Nov 172012
 

„Mann und Weib und Weib und Mann
sind nicht Wasser mehr und Feuer.“

So dichtete Hermann Claudius in seinem Volkslied „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘.“

Das in verschiedensten Zusammenhängen erfolgreiche Lied fiel mir ein, als ich das bunte Bildchen betrachtete, das vom Parteitag der Grünen über die WELT versandt wurde. „… wenn die bunten Fahnen wehen“. Eine befreit und glücklich aufspielende junge Schar, die die grüne Fahne über ganz Deutschland wirbeln und wehen lässt!

Mann und Weib und Weib und Mann, das sind in diesem Fall (von links nach rechts):

Jürgen Trittin (Mann… ), Claudia Roth (… und Weib), Katrin Göring-Eckhardt (… und Weib… ) und Cem Özdemir (und Mann) .

Hermann Claudius würde sich sehr sehr freuen, wenn er die vier sähe! Man lese und singe sein Lied als Ganzes! Uraltes, seit der Romantik eines Fichte oder Hölderlin tief in der deutschen Nation verankertes,  bündisches, sozialistisches und naturwüchsiges Gedankengut feiert bei den Grünen triumphale Vermählung.

Die Bilder und die Reden lassen keinen anderen Schluss zu.

Quellen:
„Wann wir schreiten Seit‘ an Seit'“ Text: Hermann Claudius. Musik: Michael Englert. In: Volksliederbuch. Herausgegeben von Andreas Kettel. Bilder von Sabine Wilharm. rororo rotfuchs. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1984, S. 228-229

http://www.welt.de/politik/deutschland/article111222807/Goering-Eckardt-wirft-der-Union-Planwirtschaft-vor.html

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„Hör die Stimme der Natur!“

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Nov 162012
 

Die drei auf dem Baum. Was die wohl erleben?
Vorfreude auf das Stück morgen mit Roberta Ascani, Jana Hampel, Thomas Ruff.

Am 17. und 18. November 2012 im Ackerstadtpalast Berlin in der Ackerstraße 169 in Berlin Mitte. Um 20.30 Uhr.

www.ackerstadtpalast.de

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Jun 062012
 
Mann, Mann, das soll man alles kennen?  Ich wäre überfordert. Aber es gibt ja das Mentoring-Programm des Vereins Morus 14. Dort können Kinder und Jugendliche aus Neukölln das lernen.

Mentoring – das ist ehrenamtliche Hilfe von Erwachsenen für Kinder. Eine gute Sache! Berliner Morgenpost, heute S. 15, berichtet Gutes über den Verein Morus 14. Deine Spende hilft den Kindern aus Neuköllner Familien.

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Sep 202011
 

Das bisschen Umweltschutz, das die regierenden Grünen hier im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg versucht haben, schaffen die anderen Parteien, insbesondere die CDU, doch locker mit links. Insofern braucht man Grün-Rot unter der Bürgermeisterin Renate Künast keine Träne nachzuweinen.

Die SPD hat, wie ich soeben vernehme, plötzlich ein Mandat weniger. Mein ganz persönliches Wahlziel rückt damit näher: Die naturnahen Langgraswiesen längs der A 100, welche der CDU-Ortsverband Kreuzberg-West gefordert hat und welche auch im Landeswahlprogramm der Berliner CDU aufgenommen sind.

Wahl in Berlin : SPD verliert Direktmandat – Berlin – Tagesspiegel

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J’aime l’automne

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Jul 302011
 

02072011795.jpg

Novembre (Flaubert) – Wikisource
J’aime l’automne, cette triste saison va bien aux souvenirs. Quand les arbres n’ont plus de feuilles, quand le ciel conserve encore au crépuscule la teinte rousse qui dore l’herbe fanée, il est doux de regarder s’éteindre tout ce qui naguère encore brûlait en vous.

Ein erstaunliches Schauspiel bietet das Wetter derzeit. Heute unterhielt ich mich des längeren mit der Frau, die am Prinzenbad die Zeitungen verkauft. Allen Badegästen versuche ich Mut einzuflößen: „Wir haben das Schwimmbad fast für uns! Es droht kein Sonnenbrand! Lasst euch nicht beirren, zieht eure Bahnen!“

Einige Erinnerungen an den Ostseeurlaub tauchten aus dem Kreuzberger wallenden Julinebel auf, der wattig und gütig das Prinzenbad bedeckt.

