„Ihr versaut unsere Kinder mit Hartz IV“

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Sep 082010
 

Einen verheerenden Einfluss hat sicherlich die sozialstaatliche Rundumversorgung auf unsere Kreuzberger Kinder. Wenn Kinder aus Hartz-IV-Familien bereits stolz ihr Nokia N97 vorweisen und mit dem Großraum-Van zur Grundschule im sozialen Brennpunkt gefahren werden, wird jeder individuelle Wille zur Leistung, zur Anstrengung im Keim erstickt. Man braucht kein richtiges Deutsch zu können, um als Kind ein Nokia N97 zu besitzen oder als Erwachsener einen Großraum-Van mit einem erkauften Führerschein zu steuern. Das ist die klare Botschaft.

Erneut hervorzuheben: Stets sind in der Sichtweise der „neuen Deutschen“ andere am Schlamassel schuld. Der Staat ist schuld, die anderen sind schuld, der Staat gibt zu viel Geld, der Staat gibt zu wenig Geld.  Die andern, die Deutschen, der Staat macht alles falsch.

Ich höre fast nie Sätze wie: „Das habe ich falsch gemacht“.

In diesem Sinne sei aus dem heutigen Tagesspiegel zitiert:

Berliner Senat: Integration: Viel geschafft – mehr zu tun – Landespolitik – Berlin – Tagesspiegel
Raed Saleh lobt die Tatsache, dass es überhaupt einen öffentlichen Beschäftigungssektor gibt. CDU-Mann Wansner vermisst beim Senat das Bemühen, die Wirtschaft in die Integrationspolitik einzubeziehen. Die Berufsverbände sagten: Kein Deutsch – keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Da müsse die Politik eine „konzertierte Aktion“ mit der Wirtschaft organisieren, um Schulabgängern von heute Chancen zu verschaffen. Bei einem Treffen mit türkischen Berlinern hätten diese ihm jüngst gesagt: „Ihr versaut unsere Kinder mit Hartz IV“. Anderswo, in Frankfurt am Main oder in Stuttgart, gebe es auch viele Migranten. Die hätten aber nicht so große Probleme auf dem Arbeitsmarkt.

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Sarrazin razzista, oder:Was Europa von uns denkt

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Sep 082010
 

Sarrazin razzista. Europa schüttelt den Kopf über Deutschland. Mittlerweile ist es den Verächtern Sarrazins gelungen, ihn durch böswillige Verleumdung im Ausland als „Rassisten“ hinzustellen. Der Schaden dieser Verleumdung ist für uns alle enorm. Denn was muss das für ein Land sein, in dem 70 bis 90 Prozent einem „Rassisten“ zustimmen? Wenn ein „Rassist“ Finanzsenator und Bundesbankmitglied werden konnte?

Das europäische Ausland sieht sich in dem früher lange gehegten Bild der Deutschen als einer Horde von Rassisten und Nazis  bestätigt. Natürlich wird kein Korrespondent einer europäischen Zeitung bisher die Zeit gehabt haben, Sarrazins sperriges Buch zu lesen. Er berichtet nur über das, was er in den deutschen elektronischen Medien hört oder in den Tageszeitungen liest, und wie auf den diversen Empfängen für Journalisten über den „Rassisten“ abgelästert wird.

Sarrazin razzista? Sarrazin ist in Wahrheit das Gegenteil eines Rassisten. Sich selbst bezeichnet er gerne als „genetische Promenadenmischung“. Sarrazin legt immer wieder den Akzent seiner Überlegungen auf den individuellen Leistungswillen, der dem Einzelnen den Aufstieg auch unter schwierigsten sozialen Bedingungen ermöglicht. So berichtet er gerne von dem schwarzen Bildungsökonomen Roland Fryer, der in bedrückenden, durch Kriminalität und Drogensucht geprägten Verhältnissen aufwuchs. „Er schaffte es mit einem Sportstipendium an die Universität, studierte in Rekordzeit, promovierte mit 25 Jahren und war mit 30 Jahren Harvard-Professor“ (Deutschland schafft sich ab, S. 233).

„Die wirklich Tüchtigen lassen sich offenbar auch durch ungünstige Umstände nicht abschrecken – und das ist eine durchaus trostreiche Erkenntnis. Man muss letztlich also stets beim Willen und beim Ehrgeiz des Individuums ansetzen. Niemals darf man es dem Einzelnen durchgehen lassen, sich auf Gruppennachteile herauszureden“ (S. 234).

Soziale Milieus, die gegen Leistungswillen, gegen „Strebertum“ und gegen Fleiß, aber für tiefergelegte schwarze BMWs, teure Handys, teure Markenklamotten eingestellt sind, werden einen solchen Aufstieg schwer machen. Genau das ist aber die Grundhaltung eines wesentlichen Teils unserer jungen männlichen Kreuzberger und Neuköllner Deutschen.

Ich staune immer wieder erstaunt über die elektronische Ausstattung unserer typischen Kreuzberger Jungs, unserer typischen Kreuzberger Familien, mit denen ich als typischer Kreuzberger einfacher Bürger Kontakt halte und pflege. Ganz oben scheint bei den 8-12-Jährigen derzeit das Nokia N97 zu liegen. Es ist unfassbar! Viele Kids, die unsere Kreuzberger staatlichen Grundschulen prägen, haben Smartphones, die neu mehrere Hundert Euro kosten, während wir in meiner Kindheit stolz waren, wenn wir mal einen echten Lederball zum Kicken hatten.

