Der Sozialstaat pumpt Geld und vermehrt die Armut

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Feb 142010
 

Guter Beitrag von Gunnar Heinsohn in der WELT vom 08.02.2010! Endlich einmal wird anhand von Zahlen nachgewiesen, dass unser Schulsystem nicht die Ursache dafür ist, dass so viele Schulversager den Weg in den Arbeitsmarkt verfehlen, sondern eine völlig verfehlte Setzung von Anreizen in der Sozialpolitik. Inhaltlich treffen Heinsohns Bemerkungen ins Schwarze,  jeder Spaziergang durch unser heimatliches Kreuzberg oder Wedding wird ihn bestätigen.

Jetzt muss die deutsche Politik erst einmal die vorwärts weisende Sozialpolitik eines Bill Clinton studieren. Dann wird man daran gehen, die schweren Fehler der vergangenen Jahrzehnte offen einzugestehen. Und dann wird man durch gesetzliche Reformen den Weg zur Abhilfe schaffen. Den ganzen Artikel von Heinsohn empfehle ich unseren Sozialpolitikern dringend zur Lektüre.

Gesellschaft: Der Sozialstaat pumpt Geld und vermehrt die Armut – Nachrichten Debatte – WELT ONLINE
Weil in Deutschland die Herkunft den Schulerfolg stärker prägt als in anderen Ländern, könne das nun einmal nur an den Schulen liegen. Wenn aber Deutschland überdurchschnittlich vielen Schulversagern aus aller Welt eine Heimstatt bietet, dann könnte auch genau darin der Grund für die unterdurchschnittliche Akademikerquote liegen. Denn es ist zugleich Deutschland, das als erste entwickelte Nation in einer negativen Bildungsspirale steckt, obwohl das Schulsystem ständig reformiert und besser finanziert wird. Abschlüsse werden immer leichter gemacht und dennoch schaffen die 25- bis 34-Jährigen nicht mehr akademische Grade als die 55- bis 64-Jährigen mit ihren damals vergleichsweise ärmlichen Bedingungen und Behandlungen mit Schwarzer Pädagogik.

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Polizei räumt Hörsaal – es wurde aber auch Zeit

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Feb 142010
 

Die Berichtspflicht eines ehrlichen Bloggers gebietet es hier darauf hinzuweisen, dass die FU-Leitung am heutigen Sonntag den besetzten Hörsaal in der Berliner Rostlaube durch die Polizei hat räumen lassen. Meinen am 02.02.2010 erhobenen Vorwurf, die FU-Leitung besitze nicht den Mut eines Theodor W. Adorno, muss ich zurücknehmen.

Meines Wissens war dieses Blog eine der wenigen Stimmen, die öffentlich den Sachstand der Verwahrlosung und Zumüllung feststellten und die Illegalität der Besetzung anprangerten.

Die  illegale Besetzung des FU-Hörsaales 1 seit November besaß nie den Funken einer Berechtigung. Ich begrüße die Räumung. Freies Lernen für freie Studierende! Venceremos!

Polizei räumt Hörsaal

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„Sozialismus“? Oder: Der dritte Weg

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Feb 142010
 

In der geltenden türkischen Verfassung ist der Vorrang des ewigen unteilbaren türkischen Staates vor den Rechten der Einzelnen deutlich festgeschrieben. Die Rechte des einzelnen Staatsbürgers sind dem Ewigkeitsrang des namentlich in der Verfassung erwähnten unsterblichen Staatsgründers Kemal Atatürk nachgeordnet. Hieraus ergeben sich für die Bürger eine ganze Reihe von Verpflichtungen, die ausdrücklich auch eine Einschränkung der Grundrechte ermöglichen.

Erst kürzlich las ich im Artikel 4 der italienischen Verfassung: „Jeder Bürger hat die Pflicht, gemäß eigenem Vermögen und eigener Entscheidung eine Tätigkeit oder ein Amt auszuüben, das zum materiellen und geistigen Fortschritt der Gesellschaft beiträgt.“  Die italienische Verfassung enthält also neben dem Recht auf Arbeit auch eine Pflicht zur „gesellschaftlich nützlichen Tätigkeit“.

Das deutsche Grundgesetz kennt demgegenüber weder eine Leistungspflicht des einzelnen gegenüber der Gesellschaft noch eine Arbeitspflicht, wie sie etwa Rosa Luxemburg forderte und die sozialistischen Staaten auch umgesetzt haben. Die deutsche Verfassung schützt vornehmlich die Rechte des einzelnen, und sie regelt zweitens das Verhältnis der staatlichen Organe untereinander. Der Staat hat aber gegenüber den einzelnen fast keine unmittelbar durchsetzbaren verfassungsrechtlichen Ansprüche. Der Staat ist also laut Grundgesetz im Wesentlichen Wahrer und Hüter der Grundrechte des einzelnen, und in diesem Sinne ist er auch „Anspruchsgegner“ des einzelnen. Er ist aber kein „Anspruchsteller“ für den einzelnen. Die Ansprüche des Staates an den einzelnen Bürger ergeben sich nur vermittels einzelner Gesetze, die keinen Verfassungsrang haben!

Die sozialistischen Staaten hatten – soweit ich weiß: alle – die Arbeitspflicht in ihren Verfassungen.

Wenn Guido Westerwelle also unserer Hartz-IV-Debatte sozialistische Züge bescheinigt, so dürfte er fehlgehen. Gerade die sozialistischen Staaten haben es nicht geduldet, dass Bürger sich den Ansprüchen und den Zwängen des diktatorisch geführten Staates entzogen. Dass ganze Familien sich über Generationen hinweg auf die Alimentierung des Staates verlassen, das war meines Wissens im Sozialismus kaum denkbar.

Zwar gab es auch im Sozialismus Nichtstuer, die sich auf ihrer Stellung ausruhten, aber diese fanden sich kaum in den „unteren“ Schichten des Volkes.

