Nov 152010
 

149918_502907519442_230100043_30323_6868490_n.jpg Treffliche, lesenswerte  Analyse der Berliner Parteienlandschaft heute in der Morgenpost, verfasst von Carsten Erdmann!

Die Parteien bestimmen gerade ihr Personal, mit dem sie zu den Abgeordnetenhauswahlen im September 2011 antreten wollen. Inhaltlich scheint eine qualifizierte Minderheit in allen Parteien allmählich zu erkennen, dass die jahrzehntelange Versorgungs- und Vetternwirtschaft sowohl in Berlin (Ost) wie in Berlin (West)  beendet werden muss. Dennoch versprechen sie schon wieder wacker und fröhlich weiter: Andere Flugrouten (damit mehr Kerosin verflogen wird), kleinere Klassen, mehr Schulessen, mehr Bildung, mehr Förderunterricht, mehr Sozialarbeiter, mehr Förderung durch den Staat, mehr Kinderbetreuung, mehr Integrationskurse, helle, bequeme Schultoiletten, billigeres Wasser … wer bietet mehr? Renate Künast! Sie will allen Bürgern, die ein tolles E-Zweitauto kaufen, 5000 Euro schenken! Danke, ganz lieb! Wenn es wenigstens ein E-Fahrrad wäre. Aber nein, ein E-Auto muss es schon sein. Damit mehr Strom und weniger Erdöl verbraucht wird. Hoffentlich CO2-neutral – also aus AKWs.

Was aber den Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg nicht daran hindert, den jungen Erwachsenen im Bezirkshaus in der Reichenberger Straße 63 eben mal so 331.000 Euro zu schenken, damit sie mannhaft kämpfend für niedrigere Mieten (und weitere 300.000 Euro  in der eigenen Tasche)  auf der faulen Haut liegen. Danke, ganz lieb!

Scherz beiseite! Alle Parteien wollen kleinere Klassen –  für „bessere Unterrichtsqualität“. Dazu schrieb gestern Gilbert Schomaker in seinem trefflichen Fakten-Check:

Bei der Forderung nach kleineren Klassen besteht parteienübergreifender Konsens. Dies wollen alle Politiker in Berlin. Allerdings muss man dann entweder mehr Lehrer einstellen, wofür kein Geld da ist, oder man muss Lehrer aus Schulen in bürgerlichen Gegenden abziehen und in Problemkieze schicken, wo Lehrer fehlen. Das wiederum würde einen Aufstand der Eltern in Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf oder Köpenick provozieren.

Na prima. Dabei weiß jeder Haushälter, dass genau diese Forderung am teuersten ist und am wenigsten befriedigt werden kann. Na und dann fällt halt über Wochen und Monate Unterricht aus, wenn die Lehrer fehlen, weil man die Klassen kleingerechnet hat. Ich sage: Falsch. Die Klassen dürfen ruhig größer werden, wenn dadurch garantiert werden kann, dass der versprochene Unterricht auch stattfindet!

Dieser Blogger selbst ist ja nunmehr aus dem Rennen um das Abgeordnetenhaus und die BVV – bis mindestens 2016. Deshalb kann er ungehemmt zwei Bitten an alle Berliner Parteien richten:

1) Versprecht uns gar nichts mehr!  Schenkt uns reines Wasser ein! Schenkt uns keinen Wein ein. Predigt Wasser und trinkt Wasser! Der Bürger kann auch Leitungswasser trinken, er braucht nicht einmal Mineralwasser auf Staatskosten.Wir brauchen kein billigeres Leitungswasser. Aus ökologischer Perspektive ist Trinkwasser immer noch zu billig.

2) Meine zweite Bitte richtet sich an die Parteien in Friedrichshain-Kreuzberg. Bitte stellt eure Listen so zusammen, dass beide Ortsteile, also Friedrichshain und Kreuzberg, gleichermaßen widergespiegelt werden. Wir sind der einzige echte Ost-West-Bezirk in ganz Berlin! Erweist euch dessen würdig! Es wäre nicht schön, wenn eine Partei in unserem Doppelbezirk nicht mit etwa gleich vielen Kandidaten aus beiden Ortsteilen in den Abgeordnetenhaus- und BVV-Listen vertreten wäre.