Julinebel – ein schönes Wort!

In der Tat, wenn ich den Dauerregen in der Stadt vergleiche mit den Erfahrungen am Ostseestrand, muss ich sagen: Wir haben es hier viel besser getroffen! Statt in ein klammes Zelt mit viel zu engen Luftmatratzen kehren wir in eine warme trockene Wohnung zurück.  Alle Annehmlichkeiten des modernen städtischen Lebens stehen uns uneingeschränkt zu Gebote.

Julinebel – j’aime l’automne!

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Lasst der Trauer Raum und Zeit!

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Jul 252011
 

Noch vor wenigen Tagen schloss ich auf dem Campingplatz eine locker-flapsige 3-Tages-Bekanntschaft mit zwei Norwegern. Mit den Norwegern geht es mir ähnlich wie mit den Italienern, den Türken, den Arabern, den Japanern, den Muslimen, den Badensern und den Mecklenburgern: Nach wenigen Worten im Gespräch schon entdecken wir erste Gemeinsamkeiten. Hier also: unsere Liebe zum naturnahen Mischwald! „Eure Wälder in Deutschland entwickeln sich prachtvoll – weg von der Monokultur, die bei uns in Norwegen leider noch vorherrscht, hin zum Mischwald! Ihr Deutschen seid uns Norwegern voraus!“

„Ja“, erwiderte ich, „schaut euch doch mal den Rostocker Stadtwald an – vorbildlich: mehr naturwüchsige Buche, Eiche, Birke, weniger Fichte – dahin muss es laufen!“

Ich kramte im Scherz mein „Taler du Norsk?“ hervor, sie lachten und antworteten mir – auf Englisch. O je!

Um so schlimmer trifft mich das verheerende Verbrechen, das das ganze Land, ganz Europa heimgesucht hat!

Die Trauer über so viele vernichtete Menschenleben erfasst mich.

Was mich allerdings in meiner Trauer, meinem Mitgefühl  stört, ist, dass in Deutschland sofort wieder das Verbrechen bis zum Gehtnichtmehr politisiert wird. Man kann keinen Augenblick innehalten! Das hat mich und meine japanischen Freunde  schon bei dem Tsunami-Unglück gestört: es wurde nicht mit den Zehntausenden Opfern gefühlt, die in wenigen Augenblicken durch die verheerende Springflut ihre Angehörigen und ihr Hab und Gut verloren hatten, sondern sofort wurde gefragt: Was will uns Deutschen das japanische Atom-Unglück für die deutsche Innenpolitik mit auf den Weg geben? Die deutsche Atomdebatte stand bei der Berichterstattung in Deutschland von Anfang eindeutig im Vordergrund, nicht das Leiden des japanischen Volkes.

Eine ähnliche Gefahr sehe ich erneut in den deutschen Medien heraufkommen: Statt des Leidens der Opfer und ihrer Angehörigen gewahr zu werden, brechen die Medien sofort ohne jede Pause des Innehaltens eine Rechtspopulismus-Debatte vom Zaun. Fehlt es uns Deutschen so sehr an der Fähigkeit, mit anderen Menschen zu leiden?

Der Attentäter, wie der Attentäter von Oklahoma, Timothy McVeigh, ein eigenbrötlerischer, offenbar an Wahnvorstellungen leidender Einzelgänger, steht bei den deutschen Medien im Fokus. „Was will uns das Ganze für unsere innenpolitische Debatte sagen?“ Siehe beispielsweise Süddeutsche Zeitung, S. 3 heute. Sie widmet ihm gleich eine ganze Seite mit Riesenfoto: „Ihm gefällt die Vorstellung, wie er als Ein-Mann-Armee alle seine Feinde niedermäht.“  Die taz orakelt auf S. 1: „Der Attentäter kam aus der Mitte der Gesellschaft.“

Ich meine: Diese Überlegungen kommen alle zu früh. Jetzt ist es Zeit zu trauern, Zeit zusammenzustehen, sich auf Gemeinsamkeit, auf die Werte des Mitgefühls und der tätigen Hilfe zu besinnen.