Wird das europäische Ausland derartige Feinheiten über einen Rassisten, der sich selbst als genetische Promenadenmischung bezeichnet und bereits im Namen einen sarazenisch-muslimischen Ursprung zeigt, noch wahrnehmen? Nein. Das Leseverständnis und die Lesefähigkeit unserer Leistungsträger in Politik und Medien reicht schlechterdings nicht aus, ein 461-Seiten-Buch in allen wesentlichen Inhalten innerhalb von 2-3 Tagen aufzunehmen und dann zutreffend wiederzugeben. Genau das wäre aber erforderlich gewesen. Denn in 2-3 Tagen bilden sich die Grundhypothesen der aktuellen Berichterstattung heraus. In 2-3 Tagen muss man die Vorherrschaft über ein Thema errungen haben, sonst ist es zu spät, um allfällige Verzerrungen und Verleumdungen noch klarzustellen.

Gar nicht hoch genug anzurechnen ist deshalb einem deutschen Bundestagsabgeordneten das Bekenntnis: „Ich bin erst in Kapitel 3.“ Gesagt von Wolfgang Bosbach bei Anne Will, am vergangenen Sonntag. Da war das Buch schon eine Woche auf dem Markt. Thema der Sendung: Thilo Sarrazin ist weg. Im Raum schwebte die Frage: Ist Sarrazin ein Rassist? Der arme Bundestagsabgeordnete musste also zu einer Frage Stellung nehmen, die er zugegebenermaßen nicht beantworten konnte, denn er hätte unbedingt das Kapitel 6 „Bildung und Gerechtigkeit“ gelesen haben müssen, um eine Antwort finden zu können. So läuft der Hase aber.

Einen beliebigen Beleg für die hochwirksame Hetzkampagne eines Großteils der deutschen Medien und der deutschen Politik gegen Sarrazin liefert beispielsweise der folgende Artikel aus der führenden italienischen Tageszeitung La Repubblica – und wer des Italienischen mächtig ist, dem sei der Artikel wärmstens empfohlen:

La Bundesbank rompe gli indugi il razzista Sarrazin espulso dal board – Repubblica.it » Ricerca

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Ist die Rütli-Schule ein Vorbild?

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Sep 082010
 

Immer wieder wird auf die Rütli-Schule hingewiesen. Nach einem jener berühmten „Brandbriefe“, mit denen Berliner Schulleiter, Lehrer und Eltern immer wieder auf Missstände hinweisen, wurde in einer konzertierten Aktion der Wandel geschafft: Die Rütli-Schule gilt heute als guter, einladender Lernort, an dem sinnvoller Unterricht wieder möglich ist.

Was steckt dahinter?  Ich erkundige mich und komme zu folgendem Ergebnis. Erfolgsfaktoren sind:

1) Die Schule hat die ganze Not offen benannt. Sie brach aus der resignativen Schicksalsergebenheit aus, die sonst viele Schulen kennzeichnet:  „So geht es nicht mehr weiter“. Dadurch hebt sie sich deutlich von den zahlreichen anderen Berliner Schulen ab, an denen resigniert wird, an denen viele Lehrer dauerkrank werden oder in die innere Emigration abwandern.

2) Alle Beteiligten erarbeiteten eine konzertierte Lösung. Eine Besserung kann nur gemeinsam gelingen.

3) Es wurde massiv staatliches Geld in die Hand genommen. Die Lehrerzahl wurde deutlich erhöht, die Rütli-Schule kam in den Genuss besonders üppiger Förderung. Eine Lehrerin berichtet: „Wir sind jetzt immer zu zweit im Klassenzimmer. Seitdem habe ich keine Angst mehr vor den Schülern, wenn ich mich umdrehe.“

4) Es wird eine positive Identifikation mit der Schule hergestellt, durch gemeinsame Aktionen oder durch den Schulpulli etwa.

Ergebnis: Durch gemeinsames Handeln, durch immense Geldbeträge, durch Herausarbeiten der eigenen Stärken lässt sich offenbar auch im sozialen Brennpunkt ein lernförderliches Umfeld herstellen. Schulen lassen sich in einem herkuleischen Kraftakt gewissermaßen von innen her „sanieren“. Ein möglicher Einwand gegen diesen Ansatz: Er verlangt ungeheure Geldmittel, die selbstverständlich nicht für alle Schulen im sozialen Brennpunkt abrufbar sind.

Dass Lehrerinnen Angst davor haben, allein mit Schülern in einem Klassenzimmer zu sein, und dass deswegen stets zwei Kräfte im Klassenraum sein müssen, halte ich für äußerst besorgniserregend.