Dessen eingedenk, schlage ich hiermit vor, den weltberühmten Kreuzberger Bügel feierlich in Friedrichshain-Kreuzberger Bügel umzubenennen.

Unser Bild zeigt einen Friedrichshain-Kreuzberger Bügel in der katalanischen Hauptstadt Barcelona.  Foto veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Fotografen, unseres Barcelona-Korrespondenten Tassilo Klesen.

Wie nennt man den Friedrichshain-Kreuzberger Bügel eigentlich auf Katalanisch?

Abgeordnetenhauswahl – Die Berliner Wähler wollen Antworten – Berlin Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin

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Sep 052010
 

Mariam Lau schreibt: „In einigen Staaten ist es leicht, in die Sozialsysteme einzuwandern, und schwer, in den Arbeitsmarkt zu kommen, in anderen ist es umgekehrt. Es ist nicht schwer zu erraten, wo die Integration besser funktioniert. Studien zeigen: Je weniger Sozialhilfe, desto besser sind Zuwanderer integriert. Solange der deutsche Sozialstaat in dieser Hinsicht nicht grundlegend umgebaut wird, wird es keine Integration von Zuwanderern in Deutschland geben. Aber weder die CDU noch sonst irgendeine Partei in Deutschland traut sich derzeit an diesen Umbau. Die meisten wollen ihn ja auch gar nicht.“Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009, S. 149

Auffallend, dass Thilo Sarrazin etwas Ähnliches vertritt! Auf S. 296 seines umstrittenen neuen Buches behauptet er: „Ohne Änderung der sozialstaatlichen Rahmenbedingungen sind die Aussichten gering, dass sich die Parallelgesellschaften der muslimischen Migranten in Deutschland und Westeuropa mit der Zeit quasi automatisch auflösen.“

Sinn scheint zu sein: Die Migranten sind zu stark durch geschenktes Geld und soziale Sicherheit gefördert. Wir fördern viel zu viel. Eigenverantwortung und Initiative verkümmern.

Spannend. Darüber sollte man diskutieren! Die Kreuzberger Ärztin Neriman Fahrali äußert ähnliche Auffassungen. Bin gespannt auf die Diskussion am Samstag.

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25 qm/Person – ein drastischer Anschlag auf die Gurgel der Menschenwürde

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Jul 232010
 

23072010003.jpg Bei meinen Reisen durch Russland, Polen, Italien, Tschechien, Türkei und USA habe ich immer wieder Wohnungen von Freunden und Bekannten aufgesucht, habe geschaut, wie sie leben. Auffallend: Nirgendwo haben die Menschen so viel Wohnraum wie bei uns zur Verfügung. Dies gilt quer durch alle Einkommensschichten. In der Sowjetunion gab es die Komunalnajas, da konnte es vorkommen, dass ein Universitätsprofessor sich zwei Zimmer mit seiner 5-köpfigen Familie teilte. Nobelpreisträger im Ostblock hatten weniger Wohnraum als Hartz-IV-Empfänger bei uns. Lebten sie deswegen unter unwürdigen Verhältnissen?

Guter Zug des Arbeitsministeriums: Die Wohnkosten der Sozialhilfeempfänger sollen regional pauschaliert werden, das umständliche Hickhack mit den Bedarfsprüfungen soll beendet werden. Und sogleich erhebt der Chor der Protestierenden seine Stimme! Wie könnte es anders sein! Die Berliner Zeitung berichtet:

Für Grünen-Chef Cem Özdemir entzieht sich der Bund mit der Übertragung der Mietkosten-Bestimmung auf die Kommunen «seiner Verantwortung und setzt den Kommunen die Pistole auf die Brust: Entweder sie werden ihrer sozialen Verantwortung wirklich gerecht und kommen damit in große Haushaltsnöte oder sie gehen den sozial Schwächsten drastisch an die Gurgel».

