Halleluja! Richard Wagner ist ja doch kein Antisemit הללויה

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Mrz 112013
 

2013-03-06 07.51.40

Zu den beeindruckendsten Erfahrungen meiner Jugendzeit – zugleich Ausweis meiner Geduld  und Leidensfähigkeit – gehörte das mehrmalige Anhören von Richard Wagners Tannhäuser und seines Parsifal im Stadttheater der Vaterstadt Bert Brechts. Mir unvergesslich, da ich weit und breit keinen Gefährten hatte, der dazu bereit gewesen wäre! Auch in Berlin hörte ich vor wenigen Jahren eine der letzten Aufführungen unter dem Dirigat Daniel Barenboims.

In letzter Zeit habe ich mir angewöhnt, Wagner nur noch lesend, summend  und klimpernd aus den Klavierauszügen heraus zu erleben – ich spare dadurch viel Zeit und auch Geld für die teuren Operntickets. Gestern wiederum begnügte ich mich mit dem Anhören einiger Szenen von der CD sowie dem Lesen des Textbuches des Wagnerschen Tannhäuser.

Wir erinnern uns an das, was nachher, nach dem Tannhäuser, geschah: Planmäßig hatte Wagner den Ring des Nibelungen, diesen Versuch, eine Art germanische Ersatzmythologie zu schaffen, ins Scheitern hinein geführt. Der Versuch der germanischen Götter, mithilfe des SCHWERTES und des GELDES eine Art deutschsprachiges Weltenreich zu schaffen, war im Weltenbrand, in der Weltenlohe, im restlosen Untergang aller Beteiligten geendet.

Jeder Wagner-Anhänger kannte und kennt diese Botschaft: der mörderische Kult der nackten Gewalt, der Kult des gemeinsamen Blutes, der raffgierige Kult des schnöden Goldes führt in die Selbstzerstörung. Diese Botschaft ist so eindeutig wie nur irgendetwas in Richard Wagners gesamtem Schaffen enthalten, dass man schon mit Blindheit geschlagen sein muss, sie zu übersehen und zu überhören: „ZURÜCK vom RING!“ Das letzte Wort im Ring des Nibelungen! Schon aus diesem Grunde müssen wir Deutsche unbedingt das Schaffen Richard Wagners pflegen und hegen. Zurück zum Ring!

Eine sehr sinnvolle antirassistische Antifa-Aktivität im Anti-Gewalt-Training wäre es, Richard Wagners Opern im Unterricht der allgemeinbildenden weiterführenden Schulen wieder einzuführen – nachdem Pippi Ephraimstochter Langstrumpfs Taka-Tuka-Botschaft weitgehend entmachtet worden ist.

Ich meine: Sowohl Pippi Ephraimstochter Langstrumpfs Taka-Tuka-Negerkönig als auch Richard Wagners Ring des Nibelungen und sein Tannhäuser sowie sein Parsifal müssen einen festen Platz im antirassistischen Training jugendlicher Gewalttäter  erhalten – ist ja eh billiger als mit viel Steuerzahlergold einen Segeltörn durch die Ost-, Nord- oder Südsee zu machen.

Zurück zum Ring – Zurück vom Ring! Wie geht es weiter? Nun, Wagner kriecht gegen Ende seines Lebens gewissermaßen auf Knien zurück zur  jüdisch-christlich-muslimischen Mitleidsethik, die ihn schon zu Beginn seines Schaffens – im Lohengrin etwa – leitete. Was ist das allerletzte Wort Richard Wagners in dieser seiner letzten Oper, mit der er sich von der Gemeinde der Getreuen verabschiedete? „Erlösung dem Erlöser!“

„Halleluja!“הללויה

Ein hebräischer oder „semitischer“ Jubelruf „Lobet Gott!“ – „Erlösung dem Erlöser!“ ist das letzte Wort, mit dem der Komponist, dessen Werke heute in Israel nur mit größter Mühe zur Aufführung gerechtfertigt werden können, sich von dieser Welt verabschiedet hat. Er unterlegt diesen Ruf mit einer derart hinreißenden, derart gewaltigen Musik, dass man ihr nicht widerstehen kann – und auch nicht widerstehen sollte.

Dies ist die für jeden Mann und jede Frau nachvollziehbare Aussöhnung des scheinbaren Antisemiten, des scheinbar so urdeutschen Dichterkomponisten Richard Wagner aus dem Geiste der Musik im hebräischen WORT.

Nicht das SCHWERT, nicht das GELD, sondern das frei erklingende Wort, das gesungene zusammenführende WORT bringt Frieden und Aussöhnung nach Europa und Israel.

Für ganz wenige Euros gibt’s die Textbücher des großen deutschen Dichters Richard Wagner im Buchhandel und kostenlos im Internet!