In diesem Sinne führt die Migrationsforscherin Naika Foroutan von der Humboldt-Universität aus:

 Integration – Berliner Migrationsforscherin widerspricht Sarrazin – Berlin Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin
Aber es gibt auch Beispiele wie das der Rütli-Schule, die der Bezirk mit viel Engagement und Geld zu einer Vorzeigeschule „gedreht“ hat. Auch dort waren die Zustände vor wenigen Jahren haarsträubend. Der Wandel wurde geschafft. Insgesamt ist Berlin in vielen „Migranten-Belangen“ Beispiel gebend, etwa beim Quartiersmanagement. Aber man muss auch selbst aktiv werden. Mir war es wichtig, dass meine Kinder nicht in diesem Elfenbeinturm in Mitte, wo ich wohne, aufwachsen, sondern dass sie in eine Kita kommen, wo es neben Paul und Paula auch Aysche und Ali gibt, in Wedding. Das tun leider viel zu wenige. In der Hinsicht findet auch von Seiten der Etablierten in Alt-Mitte eine Integrationsverweigerung statt. Das Deutschland, von dem Herr Sarrazin redet, gibt es doch kaum noch. Wenn mehr Menschen, und da schließt sich der Kreis zum Gesprächsanfang mit der „Berliner Tulpe“, etwas tun, um Brücken zu bauen, dann hätte Herr Sarrazin weniger Gelegenheit, einige der durchaus vorhandenen Missstände zu beklagen. Leider zeigt er zu wenige Lösungen auf.

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Sep 072010
 

Migrantendebatte – Sarrazin bleibt unbeugsam – ist aber vorsichtiger – Berlin Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin
„Sie wollen, dass die Migranten abgeschoben werden“, warf sie Sarrazin vor, welcher vehement den Kopf schüttelt.

Es wäre spannend, einmal all die falschen Behauptungen, die Unterstellungen, die Lügen, die kübelweise über den Herrn Sarrazin ergossen werden, zu sammeln und auf ewige Zeiten aufzubewahren. Es ist eine üble Hetze, die da gegen ihn entfesselt wird.

Und deswegen steht der Mann jetzt unter Polizeischutz – wie Hirsi Ali, wie Seyran Ates, wie Geert Wilders, wie einige andere Islamkritiker auch.

Es ist beachtlich, dass ein scharfer und erbitterter Gegner der Religionen, insbesondere des Christentums wie Richard Dawkins, der das Christentum für etwas grundsätzlich Schlimmes, für einen bösen Wahn hält, nicht nur nicht unter Polizeischutz stehen muss, sondern jederzeit in allen Sendern und Stationen der westlichen Welt zu Wort kommt.

Thilo Sarrazin ist vielleicht eine Art Richard Dawkins der Islamkritik. Was Dawkins dem Christentum vorwirft, das wirft ungefähr Sarrazin dem Islam vor.

Sevim Dagdelen bereichert meine üppige Sammlung der Sarrazin-Lügen. Danke. Trockenen Auges warf sie Sarrazin vor: „Sie wollen, dass die Migranten abgeschoben werden!“ Falsch. Sarrazin verlangt das nirgendwo. Er verlangt vom Staat, dass er durch verstärkte Bildungsangebote allen Migranten einen Aufstieg durch Bildung ermöglicht. Deshalb tritt er für einen verpflichtenden Kita-Besuch aller Kinder ab dem dritten oder vierten Lebensjahr ein (Deutschland schafft sich ab, S. 231). An keiner Stelle verlangt er Abschiebung der Migranten.

Häufig wird behauptet, Sarrazin mache keine „konkreten Vorschläge“ zur Besserung der Lage. So äußert sich etwa Naika Foroutan in der Berliner Morgenpost vom 06.09.2010. Wieder falsch. Sein Buch ist gespickt mit praktischen Vorschlägen, etwa zur Umgestaltung der Bildungslandschaft, zu familienpolitischen Maßnahmen, zur Vereinheitlichung der zersplitterten deutschen Bildungslandschaft, zu Ganztagsschulen und Ganztagskindergärten.

Ebenso beliebt ist die Unterstellung, Sarrazin lasse keine Ausnahmen zu, er leugne, dass es auch geglückte Beispiel der Integration gebe.  „Es dürfte mich laut Sarrazin eigentlich nicht geben“, so eine bekannte deutsche Islamwissenschaftlerin. Wieder falsch. Sarrazin hebt in seinem Buch ausdrücklich Beispiele gelungener Integration hervor: Ceyhun Heptaygun, Ahmed Aboutaleb, Necla Kelek, Güner Balci, Bassam Tibi, Hirsi Ali, Fadi Saad. Alles Menschen aus muslimischem Hintergrund!

„Sarrazin ist ein Rassist.“ Falsch. Er ist im Grunde ein Kulturkritiker mit starken politischen Interessen. Er ist ein Kritiker des Islam. Er behauptet, dass der Islam grundsätzlich in vielen Fällen Integration verhindere. Dieses Integrationshindernis sei ausschließlich kultureller, nicht genetischer Art.

An dieser Behauptung Sarrazins ist was dran, so meine ich. Ich erlebe viele meiner Muslime als zu „schicksals-gehorsam“.

Ich wiederhole: Dem Buchautor und Menschen Sarrazin widerfährt durch die haltlosen Unterstellungen eines Teils seiner Kritiker großes Unrecht. Man kann bei seinen schärfsten Kritikern davon ausgehen, dass sie sein Buch nicht gelesen haben. Wäre es nicht so traurig, man müsste es für eine Komödie halten.

Für eine Komödie, in der mittlerweile immerhin einige wenige besonnene Stimmen wie etwa die eines Heinz Buschkowsky, eines Wolfgang Bosbach, einer Cora Stephan, eines Norbert Bolz, eines KT von Guttenberg, eines Arnulf Baring, eines Wolfgang Clement, eines Klaus von Dohnanyi spielverderberisch hervorstechen.