Ei der Daus. „An die Gurgel“, das ist starker Tobak!  Da empfehle ich doch einmal Reisen durch die USA, durch Libanon oder Türkei, durch Russland oder Syrien, oder durch Neukölln …:-)

Wie dem auch sei: Ich weiß, dass ein großer Teil der Steuern, die ich Monat für Monat abführe, dazu dient, anderen Menschen ein „menschenwürdiges Dasein“, wie es die wohlbestallten Klagemänner und Klageweiber nennen, zu ermöglichen. Und zwar auf weltweit höchstem Niveau.

Ich bin sicher: Das wird auch so bleiben. Es ist nicht unwürdig, wenn ein einzelner Alleinstehender sich mit 25 qm Wohnraum, die er auf Gemeinschaftskosten erhält, begnügen muss. Er braucht keinen Finger dafür krumm zu machen, und es steht ihm jederzeit frei, das unwürdige Gefängnis zu einem Spaziergang oder auf ein Zigarettchen zu verlassen.

Berliner Zeitung – Aktuelles Politik – Wirbel um Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern
Der Sprecher des Bundesarbeitsministeriums, Jens Flosdorff, bestätigte am Freitag in Berlin einen Bericht der «Financial Times Deutschland» grundsätzlich. Eine interministerielle Arbeitsgruppe habe vorgeschlagen, die individuelle Berechnung der erstattungsfähigen Mietkosten durch regional einheitliche Kriterien zu ersetzen. Die Kommunen könnten dies dann in Satzungen regeln.

Bild: Johannesthal in Berlin-Rudow

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Jun 172010
 

02062010.jpgTolle Seite 19 heute in der Berliner Zeitung! Die Berliner Bezirksbürgermeister stimmen das hohe Klagelied über aussterbende Verwaltung, fehlende Ärzte, Fachkräfte, Ingenieure und Bauleiter an. Eine ehrliche Bankrotterklärung der Berliner Landes- und Bezirkspolitik!

Grund für das Sterben der Verwaltung: Es gibt keinen Nachwuchs. Es gibt viel zu wenig Fachkräfte.

Die Berliner Landes- und Bezirkspolitiker haben seit Jahrzehnten nicht nachhaltig gewirtschaftet. Sie haben sich stattdessen Heerscharen von Benachteiligten und Klientelgruppen herangezüchtet: die Mieter, die benachteiligtesten aller Benachteiligten: die Ewig-Migranten-Gruppen, die Vermieter, die Bauwirtschaft, die Sozialwirtschaft, die Helferindustrie usw usw. Diese erwarten nun, dass es immer so weitergeht. Aber es geht nicht immer so weiter. Erstens fehlt das Geld. Zweitens fehlen die Menschen. Drittens fehlt bei den meisten der Mut, Tacheles mit den Bürgern zu reden. Viertens gehen die Leute in Politik und Verwaltung selbst ihrer Pensionierung entgegen. Wozu die gesamten Fehler und Versäumnisse aufarbeiten?

Und das öffentliche Bildungswesen wird hin- und her reformiert.  Aber es „liefert“ nicht. Vielleicht deswegen?

Und Wohltaten werden weiter gerne ausgeteilt: etwa der „Super-Ferien-Pass“. Tolle Sache. Den wollen wir auch. DEN nehmen wir auch mit!

Diesen Offenbarungseid der Berliner Landes- und Bezirkspolitik sollte man sich nicht entgehen lassen!

Die Beamten sterben aus – Berliner Zeitung

 Sekretärinnen in den Schulen gibt es auch nicht mehr. Und Investoren können höher in der City bauen, weil es in den Baubehörden keine Fachleute mehr gibt, von denen sie kontrolliert werden.

Eine unrealistische Fiktion? Keinesfalls, sagen die Bürgermeister der zwölf Bezirke, wenn man die Personalentwicklung von diesem Jahr auf das Jahr 2020 hochrechnet. Schon jetzt schaffen es Neukölln und Pankow nicht, alle Kinder vor dem Schuljahresbeginn im August zu untersuchen.

