sich selbst bewirkt, ob zwar es in letzterem Falle noch größer sein würde.

So mag etwa ein Vater, der seinem 14-jährigem Sohn das Besuchen von Spielhallen und das Trinken von Alkohol verbietet und ihn stattdessen regelmäßig ins Fußballtraining schleppt, als miesmacherischer Spielverderber erscheinen. „Aber alle anderen machen das doch auch!“, wird der Sohn klagen.

Dem Vater kommt das saure Verdienst zu, den Sohn auf die rechte Bahn der Tugend zu lenken.

Wird aber sein Sohn zwei Jahre später mit seiner Mannschaft einen Pokal  erringen, dann werden Vater und Sohn in diesem Gefühl der gemeinsam bestandenen Herausforderung schwelgen.

Das saure Verdienst hat sich in ein süßes Verdienst umgewandelt.

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Ich habe mich erschrocken

 Deutschstunde  Kommentare deaktiviert für Ich habe mich erschrocken
Dez 172010
 

Ich habe mich erschrocken„, las ich kürzlich in einem Buch des Hanser Verlages („Die Frau mit dem roten Tuch“), und gerade eben bin ich sehr erschrocken, als ich folgendes las:

Bildungspolitik: Sarrazin schlägt Kindergeld-Halbierung für vergessene Hausaufgaben vor – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
In den allermeisten der 860 Zuschriften habe er aber Zustimmung erfahren, betont der frühere Politiker, der sich vor allem einen Verdienst zuschreibt: „Ob das gelungen war oder nicht, es hat gewirkt.“

Nun, Sarrazin kann sich das Verdienst an seinem großen Zusatzverdienst von weit über einer Million Euro nicht allein selbst zuschreiben. Alle seine berühmten Kritiker haben seinen Verdienst durch häufiges Erwähnen, Nennen und Bekämpfen ungewollt erhöht! Der erhebliche Verdienst aus diesem Buch wird nicht nur seine Frau, sondern auch das Finanzamt erfreuen.

Ich schüttelte mein greises Haupt: Noch in meiner fernen Jugendzeit brachten uns die Lehrer den Unterschied zwischen „das Verdienst“ und „der Verdienst“ bei – niemand hätte es in eine Redaktion geschafft, der nicht den Unterschied zwischen

Das Verdienst Immanuel Kants liegt darin, die Vernunft mit den Mitteln der Vernunft auf ihre eigenen Grenzen hingewiesen zu haben

und

Der Verdienst Immanuel Kants war so schmal, dass er ihn durch Nachhilfestunden aufbessern musste

gekannt hätte.

Ähnliches galt in meiner fernen Jugend für Wendungen wie „Ich habe mich erschrocken“ oder „Ich habe das Plakat an die Stange gehangen“. So etwas ließen uns die Lehrer nicht durchgehen. Vergleichen wir:

Keiner, der nicht Wahlplakate an Stangen gehängt hat, kann ermessen, wie wichtig die Wahlwerbung ist.

Das Plakat der Kreuzberger Splitterpartei, das vorgestern noch an der Stange gehangen hat, habe ich vorhin nicht mehr gesehen. Haben sie es abgehängt?

Tja. So wurde uns das damals beigebracht.

Sprache ändert sich. Beckmesserei hilft nicht weiter.

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Die Freitagsbesinnung: Fremdenliebe

 Fernstenliebe  Kommentare deaktiviert für Die Freitagsbesinnung: Fremdenliebe
Dez 172010
 

Der Winterabend fällt herein. Schnee lagert sich weich und wattig am Fensterbrett. Muslime und Juden in Berlin, in Deutschland, sofern gläubig, bereiten sich auf ihre Freitags-Besinnungsfeiern vor.

Ich schaue aus dem Fenster hinaus. Mir kommen die Verse Georg Trakls in den Sinn:

Ein Winterabend

Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
Lang die Abendglocke läutet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.

Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
Aus der Erde kühlem Saft.

Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.

Schön. Passend.

Die uralte Pflege des Fremden, das Sich-Kümmern um den Unbekannten, das ist die Gastfreundschaft.

Ein Abschnitt aus dem 3. Buch Mose mag an die Seite des Gedichts von Georg Trakl treten:

Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. 