Bild:
Wähntest du etwa, dies könnte der Wurzelstrunk
der germanischen Weltenesche sein,
doch ist’s nur der Strunk der mächtigen Kreuzberger Linde,
die halb entwurzelt kürzlich auf unsere Kreuzung krachte!

 

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Sich vom Kind führen lassen! Preisträgerkonzert Jugend musiziert Berlin-Mitte

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Jan 272013
 

Und so betrat sie die Bühne, die fünfjährige Anna-Tessa, setzte sich, griff sich ihr Cello, holte sich den Raum, holte sich die Aufmerksamkeit des Begleiters und setzte den Bogen zu Stücken von Bohuslav Martinů und Alexander Gretchaninov an. Und ein kleines Wunder geschah, ein Wunder wie immer dann, wenn der kleine, unscheinbare Mensch uns zeigt, was wir in uns entdecken können, wenn wir dem Kleinen im Menschen Raum geben. Anna-Tessa spielte vollkommen selbstbewusst, textsicher, genoß den Auftritt, holte sich die Ritardandi, die sie brauchte … der erwachsene Pianist folgte ihr. So, ungefähr so, muss damals das kleine Nannerl Mozart aufgetreten sein.

Besonders wird mir auch der Auftritt von Mert Caner, der wohl etwa 13 Jahre alt sein mag, mit seiner Bağlama im Gedächtnis bleiben. Er strahlte mit seinem Gesang, einem bekannten Lied des alevitischen Dichters Pir Sultan Abdal: „Dostum Dostum – Oh mein Freund mein Freund!“ Ein stolzer wehmütiger Klagegesang auf einen fernen, abwesenden, herbeigesehnten Gefährten! Auch hier erfuhren wir, dass gutes, gesellschaftsbildendes Musizieren und Singen darin besteht, sich und anderen die Zeit zu geben und zu nehmen, sich und anderen einen gemeinsamen Raum des Hörens zu schaffen.

Mein Sohn Ivan durfte stolz seinen 2. Preis im Fach Violine abholen, etwa 70 andere Preisträger waren wohl ebenso glücklich und stolz.

Ich finde dies so großartig, dass wenigstens ein Junge und ein Mädchen, Elisabeth, die in der Fachrichtung Gesang (Pop) antrat, noch die lange, jahrhundertelange Tradition des sich selbst begleitenden Sängers fortführen. Seit dem 6. Jahrhundert vor Christus, von den Zeiten eines Archilochos von Paros oder einer Sappho von Lesbos  bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts dauerte diese ununterbrochene Tradition, heute ist sie leider durch iPod und Karaoke, durch die jederzeitige Verfügbarkeit der kommerziell verwerteten und durch technische Reproduktion abgetöteten Mußik (Mußik=Musik, die man hören muß) fast schon ausgerottet.

Ich saß zufällig neben Eltern, die mir berichteten, ihr Sohn könne seinen Preis nicht abholen, da er mit seiner Schulklasse auf eine Skiwoche haben gehen müssen. „Er hat sich mit Händen und Füßen gegen die Skifahrt gewehrt, aber es half nichts. Das alpine Skifahren gilt heute an den Berliner Schulen offenbar als eine allgemeine Kulturtechnik, der die Kinder sich eben unterwerfen müssen. Gegen Rechtschreibung und Lesenlernen kann man sich auch nicht wehren. Wir haben über 600 Euro allein für die Ski-Ausrüstung und die obligatorische Skiwoche ausgeben müssen. Ein Ersatz des alpinen Skifahrens durch Winterwandern, Ski-Langlauf  oder Rodeln ist von der Schule nicht gestattet worden.“

Was die jungen Geiger und die Pianisten und die Bağlama-Spieler angeht, so war ich hocherfreut, sowohl über die Zahlen der Teilnehmer wie auch über die Vorträge und das Leistungsniveau. Weiterhin erlernen in Berlin sehr viele Kinder ein Instrument.

Anders sieht es bei dem ausgeschriebenen Fach „Vokalensemble“ aus. Es gab in allen Altersgruppen zusammen nur 4 teilnehmende Ensembles,  wie aus dem Programmheft hervorgeht und wie die Organisatoren auch bekanntgaben.  Das ist in meinen Ohren niederschmetternd, denn ich habe es in meiner Kindheit in Bayern noch erlebt, dass Kinder und Erwachsene jedes Bildungsgrades zu mehreren zusammensaßen und dann mehrstimmige Gstanzln oder Schnaderhüpfel oder Juchaza probten, sangen und aufführten. Dass jetzt gar nicht mehr im kleineren Kreis gesungen wird, ist in meinen Ohren ein schwerer Verlust für die „Erziehung zur Freiheit“, von der wir so gern reden.