Ich meine eher, dass unsere Diskussion sich in Richtung auf den Staat als eine wohlwollende Versorgungseinrichtung hinbewegt. Noch keine Versorgungsdiktatur wie in vielen anderen außereuropäischen Ländern üblich. Allerdings besteht die Gefahr der Diktatur, sobald die Verteilungskämpfe an Heftigkeit zunehmen. Genau das hat sich wiederholt in der Türkei ereignet! Das Militär übernahm in der Türkei wiederholt die Macht, weil die Verteilungskämpfe anders nicht zu regeln waren.

Woher kommen denn die 751 Milliarden Euro, die der deutsche Staat als Bund, Länder und Gemeinden in 2009 als Sozialleistungen ausgereicht hat – diese 31% der wirtschaftlichen Gesamtleistung? Genau das fragt Westerwelle. Diese Frage ist zulässig!

Der Staat wird zunehmend als Hüter und Garant des individuellen Wohlstands angesehen. Gerade die Debatte um die Opel-Rettung lieferte vortreffliche Beispiele.

Neueste Beispiele liefert die Eisschicht-Debatte in Berlin. Wie von uns in diesem Blog scherzhaft vorgeschlagen, ist jetzt eine Art paramilitärische  Rapid Ice Hacking Reaction Force eingerichtet worden. Freunde, ich meinte das als Witz! Aber es gibt sie jetzt. Sie hat sogar – wie vorgeschlagen – einen englischen Namen. Das klingt einfach soo gut! Sie heißt Task Force. Das berichtete gestern der Tagesspiegel:

Die Justizverwaltung will zudem verstärkt Häftlinge zum Eisklopfen einsetzen, vor landeseigenen Gebäuden soll künftig eine „Task Force“ aus Pförtnern und Hausmeistern ackern.

Also – der Staat wird zunehmend als eine Art Eishack- und Watteschicht gegen alle Fährnisse des Daseins in Anspruch genommen. Man denke nur an das beheizte Schwimmbadwasser im Kreuzberger Prinzenbad. Das gab es in meiner armen Kindheit einfach nicht. Aber in Berlin ist es Standard. Ist Berlin eine so reiche Stadt? Offenkundig ja!

Ich halte das für schlecht. Denn diese Watteschicht ist teuer, und sie lähmt auf Dauer die Kräfte des einzelnen. In einem Watteanzug kann man schlecht laufen, schlecht arbeiten, schlecht ackern.

Der Staat soll alle Kümmernisse von den Bürgern fernhalten. Als das schlimmste wird weithin eine Minderung des kollektiven Wohlstands, des individuellen Reichtums gesehen. Niemand traut sich den Bürgern zu sagen: „Wählt mich, dann müsst ihr mehr für euer Glück tun. Ihr müsst mehr arbeiten.“

Der Staat ist der Anspruchsgegner, der Kümmereronkel, der zahlen soll und Erfolg für den einzelnen verbürgen muss. Das ist weder Sozialismus noch Kapitalismus. Das ist – der dritte Weg! Hurra!

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Nehmt Hack und Spaten – Wie machen es die anderen?

 Tugend  Kommentare deaktiviert für Nehmt Hack und Spaten – Wie machen es die anderen?
Feb 142010
 

„Ihr Deutschen seid ein sehr verwöhntes Volk, alles soll der Staat für euch bereitstellen – zum Nulltarif“, so schmunzeln meine russischen Freunde immer wieder.

Na, ich bin mittlerweile doppel-immunisiert: gegen die deutsche Jammerseligkeit, die sich mal an Massenarmut, mal an menschenunwürdigen Hartz-IV-Sätzen, mal an skandalösen Eisschichten entzündet – und aufmerksam-immunisiert gegen jedwede ausländische Fundamentalkritik an uns Deutschen.

Einen echten Winter (was wir jetzt haben, ist immerhin eine Ahnung davon) erlebe ich immer wieder in Moskau. Davon können wir hier nur träumen! Er dauert etwa 6 Monate. Schnee- und Eisbeseitigung ist eine Daueraufgabe für mindestens 3-4 Monate. Jeder echte Wintertag mit Schnee- und Eisräumpflicht kostet die Stadt etwa 1 Million Dollar. Das Eis auf den Gehwegen wird tatsächlich „bis zur Platte“ abgehackt. Und zwar durch die Eigentümer oder im Auftrag der Eigentümer. Die Straßen werden durch die öffentliche Hand systematisch geräumt. Der Schnee wird mit LKW nach außerhalb geschafft. Das alles kostet. Aber der russische Winter lässt nicht mit sich scherzen. Das musste bereits Napoleon erfahren.

Gegen das Eis hat mir meine aus Moskau stammende Frau zu Weihnachten ein billiges, zur Nachahmung empfohlenes Mittel geschenkt: Stiefel mit umklappbaren Spikes. Erst dachte ich – was soll das? Heute weiß ich, dass die gesamte Eisdebatte überflüssig wäre, wenn jeder so etwas hätte. Mehrkosten pro Bürger: geschätzt 20 Euro, denn diese Stiefel waren sicher nicht billig. Der Berliner Bürgermeister – so berichtete der Tagesspiegel vorgestern – trägt anziehbare Spikes. Auch gut! Vorbildlich! Leider sind z. Zt. kaum Spikes zu kaufen. Wo ist der Markt?

Noch etwas habe ich festgestellt: Man muss auf Eis vorsichtig gehen. Erst den Fuß aufsetzen, dann nach und nach belasten. Durch die Belastung entsteht Wärme, das Eis taut minimal auf, und so bildet sich zwischen Sohle und Eis eine Art Griffzone – man geht und steht einigermaßen sicher.

Besser aber in jedem Fall: Spikes, umklappbar oder überziehbar.

Foto: Straßenszene vor einer Kreuzberger Grundschule. Februar 2010. Die Schüler werden von den Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht.

