Apr 282009
 

Ich meine: ja, wir brauchen mehr Austausch zwischen den verschiedenen Inseln, in die unsere Stadt zunehmend zerfällt. Man sollte mehr reden, Gedanken austauschen. Habt ihr etwa Anne Will am letzten Sonntag gesehen? Das Thema DDR diskutierten Wolfgang Schäuble, Wolfgang Thierse, Ulrich Maurer und Hubertus Knabe. Auch da war dasselbe zu beobachten: ein Gespräch zwischen Deutsch-Ost und Deutsch-West kam einfach nicht in Gang! Absolut sehenswert!  Jeder versuchte dem anderen zu beweisen, wie sehr er recht hat. Genau so läuft es oft, wenn Berlin Ost auf Berlin West trifft.

Hajo Schumacher stimmt in der heutigen Morgenpost mit den in diesem Blog angestellten Analysen überein: Berlins Bevölkerung driftet auseinander, die Unterschiede zwischen den Sozialmilieus verwischen sich nicht – im Gegenteil. Neue Teil-Inseln kommen hinzu. Völlig vergessen hat Schumacher auch die verschiedenen national geschiedenen Ausländergruppen, die ebenfalls zunehmend eigene Sondermilieus entwickeln: DIE Russen, DIE Polen, DIE Türken, DIE Araber.

Ich selber – fühle mich übrigens keinem dieser Milieus zugehörig, sondern bin längst ein dauernder Migrant zwischen ihnen. Weder Parteien noch Beruf noch ein Verband können mir zu einer verlässlichen „soziokulturellen Zugehörigkeit“ verhelfen. Wie oft habe ich das Gefühl: Ja wo bin ich denn hier gelandet? Geht’s noch?!

Nur die Familie könnte das schaffen. Als Familie sind wir jedoch Ost-West-Mischung in Reinkultur. Klare Milieuverankerung – Fehlanzeige! Ein  Leben ohne Milieuzugehörigkeit, wir sind Bürger zwischen den Fronten: spannend!

Nach Pro Reli – Berlin braucht einen Bürgeraustausch – Berlin – Berliner Morgenpost
Von außen als hipper Monolith wahrgenommen, zerfällt die Hauptstadt in drei Teile, die sich anhand der Wahlergebnisse nahezu mathematisch bestimmen lassen: in Ost und West siedelt jeweils ein gutes Viertel Mobilisierungsbereiter, die Resthälfte machen die Neuen aus. Die Menschen haben zwar denselben Bürgermeister, das gleiche Autokennzeichen und einen gemeinsamen Hauptbahnhof – doch ihr kulturelles, historisches und alltägliches Lebensgefühl ist auseinandergedriftet. Die Stadt besteht aus Inseln, jede mit ihrer eigenen Realität und ohne viel Bereitschaft, die Wirklichkeit der anderen wahrzunehmen. Der frühere Mauerstreifen bildet in jeder Wahlgrafik eine relativ verlässliche Trennlinie.

 Posted by at 12:08

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