Eine Gesellschaft, die zwar viel für den schwäbischen Juchtenkäfer tut, aber beispielsweise für den Juchaza des bairisch-schwäbischen Volksliedes nichts mehr übrig hat, lässt ihre eigenen Wurzeln verkümmern – sehr zu ihrem eigenen Schaden!

Großes Lob für die Kinder, die uns alle erfreuten – Dank an die bienenfleißigen Organisatoren, für die stellvertretend hier Geschäftsführerin Bettina Semrau genannt sei, an die sehr sachkundigen Juroren, die nach unseren Eindrücken als Eltern und Musiker ohne jeden Fehl und Tadel urteilten!

Meine Bitte für die Zukunft an alle Schulen, Kitas, Eltern und Lehrer und Bildungspolitiker:

Lasst das SINGEN nicht sterben. Das Singen ist viel wichtiger, viel grundlegender als das alpine Skifahren! Die Menschheit hat Jahrtausende ohne Ski alpin gelebt. Aber nahezu alle Völker der Erde haben den Gesang ausgebildet, ohne Singen droht die Kultur der Sprache abzusterben.

Ich würde dringend wünschen, neben Jugend musiziert einen ähnlich aufgebauten Wettbewerb Jugend singt einzurichten. Sowohl der begleitete und unbegleitete Liedgesang als auch der hochentwickelte Ensemblegesang der Deutschen und anderer Völker droht unrettbar verlorenzugehen. Mit ihm schwindet ein wichtiger Kitt der Gesellschaft!

Wie sang doch vor 500 Jahren Pir Sultan Abdal?

Dostum dostum, Gesang du mein geliebter Freund,
warum hast du uns verlassen, wer hat dich vertrieben?
Ich höre dich nur noch von fern im Abendhauch
wenn die Nachtigall ihr letztes Lied erklingen lässt
Die starren Geräte der Jäger haben dich verjagt
Dostum dostum, kehr wieder. Dostum dostum!

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Was nahe dem Ursprung wohnet

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Dez 162012
 

Der arme Kreuzberger Blogger lädt Euch alle ein zu folgendem Konzert: Heilige Nacht. Arien und Lieder von Bach, Brahms u.a. Mit Irina Potapenko, Mezzosopran, Lala Isakova, Klavier, Johannes Hampel, Violine. Freitag 21. Dezember 2012, 20 Uhr, Schwartzsche Villa, Grunewaldstraße 55, 12165 Berlin. Eintritt 10.- € (ermäßigt 8.- €).

Das besinnliche Denkbild zeigt ein kunstvoll durch den Zufall erzeugtes Rätsel: ein Weihnachtsbaum auf dem Fahrrad des Bloggers, abgestellt an der Wilhelmstraße vor dem Seniorenzentrum St. Johannes in Kreuzberg, im Hintergrund: der Radstreifen auf der Wilhelmstraße. Dahinter: die HÖLDERLIN-Apotheke.

Hölderlin sagt folgenden heilenden Spruch:

Nicht leicht verläßt
was nahe dem Ursprung wohnet
den Ort

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„Rivoglio l’Italia di una volta“, oder: 馬斯康尼: 鄉村騎士-間奏曲 林克昌指揮長榮交響樂團

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Dez 092011
 

„Ich möchte das Italien von früher zurückhaben – rivoglio l’Italia di una volta“, schrieb ein italienischer Hörer zur Youtube-Aufnahme des Intermezzo aus der Cavalleria rusticana mit Riccardo Muti.

Den meisten mag dieses Gefühl bekannt sein: „Ich möchte das Livorno/Bari/Augsburg/Kreuzberg/Shanghai/Lima von damals zurückhaben.“

Die Schönheit der damals gehörten Musik bewahrt die Erinnerung an des Damals auf.

Dennoch kann diese Sehnsucht nach der Welt von gestern trügen. Nicht in dem Heimweh nach der Vergangenheit, sondern im Wiederbeleben des Schönen, in der kultisch erlebten Wiederholung des Glücks gelingt es, das Damals mit dem Jetzt auszusöhnen. Diese unfassbare starke Kraft der Versöhnung durch das Schöne erhellt auch daraus, dass Musik wie etwa Piero Mascagnis Intermezzo weit weit hinaus in die Welt getragen wird – und überall die Menschen zu ähnlichen Stimmungen bewegt:

Das zeigt auch folgende Einspielung desselben Stücks:

馬斯康尼: 鄉村騎士-間奏曲
林克昌指揮長榮交響樂團

林克昌 (Lim Kek-tjiang) dirigiert so gut, die Musikerinnen spielen so ergreifend, dass ein 95,25 kg schwerer englischer Brummifahrer bekennt:

 Im here because this bring me to tears and im a 36 year old 15 stone truck driver …

Eine ganz ähnliche Erfahrung mache ich jedes Mal, wenn ich den Einleitungschor zu Bachs Weihnachtsoratorium höre oder gar selber mitspiele. Erst vor wenigen Tagen, an einem Samstag, wohnte ich zufällig einer öffentlichen Probe dieses überwältigenden „Jauchzet, frohlocket“ bei. Es spielten Schüler, es sang der Elternchor des Evangelischen Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin. Die Pauken fehlten bei der Probe noch, also wurden sie von der Pianistin hilfsweise (also subsidiär) nachgeahmt.