„Die Mitarbeiter sind hoffnungslos überaltert“, sagt Franz Schulz (Grüne), Bürgermeister in Friedrichshain-Kreuzberg.

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Jan 162010
 

Wie können zwei Politiker gleichzeitig nach Wahlen sehr zufrieden sein? Oftmals schütteln Zeitgenossen den Kopf, wenn sie so etwas lesen. „Das kann doch nicht sein!“ Und doch mag in diesem Fall etwas dran sein. So schreibt der Tagesspiegel:

Kreuzbergs CDU will mit Grünen sprechen
Der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner ist seit Sonnabend erneut Kreisvorsitzender der Friedrichshain-Kreuzberger Union. Wansner wurde mit 35 Stimmen vor seinem Herausforderer Johannes Hampel gewählt, der 13 von 50 abgegebenen Stimmen erhielt. Beide CDU-Politiker äußerten sich „sehr zufrieden“ über ihr Wahlergebnis.

Versucht euch mal in die Lage der beiden Kontrahenten hineinzuversetzen: Der eine gewann haushoch mit mehr als doppelt soviel Stimmen vor dem Widersacher. Der andere trat zum ersten Mal überhaupt in einer wichtigen Parteiwahl an – er konnte sehr viel lernen und erhielt das zweitbeste Ergebnis von allen.

Für mich am wertvollsten: die Kritik an meiner Bewerbungsrede. „Zu lang“ höre ich drei Mal, „zu viele Geschichten – wo bleibt die ernsthafte Politik?“, – das waren nur zwei der Kritikpunkte, die mir entgegengebracht wurden. Weitere Kritik: „Wie oft waren Sie eigentlich auf unseren Stammtischen, Herr Hampel?“ Tja, ich stotterte: „Ich bitte um Verzeihung – vielleicht sechs oder acht Mal.“

Wir halten fest: Trotz einer mittelmäßigen, zu langen Bewerbungsrede, trotz fehlender geistiger Durchdringung der politischen Materie und trotz kläglich geringer Präsenz bei den obligatorischen Stammtischen habe ich also immerhin gegen einen langjährigen, erfahrenen Parlamentsabgeordneten mit mehr als 10 Mal soviel Jahren Parteimitgliedschaft in einer Kampfkandidatur aus dem Stand heraus etwa 30% der Stimmen geholt.  Nicht schlecht. Also: ich bin zufrieden. Sehr. Bitte glaubt es mir.

 Posted by at 22:59

Was soll der Staat?

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Jan 112010
 

Interessanter Hinweis unseres aufmerksamen Lesers BS auf den folgenden Kommentar von Roland Tichy in der aktuellen Wirtschaftswoche:

 Chefsache » Blog Archive » Der Netto-Schock – wiwo.de
Dieser Staat ist nicht arm – immerhin greift er satte 47 Prozent des Volkseinkommens für sich ab. Zwar wird der Staat 2009 etwa 37 Milliarden Euro weniger eingenommen haben als noch 2008. Aber das Steueraufkommen 2008 war fast 110 Milliarden Euro höher als noch 2005; und selbst im Finanzkrisenjahr 2009 flossen noch 72 Milliarden Euro mehr.

Schlussfolgerung Tichys: Der Staat sollte zuerst an den Ausgaben sparen und dann an Steuersenkungen denken. Er unterstellt der CDU, sie habe der SPD den Ruf der Hüterin des Sozialstaates abkaufen wollen. Die FDP sollte nun als Hallodri dargestellt werden.

Ob man dem nun zustimmt oder nicht: Ich selber vertrete ebenfalls die Ansicht, dass der Weg zu konsolidierten Staatsfinanzen zunächst über Ausgabenkürzungen führen muss. Da hatte doch Andreas Troge, der kurz vor den Wahlen aus der CDU ausgetretene ehemalige Chef des Umweltbundesamtes, den Vorschlag gemacht, man solle die direkt umweltbelastenden Subventionen streichen. Einsparpotenzial 30 Mrd. Euro (dieses Blog berichtete am 19.09.2009). Und du atmest auf.