Buch Wajjikrá/Levitikus 19, 34

„Du sollst ihn lieben wie dich selbst“ – ein Vergleich des griechisch überlieferten Jesus-Wortes „Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 5,43) mit der griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel ergibt eine weitgehende Wort- und Satzgleichheit zwischen Levitikus 19,18, Levitikus 19,34 und Matthäus 5,43. Diese drei Stellen lassen sich wahrscheinlich nur zusammen verstehen.

   
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Dez 172010
 

Audiatur et alter pars! Eine vortreffliche Quelle für innertürkische Befindlichkeiten ist turkishpress.de! Hier kann man auch ohne Türkischkenntnisse etwas darüber erfahren, was über uns Deutsche gesagt und gedacht wird.

Eindeutig erkennbar ist, dass von der türkischen Politik eine wachsende türkische Quasi-Staatlichkeit in Deutschland gefördert wird. Der türkische Staat fördert und stützt mehr und mehr die Bindung der Auslandstürken an das ewige Mutterland, da der deutsche Staat nicht genug für die Förderung des Türkentums tut. Der türkische Staat baut sich offenbar gezielt eine Art türkische Enklave in Deutschland auf.

Grundmuster: Die Türken fühlen sich von all den rassistischen, rechtskonservativen Deutschen ausgegrenzt, benachteiligt und beleidigt. Also wenden sie sich in Gedanken an die Schutzmacht Türkei. So wie dies die Türken auf Zypern machten.

Besonders bemerkenswert ist folgende Meinung:

Deutsche Medien sind schlechte Medien | TURKISHPRESS.de | Deutsch – Türkisches Medienportal
ich finde der Bericht gibt die heutigen gegebenheiten sehr gut wieder und ich teile ihre meinung dies bez.! Dieses Türkei/Türken bashing also gezieltes schlechtmachen von minderheiten in medien ect. ist ein von der politik geleitetes vorhaben um trends in der konservativ-rechten bevölkerung zu bestätigen oder auch zu verstärken! Von pressefreiheit in der BRD kann daher schon gar keine rede sein.. Da degradiert man mal bsp.-weise die kurdischen terroristen von der pkk als freiheitsfalken, rebellen blabla und aus erpressern,dealern und mördern aus kurdisch, arabischen famielien-clans werden schnell mal türkische staatsbürger erster klasse um die auflagen stärke der propaganda blätter zu maximieren! Selbst in der türkei hatt sich schon bereits rumgesprochen das man als „pkk anhänger“ mit wenig oder kaum bürokratischen hindernissen bei der einreise zu rechnen hatt und die BRD sogar für den unterhalt aufkommt damit´s diesem dreckspack auch ja gut geht.. Nur die rechnung wird dann anschließend von uns türken getragen! Nach dem Motto; Guter Türke=Kurde, Schlechter Kurde= Türke.. Ich denke mittlerweile das die griechen uns damals mit zypern weit weniger anlass zur invasion gaben als die deutschen! Ein Türkisches Rammstein täte deutschland sehr gut^^

 Posted by at 13:46

„Ich habe keine Zukunft. Denn ich werde nie eine eigene Wohnung haben. Nie ein neues Auto kaufen können.“

 Italienisches  Kommentare deaktiviert für „Ich habe keine Zukunft. Denn ich werde nie eine eigene Wohnung haben. Nie ein neues Auto kaufen können.“
Dez 172010
 

Saviano e gli studenti, dialogo in diretta „Basta violenza, noi siamo altro“ – Repubblica.it
Io non ho futuro: ho 26 anni e non ne ho già più uno. Non potrò mai comprarmi una casa perché non farò mai un lavoro che mi permetta di accendere un mutuo, i miei genitori non possono aiutarmi economicamente e non so nemmeno se potrò mai comprarmi una macchina nuova.

Gewalttätige Proteste der jungen Erwachsenen erschüttern Griechenland, Italien, London. Auslöser sind stets Sparmaßnahmen der Regierung, Einschränkungen der öffentlichen Ausgaben, Sozialkürzungen, Studiengebühren an den Universitäten und ähnliche Foltermaßnahmen, mit denen sozialistische, konservative, rechtsliberale und linksliberale Regierungen ihre jungen stößigen Untertanen bis aufs Blut reizen.