Wie lange werden wir diese hysterische Darbietung noch über uns ergehen lassen müssen?

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Sep 072010
 

Laschet oder … Rüttgers? Falsch geraten, Freunde!

Nein, die Frage muss lauten: Laschet oder Sarrazin? Viel zu wenig beachtet wurde ja das Buch „Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance“. Verfasser: Armin Laschet. Als Grund dafür meine ich zu erkennen:

Das Buch ist durchweg vernünftig. Es ist getragen von einem hohen Ethos der Zuwendung zum Du, zum Mitmenschen. Nur ein Katholik, nur ein Christdemokrat konnte wahrscheinlich ein solches Buch schreiben. Gleichzeitig wird überzeugend nachgewiesen, dass gute Integration auch in unserem eigenen Interesse liegt: eine Verbindung von politischem Eigennutz und christlicher Nächstenliebe.

Man kann diesem Buch schwerlich widersprechen. Es ist anspruchsvoll. Es klopft zunächst einmal an die eigene Brust: „Wir haben uns an den Menschen versündigt.“ Das Buch Armin Laschets nimmt uns alle in die Pflicht.

Laschet oder Sarrazin? Ich meine: Man sollte Laschet lesen und Sarrazin auch. Zuerst Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ und dann Laschets „Aufsteigerrepublik“. Da ich Kreuzberger bin und die freudvolle Anwesenheit ganz vieler migrantischer Mitmenschen hautnah genießen darf, muss ich selbstverständlich meine Stimme zum Persönlichkeitsschutz Thilo Sarrazins erheben. Ich habe mir – wie Thilo Sarrazin ja auch – reichlich Geschichten von den Berliner Lehrern und Erziehern, von Sozialarbeitern und Berliner Kindern erzählen lassen. An Sarrazin wurde und wird von einem Teil der Presse und der Medien, von einem Teil der deutschen Politik Rufmord begangen. Das habe ich von Anfang gesagt. Ich werde den Menschen Thilo Sarrazin, der sich als verantwortlicher Staatsbürger seine Gedanken gemacht hat, stets verteidigen.

Aber ich empfehle allen, die den Feststellungen Sarrazins zustimmen, auch die helle und klare, die überzeugendere Stimme des Armin Laschet zu hören.

Und dann würde ich mir eines wünschen: irgendwann einmal das Bekenntnis einer einzigen Migrantenorganisation, etwa von DITIB, von Milli Görüs, von TBB, eines einzigen türkischen oder muslimischen Verbandsvertreters: „Wir haben etwas falsch gemacht. Wir haben gelernt.“ Da kommt nämlich nichts. Ich vernehme kein Eingeständnis eigener Fehler von meinen Türken, meinen Arabern, meinen Muslimen. Sie sind großartig darin, uns Steuerzahlern ein schlechtes Gewissen einzuflößen, und nutzen die vielen willkommenen Gelegenheiten, die ihnen Sarrazins Buch dazu bietet, weidlich und wonnig aus.

Ich höre von den Organisationen und Migrantenvertretern fast nur Forderungen, Beschwerden, Reklamationen gegenüber der Service-Firma „Hotel Deutschland“. Man spricht so gern von den großen Leistungen all der kräftig zupackenden Männer und Frauen in den früheren Jahrzehnten. All der Stahlkocher, Müllmänner, Reinigungskräfte. Gut. Sie haben unseren Wohlstand mit aufgebaut. Aber diese Menschen haben auch ihren Lohn erhalten. Die Anerkennung dieser Arbeitsleistung wurde in Gestalt von Geld erbracht.

Ich würde mich freuen, wenn ich nur einmal so etwas hörte wie „Danke, Hotel Deutschland, danke, deutscher Steuerbürger, dass du mit deinen Steuern diese herrlichen Chancen zum Aufstieg bezahlst, die wir liebend gerne annehmen.“

Wir haben mit schlechtem Gewissen eine Schule besucht, in denen praktisch alle Familien von der Lehrmittelpflicht befreit waren. Das heißt, fast alle lebten vom Staat. Sie waren fast alle „mit arabischem oder türkischem Migrationshintergrund“. Und so wurde uns bald das Gefühl vermittelt, nicht so recht dahin zu passen. „Sie sind aber kein Deutscher, oder?“ Das habe ich mir angehört.

Wir hatten das lebhafte Gefühl, die Menschen in ihrem dauernden Benachteiligtenstatus zu stören. Bald wurde mir klar, dass ich mit meinen Steuern in etwa eine halbe dieser vielköpfigen Familien finanziere. Die anderen 50 oder 70 Familien an dieser Schule werden eben durch jeweils andere Steuerzahler finanziert, ebenso die Schule selbst.

Wir haben die staatliche Schule, an der wir uns fremd fühlten, verlassen, und bezahlen nunmehr zusätzlich zu unseren Steuern monatliches privates Schulgeld in der zu erahnenden Höhe. Die Politiker im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und in der Stadt Berlin scheinen nichts davon mitzukriegen. Sie erfassen die Gemütslage des Volkes nicht.

Und so entstehen nach und nach in meiner Seele giftige, gefährliche Ressentiments, vor allem, wenn man als deutscher Steuerzahler dann sich ausgegrenzt und ausgenutzt fühlt. Das Böse lauert stets an der Türschwelle. Man driftet fast wider Willen „nach rechtsaußen“. Man fühlt sich überfremdet. Es hat keinen Sinn, Gefühle des Grolls zu leugnen. Gefühle der Überfremdung sind da. Man fühlt sich fremd im eigenen Kreuzberg, das sich so wahnsinnig schnell verändert hat.

