Apr 122009
 

kolberg_bootshafen2009004.jpg Als einziges Land hat meines Wissens Japan in sein Konjunkturpaket auch einen gewichtigen Anteil für den Ausbau der Pflege für Alte und Kranke vorgesehen. Dies berichtete das ZDF gestern im Heute-Journal. Das finde ich sehr gut. In Deutschland hingegen hat man die Konjunkturpakte offen an den Bedürfnissen der Alten und der Pflegebedürftigen vorbei geplant. Denen ist es egal, ob die Pflegerin in einem 9 Jahre alten VW Polo oder einem nagelneuen Daihatsu Cuore anrollt.

Entscheidend ist: Viele Familien stecken ihre gesamten Ersparnisse, verführt durch die Abwrackprämie, in einen teuren neuen Wagen. Für Notfälle, etwa plötzlich eintretende Pflegebedürftigkeit, aber auch für demenzkranke Angehörige bleibt dann nichts mehr übrig. Auf etwa 5 oder sogar 6,5 Miliarden Euro wird der Umfang des staatlichen Ausgabevolumens für die Abwrackprämie nunmehr beziffert. Legen wir einen Durchschnittspreis von verbleibend 13.000 für ein neues Auto zugrunde, dann ergibt sich: Der Staat veranlasst die privaten Haushalte dazu, kurzfristig etwa 26.000.000.000 (in Worten: 26 Milliarden) Euro für ein neues Auto auszugeben. Für ein Auto, das zum jetzigen Zeitpunkt nicht angeschafft worden wäre. Dieses Geld fehlt der Volkswirtschaft für andere Zwecke, etwa für die Pflege und Betreuung von Kranken und Alten.

„Was hältst du eigentlich vom Weiterbau der A 100?“ So wurde ich in letzten Tagen mehrfach gefragt.

Meine Antwort: Autobahnen sind wichtige Verbindungsadern zwischen Städten. Der Güter- und der Personenverkehr sind auf funktionierende, schnelle Straßen und leistungsfähige Bahnverbindungen angewiesen. Städte sind gekennzeichnet durch ein kompliziertes System an Relationen zwischen vielen einzelnen Punkten. Städte sind polyzentrisch enstanden – ihre Struktur widerspricht dem Prinzip Autobahn.

Ich habe mich seit jeher gegen den Weiterbau der Stadtautobahn ausgesprochen. Denn ich trete seit vielen Jahren für einen Wandel in der Verkehrspolitik ein. Wir brauchen nachhaltige Mobilitätskonzepte, geprägt vom vernünftigen, intermodalen Miteinander. Autobahnen innerhalb von  Städten verstärken die vorherrschende Bevorzugung des PKW.

Und jetzt bin ich noch stärker gegen den Autobahnbau innerhalb der Stadt. Vor allem aus folgenden zusätzlichen Gründen:

In der jetzigen Wirtschaftskrise hat Deutschland bereits exzessiv in den Autoverkehr investiert. Aus ordnungspolitischen Gründen gilt es nun, mindestens dieselbe Summe zusätzlich zu den früher geplanten Ausgaben – also etwa etwa 5-7 Milliarden Euro – in die Förderung der nachhaltigen Verkehrsträger Bahnen, ÖPNV und Fahrrad zu investieren.

Die 2,3 km Autobahn mit Kosten von etwa 420 Millionen Euro würde ganz überwiegend durch den Bund finanziert – die vorherrschende „Mitnahmementalität“ des Bundeslandes Berlins würde dadurch noch einmal zusätzlich bestärkt.

Etwa zwei Drittel aller Autofahrten sind privat veranlasst. Etwa 50% der innerstädtischen Fahrten betragen weniger als 6 km. Hier gilt es anzusetzen.  Wir brauchen innerhalb der Städte eine massive Verlagerung des Verkehrs weg vom PKW hin zu Fahrrad, Bussen und Bahnen. Sobald dieses Verlagerung eingetreten ist, erledigen sich die Staus und Umweltprobleme der Anwohner von selbst.

Aber andererseits gilt: Die Messe ist gelesen. Politik heißt immer: Mehrheiten für realistische Ziele suchen.

Zwar mahnen durchaus einzelne Stimmen aus dem christdemokratischen Bereich wie etwa der Bundespräsident Köhler, wir müssten sparsamer und bescheidener leben. Und das heißt selbstverständlich: Wir sollen weniger Auto fahren. Die Bundeskanzlerin wiederum regt an, alle Staaten müssten sich langfristig auf die gleichen CO2-Verschmutzungsrechte pro Einwohner weltweit einigen – also etwa 4 Tonnen/Jahr. Und das lässt sich selbstverständlich nur erreichen, wenn wir unseren Lebensstil ändern und weniger Auto fahren, weniger Autobahnen bauen.

Hier in Berlin stemmen sich aber nur die Grünen gegen den Weiterbau der Autobahn. Für einen Stopp des fragwürdigen Projekts sehe ich deshalb keine politischen Mehrheiten. Wie soll man so gegen Rot-Rot ankommen?

So lasst uns denn lieber die frohen Nachrichten feiern, etwa diese:

Für die Radler läuft es rund
Mehr Radfahrer brauchen mehr Platz – und den bekommen sie in Berlin jetzt auch. Die Verkehrsverwaltung will auf lange Sicht sogar an allen 1500 Kilometern Hauptstraße Radspuren oder Radwege anlegen. Dies hat Heribert Guggenthaler, beim Senat zuständig für die Radplanung, angekündigt. Es gibt noch einiges zu tun: Bisher sind 950 Kilometer fahrradfreundlich ausgestattet. In diesem Jahr werden unter anderem in Schlüterstraße und Reichsstraße Charlottenburg, Müllerstraße Wedding, Annenstraße und Chausseestraße Mitte, Kniprode- und Greifswalder Straße Prenzlauer Berg sowie Streitstraße Spandau besondere Spuren auf der Fahrbahn markiert – was weit billiger ist, als Radwege auf dem Gehweg zu pflastern. Drei Millionen Euro stehen dafür pro Jahr zur Verfügung.

Unser Foto zeigt den Bootshafen im Flecken Kolberg im Märkischen Dahme-Seengebiet. Aufgenommen heute.

 Posted by at 22:34

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