Nov 102012
 

Spannendes Belegmaterial für die geschichtliche Forschung ist im Berliner Reißwolf gelandet. Schade. Gerade brachte noch der SPIEGEL (Ausgabe 38/2012, S. 43) ein 1972 entstandenes Foto

a) des Anwalts Hans-Christian Ströbele,
b) seines ehemaligen Sozius, „Kumpels“ und späteren Mandanten Horst Mahler, und
c) des späteren Innenministers Otto Schily.

Und jetzt wird achtlos mit den Akten umgegangen, die Licht auf den gesamten braunen und roten Terrorismus der letzten Jahrzehnte hätten werfen können. Unverzeihlich. Was hätte man da noch für Funde machen können – zumal ja seit 2009 bekannt ist, dass die ostdeutsche Staatssicherheit den roten Terrorismus, in dessen Dunstkreis sich damals sowohl Ströbele als auch Schily bewegten, ab etwa 1955 in der Bundesrepublik gezielt mitfinanzierte und aufbaute. Unverzeihlich, zumal es für den Bundestagsabgeordneten Ströbele sicherlich eine Klärung seiner Vergangenheit gebracht hätte, wenn die verschlungenen, sich mehrfach überkreuzenden Pfade eines mehrfach die Seiten wechselnden Täters wie Horst Mahler – einschließlich aller Verbindungen und Verweise – hätten offengelegt werden können. Dass die Familie des von dem Stasi-Agenten Karl-Heinz Kurras erschossenen Studenten Benno Ohnesorg dann als Nebenklägerin durch ebendiesen Rechtsextremisten Horst Mahler, der Sozius von Ströbele gewesen war, anwaltlich im Prozess vertreten wurde, ist ein spannendes Geheimnis. Ein unentwirrbar veschlungenes Knäuel von Freundschaften, „Sozietäten“, Bündnissen, Abhängigkeiten, Verstrickungen.

Wie das alles zusammenhing, wird sich ohne diese jetzt vernichteten Akten kaum zweifelsfrei aufklären lassen. Denkbar und höchst wahrscheinlich ist eine Verschränkung von Stasi und RAF, aber ob und wie bestehende terroristische Netzwerke, zu denen etwa Horst Mahler gehörte, dann allmählich von rot auf braun, von linksextrem auf rechtsextrem umschalteten, ist völlig unklar. Gab es eine beständige terroristische Szene, die sowohl Links- wie auch Rechtsterroristen umfasste und in beiden früheren deutschen Staaten angelegt wurde? Einig waren und sind sich Links- wie Rechtsextremisten in vielem, etwa in der Ablehnung der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, in der Bejahung der Gewalt, in der Bekämpfung des „Systems“. Gab es da organisatorische Kontinuitäten?

Hier ein Artikel zu diesem Thema:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/affaere-um-aktenvernichtung-vorsatz-der-verdacht-liege-nicht-besonders-nahe/7372298-2.html

Also „entheftete“ im Juni der Referatsleiter, anfangs unterstützt von zwei Mitarbeitern, drei Tage lang stapelweise Akten. Allerdings nahm er sich die Kisten auf der linken Seite vor, die für das Archiv vorgesehen waren. Wieso, sei „nicht zu erklären“, sagte Feuerberg. Erinnern könne sich der Referatsleiter nur, dass es in den Akten unter anderem um den Rechtsextremisten Horst Mahler ging. Eine Verbindung zur NSU habe er nicht hergestellt. Am 29. Juni seien die Akten in der Bundesdruckerei vernichtet worden – wenige Tage bevor Berlins Verfassungsschutzchefin einen offiziellen Stopp für Vernichtungen derartiger Akten verhängte.

 Posted by at 21:11

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