Soll man jetzt Schlussfolgerungen ziehen aus der Tatsache, dass der Täter als Scheidungskind ohne Vater aufwuchs, dass er weder Frau noch Kind hat, bei der Oma lebte, dass er sich in rechtsradikalen Foren herumtrieb, dass er sich eine menschenverachtende, rassistische Ideologie zusammengesponnen hatte, dass er einen Bio-Bauernhof betrieb?  Nein. Jetzt nicht.

Die Handlungen und Worte der Norweger, angefangen vom Ministerpräsidenten Stoltenberg bis zu den Menschen auf der Straße, erzeugen in mir Trauer, aber auch größtes Mitgefühl und sogar Bewunderung.

Der Rostocker Mischwald in allen Ehren. Was gesellschaftlichen Zusammenhalt, Empathie und Taktgefühl angeht, seid ihr Norweger uns Deutschen offenbar voraus.

Bild: der Rostocker Stadtwald, mit dem Rad erfahren am 13.07.2011

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Im Brackwasserland

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Jul 222011
 

16072011966.jpg Stets von neuem verblüffte und erstaunte mich die Boddenlandschaft. Nur etwa 7000 Jahre jung ist diese Zone des beständigen Übergangs zwischen Meer und Land, zwischen stummer Naturmacht und tätigem Eingreifen des Menschen. Ein Augenzwinkern angesichts der bis zu 250 Millionen Jahre, die unsere Weltmeere brauchten, ehe sie zur jetzigen – ebenfalls vorläufigen – Gestalt fanden! Als Kinderstube der Evolution preist der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft sein Schatzkästlein an. Auf mich wirkte diese keineswegs nur flache, sondern in sich vielfach gestaffelte, überraschungsreiche Landschaft wie eine Art polymorphes Kraftfeld. Ich beobachtete Storch, Reiher, Kormoran, Natternzunge, Hahnenfuß, Rotbraunes Quellried, Salzmelde, Kriechendes Netzblatt, Bürstenmoose zuhauf!

Hier im Bild ein breiter Streifen herrlich aufgewühlten, flockig hingestreuten Abendlichtes. Wie stets im Norden verzögert sich der Übergang von Abend zu Nacht um eine kleine Unendlichkeit. Zuletzt fragten wir uns, ob es überhaupt je Nacht wurde.

Auch dies ein Zeichen des beständigen Übergangs, des Hin und Her, des dämmrigen Zwischenreiches zwischen Salzwasser und Süßwasser. Brackwasser, Brackland!

Dann wieder hüllte uns schwer peitschender Regen stundenlang ohne Unterbrechung im Zelt ein, gerade nachts. Ja, dann war es Nacht! Und wir sehnten den Tag heran.

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Gemeinsame Aufmerksamkeit

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Jun 232011
 

Gemeinsame Aufmerksamkeit – unter diesem Ausdruck beschreibt Michael Tomasello etwas fundamental Neues, das die Säuglinge im Alter von etwa 9-12 Monaten zu entwickeln beginnen: die Fähigkeit des Menschen, über längere Zeit hinweg mit anderen Menschen ein gemeinsames Objekt des Merkens, des Hinschauens, des Zeigens und Beobachtens zu verfolgen. Durch Gebärden, durch Bewegungen und Zeigehandlungen stellen Babies lange lange vor der Entwicklung von Sprache mehr oder minder dauerhafte Beziehungen zu anderen Menschen her. So kann ein Kind durch Zeigen oder Berühren einer Rassel den Erwachsenen dazu veranlassen, ihm diesen Gegenstand zu reichen. Das Kind „zeigt“ dem Erwachsenen die Rassel. Nur dem Menschen eignet diese Fähigkeit!

Michael Tomasello: Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Zur Evolution der Kognition. Aus dem Englischen von Jürgen Schäfer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006, hier S. 84-94

Ich füge hinzu:

Diese Fähigkeit muss durch Erziehung nach und nach über lange Monate und Jahre gepflegt und ausgebaut werden. Tausenderlei Objekte können den älteren Menschen als Brücken dieser gemeinsamen Aufmerksamkeit dienen: gemeinsames Singen eines Volksliedes ebenso wie das gemeinsame Betrachten der Bewegungen einer lederummantelten Gummiblase (adulte Exemplare der Art Homo sapiens nennen es: „ein Fußballspiel“), das gemeinsame Rechnen ebenso wie das Bergwandern.