And you know what: This brought me to tears and I’m a 15 stone rough, hardboiled, poor blogger from the bare, bleak and desolate townscape of Kreuzberg.

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Nov 202011
 

Großer, bewegender Abend am Freitag mit den Sängerinnen Angelina Billington, Irina Potapenko, der Pianistin Lala Isakowa und dem Geiger J.H. Beim Moderieren fällt mir auf, dass wir als gute Europäer mit den Liedern die gesamte Landschaft Europas ausspazieren: Lateinisch, Englisch, Italienisch, Deutsch, Russisch – damit haben wir von West nach Ost alles durchmessen.

Ein Glas vortrefflicher Syrah, kredenzt von Carsten und Kati, mundet vortrefflich!

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Requiem aeternam dona eis!

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Nov 132010
 

Diese Verse aus dem katholischen Gottesdienst für die Toten strichen mir durch den Sinn, als ich heute von einer recht bewegten Versammung nachhause wanderte – im strömenden Regen.

In der Tat: Meine italienische Seele freut sich auf die morgige Totenmesse nach Verdi. Ich werde selbst in der ersten Violine mitspielen. Auenkirche Wilmersdorf, 18 Uhr.

Mit einem Musiker sprach ich darüber, ob Verdi dies ernst gemeint haben könne, was er da schrieb. Ich meine: wer so fragt, hat wohl nie einer süditalienischen Leichenfeier beigewohnt. Die innige Verquickung von herzzerreißendem Pathos, Lamento und Gelächter hat eine unglaublich befreiende Wirkung.

So als wäre alles nicht ganz so schlimm mit dem Sterben.

Musik in Kirchen – Guiseppe Verdi: Messa da Requiem – Auenkirche Wilmersdorf am 14. November 2010 um 18:00 Uhr

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Bäume der Nachhaltigkeit pflanzen!

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Jun 242010
 

Wir Deutschen lieben den Wald und die Bäume – mehr als viele andere Völker. Noch der heutige Kult um Naturschutz, Umweltschutz, der rasante Erfolg der grünen Partei, die Idee der Umwelt-Detektive usw. ist kaum vorstellbar ohne die ganze Vorgeschichte von Eichendorff, von Waldesrauschen, Jägerlust und Auenseligkeit.

Ich selbst teile diese ganze romantische Natursehnsucht, die Vorstellung, dass die Natur, die Umwelt etwas Schützenswertes, etwa nahezu Verehrungswürdiges ist. Letztlich freilich soll der Mensch die Natur sich dienstbar machen. Er soll die Natur pflegen und hegen, soll sich ihrer freuen. Aber er soll sie nicht anbeten. Die Vorstellung, dass Nachhaltigkeit eine Beibehaltung des Status quo bedeute, ist irrig. Den starren Status quo gibt es in der Natur nicht.

Es geht darum, sich so achtsam und schonend zur Natur zu verhalten, dass sie auch in 50 oder 100 Jahren den Menschen noch Freude bereiten und ihnen als Lebensgrundlage dienen kann.

Unser Bild zeigt einen vor einem Jahr gepflanzten Baum in der Fanny-Hensel-Grundschule, der den „Umwelt-Detektiven“ gewidmet ist.

Der Sommer ist endlich da! Um dies zu feiern, laden wir die Fanny-Hensel-Grundschule zu einem Konzert ein. Lieder von Robert Schumann stehen im Mittelpunkt. Der Eintritt ist frei.

Wann? Am Mittwoch, dem 30.06.2010, um 10.00 Uhr vormittags

Wo? In der St.-Lukas-Kirche, Bernburger Straße 3-5, 10963 Berlin-Kreuzberg

Wer singt und spielt?
Irina Potapenko, Sängerin
Mark Lewin, Ivan Hampel, Johannes Hampel, Geige
Lala Isakowa, Klavier

Lest doch die nachfolgenden deutschen Naturgedichte – sie werden im Konzert am kommenden Mittwoch erschallen und erklingen!

