Der gestrige Beitrag über den Ahornbaum BBB 000241 im Prinzenbad Kreuzberg erfuhr unterschiedlichstes Echo:
„Woher willst du wissen, dass es wirklich dieser Ahorn war, an dem du früher, vor 10 Jahren, Klimmzüge machtest?“, fragte ein Leser.
Antwort: Ich glaube mich zu erinnern, an genau diesem einen Ast in etwa 2,50 m Höhe mit der charakteristischen Krümmung Klimmzüge gemacht zu haben. Einen Beweis außerhalb der Erinnerung kann ich nicht anbieten.
Ich bitte euch darum, dass ihr mir glaubt. Glauben heißt: der Erinnerung eines anderen, der dir davon erzählt, vertrauen.
„Bäume wachsen schneller als Menschen, wie du richtig sagst. Aber Menschen springen höher als Bäume“, wandte ein anderer ein.
Antwort: Richtig, ein Trost! Wir Menschen können uns vom Boden ablösen; wir sind frei – im Gegensatz zu Bäumen.
„Willst du immer noch wachsen? Bist du nicht schon groß genug?“, schalt mich ein dritter.
Antwort: Nein, ich will nicht mehr wachsen. Ich bescheide mich. Bäume hingegen scheinen viel länger zu wachsen als Menschen.
„Vielleicht fehlt dir der Mut, so hoch zu springen wie früher“, so der Zweifel eines vierten.
Antwort: Das kann ich nicht ausschließen. Möglicherweise ist mir das Risiko zu hoch, nach dem Springen unglücklich aufzuprallen. Früher war ich wagemutiger. Es fehlt bei dieser Aufgabe das letzte Zutrauen in die eigene Kraft, es fehlt auch an den ermunternden Worten von Zuschauern.
Wer weiß, vielleicht würde das Wagnis gelingen, wenn einer dem Morgensportler zuriefe: „Traue Dich, du schaffst es. Ich traue es dir zu.“
Im Zuspruch des Zutrauens wachsen wir oft über uns selbst hinaus, wir wagen den Sprung in die Freiheit des Gelingens. Ohne diesen Zuspruch sammeln wir nicht die berühmten ungeahnten Kräfte. Wir verzagen.
Glauben, Vertrauen in die eigene Freiheit, Zutrauen in die Erinnerung eines anderen, Vertrauen in die erzählte Vergangenheit – das sind die Zutaten, aus denen sich allmählich eine Erinnerungsgemeinschaft bildet.
Wie dem auch sei: Beim Betrachten des herrlichen Ahornbaumes erfasste mich heute morgen ein großes Erstaunen und eine große Freude über den prachtvollen Wuchs dieses kleinen Naturwunders, dessen Werden, Gedeihen und Reifen ich seit vielen Jahren verfolgen darf.
Stiller, gütiger Ahorn BBB 000241, Du breitest über uns deine Arme aus. Du erduldest gnädig unsere Versuche, die Freiheit des Menschen zu erfahren. Danke, Ahorn BBB 000241.
Bild: Der Ahorn BBB 000241 im Prinzenbad, Aufnahme von heute, 08.19 Uhr.
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