Es handelt sich bei all diesen Ereignissen nicht um sprachähnliche oder sprachvermittelte kulturelle Tätigkeiten, wie man im Zuge der Wendung zur Sprache ab etwa 1970 glaubte, sondern um originär auftretende, Gemeinsamkeit stiftende Haltungen oder besser „Verhaltungen“ des Menschen, die ihn bereits vor dem Erwerb von Sprache zu einem sozialen Wesen werden lassen.

Die Aufmerksamkeit dauerhaft gemeinsam auf etwas richten  – dies scheint etwas zu sein, was den Menschen doch recht deutlich von anderen Tierarten abhebt.

Wenn dem Kind in den ersten Jahren zu wenig Gelegenheiten gemeinsamer Aufmerksamkeit geboten werden, verkümmern seine sozialen Fähigkeiten. So erklärt es sich, wenn Berliner Grundschullehrer immer wieder klagen: „Dieses Kind kann sich nicht konzentrieren. Sein Geist gleitet gewissermaßen stets ab. Es kann die Augen nicht auf eine Zeile im Heft richten. Es kann nicht länger als wenige Sekunden zuhören.“

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Jun 202011
 

… so hoch da droben?“ Sehr schöner Artikel  über die Forstakademie Tharandt heute in der Süddeutschen Zeitung auf S. 9! Unbedingt lesenswert! Herrliches Bild „Einsamer Baum“ von Caspar David Friedrich! Online leider nicht abrufbar, Kauf der Druckausgabe lohnt sich aber.

Burkhard Müller greift unter dem Titel „Die Schönheit des Waldbaus“ in seinem Bericht über 200 Jahre „Forstakademie Tharandt“ die zentralen Themen der deutschen Forstwirtschaft auf: Nachhaltigkeit, Biodiversität, Monokultur, Naturschutz, behutsame Walderneuerung.

Joseph von Eichendorff dichtete in genau jenen Jahren eins der ersten Wald-Lobpreis-Gedichte – Hunderte andere von Dutzenden anderen Dichtern werden dann folgen! Felix Mendelssohn Bartholdy, der im tiefsten Geschoß, 500 Meter von meinem Kreuzberger Ansitz, ruht, hat das großartige Nachhaltigkeitsgedicht 1841 in Melodie gesetzt.

Nachrichten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport – sueddeutsche.de

Die Jahre um 1810 sind die Gründerjahre des forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeitsgedankens!  Von Tharandt aus trat das Leitbild der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen seinen Siegeszug an – bis nach Cuba, Vietnam, Litauen, Russland, Polen – ja sogar in den Mittelmeerraum.

Bild: Einsamer Baum im Havelland, aufgenommen im Jahr 2007.

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Jun 142011
 

Spät abends las ich gestern noch den Artikel habicht in Grimms Wörterbuch. Sehr anregend. Der Habicht hat den Menschen immer schon inspiriert. Adler, Habicht und Fischadler durfte das alte Israel nicht essen, sie galten als unrein – in der Übersetzung Luthers sagt Moses:

 und dis solt ir schewen unter den vogeln, das irs nicht esset, den adeler, den habicht, den fischar. 3 Mos. 11, 13

Alte Regeln! Spannend für die Geschlechterdebatte der heutigen Zeit dürfte folgender Umstand sein, den die Gebrüder Grimm berichten:

Der umstand, dasz das habichtsmännchen kleiner ist als das habichtsweibchen, läszt für das erstere eine diminutivform zur anwendung kommen: si haltend in irer grösse gegen andern thieren das widerspil, also, das männle ist das kleiner und wird genennt das häbchle, das weible aber ist vil grösser und sterker dann das männle, das wirt genennt der habich

Der weibliche Habicht wurde also der Habicht genannt, der männliche Habicht wurde das Häbchle (oder Häbchen) bezeichnet! Gender Crossing avant la lettre!

