It was a cold day in April …

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Apr. 172015
 

Kirche Moskwa2014-08-14 13.22.42

Was bringt uns denn dieser kalte Apriltag, dieser kaum sonnige kalte 17. April des Jahres 2015? Nun, er begann mit einer Niederlage. Aus einem Frankfurter Pub Quiz wurde ich gestern als Telephonjoker angerufen, wie ich heute morgen beim Frühstück entdeckte. Es war kein Joke!

Aufgabe: Aus welchem Roman stammt folgender Anfang:

„It was a bright cold day in April, and the clocks were striking thirteen.“

Bozhe moj, da bekam ich aber kalte Füße! Dass mir das passieren musste! Na, hättet ihr es gewusst? Ich hätte es wissen müssen, denn das Buch gehörte zur Schullektüre im Fach Englisch an dem Gymnasium, das ich besucht habe. Ich hätte es also wissen können!

Mehr oder minder zufällig griff ich am heutigen kühlen 17. April in meine kleine Bibliothek, die ich mir am letzten Sonntag durch zwei Zukäufe auf dem wie immer gut sortierten Flohmarkt vor dem Schöneberger Rathaus erweitert habe. Der russische Schriftsteller Wladimir Solowjow ist ein guter Weggefährte, wenn es darum geht, den geistig-politischen Weg des heutigen Russland besser zu verstehen. Ich empfehle diesen Autor, insbesondere die 5 Seiten seines Vorworts zur 2. Auflage des Werks „Die nationale Frage in Rußland“, allen „Transatlantikern“ und „Russlandverstehern“ gleichermaßen, knüpft doch das heutige Russland und auch die derzeit stärkste Partei ganz ausdrücklich immer wieder an bedeutende russische Denker wie Solowjow, Aksakow, Iwan Iljin und einige andere an.

Was schrieb Solowjow beispielsweise in Moskau am 17. April 1888? Nun, er stellt sich die Frage nach dem politischen Auftrag und der kulturellen Bestimmung Russlands. Soll Russland durch Macht das Recht setzen? Oder soll es der Macht des Rechts folgen? Solowjew – der die politische Großwetterlage seiner Zeit erstaunlich hellsichtig analysiert – ist auch darin glasklar: Er erteilt jedem nationalen Egoismus eine scharfe Absage. Recht -sagt Solowjow – geht vor Macht. Macht muss sich an die Herrschaft des Rechts und an moralische Pflichten binden, die ihrerseits der Verfügung der politischen Macht entzogen sind. Wir zitieren:

Wenn Rußland seine moralische Pflicht nicht erfüllt, und auf seinen nationalen Egoismus nicht verzichtet, wenn es dem Recht durch Macht nicht absagen und an die Macht des Rechtes nicht glauben will, wenn es nicht aufrichtig und stark nach geistiger Freiheit und Wahrheit Verlangen tragen wird, dann kann es auch niemals einen sicheren Erfolg haben, weder in irgendeiner äußeren noch einer inneren Angelegenheit. […]

Moskau 17.4. 1888.

Zitat:
Wladimir Solovjeff: „Vorwort zur zweiten Auflage“, in: Die nationale Frage in Rußland. I. Teil., in: Wladimir Solovjeff: Nationale und politische Betrachtungen, Der Kommende Tag A.G. Verlag, Stuttgart 1922 [=W. Solovjeff, Ausgewählte Werke. Aus dem Russischen von Harry Köhler, Vierter Band] S.3-7, hier S. 7

Bidl: Eine christliche Kirche am Ufer des Flusses Moskwa, gesehen im August 2014

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„Affe … hat … Affe getötet“, oder: Caesars revolutionäre Einsicht in die eigene Schuldfähigkeit

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Apr. 012015
 

Sturmtief Oskar

Der Film „Planet der Affen – Revolution“, 2014 in unserer Kinos gekommen, wird wohl in jedem nachdenklichen Menschen einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Als Regisseur des amerikanischen Streifens zeichnet Matt Reeves. Wir sahen das Kunstwerk mit Kind und Kegel und Popcorngeruch im Cinemaxx am Potsdamer Platz an einem feuchtkalten Sonntag des Jahres 2014.