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Feb 132010
 

08022010005.jpg Den Ausdruck Immobilien-„Heini“ kennen wohl die meisten. Gemeint sind die „Anzug-Typen“, die verfallende Häuser aufkaufen, instandsetzen und wiedervermieten. Nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit, sondern um damit Geld zu verdienen. Was dagegen? Ich selbst las ihn immer wieder in aktuellen Flugblättern und Verlautbarungen der linken Berliner Neocons. Heini ist eine Verkürzung und spöttisch-abwertende Form des typischen deutschen Namens Heinrich. Heinrich bedeutet der „Heim-Reiche“, also „der durch Hausbesitz Reiche“ – oh wie passend.

Aber nicht alle Leser dieses Blogs können vielleicht mit dem Ausdruck Immobilien-„Itzig“ etwas anfangen. Ich las ihn in historischen Archiven in Exemplaren des „Stürmers“ sowie  auf Flugblättern der Berliner Nationalsozialisten aus den 30er Jahren.

Itzig ist eine Verkürzung und spöttisch-abwertende Form des typischen jüdischen  Namens Isaak („ER möge lächeln“) und stand in der früheren Propaganda für den Juden schlechthin.

Für Sprachliebhaber aufschlussreich ist folgender aktueller Beleg aus dem Internet-Auftritt ha-Galil, den ich zum Nachlesen empfehle:

Judenfeindlichkeit an Fastnacht: Und willst Du nicht mein Itzig sein… « Israel & Judentum
„Giizig, gizzig, gizig, gizig isch der Itzig;
un willsch Dü kei itzig si, döasch uns was ins Gigili ni!“…

Unser Foto zeigt eine alte und eine neugebaute Immobilie am ehemaligen Postgelände in Berlin-Kreuzberg. In diesem harten, harten Winter.

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Feb 132010
 

Die Berliner Neocons waren vorhin in einem recht lustigen Konfetti-Licht erschienen. Die Paarung von verstockt-konservativer Bewahrung des Status quo und aktionistischer Überraschung entlockte uns kaum mehr als ein müdes Lächeln. Was schrieb nun gestern eine andere Quelle, der Tagesspiegel, über dasselbe Ereignis? Lest selbst:

Klaus Wowereit: Auf Spikes und Socken durch Neukölln
Auf dem Boden des Quartiersmanagement-Büros, das die Entwicklung des armen und größtenteils von muslimischen Einwandererfamilien bewohnten Viertels koordinieren und fördern soll, liegt Konfetti. Das hatte eine Gruppe von etwa zehn linksautonomen Protestierern am Nachmittag zuvor verstreut. Die Gruppe war, unkenntlich gemacht mit weißen Masken, am Mittwoch in die Räume an der Schillerpromenade eingedrungen, hatte Mitarbeiter des Quartiersmanagements bedrängt, als Rassisten beschimpft und Plakate aufgehängt, auf denen stand, dass man wiederkommen werde.

Hintergrund der seit einem guten halben Jahr anhaltenden Attacken auf das Quartiersmanagement ist neben der Angst vor einer mit Mietsteigerungen verbundenen Aufwertung des Viertels die sogenannte Task Force Okerstraße, eine Arbeitsgruppe von Sozialarbeitern, Mitarbeitern des Bezirksamtes und der Polizei, die in einem als sozial besonders schwierig geltenden Teil des Viertels eingesetzt werden. Für die linksradikalen Systemkritiker ist das Teil der „gewaltsamen Umgestaltung des Kiezes“ – aus Senatssicht ist es der Versuch, der Not und den wachsenden Spannungen unter den Bewohnern etwas entgegenzusetzen.

Bedrängen, beschimpfen, bedrohen – vor allem aber die Wortkeule „Rassisten“ – das ist schon ein anderes Kaliber! Wenn das stimmen sollte, was der Tagesspiegel berichtet, dann wäre hier die Grenze zwischen Fasching und Faschismus überschritten. Denn Beschimpfen, Bedrängen, Bedrohen, Beleidigen, lustige Verkleidungen und Uniformen, Rollkommandos, Überfälle, Feindschaft gegen „Immobilien-Itzigs“ – das ist ja das Instrumentarium des Faschismus. Damit fing der italienische Faschismus in den 20-er Jahren an. Damit fing der deutsche Faschismus (der Nationalsozialismus) an. Die Feindschaft gegen den vermeintlichen damaligen „Immobilienkapitalismus“ war ein ganz wesentliches Merkmal der braunen Genossen um Hitler. Damals, in den 30er Jahren, hetzte man gegen die „Immobilien-Itzigs“, heute bekämpft man die „Immobilien-Heinis“. Ob nun „Itzig“ oder „Heini“, der Name spielt keine Rolle. Die Nazis haben später mit gigantischen Verbrechen dafür gesorgt, dass all die „Itzigs“ verschwunden sind. Wesentlich für rechts- und linksfaschistische Systemkritiker ist der gezielte Aufbau und die sorgsame Pflege eines Feindbildes.

Welcher Quelle soll man nun mehr trauen? Dem äußerst unabhängigen Blog der Berliner Neocons, indymedia, oder der altehrwürdigen Stimme des progressiven Berliner Bürgertums, dem Tagesspiegel?

Meine Antwort: Ich war nicht dabei. Ich kann dazu nichts sagen. Über mich persönlich hat der Tagesspiegel bisher nur sachlich Zutreffendes berichtet. Insofern genießt er weiterhin mein Vertrauen.

Dies ist nur eine Übung für euch Leser. Ihr könnt euch selbst ein Bild machen. Es herrscht Pressefreiheit.