Ich versuche diese bösen Gefühle zu überwinden, indem ich bewusst auf diejenigen zugehe, die von meinen Steuern leben, und mich mit ihnen anzufreunden suche. Und indem ich brav Laschets Aufsteigerrepublik wiederlese. Ich versuche die Zuwanderer zu überreden, selbst etwas für ihren wirtschaftlichen Erfolg zu tun. Ich rede mit ihnen, ich ermahne sie offen. „Tut was. Euch stehen alle Türen offen. Lernt. Ackert. Hockt nicht so viel rum. Arbeitet an euch.“ Das ist ein mühseliges Geschäft.

Es sollte heißen: Sarrazin UND Laschet. Das wär’s.

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„Das will ich gar nicht lesen!“ Und deshalb schreibe Thesen!

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Sep 062010
 

1. Nach der Geburt des Kindes werden die Mütter bei Hausbesuchen zu Ernährungsfragen und  Kinderpflege angeleitet.

2. Der Kita-Besuch vom dritten, spätestens vom vierten Lebensjahr an wird bindend.

3. Die Schule konzentriert sich in den ersten Jahren auf den Erwerb der Kernkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen.

4. Schuluniformen sollten obligatorisch sein. Sie verwischen soziale Unterschiede, lösen für weniger Bemittelte das Textilproblem und schaffen eine klare Abgrenzung zwischen Schulbereich und privatem Bereich.

5. Auf den Erwerb und die Einübung von Sekundärtugenden – Pünktlichkeit, Fleiß, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit – wird besonderer Wert gelegt.

Was ist von den obigen Forderungen zu halten? Ich meine: Sie sind wohl sinnvoll. Sie verdienen eine vorurteilslose Befassung. Sie zeigen, dass der Verfasser sich im Geiste der Verantwortung Gedanken zu folgender Frage macht: Wie können wir allen Kindern eine gute Bildung zukommen lassen, sodass sie ihre Aufstiegschancen in Gerechtigkeit und Gleichheit ergreifen können?

Was hältst du von diesen Thesen? Nimm Stellung!

Die Bücher schreiben die Autoren merkwürdigerweise – für sich selbst. Kaum ein Buchautor sollte sich der Illusion hingeben, dass er wirklich gelesen wird. So besuchte ich einmal einen Abend bei einem Berliner Unternehmerverband mit dem damaligen Integrationsminister Armin Laschet. Thema des Abends: das Buch „Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance.“ Neben dem Autor war ich ganz offenkundig der einzige, der das Buch gelesen hatte.

Wir lernen: Der Titel und Untertitel ist das Entscheidende bei den heutigen Büchern, oder besser: bei den heutigen Lesern.

Das macht aber nichts! Den guten Autor umgibt die Aura seines Werkes. Er hat sich gequält, er hat seinen Weg zurückgelegt. Dank des Buches ist er imstande, den Inhalt seiner Gedanken in etwa 20 Minuten flüssig und überzeugend und ohne wesentliche Einbußen wiederzugeben.

Was meinst du? Wer hat die obigen 5 Thesen geschrieben?

Gefährlich wird es dann, wenn Bücher sperrig, komplex und unübersichtlich sind. Dann genügen schon wenige in böser Absicht herausgerissene Zitate, um den Autor in Verruf zu bringen. „Nazischwein“, „Rassist“, „menschenverachtend“, usw. „Das Buch dieses Rassisten will ich gar nicht lesen!“ So hörte ich es heute.

Der Tatbestand der Verleumdung, des Rufmordes am Autor ist erfüllt.

Deshalb sollten alle Autoren, die ein gutes Werk für ihr dickes Buch tun wollen, sich bemühen, ihre wesentlichen Gedankengänge noch einmal in wenigen, aufeinander aufbauenden Thesen zusammenzufassen und als Flugschrift oder Website unters Volk zu bringen.

Auf diese Weise kann man Aussagen und Forderungen eines Buches in Ja-Nein-Entscheidungen zusammenfassen und somit die Auseinandersetzung von der Person des Autors wegleiten und versachlichen.

Das Foto zeigt die Schlosskirche Wittenberg mit der wohl berühmtesten Tür der deutschen Geschichte

Nebenbei: Die fünf Thesen am Anfang dieses Eintrags sind folgendem Buch entnommen: T. Sarrazin, Deutschland schafft sich ab, München 2010, S. 231-232

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„Sozialhilfe verhindert Integration“

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Sep 062010
 

„In der Sozialhilfe integrieren sich die Zuwanderer nicht.“ Langfristiger Bezug der Sozialhilfe entmündigt, wird als lähmend erlebt, begünstigt Schwarzarbeit, Trägheit und Betrug. Diese Einsicht greift mittlerweile in zahlreichen Ländern Platz, zuerst in den USA, dann in den Niederlanden, numehr sogar in Deutschland. Mariam Lau war eine der ersten, die den Zusammenhang für Deutschland benannte, Neriman Fahrali folgte, nunmehr erkennt auch Gesine Lötzsch von der Linkspartei die Existenz in der Sozialhilfe als eines der entscheidenden Integrationshindernisse, nicht nur für Zuwanderer, sondern auch für autochthone Deutsche.