Joseph von Eichendorff: Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

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Märkisches Viertel, musikalisch belebt

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Feb 282010
 

Gestern besuchten wir das Preisträgerkonzert von Jugend musiziert, Region Nord. Mit S-Bahn und Bus gelangten wir zum Fontanehaus Reinickendorf im bekannten Märkischen Viertel.

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Wuchtige Betonbauten und die kraftvoll  geschwungene Eisenskulptur prägen das Bild. Nachdem das Eis weggeschmolzen ist, bleiben Splitt und Staub liegen. Fauchende Winde treiben immer wieder kleine Fähnchen hoch.

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Im Konzertsaal des Fontanehauses ist reichlich Platz. 10.000 Menschen wohnen im Märkischen Viertel, der Eintritt in das Kulturzentrum ist frei, das Konzert steht allen offen. 50 Menschen haben sich versammelt: Die Künstler selbst, deren Eltern, Lehrer, Geschwister und Freunde.

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Ich lausche mit Freude, gespannt und zunehmend begeistert. Besonders beeindruckt mich der 6 Jahre alte Leo Nasseh Kateb: Er spielt das Violinkonzert A-dur von Anatoli Sergejewitsch Komarowski sicher, mit jener traumwandlerischen Freiheit von Lampenfieber, wie sie nur Kinder haben können. Mein Sohn springt hoch und überreicht ein Sträußchen mit Rosen.

Gegen Schluss reißen mich Marijn Seiffert (Altersgruppe IV) und Mengyin Wang (AG V) mit. Sie bieten Bartóks Rumänische Volkstänze für Violine und Klavier genießerisch, unbeeilt, mit Witz und Grazie. Mir fällt mein eigenes Jugend-musiziert-Erlebnis ein. Ich war damals ebenfalls Altersgruppe IV (15 Jahre), und auch ich durfte im Preisträgerkonzert auftreten – damals mit 2 Sätzen aus Bachs d-moll-Partita.

Nachher spreche ich als dreister Paparazzo die Künstlerinnen an und wir plaudern über Schule, Geige und das Leben.

Was mir gefällt: Alle diese Kinder und Jugendlichen machen etwas aus ihren Leben. Sie „haben etwas vor“  – etwas, das sie zusammenführt, etwas, das sie verbindet. Etwas, dem sie dienen, über hunderte von Stunden jedes Jahr. Dieser Dienst verändert, bildet. Dieser Dienst macht frei.

Jedes Kind, jeder Jugendliche – das möchte ich und wünsche ich mir – soll so eine Erfahrung machen können: im Sport, in der Musik, im Theater, in der Gemeinwesenarbeit, beim Gärtnern, beim Eishacken. „Irgend etwas kann jeder.“ Auch die arabischen Jungs aus Neukölln. Ich bin sicher: Wenn man sie anspricht, anleitet und führt, meinetwegen mit harter Hand, werden sie es schaffen.

Mit meinem Sohn unternehme ich dann eine „Bergwanderung“ auf den Schlittenhügel im Natur- und Freizeitpark Lübars. Eintritt frei. 10.000 Menschen leben im Märkischen Viertel, aber auch hier sind wir nahezu unter uns. Was machen die 10.000 Menschen im Märkischen Viertel jeden Tag?

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Der Himmel irrlichtert grün, irisierend, ehe dunkle Nacht einfällt.

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„Wann machen wir die nächste Probe?“

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Sep 032009
 

Manches hat sich geändert im neuen Schuljahr. Klassen wurden aufgelöst und neu zusammengelegt. Das erste Jahr mit dem Experiment „Jahrgangsübergreifendes Lernen“ läuft jetzt auch in der Fanny-Hensel-Grundschule an. „Wir sind jetzt drei Klassen in einer!“, berichtet stolz mein Sohn. Und er erzählt: „Wir sitzen jetzt alle sortiert.“ Uralte Schwarzweiß-Fotos fallen mir ein: Auf Holzbänken sitzend – die Kinder eines ganzen Dorfes nach Jahrgängen „sortiert“.

Trotz der verblassten Nostalgie-Fotos bleibe ich bei meinem Optimismus: In jeder Situation gilt es das Beste zu bewirken, egal ob man früher eher „dafür“ oder „dagegen“ war. Und ich bin sicher, dass die Lehrerinnen und die Schüler im Bunde mit uns Eltern auch in diesem Schuljahr wieder sehr viel Gutes schaffen werden. Ich setze mein Vertrauen ganz auf diese Menschen. Sehr viel weniger auf „die Schulpolitik“.

