Apr 152009
 

Immer wieder beklagen sich Bürger und Politiker über die „schamlose Mitnahmementalität“ vieler Bankiers und  Topmanager, die trotz von ihnen zu verantwortender Milliardenverluste dann eben doch ohne mit der Wimper zu zucken die ihnen „vertraglich zustehenden“ Abfindungen und Vergütungen einfordern, ehe sie die Flatter machen und das Unternehmen sich selbst und dem Konkursverwalter  überlassen.  Sie behaupten, und viele reden ihnen dies nach: Ihr Noch-Arbeitgeber, den sie an die Wand gefahren haben, „schulde“ ihnen die „vertragliche Leistung“.

Da kommt mir beim kursorischen Lesen des BGB aber doch ein Zweifel! Lest selbst:

BGB – Einzelnorm
§ 242 Leistung nach Treu und Glauben
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Ich bin zwar kein Jurist, aber mir scheint, der Grundsatz von „Treu und Glauben“ sowie die „Verkehrssitte“ sind bisher viel zu wenig berücksichtigt worden!

Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Mein Fitness-Studio ist seit drei Wochen geschlossen. Es will Probleme mit dem Vermieter haben. Der Vermieter der Räumlichkeiten ist zahlungsunfähig, deshalb liefern die Wasserbetriebe kein Wasser. Der Betrieb des Fitness-Studios ruht auf unbestimmte Zeit. Ich habe die Leibesübungen aus dem Studio hinaus ins Freie – etwa in das Spreewaldbad oder den Tiergarten – verlagert.

Schulde ich dem Studio weiterhin den vertraglich vereinbarten Mitgliedsbeitrag, bzw. kann ich anteilsmäßig die Herausgabe des im voraus gezahlten Jahresbeitrags verlangen? Meine Antwort: „Nach Treu und Glauben“ schulde ich nicht. Mein Vertragspartner leistet nicht, also schulde ich ihm auch die Gegenleistung nicht. Ich werde die Rückzahlung des Mitgliedsbeitrags für die versäumte Zeit verlangen.

Ich rege die Juristen unter meinen Lesern an, über die folgende Frage nachzudenken: Schuldet der Arbeitgeber seinen leitenden Angestellten die Abfindungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch in solchen Fällen, in denen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dies nicht erwartet werden kann, etwa bei fahrlässig herbeigeführten Verlusten oder Insolvenz des Unternehmens?

Wie sagte der Meister zu Hans im Glück doch: „Wie dein Dienst war, so sei auch dein Lohn.“

 Posted by at 18:52

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