Sie spricht in der Leipziger Volkszeitung von den Sozialgesetzen, „die eine Integration in die hiesige Gesellschaft sowohl für Migranten als auch für viele Deutsche unmöglich machen“.

Ein guter Hinweis, dass Sozialhilfe nicht nur Migranten, sondern auch Deutsche an der Integration hindert!

Welcher Ausweg bietet sich an? Beschränkung der Sozialhilfe, Befristung und Zuweisung stets unter Auflagen! In den USA erhält man in den ersten 10 Jahren nach Zuwanderung überhaupt keine Sozialhilfe, danach wird der Bezug auf 5 Jahre begrenzt. Das bedeutet für die Familien zum einen, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen, zum anderen, dass sie einander beistehen müssen. Wer hat, der gibt den anderen ab. Von einem Verdienst leben oft mehrere Menschen, ein direkter Anspruch des einzelnen gegen den Staat besteht zunächst nicht.

Die Selbsthilfekräfte werden gestärkt, der Zusammenhalt der Familien wird eingefordert, die Verhätschelung durch den Papa Staat unterbleibt.

Auch in der DDR gab es keine Sozialhilfe für Zuwanderer, und deshalb, aber auch wegen des wirksamen „antifaschistischen Schutzwalls“, hielt sich der Ansturm der Ausländer in engsten Grenzen. Sie kamen ausschließlich als Vertragsarbeiter, Studenten, Botschaftsmitarbeiter, Soldaten oder deren Angehörige – was aber nicht das Aufkeimen von Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus in der DDR verhindern konnte.

Einwanderung: De Maizière fordert Sanktionen gegen Integrationsverweigerer – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
Die Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch sieht die Ursachen für Defizite bei der Integration von Migranten auch in den „Hartz IV“-Gesetzen. Konservative, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale hätten in der Vergangenheit Gesetze wie „Hartz IV“ beschlossen, „die eine Integration in die hiesige Gesellschaft sowohl für Migranten als auch für viele Deutsche unmöglich machen“, sagte Lötzsch der „Leipziger Volkszeitung“.

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Sep 052010
 

Mariam Lau schreibt: „In einigen Staaten ist es leicht, in die Sozialsysteme einzuwandern, und schwer, in den Arbeitsmarkt zu kommen, in anderen ist es umgekehrt. Es ist nicht schwer zu erraten, wo die Integration besser funktioniert. Studien zeigen: Je weniger Sozialhilfe, desto besser sind Zuwanderer integriert. Solange der deutsche Sozialstaat in dieser Hinsicht nicht grundlegend umgebaut wird, wird es keine Integration von Zuwanderern in Deutschland geben. Aber weder die CDU noch sonst irgendeine Partei in Deutschland traut sich derzeit an diesen Umbau. Die meisten wollen ihn ja auch gar nicht.“Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009, S. 149

Auffallend, dass Thilo Sarrazin etwas Ähnliches vertritt! Auf S. 296 seines umstrittenen neuen Buches behauptet er: „Ohne Änderung der sozialstaatlichen Rahmenbedingungen sind die Aussichten gering, dass sich die Parallelgesellschaften der muslimischen Migranten in Deutschland und Westeuropa mit der Zeit quasi automatisch auflösen.“

Sinn scheint zu sein: Die Migranten sind zu stark durch geschenktes Geld und soziale Sicherheit gefördert. Wir fördern viel zu viel. Eigenverantwortung und Initiative verkümmern.

Spannend. Darüber sollte man diskutieren! Die Kreuzberger Ärztin Neriman Fahrali äußert ähnliche Auffassungen. Bin gespannt auf die Diskussion am Samstag.

 Posted by at 23:16

„Ich verleugne nicht die Schuld“

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Sep 052010
 

03092010002.jpg Große geistliche Einkehr hielt ich am heutigen Sonntag bei einer Reise in Sachsen. Zufällig gelangte ich nach Köthen und Wittenberg. Köthen – wo Johann Sebastian Bach von 1717-1723 als Hofmusiker wirkte und unter anderem die sechs Sonaten und Partiten für Violine solo komponierte, die mich schon ein halbes Leben lang begleiten.

Ein herrlicher Halbsatz aus einem Choral der Matthäuspassion fiel mir ein und ich sang ihn: „Ich verleugne nicht die Schuld!“

Im vorigen Eintrag untersuchten wir die mannigfachen Mechanismen, mit denen wir Menschen eigenes Versagen auf andere zu überwälzen versuchen. Es gelingt im Kleinen wie im Großen wunderbar, in der Familie ebenso wie in der Politik, bei Sophokles ebenso wie bei bei unseren deutschen Politikern oder Kreuzberger Jugendlichen, deren Eltern  aus Libanon und Palästina nach Berlin gekommen sind.

Schuldabwälzung auf andere halte ich für einen universalen Mechanismus der Selbstrechtfertigung.

„Ich verleugne nicht die Schuld!“, dieser Satz beeindruckt mich. Allein dadurch, dass man eigene Verfehlungen zugibt, hat man schon den ersten Schritt zur Umkehr, zur Besserung getan. Allerdings meinen die Christen, dass das Schuldeingeständnis beim Ich beginnen muss.

Das Schuldbekenntnis erfolgt freiwillig, wenngleich ritualisiert. So steht es etwa am Beginn des Gottesdienstes.