Heute lernte ich den neuen Religionslehrer kennen, der gerade die Schülerschar nach oben ins „Religionszimmer“ bringt. Da kommt ein 7-jähriges Mädchen auf mich zugestürzt: „Du, wann machen wir die nächste Probe? Bitte bitte!“ Kaum zu glauben: Die Proben für die Zauberflöte liegen doch jetzt schon viele Monate zurück. Aber immer noch sprechen mich die Mädchen und Buben darauf an, wollen wissen, wieviel so eine Geige kostet, wollen wissen, wie ich heiße, reichen mir die Hand, um Freundschaft zu schließen. Und dabei habe ich mich eigentlich nur an das Projekt meiner Frau Ira drangehängt.

Auffallend: Nicht die Aufführung des Mozartschen Singspiels bleibt offenbar als besonders glücksbringend im Gedächtnis, sondern die Arbeit vor der Aufführung, also die anstrengenden Proben.

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Jun 072009
 

Gleich am Morgen ging ich zu den Europawahlen in die Nikolaus-Lenau-Grundschule. Ich wurde von den Wahlhelfern freundlichst begrüßt – war ich doch um 9.20 Uhr schon der zwölfte Wähler, der seine Stimme abgab! Den langen Zettel las ich gründlich durch und setzte mein Kreuz bei der Liste eines Mannes, den ich kenne und schätze.

Ich rief aus: „Ich tippe auf 42% Wahlbeteiligung und leiste hiermit meinen Beitrag!“ Gelächter: „Sie sind zu optimistisch!“ – Das habe ich ja auch in diesem Blog geraten. Und so ist es auch gekommen. Der Wahlausgang bedeutet ein klares Votum für mehr Freiheit, für weniger Staatsgläubigkeit. Die niedrige Wahlbeteiligung und ebenso das Erstarken der Rechten in den anderen Ländern finde ich allerdings bedenklich.

Beim Umweltfestival der Grünen Liga, dem Netzwerk ökologischer Bewegungen, erzähle ich das Märchen vom Rabenkönig zweimal. Erst auf der großen Bühne vor dem Brandenburger Tor, dann auf der kleinen Bühne vor dem russischen Panzer. Nur mit einer Stimme und einer Geige vor die Menschen zu treten, das ist schon mehr, als sich in einem Ensemble einzureihen. Ich lasse mich tragen und die Worte strömen sozusagen aus mir heraus. Der Sohn, der sich aufmacht, um seine beiden Brüder und den Ochsen zu befreien, besteht alle Prüfungen: Er kann teilen, denn er gibt sein letztes Brot an ein Tier. Er hört zu, er ist mutig – und er geht sparsam mit den Schätzen der Erde um!

Das Tolle war: ich hatte keinen Text auswendig gelernt, sondern merkte auf die Reaktionen der Zuhörer – was kommt an? Wie alt sind sie? Wie gehen sie mit? Also waren die zwei Fassungen des Märchens heute recht unterschiedlich.

Die große ADFC-Sternfahrt endete hier am Brandenburger Tor. Durchnässt, aber zufrieden trudeln Tausende und Abertausende von Radlern ein. Ich spreche mit einigen ADFC-Freunden, darunter auch der ADFC-Landesvorsitzenden Sarah Stark.  – Es war ein erfolgreicher Tag, etwa 100.000 Teilnehmer folgten dem Lockruf der freien Straßen.

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Anschwellende Glockentöne

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Mai 012009
 

30042009002.jpg Laue, herrliche Frühlingsabende bezaubern Berlin!

Gestern besuchten wir das Konzert des Russisch-belarussichen Jugend-Symphonieorchesters in der Heilig-Kreuz-Kirche. Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren spielen auf. Sie beginnen mit Mozarts Ouvertüre zur Hochzeit des Figaro. Hohes technisches Können, Hingabe, Ernst. Die Kirche ist gut gefüllt, es herrscht jene gesammelte Erwartung, wie sie sich nur dann einstellt, wenn Besucher und Musiker sich schon vorher verbunden fühlen.

In den Polowetzer Tänzen von Borodin werden Geschichten erzählt, vor meinem Auge ziehen Bilder auf. Überhaupt zeichnet das Spiele der jungen Musiker aus, dass sie eine Geschichte haben, es wird nicht nur ein Text heruntergespielt, nein, man spürt, wie sie etwas von sich zeigen, wie sie mitgehen. Wie mag das Leben der jungen Leute aussehen? Wahrscheinlich konzentrieren sie sich auf die Musik, sie haben Ziele. Wenn ich dagegen deutsche Jugendorchester oder Orchester von Musikhochschulen höre, drängt sich mir oft der Gedanke auf: Fein – aber die Musiker spielen so, als hätten sie noch was anderes vor. Nicht so gestern abend! Die jungen Russen und Weißrussen spielten mit Leidenschaft, mit Notwendigkeit spann sich ein Ton an den nächsten. Besonders stark bei Pjotr Tschaikowskijs „Festlicher Ouvertüre 1812“: Hier wird die Auseinadersetzung zwischen Russland und Frankreich geschildert. Kanondonner und Märsche ertönen, man hört die Marseillaise. Doch gegen Ende setzt sich sieghaft Russland durch, wir hören die Melodie von „Gott schütze den Zaren“.