 Posted by at 12:13

Fasching oder Faschismus? (1)

 Ey Alter  Kommentare deaktiviert für Fasching oder Faschismus? (1)
Feb 132010
 

Eine kleine Übung in Bewertung und Einordnung von medialer Wirklichkeit haben wir uns heute vorgesetzt! Unterschiedliche Medien berichten über dasselbe Ereignis unterschiedlich. Lest zum Beispiel aus einem nach eigenen Angaben unabhängigen Internet-Portal die folgende Meldung:

de.indymedia.org | Die Überflüssigen protestierten in B-Neukölln
Die Menschen mit weißen Gesichtsmasken und in roten Kapuzis waren wieder einmal da. In Berlin-Neukölln haben sie diesmal das örtliche Quartiersmanagement besucht, das das lokale Wohnumfeld aufzuwerten versucht – Verdrängungstendenzen durch steigende Mieten sind die Folgen.
Linke Gruppen haben am Mittwoch in Neukölln gegen die Verdrängung Einkommensschwacher aus dem Kiez protestiert. Die Unbekannten stürmten in roten Kapuzenjacken und weißen Masken gegen 16 Uhr die Räume des Quartiersmanagements in der Schillerpromenade, streuten Konfetti und beklebten Wände und Fenster mit Plakaten. Drei Stunden später protestierten rund zehn Personen in einem Einkaufszentrum an der Karl-Marx-Straße.

Was ist euer Eindruck? Man könnte denken: Ein harmloser kleiner Faschings-Scherz.  Ein kleines mediales Gekräusel. Die üblichen Worthülsen, Wort-Konfetti wie etwa „Verdrängung Einkommenschwacher“, „gegen Aufwertung des Wohnumfeldes“ usw. Ein Teil der Berliner Bezirkspolitik erschöpft sich im mehr oder minder höflichen Austausch solcher innig gehegter Überzeugungen. Manchmal garniert mit Beleidigungen oder der einen oder anderen Sachbeschädigung. Echte Aufarbeitung von politischen Problemen sollte man nicht davon erwarten! Irgendwelche Anstöße zur Veränderung der Lage gehen davon nicht aus. Es sind eben alles stockkonservative Leute, die mit den Konfettiberegnungen, die ihren Karneval feiern und am liebsten alles so lassen, wie es ist, ob nun im im guten alten  Köln („Mer lasse de Fasching in Kölle“) oder im lustigen arbeitsamen Neukölln: „Bitte keine Veränderung in Neukölln!“ Das ist das Motto der linken Stockkonservativen. Nennen wir sie doch: die Berliner Neocons.

Aber einige Leute, die sich vom zahlenden Elternhaus abzunabeln versuchen, verschaffen sich im guten arbeitsamen Neukölln das Gefühl, dass dadurch die Zeit vergeht. Und ihren Spaß haben sie auch. Gerade jetzt zur Faschingszeit! Oder sollte man Karneval sagen?

Ist das alles? Nein! Lest den Bericht des Tagesspiegels über dasselbe Ereignis im nächsten Beitrag! Er folgt sogleich.

 Posted by at 11:47
Feb 122010
 

Freunde, diese ganze Bloggerei hier muss verblassen vor dem echten menschlichen Miteinander, dem direkten politischen Austausch von Angesicht zu Angesicht. Das habe ich gestern wieder einmal auf dem Stammtisch der CDU Friedrichshain-Kreuzberg im Glashaus erlebt. Politik entfaltet sich zunächst und zumeist in Stimme und Gestalt, in Blick und Wort. Deshalb ziehe ich in der Regel politische Versammlungen dem Forschen und Wühlen im Internet vor. Das Internet ist zwar eine notwendige Ergänzung des eigentlichen politischen Geschäfts. Der lebendige Austausch vor Ort darf und soll aber durch die virtuelle Sphäre nicht ersetzt werden. Wir brauchen die Stammtische, wir brauchen Menschen aus Fleisch und Blut in den Parlamenten und Regierungen. Wir brauchen politische Debatten auch ohne Fernsehen und ohne Internet.

„Die Reform des Steuersystems muss auf einen Bierdeckel passen!“, so sagte ein bunter Hund der Opposition vor Jahren. Gestern bekam ein anderer überall (außer in diesem Blog) eine Tracht Prügel, weil er irgendetwas von spätrömischer Dekadenz ausbreitete, was auf keinen Bierdeckel geschweige denn eine Kuhhaut passte.

„Ihr ‚Migranten‘ müsst euch zu Wort melden“, so schrieb ich gestern auf einen BIERDECKEL im schönen Restaurant GLASHAUS. Den Bierdeckel schob ich unauffällig einem Mit-Deutschen zu. Der Bierdeckel war mein gestriger Beitrag zur Reform der Integrationspolitik. „Melde Dich zu Wort“, flüsterte ich einer Mit-Deutschen zu, nachdem schon fünf Ohne-Deutsche lange und ausführlich geredet hatten. Dies waren gestern meine bescheidenen Beiträge zum Stammtisch über Integration, zu dem die CDU Friedrichshain-Kreuzberg geladen hatte.

Ort des Geschehens: das Glashaus, Linden- Ecke Ritterstraße. Referent: Burkard Dregger, den wir in diesem Blog bereits am 31.10.2009 vorgestellt hatten (bitte dort nachlesen). Unter der kundigen Leitung des Kreisvorsitzenden Kurt Wansner entfaltete sich eine sehr anregende, auf hohem Niveau geführte Diskussion.

Ich höre euch grummeln: „Mit-Deutsche„, „Ohne-Deutsche“ – was soll denn das? Verzeiht, damit meine ich Deutsche mit und Deutsche ohne Migrationshintergrund. Eine ach so wichtige, ach so folgenträchtige, ach so fundamentale Unterscheidung!