 Posted by at 21:32

Too big NOT to fail – Zu groß als dass sie NICHT scheitern sollte …

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Jun 182009
 

In diesem Sinne äußerte sich der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Er ist einer der wenigen, der dem allgemeinen Gelübde widerspricht, wonach Lehman Brothers hätte gerettet werden müssen. Gerade die sehr großen Banken stellen eine Gefahr für den Markt dar, da ihr Zusammenbruch fast unvermeidlich kleinere Häuser mit in den Abgrund reißt. Deshalb – so Ackermann – müsse ein Interesse daran bestehen, keine allzu großen Finanzinstitute entstehen zu lassen.

Die Deutsche Bank ist ja selbst zwar in Deutschland die Nummer 1, weltweit aber eher eine Kleine unter den Großen, oder eine Große unter den Kleinen.

Toll, dass immer mehr Leute den Mund aufmachen – das Schweigen brechen, in das sich zahlreiche Aufsichtsräte und Regierungsvertreter einhüllen. Die Bankenrettung war ein Schritt, dessen verheerende Folgen uns noch Jahrzehnte begleiten werden.Und jetzt schaut kaum jemand mehr nach, was sich vorher schon an unverzeihlichen Fehlern in der staatlichen Bankenaufsicht, vor allem aber in den Aufsichtsräten der Banken abgespielt hat.

Bitte alles auspacken! Danke Herr Ackermann!

 Folgen der Finanzkrise: Ackermann warnt vor Banken-Giganten – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
Vor diesem Hintergrund sei der Untergang der großen US-Investmentbank Lehman Brothers im vergangenen Herbst, der die Finanzkrise erheblich verschärfte, „in historischer Perspektive gar nicht so schlecht, weil er gezeigt hat, dass es den ‚Moral Hazard‘ nicht geben darf“

 Posted by at 15:26
Feb 282009
 

Immer wieder höre ich die niederschmetternde Nachricht, dass erwachsene Menschen von 351.- im Monat leben sollen. Wohlmeinende Politikerinnen sagen dann auch gerne: entwürdigend, „zum Leben zu viel, zum Sterben zu wenig“ und dergleichen mehr. Seufz! In unserem Wahlkreis treten Kandidaten an, die eine Aufstockung dieses erbärmlichen Satzes verlangen.

Diese 351 Euro sind der gegenwärtige Regelsatz zum Lebensunterhalt für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Kann man davon leben? Ich erkundige mich bei den Betroffenen selbst. Ihre eindeutige Antwort: Ja, es geht. Zwar kann man keinen Flachbildfernseher davon kaufen, aber ein üblicher Fernseher gehört zur Erstausstattung einer Wohnung. Und diese wird bezahlt.

Ja, wie denn das? Antwort: Die 351 Euro sind nur der Geldbetrag, der unabhängig vom tatsächlichen Bedarf ausgezahlt wird. Zusätzlich zu diesem Regelsatz übernimmt die Gemeinschaft jedoch für die Hartz-IV-Empfänger:

Miete, Heizkosten, Steuern, Krankenkassenbeiträge, Zuzahlungen bei Zahnersatz, Schulbücher, Möbel bei Erstausstattung einer Wohnung, Babykleidung bei Erstausstattung, mehrtägige Klassenfahrten, GEZ-Gebühren, Schornsteinfeger, Gebühren für Straßenreinigung, Haushaltsgeräte bei Erstausstattung einer Wohnung, Mietkaution, Umzugskosten, Pflegeversicherungsbeiträge, Arbeitslosenversicherungsbeiträge

Wieviel Geld ist das? Ich rechne für uns nach und komme zum Schluss: Ein Mehrfaches des sogenannten Regelsatzes. Man kann grob gerechnet davon ausgehen, dass jeder Hartz-IV-empfangende Erwachsene etwa 1500 Euro pro Monat an Zuwendungen erhält.