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Mai 312011
 

Kaum jemand weiß es, aber den klimaschützerischen Grünen müsste es wenigstens bekannt sein: Seit 1970 hat sich die durchschnittliche Wohnfläche, die jedem Bundesbürger zur Verfügung steht, verdoppelt. Und Gebäudeheizung verursacht etwa 35-40% der Treibhausgase. Wäre es da nicht eine gute Idee, die Menschen zum freiwilligen Verzicht auf Wohnraum aufzufordern?  Ebenso wie ich sie seit Jahren zum Umsteigen vom Auto auf das Fahrrad und den ÖPNV auffordere?

Nicht der Verkehr, sondern das Wohnen, Heizen und Kochen hinterlässt den größten CO2-Abdruck!

Am klimaschädlichsten sind ja zweifellos die um sich greifenden Einpersonenhaushalte. Die Versingelung der Berliner Gesellschaft schreitet voran, sie liegt jetzt bei 55% aller Haushalte. Selbst der Regierende Bürgermeister fordert, das Land solle neue Ein-Personen-Wohnungen für Studenten bauen und anbieten. Nun, früher wohnte man „zur Untermiete“. Ich selbst fing mein Studentendasein an der FU als Untermieter einer Witwe an, die ihre Zehlendorfer 4-Zimmer-Wohnung auch durch das Vermieten zweier Zimmer an Studenten finanzierte.

Der Klimaeffekt  der Untermieter ist minimal, weil die Grundheizung der Wohnung sowieso erfolgt.

Später merkte ich, dass ich für weniger Geld im Subventionsparadies West-Berlin eine 1-Zimmer-Wohnung mieten und bewohnen konnte. So zog ich in die Hornstraße in Kreuzberg – nur einen Steinwurf von meinem jetzigen Wohnort entfernt. Ich zahlte 56 DM kalt und schippte Kohlen in den Kachelofen. Die Außentoilette im Treppenhaus und das Fehlen einer Dusche störten mich nicht.

Meine Klimabilanz verschlechterte sich allerdings, denn nun trug ich über den Kachelofen zur Feinstaubbelastung der Luft und zur Freisetzung schädlichen Kohlendioxids viel mehr bei als vorher. Das dank der eigenen Mietwohnung eingesparte Geld kratzte ich zusammen und leistete mir einen 10 Jahre alten Ford Escort, den ich für 1000 DM bei einem Autohändler am Südstern kaufte. Eine Stelle als studentische Hilfskraft an der FU ermöglichte mir einen Lebensstil, von dem ich früher nur hätte träumen können – auch dank der Berlin-Zulage.

Ich war reich, denn ich hatte eine eigene Mietwohnung, ein Auto und jede Menge Spaß! Ich hatte damals mehr Geld in der Tasche als heute ein türkischer Arbeiter mit seinem gesetzlichen Mindestlohn!

Und heute? In manchen Bezirken der Stadt Berlin stehen riesige Flächen innerhalb der Wohnungen und Häuser leer, es gibt enorm viel ungenutzten Platz in den Wohnungen, den die Menschen teilen könnten. Das Geschrei über Mietsteigerungen und „Vertreibungen“ ist groß und grotesk, dabei stehen in Berlin sehr viele Zimmer leer. In den Plattenbausiedlungen etwa in Marzahn kümmern oftmals 30% aller Wohnungen leer vor sich hin! Ich finde: Da sollten die Leute rein, ehe weitere kostbare grüne Flächen durch 1-Zimmer-Appartments verbaut und verbraucht werden.

Dem Klimaschutz tut’s gut. Holt euch den Wohnraum zurück, Berlinerinnen und Berliner!

Bild: Sumpfe und Moore sind natürliche CO2-Senken! Hier ein Bild von einer Radttour aus dem Fläming.

Klimaschutz – Wowereit warnt vor zu starker Belastung von Mietern – Berlin Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin

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Auf verwachsenen Pfaden: der Satz des Anaximander

 Anaximander, Griechisches, Klimawandel, Natur, Ökologie, Ostern, Philosophie, Störfaktor Mensch  Kommentare deaktiviert für Auf verwachsenen Pfaden: der Satz des Anaximander
Apr 282011
 

„Durch den Tod zahlen die Menschen die Schuld, die sie durch Ressourcenverbrauch eingegangen sind, an die Natur zurück. Und der naturnahe Wald ist die CO2-Senke, die Grabsenke, das Zu-Grunde-Gehen des Störfaktors Mensch!“

