Gutes dankbares Nachsummen und Nachsinnen über die Sprache der Psalmen, die mich seit meiner Kindheit begleitet! Psalmen sind Gedanken, Gefühle, Reden, Bekenntnisse, Gespräche mit dem abwesenden Übersteigenden in poetisch gegliederter Gestalt, verfasst in hebräischer Sprache über Jahrhunderte im alten Israel, hundertfach aufgenommen, weitergesponnen, übersetzt in alle alten und modernen Mundarten. Ich vergleiche die Psalmen gerne mit fließendem Öl, das sanft über die Schultern rinnt.
Die Psalmen 12, 90 und 133 stehen morgen auf dem Programm unserer kleinen französischen Abendandacht.
Hier der Beginn des Psalms 133 in moderner französischer Fassung:
C’est comme l’huile précieuse qui, répandue sur la tête,
Descend sur la barbe, sur la barbe d’Aaron,
Qui descend sur le bord de ses vêtements.
„Es ist wie wertvolles Öl, das, ausgeschüttet über dem Kopf, den Bart hinabrinnt, den Bart Aarons,
Das über den Saum seiner Gewänder hinabläuft […]“
In einer älteren französischen Fassung, die Claude Goudimel 1564 vertont hat, lautet dieser Beginn des Psalms 133:
Cela me fait de l’onguent souvenir
Tant precieux, dont perfumer je voy
Aaron, le Prestre de la Loy.
Hier fällt auf, dass die beglückende Erfahrung des Übersteigenden als Erinnerung an etwas Fließend-Flüchtiges gefasst wird – an etwas Abwesendes!
Sonntag, 17. November 2019, 18 Uhr:
Abendandacht. Mit geistlicher Musik aus Frankreich. Texte und Improvisationen
Claude Goudimel: Genfer Psalter (1565)
Jehan Alain: Messe modale (1923)
Johannes Hampel, Violine
Nadia Boldakowa, Violine
Ursula Hillermann, Viola
Albrecht Kleinlein, Violoncello
Frauenchor – Männerchor
Kathrin Freyburg, Leitung
Joachim Krätschell, Lesungen
Christian Hagitte, Improvisationen
Hochmeisterkirche, Westfälische Straße 70A, 10709 Berlin-Halensee
Bild: feuchte Holzbohlen, alte Farbreste, Schrauben, alter Sportschuh der Größe 47,5, Konzertplakat. Aufgenommen heute im Park vor dem EUREF-Campus
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