Zum Thema Auto: Ein Auto, das mehr als 7500 Euro wert ist, wird als Vermögen angerechnet, d.h.: Nur bis zum Wert von 7500 Euro gilt ein PKW als „angemessen“ und gilt als Schonvermögen. Ob die Hartz-IV-Empfänger Anspruch auf Auszahlung der Abwrackprämie zur Anschaffung eines Neu-PKWs haben, wird derzeit im Arbeitsministerium geprüft.

Wie können die Hartz-IV-Empfänger überleben? Die Antwort haben wir uns selbst gegeben. Die Gemeinschaft übernimmt die gesamten Grundkosten der Existenzsicherung; diese Kosten sind die eigentliche Unterstützung, und darauf gibt es dann noch zusätzlich die 351 Euro. Damit kann man keine großen Sprünge machen, aber es müsste eigentlich reichen. Eine ökologisch verantwortliche Lebensführung ist damit möglich. Gegenüber den Nicht-EU-Ländern wie etwa Russland, Ukraine, Weißrussland, Türkei, Serbien, Montenegro, Libanon usw. sind dies geradezu üppige Verhältnisse. Und unseren deutschen Hartz-IV-Empfängern geht es statistisch weit besser als den Sozialhilfeempfängern in vielen EU-Ländern.

Eine Erhöhung des Regelsatzes von 351 auf 360 Euro – wie von der Linken gefordert – entspräche dann einer Aufbesserung der Hartz-IV-Versorgung um etwa 0,6%. Lohnt es sich, diese 0,6%  als echten Wahlkampfknaller zu verwenden? Wird sich dadurch etwas Grundlegendes an der Situation ändern?

 Posted by at 10:53
Apr 192008
 

Ich habe das Etikett „Reklame unerwünscht“ von unserem Briefkasten entfernt, und so fand ich im Briefkasten heute das Periodikum Einkauf aktuell. Ein Service der Deutschen Post, 19.4. – 25.4.2008. Auf S. 20 finde ich einen spannnenden Bericht über Die schlaue Familien-Show: „Frag doch mal die Maus“. Und da ich im Fitnesstudio auch heute meine übliche Gratis-FAZ abgegriffen habe, verrühre ich das in Einkauf aktuell Gelesene mit einem sehr kompetenten Beitrag des heutigen FAZ-Finanzteils „Klassische Basisrenten bringen hohe Renditen“ zu einem kleinen Denkspiel (die Kanzlerin wünschte sich ja – wie in diesem Blog berichtet – am 13. April eine Sendung mit der Maus für Finanzen … ). Aber lest selbst:

37 Jahre lang hat die Maus schon wacker gearbeitet, hat Herzen erobert, Fragen beantwortet, von denen wir gar nicht wussten, dass sie uns auf den Nägeln brannten. Das Durchschnittsalter beim Publikum ihrer „Lach- und Sachgeschichten“ beträgt satte 39 Jahre. Doch auch wenn wir immer älter werden und immer länger gesund bleiben: irgendwann zieht sich jede fleißige Maus aus dem Erwerbsleben zurück. Wie soll sie vorsorgen?

Immer mehr Mäuse werden immer älter. Das ist gut. Aber immer weniger Mäuse, die arbeiten, müssen die Renten für die aufbringen, die nicht mehr arbeiten. Das bringt Probleme. Denn die staatliche Rente wird durch laufende Einzahlungen finanziert. Das Geld wird also nicht sozusagen aus einem riesigen Topf genommen, der schon fix und fertig dasteht, sondern es muss Monat für Monat neu erwirtschaftet und eingezahlt werden. Das nennt man Umlageverfahren. Und irgendwann werden die laufenden Einzahlungen so niedrig, dass die Rentner nicht mehr genug aus diesem Umlageverfahren bekommen würden. Dann müsste der Staat noch das fehlende Geld beisteuern.