Ich selber bin jedoch der Meinung: Nach 6-12 Monaten in unserem Land ist man kein Migrant mehr. Man gehört dazu, hat Rechte und Pflichten eines Bürgers. Man bedarf dann keines Sonderstatus mehr. Keiner Sozialarbeiter, keiner Fördermaßnahmen. Wie gut gefiel es mir, als eine Mit-Deutsche gestern klagte: „Obwohl ich einen türkischen Namen habe, bin ich Deutsche. Ich bin hier aufgewachsen, studiere an der TU. Es kränkt mich, wenn ich immer mit dem Etikett Migrationshintergrund abgestempelt werde.“

Brauchen wir also überhaupt noch Integrationspolitik? Dregger legte sich und uns diese Frage vor. Manche CDU-Parteifreunde im schönen Wedding (Nähe Soldiner Straße) hätten ihm gegenüber diese Meinung vertreten. „Es hat doch alles nichts gebracht! Weg mit der Integrationspolitik!“ Dregger sondierte mit derartigen Ködern sozusagen das Terrain … er nahm uns, seinen Zuhörern, den Puls ab.

Äußerst geschickt stellte Dregger sich als Quereinsteiger, als Neuling dar, der den Vorteil des Unerfahrenen mit sich bringe. Er sei neugierig, habe viel gelesen und zugehört, wolle Meinungen und Erfahrungen in verschiedenen Bezirken auflesen und dann in ein Thesenpapier zusammentragen, das auf einem Sonderparteitag im Frühjahr 2010 vorgelegt werden solle. Na bitte, ein zuhörender, ein lernender Politiker – großartig!

Aber beim Zuhören blieb es nicht. Dregger führte doch recht klar aus, wie er sich gelingende Integration vorstellt. Er tat dies in einprägsamen, positiven, zur Zustimmung einladenden Formulierungen.

Dregger hob immer wieder den Gedanken der Werbung hervor. „Die bloße Einhaltung der Gesetze genügt nicht. Wir sollten alle, die bei uns leben, für unsere Ideale begeistern.“ Die Deutschen könnten stolz auf dieses freiheitliche System sein, in dem sie lebten. Es sei der beste denkbare vorläufige Endpunkt einer mehr als 2000 Jahre dauernden  Entwicklung von den Hochkulturen der Antike, der Christianisierung Europas hin zu den Werten der Aufklärung, den bürgerlichen Revolutionen, der Erklärung der Menschenrechte, und letztlich zum Grundgesetz mit dem unübertroffenen Spitzensatz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.“

Ein Traum, den ich schon lange hegte, wurde gestern abend auf dem CDU-Stammtisch wahr! Endlich einmal steuerte eine Mit-Deutsche fundiert etwas zu den Herkunftsländern der Zuwanderer bei. Ich meine nämlich, man kann die Zuwanderer nur verstehen und integrieren, wenn man etwas weiß über die Länder, aus denen sie kommen. Dazu bin ich sehr neugierig auf die türkische Verfassung, auf das syrische, das libanesische Schulwesen, das ägyptische Parlament.

Die oben bereits erwähnte mit-deutsche Studentin – neben der ich zufällig saß – kontrastierte die türkische Verfassung mit dem deutschen Grundgesetz: „In der Türkei herrscht ein vollkommen anderes Staatsverständnis“, erklärte sie uns. „Nicht die Würde des Menschen steht an erster Stelle, sondern der Schutz des Staates.“

Zitieren wir doch wörtlich aus der Präambel der türkischen Verfassung:

Diese Verfassung, die die ewige Existenz des türkischen Vaterlandes und der türkischen Nation sowie die unteilbare Einheit des Großen Türkischen Staates zum Ausdruck bringt, wird, um entsprechend der Auffassung vom Nationalismus, wie sie Atatürk, der Gründer der Republik Türkei, der unsterbliche Führer und einzigartige Held, verkündet hat […]

Besonders aufmerksam lauschte ich gestern den türkischen Parteifreunden. (Araber oder Polen waren leider keine da). Sie berichteten vom häufigen Gefühl der Diskriminierung. Einer fragte, ob man nicht statt von Integration besser von Partizipation sprechen sollte.  Wir hörten einander alle aufmerksam zu, jeder durfte etwas beisteuern.

Eine Sternstunde der politischen Debatte – klug moderiert und mit umfassendem Detailwissen bereichert von unserem  Kreisvorsitzenden Kurt Wansner.

Meine persönliche Bilanz:

1) Der Abend im Glashaus brachte ein sehr gutes, in die Tiefe gehendes Gespräch. Der Grundansatz von Burkard Dregger scheint mir vollkommen richtig: selbstbewusstes Werben für unser Land, keine Vorwürfe gegenüber denen, die noch nicht ganz „angekommen“ sind in unserem Land, aber eben auch keine rückgratlose Verbeugung vor dem Wischi-Waschi der Allesversteher und denen, die sich dauerhaft und über Generationen hinweg auf Sozialleistungen verlassen. Die Integrationspolitik sieht sich in Berlin einer außerordentlich schwierigen, fast verfahrenen Situation gegenüber. Die Probleme werden größer, nicht kleiner. Vorbilder gelingenden Lebens sind wichtig, auch wenn sie vielerorts in der Minderzahl sind.

2) Persönlich bin ich mittlerweile zur Ansicht gelangt, dass wir alle – also der deutsche Staat – mehr Klarheit zeigen sollten gegenüber allen, die hierher kommen. Bitte mehr Kante zeigen! Wir müssen klar machen, dass die Menschen hier alle Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben haben, sehr viel mehr Freiheit haben, aber auch mehr Verantwortung tragen als in den Ländern, aus denen sie kommen. Der deutsche Sozialstaat kann in Übergangssituationen helfen, aber grundsätzlich sollte jeder Arbeitsfähige seinen Lebensunterhalt selbst erwerben.

3) Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss erleichtert, der Zugang ins Sozialsystem muss deutlich erschwert werden! Deutschland kann nicht die sozialen Probleme der arbeitslosen Staatsangehörigen der Türkei, Syriens, Libanons, Rumäniens lösen. Diese Länder müssen selbst Lösungen für ihre Bevölkerung erarbeiten. Insgesamt wird – so meine ich – durch den deutschen Staat zu viel gefördert und zu wenig von den Zuwanderern gefordert.