Die jungen Menschen erkennen, dass sie den Wohlstand ihrer Eltern nicht werden halten können, jedenfalls kann ihnen der ungütige Staat keine Wohlstandsgarantie geben.  Bitterlich beschwert sich ein Protestierender bei dem Abwiegler und Beschwichtiger Roberto Saviano, der sich klar gegen Gewalt, gegen die gewalttätigen Proteste ausgesprochen hat: „Ich bin stinksauer“, schreibt der italienische Student. „Ich werde mir nie eine Wohnung kaufen können! Ich werde mir nie ein neues Auto kaufen können …“ usw. usw. Man muss mithören “ … wie das noch meine Eltern konnten …“

Wer ist schuld? Der Staat! Die Politik! Die Politik soll machen, dass jeder kostenlos studieren kann, sich eine eigene Wohnung und ein neues Auto kaufen kann. Wenn die Politik das nicht macht, dann wird man aber richtig böse. Dann schmeißt man Rauchbomben, geht auf Polizisten los.

Überall eine kindliche Enttäuschung über Vater und Mutter Staat, die das Kinderzimmer nicht auf Staatskosten in ein staatsgarantiertes neues Auto, in eine hübsche Eigentumswohnung  umgestalten.

 Posted by at 11:49
Dez 162010
 

Die erfolgreichste, älteste, heute mitgliederstärkste Organisation der gesamten Weltgeschichte ist die römisch-katholische Kirche. Etwa 1,1 Milliarden Menschen betrachten heute den Bischof von Rom als geistliches Oberhaupt ihrer Gemeinschaft.

Das Christentum ist nicht bloß eine echte Multi-Kulti-Bewegung, sondern eine Tutti-Kulti-Bewegung, da die christliche Botschaft sich ausdrücklich an alle Menschen und an alle Kulturen richtet – unabhängig davon, ob sie anderen Religionen oder auch gar keiner Religion angehören.

Ich treffe bei den sonntäglichen Gottesdiensten hier in Kreuzberg zahlreiche Christen aus Afrika, Asien und Europa.

Bei sozialen Fragen und bei den Fragen von Krieg und Frieden, bei der unbedingten Achtung jeder einzelnen Person haben sowohl dieser Papst wie auch seine Vorgänger wertvolle Impulse geliefert.

Die Linkspartei hat dies erkannt, obwohl sie mutmaßlich in manchen ethischen Fragen nicht mit dem Papst übereinstimmt.

Also – ich würde sagen – die parlamentarische Vertretung eines 82-Millionen-Volkes kann der Begegnung mit dem obersten Vertreter einer 1,1-Milliarden-Community mit Freude und gewisser Gelassenheit entgegensehen – cum gaudio et quadam serenitate. 🙂

Die knufflig-verschnupften Bundestagsgrünen sollten zur Kenntnis nehmen, dass Ideen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz, Grundgedanken der Verantwortung gegenüber allen Menschen nichts anderes sind als die Fortführung einer universalistischen Welt- und Nächsten-Ethik, wie sie das Christentum vor etwa 1600 Jahren ins finstere Europa importiert hat, das damals voll herrlicher Spontanvegetation wucherte und sumpfte.

Die Grünen, die Partei des Guten, sind in meinen Augen eine Partei, die ihren Hauptimpuls aus einer genuin jüdisch-christlichen kulturellen Erbanlage bezieht – wobei der Gottesbezug getilgt ist und die blind hypostasierte Natur an die Stelle des toten und geleugneten Gottes einrückt. Die Grünen glauben an die anonyme, quasi-theologisch verehrte Natur und an einige ethische Grundüberzeugungen, die letztlich im europäisch-christlichen Erbe zu verorten sind. Sie dienen „hienieden“ letztlich der Natur.

Die Christen glauben hingegen an einen personalen, nicht bildlich fixierbaren Gott, der im Hier und Jetzt alltäglich immer wieder in der Gestalt jedes beliebigen Menschen, im berühmten „Nächsten“ erscheint. Sie dienen hienieden dem Menschen.

Es ist spannend zu sehen, wieviel urchristliche Tugenden gerade im Grünen-Programm wiederauftauchen. So bedeutet der Verzicht grüner Männer auf das Auto und auf äußeren Prunk, der Verzicht grüner Frauen auf Seide, Geschmeide und Lippenrot einen „Verzicht auf die Reichtümer dieser Welt“ zugunsten eines höheren Guten.