Der im Original „Dawn of the Planet of the Apes“ betitelte Film spielt 10 Jahre nach einer allvernichtenden Katastrophe in der ferneren Zukunft. Eine düstere, von ständigen Regengüssen gepeitschte Landschaft ermöglicht vorläufig den wenigen überlebenden Menschen und den Affen eine vorläufige, jederzeit gefährdete Existenz, nicht weit entfernt von San Francisco.

Eine Horde Laboraffen, die tierquälerischen medizinischen Experimenten entkommen ist, hat den fast vollständigen Untergang der Menschheit überlebt, hat Lesen und Schreiben gelernt und baut sich mühselig auf den Trümmern der menschlichen Zivilation eine neue, äffische Kultur mit Brauchtum, Riten und Religion auf. Sie bilden also das, was man die „Urhorde“ nennen könnte.

Die gnadenlose Ausbeutung des Affen durch den Menschen ist eine fest verankerte, das kulturelle Gedächtnis der Affen prägende Erinnerung; ein Teil der Affen ist durch die erlittenen qualvollen medizinischen Experimente zutiefst traumatisiert; sie lehnen jeden Kompromiss mit den ehemaligen Unterdrückern ab. Sie schwören auf Rache und Vernichtung der wenigen überlebenden Menschen. „Mit den Menschen kann es keine Versöhnung geben; die Menschen werden sich nicht ändern; sie werden uns weiterhin jagen, quälen und töten! Töten wir sie, bevor sie uns töten!“ So etwa lässt sich der kulturelle Subtext dieser Affen-Ideologie zusammenfassen. Der Führer dieser Unerbittlichen ist Koba, ein außergewöhnlich groß gewachsener Bonobo, der unermessliche Qualen in einem medizinischen Labor der Menschen erlitten hat.

Dieser unversöhnlichen Feindschaft zwischen Affe und Mensch setzt Caesar, der charismatische Anführer der äffischen Urhorde, sein grundlegendes Tötungsverbot entgegen: „Affe nicht töten Affe“. Caesar predigt den solidarischen Zusammenhalt aller Affen und fordert den Verzicht auf Gewalt im Umgang der verschiedenen äffischen Sippen.

Gegenüber der Menschenhorde setzt Caesar auf Verhandlungslösungen, Abgrenzung der Territorien und gewaltlose Koexistenz. Caesar ermöglicht so, dass die Menschenhorde Zugang zu einem stillgelegten Kraftwerk hoch droben in den Bergen erhalten und sich so eine Grundlage für nachhaltige Existenz schaffen kann.

Doch sowohl bei der äffischen wie bei der menschlichen Horde behalten Scharfmacher und Hetzer vorerst die Oberhand. Bürgerkriegsartige Konflikte brechen auf, sowohl bei den Menschen wie bei den Affen. Die Mechanismen sind in beiden Horden die gleichen: Hetze, Verrat, Lüge, Gewalt.

Im Zuge dieser zahlreichen Scharmützel und gewaltsam ausgetragenen Binnenkonflikte wird auch der jugendliche Schimpanse Ash getötet, nachdem er sich aus Gewissensgründen und eingedenk der Lehren Caesars geweigert hat, unbewaffnete menschliche Zivilisten zu töten. Kein anderer als der Affe Koba ist es, der den Affen Ash gnadenlos hinrichtet! Ein Affe tötet einen Affen. Hier gefriert einem das Blut in den Adern. Tiefer Winter bricht im Frühling herein!

Einen gewaltigen Schritt in der Gewissensbildung der Affengesellschaft vollzieht jedoch der Schimpanse Caesar. Denn Caesar, der selbst durch Koba schwer an der Schulter verwundet worden ist und auf medizinische Hilfe durch die Menschen hofft, bricht in seiner schwersten Stunde zu der tiefen Einsicht durch. „AFFE … HAT … AFFE GETÖTET!“, seufzt er in seiner für Menschenohren schwer verständlichen Sprache, in seinem von Schluchzen unterbrochenen Bekenntnis. Er trifft diese bittere Feststellung ausgerechnet gegenüber dem Menschen Malcolm, und er gesteht damit ein, dass die eigene äffische Horde sittlich nicht besser ist als die bei den Affen doch so oft verachtete menschliche Horde.