4) Angst vor Überfremdung? Ja! Habe ich persönlich durchaus! Oder besser gesagt: Angst vor Verlust des kulturellen Zusammenhalts der in Deutschland nachwachsenden Generation. Wir haben in der Schulklasse meines Sohnes hier in Kreuzberg eine deutliche arabische Schülermehrheit, eine türkische Schülerminderheit – und einige ganz wenige nichtmuslimische Kinder. Und dies etwa 2 km vom Deutschen Bundestag entfernt. Ich habe das Gefühl, dass hier in Kreuzberg wirklich vollkommen getrennte Kulturen nebeneinander her existieren. Und mein Sohn – irgendwo dazwischen, zwischen der russischen, der deutschen, der türkischen und der arabischen Kultur.

Besondere Besorgnis erzeugt in mir das Gefühl, dass in ganz Deutschland die große deutsche Musik von Bach bis Brahms, die große deutsche Philosophie von Kant bis Heidegger und Wittgenstein, die große deutsche Literatur mit Goethe und vielen anderen nach und nach verlorengeht, ersetzt wird durch Spielkonsolen und Videogames, elektronische Medien. Die zehnjährigen Kinder gucken heute durchschnittlich 210 Minuten pro Tag fern! Was sehen sie da? Die Zukunft unseres Landes?

 Posted by at 19:28

Wer schreibt bei wem ab?

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Feb 112010
 

Habt ihr gemerkt? Ich widersprach im vorigen Eintrag Rifkins Selbstdeutung. Er scheint nämlich der Meinung zu sein, seine empathy sei dem Wesen nach eine Neuentdeckung. Alle Vorläufer hätten das nicht zu fassen vermocht, was er fasst:

Jeremy Rifkin: Die empathische Zivilisation: Mir ist so ganz empathisch wohl – Sachbuch – Feuilleton – FAZ.NET
So wichtig alle diese Vordenker seiner zentralen Aussage auch seien, ist die Menschheit doch erst mit dem Erscheinen des Wortes „Empathie“ auf den richtigen Weg gebracht. So wird von Rifkin mehrmals bemängelt, dass Autoren, die vor dem zwanzigsten Jahrhundert über Mitgefühl nachgedacht haben, gar nicht den passenden Terminus dazu hatten. Bei ihm ist das anders. Rifkin verfügt über das Konzept einer „empathischen Zivilisation“, wie der Titel seines neuen Buches lautet, und natürlich ist Empathie mehr als Moral und Ethik: „Empathisches Handeln erweitert den Geltungsbereich der Moral.“ Wie, das behält Rifkin für sich. „Empathie ist etwas, was wir gleichzeitig spüren und mit dem Verstand erfassen können.“

Ich vermag Rifkin hier in seinem Anspruch auf Urheberschaft nicht zu folgen. Die Werte des Erbarmens, des Mitfühlens, des Mitgehens, Mitleidens usw., die ziehen sich doch durch die gesamte europäische Geschichte als eine Art Leuchtspur. Nietzsche spricht immer wieder abschätzig und verächtlich von einer Kultur des Mitleidens, einer christlichen Kultur der Schwäche, die es zu überwinden gelte.

Aber genau diese Kultur des Mitleidens und der Schwäche ist ein Merkmal eines wesentlichen Teils der europäischen Kultur! Einsicht in die Schwäche, in das Leiden des anderen, öffnet den Blick für die eigene Schwäche. Es ist eine Grundlage für die Entstehung von Moral.

Das zeigt sich am Wort empathy selbst. Es ist griechischen Ursprungs. Rifkin verwendet es ungefähr so, wie Aristoteles von eleos spricht. Eleos ist das zugleich rationale und emotionale Mitgehen mit einem exemplarisch vorgeführten Leiden.

 Posted by at 20:02
Feb 112010
 

Eine Wiederentdeckung jahrtausendealter Werte verkündet der amerikanische Autor Jeremy Rifkin. Was er Empathie nennt, das prägte unter der Bezeichnung eleos die griechische Tragödie, das prägte die Tora der Juden. Sich-kümmern um den anderen: auf hebräisch awoda. Das prägte auch die Lehre des Jesus von Nazaret. Auf griechisch agape. Das alte deutsche Wort für Empathie lautet: das Erbarmen. Kaum einer kennt dieses Wort noch. Aber es gibt doch genau das wider, was Rifkin als empathy bezeichnet. Empathie, die Fähigkeit, mit einem anderen zu leiden und zu fühlen, wächst von unten nach oben. Sie entsteht aus dem eigenen Herzen. Mitempfinden steht jedem offen. Es entzündet sich an der Begegnung mit dem Nächsten.Von da aus kann es auch den Fernsten erfassen. Von der Nächstenliebe zur Fernstenliebe – nicht umgekehrt! Fernstenliebe ohne Nächstenliebe führt ins Unglück.

US-Soziologe: „Globalisierung von oben gescheitert“ « DiePresse.com
Alle Säugetiere, die Junge großzuziehen haben, sind soziale Wesen. Diese Säuger sind verspielt, sie hegen und pflegen ihren Nachwuchs. Um das tun zu können, muss man zur Empathie fähig sein. Löwenjunge, die sich balgen, müssen etwa in der Lage sein, zwischen Spiel und Ernst zu unterscheiden.

Beim Menschen ist es nicht anders. Wir entdecken heute den Homo Empathicus. Wenn man im Kino sieht, wie einer Schauspielerin oder einem Schauspieler eine riesige Spinne den Arm hoch krabbelt, dann fühlen wir geradezu mit. Oder wenn neben uns jemand nach einer Verletzung heftig blutet, sind wir schockiert. Wir sind mitfühlende Wesen und das macht uns menschlich.