Der Staat hat deshalb verschiedene Anreize eingeführt, damit alle, die arbeiten, mehr davon für das Alter zurücklegen. Dazu gehört auch die sogenannte „Basisrente“ aus dem Jahr 2005. Man nent sie auch „Rürup-Rente“. Sie ist vor allem für solche gedacht, die wie die Maus freiberuflich arbeiten. Man zahlt bei der Rürup-Rente über einen längeren Zeitraum Monat für Monat einen festen Betrag an eine Bank oder eine Versicherung. Die Versicherung geht so damit um, dass das Geld mehr wird. Man sagt: das Geld „arbeitet“. Das zusätzliche Geld, das so angehäuft wird, heißt Zinsen. Übrigens: Die Basisrente ist nicht umlagefinanziert, sondern – wie man sagt – „kapitalgedeckt“. Das bedeutet: Nur das Geld, das eingezahlt wird, kommt irgendwann auch wieder heraus. Und zwar als eine Rente, die lebenslang an den Einzahler ausbezahlt wird. Wie hoch die Rente dann genau wird, weiß die Maus noch nicht. Nur eine Mindestrente, die sogenannte Garantierente, wird ihr schon beim Vetragsabschluss versprochen.

Soll die Maus eine solche Rente abschließen? Wieviel müsste sie Monat für Monat zahlen, damit sie im Alter ohne Sorgen mauswürdig leben kann?

Dazu haben wir die Angaben der Maus bei einem namhaften Versicherer eingegeben. Wenn die Maus mit 67 in Rente geht, heißt das: Sie muss noch 30 Jahre arbeiten. Für sie als gefragte Moderatorin haben wir 90.000 Euro zu versteuerndes Einkommen pro Jahr angesetzt. Sie ist ledig und nicht kirchensteuerpflichtig. Ergebnis: Wenn sie eine garantierte monatliche Rente von 1.500 Euro ereichen will, muss sie ab sofort monatlich einen Beitrag von 839,00 Euro einzahlen. Diesen Betrag braucht sie dann nicht mehr zu versteuern. Sie spart also Steuern. Im Jahr 2008 genau 1.718,59. DerStaat verlangt weniger Steuern, weil er weiß: „Diese Maus sorgt für sich vor. Ich werde später nicht unser aller Steuergeld aufbringen müssen, um ihr ein mauswürdiges Dasein zu sichern. Das belohne ich und senke ihre Steuerlast.“

Die Nachteile bei der klassischen Basisrente sind: Die Rente wird nicht auf einmal ausgezahlt, also etwa zu Beginn des Rentnerinnendaseins, sondern als regelmäßige Rente, solange die Maus lebt. Stirbt die Maus 1 Jahr nach ihrer Verrentung, hätte sie also die ganzen 30 Jahre fast umsonst eingezahlt! Das wäre doch dumm! Denn sie kann die Rente auch nicht vererben. Hat sie denn überhaupt Kinder? Das wissen wir nicht. Aber auch der blaue Elefant, ihr Bühnenpartner, hätte gar nichts von all dem mühsam vom Mäulchen abgesparten Geld!

Und außerdem: Der errechnete Überschuss aus dem eingezahlten Geld, also das Geld, das sich im Lauf der Zeit zusätzlich ansammelt, beträgt zwar in der Theorie 4,98%. Aus 100 Euro, die eingezahlt werden, kommen also in der Musterrechnung noch einmal 4,98 Euro drauf. Die nennt man Rendite. Aber: Wenn die Maus das Geld anderswo anlegen würde, könnte sie wesentlich mehr Rendite bekommen. Etwa auf dem Aktienmarkt. Aber kennt sie sich da denn aus? Was ist das eigentlich – der Aktienmarkt?

Darüber sprechen wir in einer der nächsten Folgen von „Frag doch mal die Finanzmaus“.

Liebe Kinder – schreibt uns – was meint ihr? Soll die Maus eine klassische Basisrente, die sogenannte Rürup-Rente abschließen? Oder gibt es für sie etwas Besseres?

Einfach Kommentarfeld anklicken, losschreiben unter Stichwort: „Frag doch mal die Finanzmaus“ und abschicken! Und: Die Finanzmaus wartet auch auf eure anderen Fragen! Nur los … sie wird sich Mühe geben so zu antworten, dass ihr alle es versteht!

 Posted by at 23:10