Paupertas, caritas, parsimonia, puritas! Freiwillige Armut (also „Konsumverzicht“), Nächstenliebe (also „soziales Engagement“), Sparsamkeit (heute „Nachhaltigkeit“), fürsorgliches Verhalten, ein Eintreten für die Schwachen, für die Migranten, für die Verachteten, Kampf für sittliche Reinheit, für den Schutz vor Schmutz  – na, wer hat diese Tugenden jahrhundertelang gepredigt und vorgelebt, ehe die Grünen sie wiederaufgriffen?

Dem Christentum eignet ferner ein großer Staatsskeptizismus, denn 300 Jahre lang überlebte es in Opposition zu den „Mächten dieser Welt“, also zum römischen Kaisertum. Diese Machtferne, dieses Mißtrauen gegenüber der weltlichen Macht teilen die Christen mit den Grünen.

Die Grünen sollten dem Papst also ruhig lauschen. In aller Demut. Cum spiritu humilitatis. Auch eine christliche Tugend.

Der König Salomo freilich hätte sicher seine Freude an den Linken gehabt, die sich hier weitaus einsichtiger gezeigt haben mit einer geradezu salomonischen Äußerung zum Papstbesuch.

Ansprache im Bundestag: Grünen kritisieren geplante Papst-Rede – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
Die Linksfraktion reagierte zurückhaltend. „Wir sind nicht dagegen, wir nehmen es zur Kenntnis“, sagte Sprecher Hendrik Thalheim. „Staatsoberhäupter können dort sprechen, also kann auch der Papst dort sprechen.“ Die Linksfraktion sehe der Rede mit Interesse entgegen, weil Amtsvorgänger dieses Papstes in Friedensfragen und sozialen Fragen zum Nachdenken angeregt hätten.

 Posted by at 20:31

Wer ist integriert?

 Integration  Kommentare deaktiviert für Wer ist integriert?
Dez 162010
 

Wer ist integriert? Ich würde sagen: Alle Familien, die a) ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, die sich b) zum Grundgesetz und zur deutschen Staatsangehörigkeit bekennen und die c) Landessprache einigermaßen beherrschen, sind integriert. Das sind die drei mittelfristig, also innerhalb von wenigen Jahren  anzustrebenden Ziele, die die aufnehmende Gesellschaft von allen Zuwandernden einfordern darf und muss.

Wer hingegen starr und langfristig die deutsche Staatsangehörigkeit ablehnt, wer es ablehnt, selbst für die Familie den Lebensunterhalt zu erarbeiten, wer die deutsche Landessprache nicht erlernt, ist nicht integriert. Er oder sie ist und bleibt Ausländer, ein Mitmensch zwar wie jeder Tourist, der unsere Sympathie verdient, aber im vollen Sinne eben kein Staatsbürger.

Für überzeugte Ausländer in diesem hartnäckigen Sinne sollte – so meine ich – die Sozialhilfe auf relativ kurze Zeit befristet werden und dann nur noch in Abhängigkeit von nachweisbaren Integrationsleistungen gezahlt werden. Es ist nicht sinnvoll, dass ganze Familien ausländischer Staatsangehöriger über mehrere Generationen zu Zehntausenden ihre Existenz bewusst im deutschen Sozialstaat aufbauen, ohne eine echte Integration anzustreben.

 

 

 Posted by at 15:12
Dez 162010
 

WIR und DIE – diese diskriminierende Unterscheidung wurde von verschiedenen Parteien am neuen Integrationsgesetz des Berliner Senats bemängelt. Ihr ahnt schon: es geht um die Mitbürgerinnen und Mitbürger „mit Migrationshintergrund“. Mein eigener zweiter Sohn „hat Migrationshintergrund“, mir selbst fehlt er, mein erster Sohn ermangelt seiner ebenso, meine Frau wiederum ist reich an Migrationshintergrund! Wir Armen!

Ich würd mal sagen: Hepimiz insaniz.

Ich selbst stehe diesem Begriff „Migrationshintergrund“ außerordentlich skeptisch gegenüber.

