Feb 172009
 

Als Kind wäre dieser Mann fast im Ammersee ertrunken. Niemand kam, um ihn zu retten. Er musste aus eigener Kraft an Land.

Dieses Vertrauen in die eigenen Kräfte war bitter nötig, als Thilo Sarrazin nach Berlin kam. Jetzt geht er. Bürgermeister Wowereit verliert, die Stadt verliert, wir alle verlieren einen Menschen, über den man sich herrlich aufregen konnte. Schade. Denn es war schwer, ihm fachliche Fehler nachzuweisen. Die Süddeutsche bringt heute einen sehr unterhaltsamen Rückblick. Lesen lohnt:

Sarrazin geht zur Bundesbank – Rechnen und abrechnen – Seite 2 – Politik – sueddeutsche.de
Ein Wesen von einem anderen Stern kam daher, ein intellektueller Managertyp, promovierter Volkswirt mit schnellem Rechner im Kopf, fachlich brillant, persönlich aber schwierig.

Sie haben also erst mal das getan, was sie hier immer getan haben und stapelten dem Neuen den Tisch mit Akten zu. Das war ein Symptom, fand er, nicht für den Fleiß der Beamten, sondern für die ganze ineffiziente Verwaltung des Landes. „Aktenvermerke, die so lang und so umständlich waren, dass man sie auch in anderthalb Stunden nicht bewältigen konnte“, sagt Sarrazin.

„Vorlagen, die zu 80 Prozent gar nicht auf meiner Ebene zu entscheiden waren.“ Eine „verdeckte Sachbearbeiterherrschaft“ hat er vorgefunden, bei der Beamte nur den Dienstweg abzeichneten und die Verantwortung dann zügig nach oben weiterreichten.

Als die Aktentürme seine Schultern erreichten, bestellte er einen Referatsleiter ein. Damals ging es um die Frage, ob Berlin den sozialen Wohnungsbau weiter fördern sollte, dort versickerten viele Millionen. Es erschien ein Beamter, Ende fünfzig, in nicht eben eleganter Kleidung.

Er hatte einen Stapel von Papieren mitgebracht, überall klebten gelbe Merkzettel, und so ähnlich strukturiert war wohl auch der mündliche Vortrag. „Da wurde ich etwas lauter.“ Fünf Seiten wollte Sarrazin, mehr nicht, mit allen relevanten Zahlen. Er hat den Papierstapel auf den Tisch geklatscht, und weil er „irgendwie schief“ stand, rieselte ein Zettelregen auf den Boden. Sarrazin kichert jetzt vergnügt. „Der hat das Haus verlassen und sich dauerkrank gemeldet.“

 Posted by at 17:29

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