„Wir selber, die eigenen Leute haben die eigenen Leute getötet. Wir Affen sind von Natur aus auch nicht besser als ihr Menschen.“ So deute ich mir Caesars Geständnis. Ich meine: Caesars Redlichkeit, Caesars Mut und Caesars Schuldbekenntnis sind der wahrhaft revolutionäre Durchbruch zu einer möglichen Versöhnung zwischen der Urhorde der Menschen und der Urhorde der Affen! Caesar nimmt aus dieser Position der Schwäche heraus auch Hilfe vom Menschen Malcolm an; er bittet sogar um Hilfe; er gesteht schuldhafte Verstrickungen der eigenen Leute ein. Und er reicht damit die Hand zur Versöhnung zwischen Affe und Mensch.

Caesars ursprüngliche Einsicht in die Schuldfähigkeit des Affen weist im Grunde auch die unerlässliche Voraussetzung zur Versöhnung der in Europa siedelnden Menschenvölker auf. Wie oft sehen wir doch, dass die Schuld für eine Katastrophe nur bei einem Volk allein gesucht wird!

Obwohl in diesem Film „Planet der Affen – Revolution“ die größere Schuld zweifellos beim Menschen liegt, tut der Affe Caesar den ersten Schritt zu Versöhnung und Frieden: er gesteht offen ein, dass auch die eigene Seite Verbrechen begangen hat. Eigene Verbrechen, die nicht schon dadurch gerechtfertigt werden können, dass „die andere Seite“ angefangen hat und ja bekanntlich weit schlimmere und zahlreichere Verbrechen begangen hat. Schwere und schwerste Verbrechen, die, so weiß Caesar, sowohl im Bürgerkrieg gegenüber den eigenen Artgenossen wie auch im Krieg der Horden gegeneinander gegenüber den Angehörigen anderer Arten begangen worden sind.

Echte Aussöhnung – dies ist die große, befreiende Einsicht, die ich 2014 aus diesem Film nachhause nahm – kann nur gelingen, wenn alle Seiten die Fähigkeit zur Einsicht in eigene Verfehlungen mitbringen, eigene Sünden offen bekennen und nicht immer die ganze Schuld nur bei den anderen suchen. Der Schimpanse Caesar weist den europäischen Völkern den Weg zu echter Vergangenheitsbewältigung!

Wird der Frieden gelingen, oder wird der am Ende des Films drohende Krieg zwischen Affen und Menschen in aller Rohheit ausbrechen? Wird echte Vergangenheitsbewältigung im offenen, ehrlichen Dialog der Bürgerkriegsparteien gelingen? Oder behalten die Hetzer auf beiden Seiten die Oberhand?

Wir wissen es nicht. Eine weitere Folge der Serie „Planet der Affen“ ist angekündigt; aber die Zukunft der Geschichte ist offen. Der Produzent und der Regisseur haben sich öffentlich noch nicht festgelegt.

Planet der Affen: Revolution | Jetzt als Digital HD.
http://en.wikipedia.org/wiki/Dawn_of_the_Planet_of_the_Apes

Bild von gestern, 31. März 2015, 08.55 Uhr. Winter im Frühling. Kreuzberg. Ein Blick durch den Park am Gleisdreieck auf den Potsdamer Platz. Dahinter, hier nicht sichtbar: das Cinemaxx-Kino.

 Posted by at 13:42
Sep. 032014
 

«Мы один народ», so äußerten sich in den letzten Tagen sowohl Gorbatschow als auch Putin. Sie beschwören damit hochheilig die ewige Bruderschaft, die ihrer Meinung nach die Ukraine seit jeher an Russland binden soll, ja die Ukraine geradezu zu einem Teil Russlands mache.

Ich besprach diese Aussagen in Russland mit einer Moskauer Kinderärztin. Unser gemeinsamer Befund dieser mittlerweile nur noch mit den Begriffen der Psychopathologie zu erfassenden Konfliktlage: Genau in diesen Aussagen Putins oder Gorbatschows liegt der Kern des Problems. Wenn der Stärkere sagt: „Ihr gehört uns, ihr seid unser“ und diesen Anspruch mit Waffengewalt durchsetzt,  der Schwächere aber das anders sieht, dann liegt genau hierin das Problem. Es ist der Keim des Krieges. Zwar mag es durchaus sein und es ist wohl auch so, dass ein Teil der Ukrainer sich als durch und durch russisch fühlt. Russland lockt darüber hinaus mit höherem Lebensstandard, höheren Renten, besserer Versorgungslage als die Ukraine. Wenn Russland meint, diese Lasten stemmen zu können, sollte es diese Neubürger innerhalb seiner jetzt bestehenden Grenzen aufnehmen und integrieren.