„Ich verleugne nicht die Schuld.“ Was für ein herrlicher Satz! Was für eine unsterbliche, herzbewegende Musik, die Bach geschaffen hat!

Bild: Unterwegs zum Bach-Denkmal in Köthen und zu seinem mutmaßlichen Wohnhaus.

 Posted by at 21:24

„Wir verwenden keine Ausdrücke am Ramadan!“

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Sep 052010
 

Eine längere gute Unterhaltung mit sechs Kreuzberger Kindern und Jugendlichen führte ich am heutigen Ramadan-Tag! Das wichtigste Thema wird zuerst von den Kindern aufgeworfen: Sex und andere schlimme Gedanken. Dass gerade im Ramadan Porno und Sex bei den Jugendlichen und Kindern eine riesige Rolle spielt, darf nicht verwundern. Ficken, wichsen, blasen, drunter geht es nicht. Das sind eigentlich schon Standardwörter, mit denen die Kreuzberger Kinder und Jugendlichen beweisen, dass sie dazugehören, dass sie Bescheid wissen.

„Woher kennt ihr diese Ausdrücke?“, frage ich. „Aus der Schule“, lautet die Antwort. „Die Schule verdirbt uns alle. Früher war sie gut, heute verdirbt sie unsere kleinen Brüder alle!“, versichern die 14-17-Jährigen.

„Könnte es sein, dass ihr sie aus dem Internet habt?“, frage ich. „Ja, auch, aber von den Filmen im Internet kommen sie in die Schule.“

„Ist heute nicht Ramadan?“, frage ich. „Was sagt der Prophet?“, frage ich. „Hat er nicht gesagt, ihr dürft vor der Ehe keinen Sex haben und sollt auch nicht daran denken?“

„Ja, eigentlich schon. Aber die Schule verdirbt uns alle.“

„Haltet ihr den Ramadan?“ Ja, alle, auch die Kinder unter 12! „Was ist der Sinn des Ramadan?“, frage ich.

Der älteste antwortet mir: „Der Ramadan dient dazu, sich in Geduld, in Enthaltsamkeit zu üben. Der Ramadan soll den Kindern helfen, den langen Atem zu bekommen. Und außerdem sollen wir erfahren, was Armut wirklich heißt: nichts zu essen und trinken zu haben.“

„Dann dürftet ihr eigentlich solche Ausdrücke, wie ich sie gerade von euch gehört habe, am Ramadan nicht verwenden. Sonst seid ihr keine guten Moslems.“

Nun ja, dem stimmen sie zu. Es herrscht Einigkeit: „Wir dürfen am Ramadan keine Ausdrücke verwenden. Sie sind eine besonders schwere Sünde.“

Wir sprechen über Schule, über Berufsaussichten. Ich erkläre, dass sie sehr gut Arabisch und sehr gut Deutsch lernen müssen, dann können sie später vielleicht einmal als Dolmetscher arbeiten.

Ich lade sie alle zu unserem nächsten Konzert am kommenden Samstag in der Schwartzschen Villa ein.

„Und wenn wir uns morgen wiedersehen sollten, werde ich euch fragen, ob ihr gute Moslems seid! Ich werde euch fragen, ob ihr Ausdrücke verwendet habt oder ob ihr die Gebote gehalten habt“, damit verabschiede ich mich. Wir geben uns alle die Hand. Dann gehen wir nachhause.

Das Ende dese Fastens ist heute um 19.59 Uhr angesagt.

 Posted by at 21:05
Sep 052010
 

Eine erstklassige  Unterhaltungsserie über Sozialpsychologie läuft derzeit in allen deutschen Medien. Viele spielen dabei mit. Vorausetzung dafür ist, dass man das Buch nicht gelesen hat und der Mehrheitsmeinung folgt. Hat man das Buch gelesen – was bisher nur sehr wenige getan haben – taugt man nicht mehr für eine Rolle als Mitspieler in der Unterhaltungsserie und kann sich deshalb ganz entspannt zurücklehnen und genießen.

Man sollte das ganze Gewitter, das auf Thilo Sarrazin herniedergeht, nicht als antirassistische Hetzkampagne bezeichnen, denn dazu ist es doch zu durchschaubar. In dem Maße, wie die Menschen Sarrazins Buch lesen, werden die Argumente gegen ihn in sich zusammenstürzen, aber jetzt läuft eben diese Seifenoper noch, und deshalb wollen wir uns ihr noch weiterhin widmen.

Ganz wichtig ist es, die Sündenbockrolle zu erkennen, in die Sarrazin hineingedrängt wird.  Ein Hauptargument der Hetzer und Petzer ist es, Sarrazin die Schuld an dem beklagenswerten Zustand der Nicht-Integrationspolitik zu geben. Immer wieder kann man es lesen: Sarrazin schade der Integration, er mache es den Muslimen unmöglich, sich zu integrieren, er „spalte“, er „vergifte“.

