„Der Maulwurf des Volkes hat die Kathedrale der Globalisierung untergraben.“ Giulio Tremontis treffende Metapher

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Jan. 172017
 

„La talpa del popolo ha minato la cattedrale della globalizzazione – „der Maulwurf des Volkes hat die Kathedrale der Globalisierung untergraben“, mit diesem sehr treffenden Vergleich hat Giulio Tremonti, der bekannte europäische Hochschulprofessor und Jurist  gestern Nachmittag etwa um 17 Uhr  in dem Fernsehsender RAI news 24 die aktuelle Weltlage in ein sehr aussagefähiges Bild gefasst (hier sinngemäß aus dem Gedächtnis wiedergegeben).

Ein sehr hörenswertes Interview! Die Globalisierung, so der gute Europäer Tremonti, sei seit dem Fall der Berliner Mauer eine Religion geworden. Auf dem Grundgedanken des weltweit einheitlichen Marktes habe man den einheitlichen Verbraucher erstehen lassen wollen. Man habe sich bemüht, eine Art Homo novus zu schaffen, unabhängig davon, ob die Menschen (also das Volk, il popolo) dies wolle oder nicht. Traditionen, gewachsene Bindungen, Herkünfte seien eingeebnet worden, um darauf die Kathedrale des einheitlichen Marktes zu errichten.

Bei dem Bemühen eine neue einheitliche Welt mit einem neuen einheitlichen homo consumator zu schaffen, sei zu viel in zu kurzer Zeit angepackt worden. Er selbst habe während seiner aktiven Zeit als italienischer Minister vergeblich versucht, längere Übergangsfristen zu bewirken, z.B. durch die Beibehaltung oder Einführung von Übergangszöllen, die den Schock der plötzlichen Einebnung beim Bau der Kathedrale hätten abmildern sollen.

Doch das Volk, dieser Maulwurf, habe sich nicht an die Wünsche der Herren und Meister der Globalisierung gebunden gefühlt. Mittlerweile habe das Volk die Kathedrale zu unterwühlen begonnen.

Spannend, finde ich! Man sollte darüber diskutieren. Tremonti merkt zu recht an, dass der Glaube an die Einheit des Marktes, der Glaube an den einheitlichen neuen Verbraucher, der Glaube an die Einigungskraft des Geldes eine echte politische Religion geworden ist, in deren Dienst sich viele Politiker gestellt haben. Alte Bindungen an Herkünfte, Sprachen, Orte, der Glaube an Gott und Götter, an Kunst und Sitten, an bestehende Rechtsordnungen werden ausgehebelt. Nichts darf dem Bau der einen einzigen überragenden Kathedrale entgegenstehen.

Nur das störende, störrische Volk sperrt sich gegen diesen Vorgang, denn – il popolo è populista, das Volk ist nun mal populistisch. Es ist ja sein Wesen.

Ähnlich, wenn auch nicht so brillant zugespitzt  formuliert wie bei dem live gesendeten Interview von RAI News äußerte sich Tremonti auch im Corriere della sera (Fettdruck durch dieses Blog):

Professore, non le pare eccessivo evocare l’estinzione della globalizzazione?
«Qualche giorno dopo le elezioni americane, Obama disse a Berlino che la vittoria di Trump non sarebbe stata la fine del mondo. Non è stata la fine del mondo ma sarà la fine di “un” mondo. La giovane talpa populista ha via via scavato il terreno su cui la globalizzazione aveva costruito nell’ultimo ventennio la sua cattedrale».

http://www.corriere.it/esteri/17_gennaio_16/donald-trump-fa-storia-finita-utopia-globalizzazione-giulio-tremonti-intervista-ff95f7c8-db5e-11e6-8da6-59efe3faefec.shtml?refresh_ce-cp

 

Bild: Eine Kathedrale der Zukunft wird in Mailand gebaut

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Ist das die globalesische Stadt der Zukunft?

 Geld, Gouvernance économique, Italienisches, Mailand, Trasformismo europeo  Kommentare deaktiviert für Ist das die globalesische Stadt der Zukunft?
Mai 162016
 

20160514_130355Ist das die Stadt der Zukunft? Wir nahmen vom Domplatz aus in Mailand eine zufällig gewählte Straßenbahn. Als wir ausstiegen, ragten hoch über uns zwei Türme auf. Der eine, der berühmte Allianz-Tower, von berühmten Architekten geschaffen für mehr als 500 Millionen Euro. Daneben schraubt sich kühn, konstruktivistisch, himmelstürmend der nächste Turm hoch in die Lüfte. Wer ist höher, Allianz oder Generali? Der Wettbewerb ist eröffnet.

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Höher, größer, teurer, berühmter, himmelstürmender, globalesischer, das ist das Italien der Zukunft. Mögen die Geigenbauer in Cremona ächzen und stöhnen, mögen die Almbauern zuhauf ihre Betriebe aufgeben, mögen den Hotelbetreibern im Tal des Brembo graue Haare wachsen. Geld Geld Geld ist da in Hülle und Fülle für die Glitzerfassaden der Versicherungen und Banken. Cremona sta un po‘ morendo, la val Brembana sta morendo pure, die italienische Provinz, das Rückgrat der großen Kultur Italiens wird entvölkert, ausgesogen. Die kleinen und mittelständischen Betriebe, das Handwerk Italiens kämpfen um die nackte Existenz.  Die wenigen globalesischen  Wasserköpfe Italiens wachsen und wachsen. Milliarden Euro regnen auf diese Pilze des Kapitals herab! Das ist eine Welt!

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