 Posted by at 19:05
Feb 112010
 

08022010008.jpg Etwa 10% der Bevölkerung des spätrömischen Kaiserreiches – so schätzen Historiker – lebten dauerhaft, über Generationen hinweg auf Kosten des Staates. Ihnen wurden regelmäßig Getreidespenden verteilt, für die Unterhaltung sorgten die zirzensischen Schauspiele in den riesigen Amphitheatern: „panem et circenses“, mit diesem Rezept hielt sich das Kaiserreich Umstürzler und Republikaner vom Leib. Erst die gewaltsame Eroberung einzelner Provinzen durch andere Stämme sowie die gewaltlose Unterwanderung durch die Germanen führten über anderthalb Jahrhunderte hinweg zum Zerfall dieser riesigen Herrschaft. Es gab nichts mehr zusätzlich zu verteilen, der bewohnte Erdkreis war ja schon weitgehend unterworfen, und von außen her sickerten Germanen und andere Stämme ein.

Der Wohlstand, die unermessliche Pracht des Imperiums beruhte auf der Ausbeutung der Provinzen, auf militärischer Eroberung neuer Länder und nicht zuletzt auf der Sklavenhaltung.  Alle drei Optionen – Ausbeutung fremden Landes, Eroberung, Sklavenhaltung – verbieten sich für die Bundesrepublik Deutschland von vorneherein.

Es bleibt nur, den Wohlstand durch Fleiß, Geschick und durch eigene Anstrengung zu erhalten und womöglich zu mehren.

Diese fundamentalen Zusammenhänge rückt zurecht Guido Westerwelle heute in einem Beitrag für die WELT ins Licht.

Guido Westerwelle wirft der Hartz-IV-Debatte zu Recht eine Schieflage vor. Es gehe nur noch darum, wie jeder ein Maximum für sich heraushole. Es werde nicht mehr davon gesprochen, was jeder einzelne für seinen eigenen Wohlstand tun müsse. Ich stimme Westerwelle in seinen wesentlichen Gedankengängen zu, wenn ich auch glaube, dass für Steuersenkungen kein Spielraum da ist.

Ich meine: Die Steuern lassen sich kaum senken. Wir brauchen ein einfacheres Steuersystem (wesentlich gerechter wird es wohl kaum werden). Und die Staatsausgaben müssen gesenkt werden. Die staatlichen Subventionen müssen abgebaut werden, die massive Steuerflucht und Steuerhinterziehung reicher Deutscher muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gestoppt werden.

Außerdem bin ich für die Volksschule! Ein einheitliches Volksschulwesen, in dem von Anfang an Leistung und Fleiß geachtet wird. Diese ständige Perhorreszierung der „Einheitsschule“ oder gar der „sozialistischen Einheitsschule“ – wie sie leider auch Westerwelle heute bekräftigt – ist Unsinn. Unser Schulwesen ist viel zu zersplittert, zu unübersichtlich, hat zuviele Aussteiger. 16 Bundesländer, in denen dann für dieselbe Altersstufe bis zu 6 verschiedene Grundschultypen nebeneinander bestehen. Nein, gerade in einem einheitlicheren Grundschulwesen kann der Leistungsgedanke besser zur Geltung kommen!

Ein Sparvorschlag: Wir brauchen kein beheiztes Badewasser im Kreuzberger Prinzenbad. Beheiztes Wasser in einem Sommerbad, das halte ich für unnötigen Luxus, den wir uns nicht leisten können. Wir sind keine Prinzen! Und derartige Sparvorschläge kann ich stapelweise liefern.

Durch eine kräftige Erhöhung von Hartz IV wird die fulminante Staubsaugerwirkung unseres Sozialsystems noch einmal zunehmen! Der „Staubsauger“ erzeugt einen trichterartigen Sog, der weit in andere, in ärmere Länder hineinreicht. Wer in dem Trichter lebt, der wird über die Jahre hinweg nach und nach von Lähmung befallen. Es gibt keinen Anlass, den Trichter wieder zu verlassen. „Brot“ und „Spiele“ werden weiterhin zuverlässig ausgespendet.

Dies gilt vor allem für Berlin, für Bezirke wie Kreuzberg oder Neukölln.

Ich verfolge amüsiert die Debatte über die Eisbeseitigung auf Berlins Bürgersteigen! Auch hier wird sofort lautstark nach dem Staat gerufen. Wowereit soll es persönlich richten! Das Ganze trägt bizarre Züge, das Ganze riecht schon sehr stark nach Sozialismus. Der Staat soll den Bürgern alle Kümmernisse, alle Sorgen abnehmen. Auch wenn so eine Eisschicht nur einmal in 20 Jahren vorkommt – der Staat muss angeblich darauf gerüstet sein! Spinnen wir den Gedanken aus: Denkbar wäre die Schaffung einer aus Steuermitteln bezahlten „Schnellen Eishack-Eingreif-Truppe (SEET, englisch: Rapid Ice Hacking Reaction Force), die jederzeit vorgehalten wird. Da ließen sich wieder viele Stellen im öffentlichen Dienst schaffen! So läuft es doch! Bedarf erkannt? Bedarf abgedeckt durch öffentliche Mittel!

Wie sagte doch Goethes Mephisto?

„Nimm Hack und Spaten
grabe selber
dann wirst du deine Sorgen los
und eine Herde goldner Kälber
sie reißen sich vom Grunde los.“

Also, Bürger: Nehmt Hack und Spaten, wenn euch das Eis stört – aber ruft bitte nicht erneut ständig nach Vater Staat.

Das Bild zeigt eine Schuhsohle des Bloggers. Die Stiefel sind von der Marke Lloyd.  Sie haben zwei umklappbare Metalldorne. Ich trage diese Schuhe ständig. Das Eis kann mir nichts anhaben und ich kann sogar alten und jungen Damen den Arm reichen. Ihr seht: Man braucht nicht immer den Staat.