Ebenso die taz. Sie hat eine Umfrage  veranstaltet, wie man dieses Wortungetüm vermeiden könnte:

“Memi”, “Beute-Teutone” und “Reinländer” at taz Hausblog

Mein Favorit ist „neuer Deutscher“. Warum?

Alte Deutsche und neue Deutsche bilden zusammen die deutsche Gesellschaft. Nur der Ausdruck „neue Deutsche“ ist für die Kinder wirklich diskriminierungsfrei.

Die „neuen Deutschen“ sind in vollem Umfang Staatsbürger der Bundesrepublik, haben weder Sonderrechte noch Sonderpflichten, bilden aber auch keine „nationale Minderheit“. Sie können jederlei religiösen Bekenntnisses sein oder bekenntnisfrei. Sie sind dem Grundgesetz verpflichtet. Sie sind somit Teil des deutschen Volkes im Sinne des Grundgesetzes.

Die „neuen Deutschen“ sind somit Inländer und Träger der staatlichen Souveränität in genau demselben Sinne wie die alteingesessenen Deutschen. Sie sind nichts Besonderes. Sie bringen neben der einfachen Bestimmung „Deutsche“ ihren gesamten kulturellen Hintergrund mit, wenn sie wollen, oder sie „assimilieren“ sich, wenn sie dies wollen.

„Nationale Minderheiten“, die etwa – wie es sich jetzt andeutet – über Generationen hinweg eine „Türkeistaatlichkeit in Deutschland“, eine „Russland-Staatlichkeit in Deutschland“ aufbauen, können uns hingegen nicht guttun! Ich lehne solche gespaltenen Loyalitäten ab. Das widerspräche dem Grundgedanken der freien und gleichen Bürger, die sich in der Demokratie zusammenschließen.

 Posted by at 15:09
Dez 152010
 

Einen sehr guten Beleg für die herkömmliche, gut eingeschliffene Integrationsauffassung liefert der Bundestagsabgeordnete Memet Kilic in seiner Rede vom 07.10.2010!

Hier finden wir wirklich geradezu in Reinkultur jene Auffassung vor, wonach Integration eine staatliche Leistung ist, vergleichbar etwa der Arbeitslosenversicherung oder dem Katastrophenschutz.

Der Staat muss Integration leisten! Wenn Integration nicht gelingt, ist der Staat schuld. Oder auch die konservative Bundesregierung. Das kann jeder Migrant selber entscheiden, wem er die Schuld gibt.

Immer sind jedenfalls die anderen schuld. Ich nenne es: den wohlbekannten Klageton.

Hörenswert!

Plenarrede zur Lage der Ausländer in Deutschland – Memet Kilic – ist im Bundestag

 Posted by at 18:06

Auch kein reines „Eigengewächs“ …

 Gute Grundschulen, Integration, Migration  Kommentare deaktiviert für Auch kein reines „Eigengewächs“ …
Dez 152010
 

Interessant! Die meisten erfolgreichen türkischen oder arabischen Migranten in Deutschland, die ich privat oder aus den Medien kenne, sind nicht in Deutschland geboren, haben nicht hier die deutsche Grundschule besucht! Dennoch sprechen sie hervorragend Deutsch, haben alle Abschlüsse erreicht, obwohl sie zahlenmäßig ja die Minderheit bilden. Denn die heutigen  „türkischen“ Jugendlichen in Deutschland sind alle hier geboren, dennoch gehen viel zu viele von ihnen schnurstracks in die Sozialhilfe hinein, aus der sie auch herkommen. Ist der Sozialstaat schuld? Verdirbt er unsere Kinder?

Weiteres typisches Beispiel eines Erfolgreichen: Nihat Sorgec vom Kreuzberger Bildungswerk.

Sie, die Erfolgreichen, sind fast alle erst als Schulkinder nach Deutschland gekommen. In der Türkei oder in irgend einem anderen, stärker autoritären Schulsystem wurden offenbar die Grundlagen ihres Bildungserfolges gelegt!

Woran liegt dies? An der Schule? An der Familie? An der mangelnden sozialstaatlichen Absicherung in den Herkunftsländern?