In diesem Sinne hat sich sein Parteifreund und ehemaliger Boss Wowereit wiederholt geäußert. So auch heute wieder:

Sarrazin-Thesen: Konservative fordern harte Integrationsdebatte – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
„Solche Kampagnen zielten auf kurzfristige parteipolitische Vorteile, haben unser Land in der Integrationspolitik aber um Jahre zurückgeworfen„, kritisierte Wowereit. „Mit Thilo Sarrazin muss diese Liste nun leider ergänzt werden.“

Wir verstehen: Da Sarrazin nicht alles so toll findet wie Wowereit, ist er selber an dem ganzen Elend schuld. Die gleiche Tonart fanden wir vor einigen Tagen bei Heinz Buschkowsky im ZDF heute-Magazin: „Ich habe Thilo um Geld gebeten, er hätte uns Neuköllnern als Finanzsenator mehr Geld für soziale Projekte geben können, doch hat er das nicht getan.“ Folge: Der Finanzsenator hat durch die Sanierung des Haushaltes die Integration der Muslime verhindert. Er hat es bevorzugt, den Haushalt der Berliner für ein Jahr in Ordnung zu bringen, statt durch weitere Millionen im Minutentakt die Integration der Zuwanderer zu bewirken. Er ist selbst an allem schuld.

Ein klassischer Abwehrreflex! Der Überbringer der Nachricht wird für das Übel in Haftung genommen.  Das alles war schon in den Tragödien des Sophokles so.

 Posted by at 20:40

Bias against understanding

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Sep 052010
 

A: „Ich habe das Buch gelesen und finde diese oder jene Meinung richtig. Ich halte den Autor für einen guten Kenner der Szene und glaube, dass ihn ein Verantwortungsgefühl für das Land beseelt. Leider kursieren so viele falsche Aussagen über die Inhalte des Buches, dass ich mich frage, ob die Journalisten das Buch ganz gelesen haben.“

B: „Sie haben eine falsche Vorstellung davon, wie Jornalismus funktioniert. Wir Journalisten können die Bücher gar nicht lesen, über die wir schreiben, dazu haben wir keine Zeit. Der Nachrichtenrhythmus ist viel zu schnell! Wir sichten Bücher oder vielmehr die Meinungen über Bücher daraufhin durch, was an ihnen verwertbar erscheint. Darüber schreiben wir einen Text und bieten ihn der Redaktion an. Je höher das Erregungspotential, desto besser.“

A: „Das heißt, am echten Verstehen eines Sachverhaltes sind Sie nicht interessiert?“

B: „So ist es! Die Briten sprechen von einer instinktiven Abneigung gegen das Verstehen-Wollen – a bias against understanding.“

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Leseverständnis mangelhaft – deshalb Sündenbockritual

 31. Oktober 1517, Sündenböcke  Kommentare deaktiviert für Leseverständnis mangelhaft – deshalb Sündenbockritual
Sep 052010
 

04092010006.jpg Soll man ihn noch lesen und pflegen, obwohl er doch so polternd war, obwohl er doch so häufig sich im Ton vergriff, so maßlos auftrumpfte? Obwohl er es an Empathie für die fehlen ließ, denen er am Zeug flickte?

Sicher: was er über die Juden sagte, ist nicht akzeptabel. Da hätte ein Freund, ein Bruder, seine Ehefrau ihn zur Seite nehmen können und ihm sagen müssen: „Du irrst dich.“

Aber dass er nicht nachgab, als die Spitzen des Staates und der Regierung sich gegen ihn stellten, das adelt ihn. Dass  sie zuletzt kein anderes Mittel fande, als ihn in Acht und Bann zu tun, ist ein Zeugnis besonderer Dürftigkeit, das sich diejenigen ausstellen, die seinen Ausschluss betreiben.

Es fehlte die besondere Streitkultur, die den Austausch auch gegensätzlichster Meinungen ermöglicht. Es ist keine Demokratie, sondern die Herrschaft durch Zustimmung der Landesfürsten. Die Macht stützte sich auf das bequeme Einverständnis, das billige Hinwegsehen, die wohlfeile Erregung, die abgestimmte hysterische Zuckung im Blätterwald.

Dass er den Finger auf besondere Missstände legte, die Teile das Landes, Teile der Machtelite gefangen hielten, ist ihm nicht vorzuwerfen.

Sein Antrieb war eine hohe Vorstellung von der Freiheit und der Verantwortung jedes Menschen. Niemals ließ er zu, dass der Einzelne sich auf Gruppennachteile hinausredete.

In manchem hat er geirrt. Aber umgekehrt nötigt seine Unbeirrbarkeit mir höchsten Respekt ab.

Die milde gestimmte Heiterkeit, das Versöhnlich-Dialogische war seine Sache nicht immer. Aber man hätte das Gespräch mit ihm suchen müssen. Dass man ihn aus der Organisation fortjagte, schuf ihm eine wachsende Schar von Unterstützern. Ihn selbst konnte man loswerden, aber seine Wahrheiten waren stärker als die Macht.

So aber fiel die halbe Welt über ihn her. Sie versuchten, ihn in die Wüste zu treiben. Ein abstoßendes Sündenbockritual! Ich bin sicher: Die meisten, die sich das Lästermaul über ihn zerreißen, haben weder seine Thesen noch seine Bücher gelesen. Es mangelte ihnen an Leseverständnis.

Seine Thesen veränderten die Welt. Sie trieben wie ein Meteor auf die dumpfe Welt zu, wirbelten sie durcheinander, und viele mussten eingestehen: Er spricht Dinge aus, die uns quälen, die wir aber nicht anzusprechen wagen.

Geschrieben im Lutherhotel Wittenberg, Lutherstadt Wittenberg, Jüdengasse, am 5. September 2010

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