Gastkommentar zu Hartz IV: An die deutsche Mittelschicht denkt niemand – Nachrichten Debatte – WELT ONLINE
Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst. Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.

 Posted by at 14:09
Feb 112010
 

Hurra, es gibt immerhin einen Politiker, der ähnlich denkt wie ich und der dies auch offen sagt. Er heißt Ole von Beust, ist Hamburger. Heute wurde es ja echt brenzlig für die Hamburger Schulreform. Aber was der Mann sagt, gefällt mir sehr – da werde ich doch meine uralten Vorurteile gegen die „kühlen Norddeutschen“ überdenken müssen! Was mir besonders gefällt, ist, wenn Politiker ihrer eigenen besseren Einsicht folgen und auch einmal etwas gegen die lautstark vorgetragene Meinung ihrer eigenen  Klientel vertreten. Besonnen, werbend, aber in der Sache entschieden. Ich kann und muss als Vater eines Ausländerkindes, das unter lauter Ausländerkindern lernt, jedes Wort unterstreichen, das der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust sagt. Lassen Sie sich nicht kirre machen!

Schulreform-Volksentscheid in Hamburg: „Diese Kröte muss man schlucken“ – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL
Ich habe mich lange mit Integrationsfragen auseinandergesetzt. Ich bin fest davon überzeugt, dass längeres gemeinsames Lernen für eine gelungene Integration unabdingbar ist – nicht nur für den hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit ausländischem Kulturhintergrund, sondern auch für deutsche Kinder, denen die Lernmotivation nicht von zu Hause mitgegeben wird. Beide Gruppen brauchen bessere Chancen – ohne dabei die guten Schüler zu vernachlässigen. Die Gesellschaft sieht heute anders aus als vor 30 Jahren, dieser Tatsache muss man sich auch bildungspolitisch stellen.

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Brauchen wir eine Volksschule für Deutsche und Ausländer?

 Aus unserem Leben, Friedrichshain-Kreuzberg, Gute Grundschulen, Sezession  Kommentare deaktiviert für Brauchen wir eine Volksschule für Deutsche und Ausländer?
Feb 112010
 

„Das gab es damals nicht!“ So sprechen die Alten häufig. Wir belächeln sie dann. Doch auch ich sage es beim Rückblick auf meine Volksschulzeit: „Das gab es damals nicht!“ Was gab es nicht? „Dass die Eltern ihre Kinder vorwiegend mit dem Auto in die Grundschule, die damals Volkschule hieß, brachten.“ Und doch ist dies jetzt in meinem angeblichen Armutsviertel Kreuzberg der Fall. Oben seht ihr eine typische Szene auf unserem Weg zu unserer Ausländer-Grundschule: vor der näher gelegenen Deutschen-Schule setzen die guten deutschen Eltern ihre sechs- bis zehnjährigen Kinder aus dem Auto ab. Es ist eine besondere Schule – für besondere Kinder – die bildungsbewussten deutschen Kinder. Der Verkehr staut sich auf allen vier Spuren – aufgenommen an einem ganz normalen Schultag in einem allerdings unnormalen Winter.

Wir ziehen unseres Wegs weiter zur Ausländer-Schule. Auch hier kommen viele Kinder mit dem Auto. Allerdings sehe ich keinen Prius, keinen Renault Kangoo, die ökologischen Schlitten, wie sie die guten Deutschen bevorzugen, sondern mehr BMW, Daimler und Großraum-Vans. Die typischen Ausländer-Schlitten!

Es ist eine mich immer wieder verblüffende Tatsache, wie stark die deutschen und ausländischen Grundschüler in Kreuzberg bereits von Klasse 1 an voneinander separiert werden. Hier die deutschen, da die ausländischen! Die Eltern wollen es offenbar so. Und so erlebe ich denn Morgen um Morgen, wie in die Grundschulen meiner Nachbarschaft die Eltern ihre Kinder mit dem PKW aus anderen Stadtteilen heranbringen. Und zwar sowohl die Ausländer wie die Deutschen!

Wir selbst wollten damals bei der Einschulung in eine der drei in der Nachbarschaft gelegenen Grundschulen. Nachbarschaftliche Beziehungen, Freundschaften sollten wachsen und gepflegt werden. Umsonst. Wir wurden nicht genommen.  Die Deutschen hatten schon alle Plätze ergattert. So haben wir jeden Tag einen recht weiten Schulweg hin zur Ausländerschule und zurück, den wir teils mit dem Fahrrad, teils mit dem tiefergelegten Sportschlitten, teils auch einfach Fuß zurücklegen. Dort sind wir mit den anderen Ausländern zusammen.

Das ist übrigens unser neuer Sportschlitten (der vorige aus Holz gemachte ist uns vor 1 Woche aus dem Hausflur gestohlen worden):

Wir hatten die Aufstellung für die richtigen Startplätze ins Leben verpasst. Gut, dass mein Junge sowohl in die Deutschen- wie in die Ausländer-Schule passt. Er hat die doppelte Staatsbürgerschaft.

Hier sage ich nun klipp und klar: Ich finde das niederschmetternd, dass unsere Kinder vom Schuljahr 1 im Armenhaus der Republik, in Kreuzberg, schon so stark separiert werden. Und zwar mithilfe des Elterntaxis. Das gefällt mir nicht. Ich bin für die Volksschule! Ich bin für die demokratische Einheitsschule in fußläufiger Entfernung. Schon aus ökologischen Gründen. Das ist doch Wahnsinn, dass für kleine Kinder jedes Jahr hunderte von Euro für Benzin verfahren werden, nur damit sie nicht in die Grundschule an der Ecke gehen. Ich wünsche mir gemeinsames Lernen von Klasse 1 an!  Mindestens für vier Jahre, bitte bitte! Gerne auch länger! Was habt ihr Deutschen gegen uns Ausländer??? Ihr guten guten Deutschen!! Sagt es uns!

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