So deuteten wir vor wenigen Tagen die Philosophie, die hinter dem RuheForst Nauen steht. Schon beim Schreiben fiel mir auf, wie nahe diese Formulierung dem ältesten Fragment der europäischen Philosophie steht – Zufall? Nein, ich glaube dies nicht. Die Fahrten in den Wald führten über Ostern ins Uralt-Halbvergessene, auf Holzwege – und Holz lautet ein alter Name für Wald. Diese Wege enden im Unbegangenen, das eben weil es unbegangen scheint, so plötzlich ins Unverborgene tritt. Der älteste erhaltene Satz der europäischen Philosophie lautet:

ἐξ ὧν δὲ ἡ γένεσίς ἐστι τοῖς οὖσι, καὶ τὴν φθορὰν εἰς ταῦτα γίνεσθαι κατὰ τὸ χρεών· διδόναι γὰρ αὐτὰ δίκην καὶ τίσιν ἀλλήλοις τῆς ἀδικίας κατὰ τὴν τοῦ χρόνου τάξιν

Wir übersetzen:

Woher den Seienden  ihre Entstehung ist, in dieses hinein entsteht auch das Verderben. Denn sie geben einander Strafe und Ablösung des Unrechts gemäß der Aufreihung der Zeit.

Modernes ökologisches Bewusstsein sieht  die Menschen, die „Seienden“ im herausgehobenen Sinne, als unrechtbegehende Ressourcenverbraucher, die einander die Schuldigkeit ablösen müssen gemäß der Ordnung der Zeitverläufe. Es gibt also keine Erlösung für den Menschen von außen her oder durch eigene Bemühung, sondern nur das Zugrundegehen in den Ursprung. Zyklisches Bewusstsein!

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Feb 202011
 

20022011365.jpg Heute staunte ich mehrfach in Waldsieversdorf! Dieses 1000-Seelen-Dorf kann viele berühmte Söhne sein eigen nennen: John Heartfield, dieser unerschrockene Vorkämpfer gegen den Faschismus, der vieles von dem kommenden Grauen vorausahnte, der die Collage als erster in die politische Plakatkunst einführte – er stammt aus diesem Flecken in der Märkischen Schweiz! Heute wandelten wir auf seinen Pfaden – auf dem John-Heartfield-Weg am Ufer des zugefrorenen großen Däbersees.

Der Wirt unseres Quartiers legte aber noch nach: „Aus unserem Dorf stammt auch der Mann mit dem schwarzen Koffer, den wir im Osten alle kannten.“ „Alexander Schalck-Golodkowski – stammt wirklich aus dieser Idylle?“, frug ich zurück. Ich war bass erstaunt. „Sie sind offenbar ein Ostdeutscher, aber wenn Westdeutsche kommen, sagt ihnen der Spitzname nichts“, klärte mich der Wirt auf. „Ja ja, der Schalck-Golodkowski …“ sinnierte ich.

„Und auch Lord Dahrendorf stammt aus unserem Dorf … er ging hier zur Schule“, legte der Wirt noch einmal nach. Potz! Der liberale Vordenker, Soziologe in London, hochverdientes  Mitglied der FDP… Ich jubelte fast in Freude über diesen Ort. Dann besann mich auf einen Gegenzug: „Ich stamme aus der Vaterstadt des Dichters, der oft schützend seine Hand über Heartfield hielt und ihn vor dem kleingeistigen Kritteln der SED in Schutz nahm!“ Und dieser Dichter hatte sein Domizil im nahegelegenen Buckow.

20022011372.jpg

Staunen erregten in mir auch die umfassenden Deichbau-Vorbereitungsarbeiten der Biber. Allerdings empfinden die Menschen die Tatkraft der Biber schon als fast überhandnehmend. Hier werden ganze See-Arme abgezweigt, geflutet, Biber-Neubaugebiete werden durch die Biber ohne Rücksprache mit der Behörde ausgewiesen, Bäume werden ohne Genehmigung zum Umfallen vorbereitet. Große Kunst – aber alles ohne Genehmigung! Undeutsch.

Toller, klirrend kalter  Tag in dem Dorf. Die Menschen begegneten uns sehr offen, erzählten gern und freigebig von ihrer Heimat.

 Posted by at 23:32