Hier spielte das Orchester so, dass eindeutig erkennbar wurde: Mit dieser Musik meldet sich Russland als geistige Macht auf der europäischen Bühne zurück. „Wir sind wieder da – wir sind stärker als der Westen.“ Ich hörte dies heraus aus der musikalischen Interpretation. Es war wie ein Sog. In den letzten Takten erklingen hartnäckig, ohrenbetäubend anschwellend die Glocken einer orthodoxen Kirche. Sie schlagen dir etwas ins Gehör hinein. Eine überwältigende Erfahrung der inneren Gewißheit, der wir im Westen nichts entgegenzusetzen haben.

Mich bewegten Gedanken, weshalb unsere westliche Jugend im Gegensatz zu diesen Russen und Weißrussen oft so planlos, so unbeschäftigt, so satt auf mich wirkt. Wahrscheinlich haben sie zu viele Dinge, zu viel Zeit. Sie habe zu wenige Widrigkeiten zu überwinden. Deshalb bleiben viele Talente ungenutzt. Die Musik Tschaikowskijs oder Schtschedrins vermittelt schockartig ein Gefühl für die Kostbarkeit der Zeit: Denn all diese Momente, sie kommen nicht zurück. Auch jetzt, während du dies liest, erlebst du einen Augenblick, der nicht wiederkehren wird.

 Posted by at 22:48
Apr 032009
 

  „Here, towards the end, the three players suddenly turn against the cellist. They condemn him, chasing him as a scapegoat. Haven’t you seen and heard that? Here, music is transformed into an archaic ritual. It is no longer a set-piece convention. It is utterly exciting, it goes right into your bone-marrow.“ Solcherlei Reden schwang ich am vergangenen Montag, als mich einige Mithörer ratlos befragten. Wir hörten ein weiteres Konzert des Artemis Quartetts. Rechts neben mir saß ein Österreicher, der drei Freunde aus Mauritius in den Kammermusiksaal der Philharmonie eingeladen hatte. Neben mir saß – eine Russin wie so oft.

„Na, mit dem Quartettsatz c-moll D 703 und dem Streichqartett a-moll Rosamunde sind Sie doch gut bedient und wie zuhause obendrein als Österreicher“, schmeichelte ich mich ein. „Freilich“, erwiderte mein netter Nachbar, „aber ich bin West-Österreicher. Mit dem ganzen Osten haben wir immer Schwierigkeiten gehabt. Das Völkergemisch ab Wien war für uns der Vorläufer des Balkans. Und der Schubert Franzl ist einer von denen.“ „Ja, was denn, habt auch ihr Österreicher die Ost-West-Spaltung noch nicht überwunden?“, frug ich listig zurück.

Wie auch immer: Alles war bestens vorbereitet. Das 4. Streichquartett und das 3. Streichquartett von Jörg Widmann überraschten die Zuhörer dann aber doch.

Das 4. Quartett beginnt mit Atemgeräuschen, die Bögen streichen über die Zargen, fahle Nicht-Musik gerinnt zu Klang, wird Musik. Großartig! Das Verfeinertste bricht sich selbst unvermittelt im Grob-Stofflichen. „Klang ohne Bezug auf anderes, etwa der bloße Ton einer Violin“, schreibt Kant in seiner Kritik der Urteilskraft, „darf nicht eigentlich schön geheißen werden, da ihm das hinzutretende Empfinden von Maß und Ordnung fehlt, welches ein Geschmacksurteil allererst möglich macht.“ So erinnere ich mich bei ihm gelesen zu haben.

Der bloße Ton einer Violin, einer Viola, eines Violoncells, eines Atems, eines Schreis, das ist es, woraus Jörg Widmann die üppig sprießenden Blumen seiner Kunst erwachsen lässt. Ich war hingerissen, die Männer aus Mauritius waren befremdet, die Russin neben mir war entzückt, der Österreicher enthielt sich salomonisch des Urteils und sagte: „Das ist Musik für Kenner“.

