Dez 172010
 

Mit dieser Frage klopfen am letzten Tag des Monats Oktober die Kinder bei uns an. Ob ihnen bewusst ist, dass sie eine Fragestellung aus Kants Metaphysik der Sitten aufgreifen?

Immanuel Kant unterscheidet bekanntlich zwischen süßem und saurem Verdienst:

Kant, Immanuel, Die Metaphysik der Sitten, Zweiter Teil. Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre, Einleitung, VII. Die ethischen Pflichten sind von weiter, dagegen die Rechtspflichten von enger Verbindlichkeit – Zeno.org
Wenn dieses Verdienst ein Verdienst des Menschen um andere Menschen ist, ihren natürlichen und von allen Menschen dafür anerkannten Zweck zu befördern (ihre Glückseligkeit zu der seinigen zu machen), so könnte man dies das süße Verdienst nennen, dessen Bewußtsein einen moralischen Genuß verschafft, in welchem Menschen durch Mitfreude zu schwelgen geneigt sind; indessen daß das sauere Verdienst, anderer Menschen wahres Wohl, auch [522] wenn sie es für ein solches nicht erkenneten, (an Unerkenntlichen, Undankbaren) doch zu befördern, eine solche Rückwirkung gemeiniglich nicht hat, sondern nur Zufriedenheit mit sich selbst bewirkt, ob zwar es in letzterem Falle noch größer sein würde.

So mag etwa ein Vater, der seinem 14-jährigem Sohn das Besuchen von Spielhallen und das Trinken von Alkohol verbietet und ihn stattdessen regelmäßig ins Fußballtraining schleppt, als miesmacherischer Spielverderber erscheinen. „Aber alle anderen machen das doch auch!“, wird der Sohn klagen.

Dem Vater kommt das saure Verdienst zu, den Sohn auf die rechte Bahn der Tugend zu lenken.

Wird aber sein Sohn zwei Jahre später mit seiner Mannschaft einen Pokal  erringen, dann werden Vater und Sohn in diesem Gefühl der gemeinsam bestandenen Herausforderung schwelgen.

Das saure Verdienst hat sich in ein süßes Verdienst umgewandelt.

 Posted by at 20:38

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