Ich hege Vermutungen, weiß aber die Antwort nicht! Man müsste Menschen wie Nihat Sorgec und Ahmet Toprak genau diese Frage stellen: „Sie sind doch eigentlich furchtbar benachteiligt, da Sie erst einige Jahre nach Ihrer Geburt nach Deutschland übergesiedelt sind! Wie rechtfertigen Sie Ihren Erfolg, Herr Professor Toprak?“

Ahmet Toprak über jugendliche Migranten: „Sie sind fasziniert von dieser Macht“ – taz.de
Ahmet Toprak, 40, ist Professor für Erziehungswissenschaften an der Dortmunder Fachhochschule. Zuvor hat Toprak, der in der Türkei die Grund- und in Köln die Hauptschule besucht hat, jahrelang mit gewalttätigen Jugendlichen und jungen Männern mit Migrationshintergrund gearbeitet.

 Posted by at 16:51
Dez 152010
 

Weniger stimme ich folgenden Aussagen zu:

Ahmet Toprak über jugendliche Migranten: „Sie sind fasziniert von dieser Macht“ – taz.de
Bei manchen Schülern mit Migrationshintergrund hat sich ein enormer Frust aufgebaut, weil sie sich an der Gesellschaft nicht so beteiligen können, wie sie wollen. Das Problem beobachten wir ja in Hauptschulen in schwierigen Quartieren, von denen wir wissen, dass zum Beispiel in Berlin nur 8 Prozent der Schüler eine Lehrstelle bekommen.

Was ist der Fall? Ich lebe selbst in einem schwierigen Quartier. Ich sprach mit Firmeninhabern. Sie sagen: „Wir können keine Jugendlichen in die Lehre nehmen. Wir wollen es. Aber sie können nicht gut genug rechnen, lesen und schreiben. Die Stellen bleiben unbesetzt.“

Hier mache ich einen verhängnisvollen Zusammenhang von migrationsanlockendem Sozialstaat und bequemer Opferrolle verantwortlich. Viele Jugendliche flüchten sich – bestärkt durch die jämmerliche Litanei ganzer Heerscharen an Migrationsexperten, Sozialberatern, selbsternannten Migrantenvertretern – in die Rolle der Verlierer, der Benachteiligten.

Streichung der Sozialleistungen für junge Männer sofort ab Schulabschluss scheint mir hier ein Mittel der Wahl.  Sie werden dann lesen, rechnen und schreiben lernen, wenn sie merken, dass sie es für ihren Lebensunterhalt brauchen.

 Posted by at 16:06
Dez 152010
 

Guter Beitrag von Ahmet Toprak! Das entspricht auch meiner Wahrnehmung. Weder der Staat noch die Schule sind Ursache des Problems, sondern in aller Regel das Fehlen väterlicher Vorbilder.

Wenn  Jungs einen guten, vorbildlichen Vater haben, werden sie meist nicht zuschlagen.

Ahmet Toprak über jugendliche Migranten: „Sie sind fasziniert von dieser Macht“ – taz.de
Was läuft in diesen Familien ab?

Häufig gibt es Arbeitslosigkeit, Alkoholprobleme, fehlende Kommunikation. Die Eltern sind schlechte Vorbilder: Der Vater schlägt die Mutter oder umgekehrt, die Kinder beobachten das. Sie sind fasziniert von dieser Macht.

Ist der Vater das Problem?

Der Vater ist bei häuslicher Gewalt häufig der Täter. Man darf aber auch die Geschwister nicht vergessen: Es kommt auch vor, dass der große Bruder den kleinen schlägt.

Die Väter in solchen Familien haben häufig Probleme, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Untergräbt das nicht ihre Autorität?

Genau darum geht es. Die Väter versuchen mit Gewalt ihre Autorität durchzusetzen, obwohl sie häufig von den Kindern abhängig sind: Die übersetzen und können sich viel besser in der deutschen Gesellschaft bewegen.

Der Vater vermittelt also ein Männlichkeitsbild, das er gar nicht erfüllt. Warum machen die Söhne das mit?

Die Jugendlichen machen häufig eine Gratwanderung: Sie dulden dieses Bild, bis sie erwachsen sind, und gehen dann aber den eigenen Weg.