Noch wichtiger scheint aber die historische Tiefenprägung zu sein. Diejenigen Ukrainer, die sich zur Orthodoxie bekennen, suchen vielfach weiterhin den Zaren, den Herrscher, der beide Schwerter, das der weltlichen und geistlichen Macht, in einer Hand hält. Sie erblicken in Putin eine Art Sendboten des Weltgeistes, eine mächtige Kaiser- und Vatergestalt, dessen Macht sie sich willig unterwerfen: sie vollführen das seelische Sich-Niederwerfen, die Prostration  vor einer historischen Herrschergestalt. Der Zar stiftet die Brücke zwischen Gott und dem Volk. „Du betest jetzt für Putin!“ schrieen sie einen Popen an, der sich weigerte, sich politisch im Gottesdienst auf Seiten Russlands zu stellen. Dann wurde er von der aufgestachelten Menge mit Tomatensaft bespritzt. Er ließ es abprallen, verlor die Ruhe nicht. So verlief vor drei Wochen eine Szene im russischen Fernsehsender 1, die ich mit eigenen Augen sah! Die identitätsstiftende Rolle der Konfessionen in diesem Konflikt wird übrigens im Westen nicht ansatzweise erkannt. Sie ist nicht zu unterschätzen!

Diesen Menschen, die sich dem Blute nach als völkische Russen fühlen,  muss selbstverständlich freistehen, die ungeliebte Ukraine zu verlassen. Russland hat unendlich weite Steppen, unbesiedelte Räume; in ihnen sollten die Neubürger ihr Neu-Russland innerhalb der heutigen Grenzen der Russischen Föderation  aufbauen.

Ein sehr großer Teil der Ukrainer sieht sich aber eben durch historische Tiefenprägung nicht als Untertanen des russischen Autokrators. Das sind insbesondere die weiten Landesteile, die früher unter österreichisch-ungarischer bzw. polnisch-litauischer Hoheit standen und erst im 20. Jahrhundert an die Sowjetunion fielen.  Dieser große Landesteil der heutigen Ukraine kämpfte sowohl nach dem ersten wie nach dem zweiten Weltkrieg noch jahrelang gegen das sowjetische Joch. Letztlich behielten die Kommunisten die Oberhand. Aber die gezielten Ausplünderungen der Ukraine durch die sowjetische Führung, die Auslöschung der Kulaken zu Hunderttausenden unter dem Vorwand „antisowjetischer Umtriebe“, sind in der Ukraine zumindest unvergessen.

7000 eingesickerte Tschetschenen scheinen bereits in der Ukraine auf Seiten der Separatisten zu kämpfen.  So berichtete es mir eine Ukrainerin, deren Vorhersagen seit Monaten bisher alle eingetroffen sind. Diese nichtrussischen, durch die früheren Grenzkriege gestählten Kämpfer sind in der Tat nicht mehr zentral zu steuern.

Eine Aussöhnung zwischen diesen in der historischen Tiefenprägung so verschiedenen Bevölkerungsteilen hätte Offenheit, Klarheit, Versöhnungswillen und Transparenz auf beiden Seiten der Grenze verlangt. Daran hat es aber gefehlt. Daran fehlt es bis zum heutigen Tag. Und so mag denn das „Auseinandergehen“ ohne allzuviel Blutvergießen im Augenblick tatsächlich eine Art Lösung sein. So meine Eindrücke, die ich in Gesprächen mit Ukrainern und Russen gewinnen konnte.

via  ВЗГЛЯД / «Мы один народ».

In deutscher Sprache zu empfehlen:
Claus Leggewie: Holodomor: die Ukraine ohne Platz im europäischen Gedächtnis? In: ders., Der Kampf um die europäische Erinnerung. Ein Schlachtfeld wird besichtigt. Beck Verlag, München 2011, S. 127-143.

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„Une politique étrangère vague et hasardeuse“ – Wohin treiben die EU-Außenpolitiken?

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Sep. 012014
 

Pierre Lellouche, der französische, Paris vertretende Abgeordnete, geht in der Monde vom 25. August 2014 (S. 15) mit der Außenpolitik Frankreichs und indirekt auch mit den Außenpolitiken  der EU sehr hart ins Gericht.