Widmann schafft es, in die Ausreiß-Versuche aus den letzten drei Jahrhunderten Musik den Ton des Neuen, des Uralten einzuflechten. Beim Zuhören musste ich an die Felsmalereien in Lascaux denken, steinzeitliche Jäger haben dort ihre Rituale des Versammelns, Hetzens, Stoßens und Tötens eingeritzt. So ist auch Widmanns 3. Streichquartett eine Art Einritzung in die Gehörnerven. Der Komponist sagt:

„Beim Betrachten der Partitur des 4. Streichquartetts ergibt sich der Eindruck eines dicht gedrängten Stückes. Die Informationsdichte einer jeden Stimme ist extrem hoch, da verschiedene Spieltechniken links und rechts gleichzeitig ausgeführt werden müssen und jeder Spieler zugleich noch eine ‚Atem-Partitur‘ auszuführen hat.“

Das bedeutet doch wohl: Der letzte Sinn der Musik erschließt sich erst beim Betrachten der Partitur und beim Betrachten der Musiker, wie sie das Ganze in Szene setzen. Es ist Musik auch für die Augen, wie es etwa im 16. Jahrhundert einige Madrigalkomponisten bezweckten. Widmann bettet die reiche Tradition des Streichquartetts in den Ursprung zurück: in Spiel, magisches Ritual, in den körperlich-geistlichen Vollzug.

Natalia Prishepenko und Gregor Sigl an der Violin, Friedemann Weigle an der Viola, Eckart Runge am Violoncell – sie boten uns erneut einen beeindruckenden Abend, wie schon am 28.01.2009,  worüber wir in diesem Blog berichteten.

Es hat sich ein Publikum um dieses Artemis Quartett gebildet, welches jeden Atemzug der vier neugierig, staunend, hingerissen aufsaugt. Die Reihe muss fortgesetzt werden. Die Jagd geht weiter!

 Posted by at 23:55

Ich grolle nicht

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Mrz 082009
 

Heinrich Heine und die Frauen – das war das Thema, dem am Freitag ein ganzer Salon bei Marie-Luise gewidmet war.  Ort: In der Rosa-Luxemburg-Straße zu Berlin, ausgerechnet!

Die Sängerin Irina Potapenko trug, begleitet durch Uwe Streibel, fünf Lieder Heines in der Vertonung durch Robert Schumann vor. Großartig! Schumann schafft es, den tändelnden Texten Heines einen Gegen-Wortlaut anzuhängen. Dadurch werden sie schwer, bitter, widerständiger als sie es sind. Besonders das herrliche „Ich grolle nicht“ steht mir jetzt noch in Ohr und  Gedächtnis.

Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht,
Ewig verlornes Lieb! ich grolle nicht.
Wie du auch strahlst in Diamantenpracht,
Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht.

Das weiß ich längst. Ich sah dich ja im Traum,
Und sah die Nacht in deines Herzens Raum,
Und sah die Schlang, die dir am Herzen frißt, –
Ich sah, mein Lieb, wie sehr du elend bist.

Schumann komponiert das Lied im Grunde über das eine Wörtchen „nicht“. In den Oktavschlägen der linken Hand, hervorgehoben im subito forte, wird das „nicht“ aufgehoben, ins Gegenteil verkehrt. Es ist, als hörte man: „Aber ja, ich grolle“ doch so sehr! Selten ward Freuds Einsicht, dass das Unbewusste kein „Nein“ kennt, so sinnfällig bewahrheitet wie in dieser Vertonung Schumanns. Und welche Wende steckt in diesem Wort elend!

Bei den Damen kam Heine erneut sehr gut an. Keine empörte sich, dass Heine die Frauen etwa nur benutzt habe als Muse, Stichwortgeberinnen – oder Vorwände, um unglücklich zu sein. Anderes hörte ich allerdings danach im Salon-Geplauder. Ein aufmerksam lauschender Iraker äußerte sich kritisch gegenüber Heine: „Er hat Frauen geschlagen. Deswegen mag ich ihn nicht.“ Mehrere der anwesenden Frauen verteidigten Heine mit dem Bedenken, dass auch er von Frauen geschlagen worden sei. Es müsse Waffengleichheit herrschen, diese sei auch einem gebildeten Manne wie Heinrich Heine unbedingt zuzubilligen.

Mir fiel die Rolle zu, Gedichte, Briefe und Prosatexte von Heinrich Heine vorzutragen. Dieser Aufgabe entledigte ich mich mit der mir eigenen Zungenfertigkeit. Im Wechsel dazu erklangen Musik, eine geraffte Erzählung der Heine’schen Frauenbeziehungen, deren es etliche gab – und Ausschnitte aus den allerlei Fehden und Bittgängen, die der deutsch-jüdische Dichter durchgefochten.

Madame Potapenko erklärte sich auch bereit, vor dem Auftritt mit mir zu posieren, was mich sehr gefreut hat. Das Portrait seht ihr oben.

Als Vorklang auf den heutigen Frauentag nahm ich aus der Küche in der Rosa-Luxemburg-Straße den bildlich-eindrücklichen Aufruf mit: „Auch du hältst die Küche sauber, Genosse!“

Was ich mir zur Verpflichtung nahm. Mindestens heute.

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