 Posted by at 15:59
Dez 152010
 

Ihr Deutschen habt schon so viel Unfrieden über die Welt gebracht! Nun haltet mal schön stille und zahlt uns unsere Schulden! Wir brauchen keine Belehrungen von euch!“ So etwa lautet der emotionale Subtext, den gewisse Staaten uns in diesen Tagen wieder und wieder aufs Brot schmieren.

Ein irreführendes Argument, wie ich meine! Selbst Helmut Schmidt hat es verwendet:

Euro unbedingt retten: Helmut Schmidt: D-Mark würde Arbeitsplätze vernichten – Politik – Tagesspiegel
„Selbstverständlich werden die notwendigen Reparaturen abermals Geld kosten. Selbstverständlich werden sie insbesondere uns Deutsche abermals viel Geld kosten“, kündigt Schmidt an. Die Deutschen hätten in der Vergangenheit „erheblich zum Unfrieden in Europa und in der Welt beigetragen“ und müssten nun „auf eine ganz andere Weise dazu beitragen, dass die Schrecken der Vergangenheit sich nicht wiederholen können. Dafür sind weitere Opfer an Souveränität und an Geld geboten“, schreibt Schmidt.

Es ist natürlich richtig, dass die Weltöffentlichkeit, mindestens die breite westeuropäische Öffentlichkeit und die USA sich darauf geeinigt haben, dass die Deutschen und fast nur die Deutschen an fast allem Bösen schuld sind, das sich in den letzten hundert Jahren, insbesondere von 1914 bis 1945, ereignet hat. In Tausenden von Filmen, Büchern, Zeitungsartikeln wird dieses triviale Bild weltweit wieder und wieder befestigt.

Über belgische Kolonialgräuel in Kongo, über italienische Giftgaseinsätze in Afrika und Konzentrationslager in Dalmatien,  über die umfassende französische und die umfassende tschechische Kollaboration, über die französischen Massaker vom 08.05.1945 in Algerien, über russische Massenhinrichtungen, über griechische Vertreibungen, über türkische Vertreibungen, über den britischen Kolonialismus, über die Tatsache, dass sehr viele europäische Staaten, ja die meisten europäischen Staaten, darunter auch Sowjetrussland bis 1941 (sic!), mindestens einige Jahre lang recht begeisterte Waffenbrüder des Deutschen Reiches waren, wird hinweggesehen.

Man weiß es nicht oder tut so, als wüsste man es nicht. Und wenn man es weiß, erwähnt man es nicht. Und wenn es erwähnt wird, nimmt man es nicht zur Kenntnis. Da ist noch sehr viel Aufklärung und Erinnerungsarbeit zu leisten.

Ich meine: Die Euro-Frage darf auf keinen Fall mit der Frage der einzigartigen deutschen Schuld  in den Jahren 1914-1945 verknüpft werden! Das halte ich für geradezu aberwitzig. Da enttäuscht mich der ansonsten so brillant analysierende Altkanzler bitterlich.

Und die Bundesrepublik Deutschland, gegründet 1949, hat sicherlich nicht besonders zum Unfrieden in dieser Welt beigetragen. Oder will irgendjemand dies behaupten? Jetzt aus dem Verhalten Deutschlands in den Jahren 1914-1945 eine besondere finanzielle Verpflichtung Deutschlands zur Rettung des Euro herzuleiten, ist absurd. Aber genau diese Absurdität wird wieder und wieder aufgetischt.

Die Frage der Euro-Rettung ist eine politisch-pragmatische Frage.

Die Euro-Rettung ist im wohlverstandenen gemeinsamen Interesse der europäischen Staaten zu leisten. Die vereinbarten Stabilitätskriterien sind sinnvoll. Wir haben das Recht, die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Pflichten voneinander einzufordern.
Nicht sinnvoll ist es zu sagen: Die Franzosen arbeiten bis 60, die Deutschen bis 69, die Griechen bis 58, weil die Deutschen so besondere moralische Schuld tragen.  „Die Deutschen müssen mit ihrem Sozialsystem die zugewanderten Bürger anderer Staaten unterstützen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen – denn die Deutschen haben in den Jahren 1914-1945 so schwere Schuld auf sich geladen.“ Das ist Unfug.

„Ihr Deutschen zahlt für die Schulden anderer, weil ihr Deutschen schuldig seid.“

Diese Begründung taugt nichts.

 Posted by at 14:47