Angesichts der Waffenlieferungen verschiedener EU-Staaten an die Kurden fragt er, welches politische Konzept dahinter stehe. Man, also die französische Außenpolitik, wechsele jetzt im Schlepptau der USA die Fronten. Zu spät, ohne politisches Konzept, ohne echte Kenntnis der beteiligten Gruppierungen, ohne Blick auf die Zukunft unterstütze man den Widerstand gegen die IS, ohne im Gegenzug von den Empfängern der Waffenlieferungen auch nur einen verbindlichen Plan, geschweige denn Zusagen zum erwünschten Gebrauch der Waffen erhalten zu haben. Lellouche fragt in seinem rhetorisch brillanten Beitrag:

Quelle résistance, quelles armes et pour quels résultats?

Lellouche findet keine Antwort auf seine bohrenden Fragen. Nicht zuletzt dürfte ihm noch erinnerlich sein, dass eine andere bewaffnete Widerstandsgruppe, die in Afghanistan mit westlichen Waffen ausgerüstet wurde, die Taliban, sich nach einigen Jahren mit aller Macht und kraftvoll gegen die eigenen Waffenlieferanten gewandt hat. Lellouches  Fazit: Frankreich betreibe seit langem eine unklare, glücksspielartige Hasardeur-Außenpolitik. Fast alle militärischen Afrika-Einsätze der Franzosen seien mehr oder minder gescheitert, hätten nie das erwünschte Resultat gezeitigt, sagt der Abgeordnete.

Nun, auch der Deutsche Bundestag, die deutsche Bundesregierung müssen sich diese Fragen gefallen lassen, wenn sie sich anschicken, mit Waffen in einen laufenden militärischen Konflikt einzugreifen.

Wie schaut das Ganze aus der Kreuzberger Sicht aus? Wir haben ja hier in Kreuzberg eine sehr starke kurdische Bevölkerungsgruppe; ich bin mit einigen kurdischen Familien bekannt.  Die Kurden erfreuen sich darüber hinaus im herrschenden linksalternativen Milieu, aber auch auf den diversen interreligiösen Kalendern in Kreuzberger Kitas größter Beliebtheit. Kurdische Väter, kurdische Ehemänner haben es immer wieder in die Spalten unserer Berliner Tageszeitungen gebracht. Wie sind die Waffenlieferungen an die Peschmerga aus Kreuzberger Perspektive zu beurteilen?

Ich will es kurz machen: Die Vorstellung, dass die Kurden im Irak, in Syrien, in der Türkei die deutschen Waffen ausschließlich zur Verteidigung gegen die IS einsetzen würden, offenbart eine erhebliche Unkenntnis der kurdischen Gruppierungen,  Strategien und der kurdischen Kulturen. Die Peschmerga werden die deutschen Waffen zur Erreichung ihrer Ziele, derzeit sicherlich vor allem zum Zurückschlagen der IS einsetzen. Was aber kommt danach? Darauf muss eine Antwort verlangt werden. Niemand kann diese Antwort geben.

Wichtig ist auch zu wissen: Die Kurden haben im Durchschnitt eine andere, kulturell geprägte  Einstellung zur Gewalt und zum Gebrauch von Waffen als wir.  Für uns sind Waffen etwas Schreckliches.  Wir wollen Waffengebrauch auf ein Minimum reduzieren. Die meisten Kurden dürften das anders sehen. Dazu brauchen die Waffen auch nicht „in falsche Hände zu gelangen“, wie es immer wieder heißt. Es genügt schon ein „Seitenwechsel“. Und der Seitenwechsel der bewaffneten Gruppierungen ist nun einmal Normalität im gesamten Nahen und Mittleren Osten! Er ist seit Jahrzehnten Routine.

So haben die USA oder der „Westen“ lange die Aufständischen, also gewollt oder ungewollt auch die islamistischen Milizen  in Syrien unterstützt. Man wollte die amtierende säkulare syrische Regierung weghaben, man wollte den Regimewechsel von außen befördern. Jetzt stellt sich heraus, dass die IS eine echte Bedrohung für die säkulare amtierende syrische Regierung sind, dass also letztlich diese Regierung wieder durch den Westen unterstützt werden muss. Alles andere würde militärisch überhaupt keinen Sinn ergeben. „Rin in die Pantoffeln, raus aus den Pantoffeln“ – das ist keine Strategie, das ist das berühmte Stochern im Nebel der EU-Außenpolitiken.   Mit der Waffenlieferung an die Peschmerga reiht sich Deutschland also konfliktbefeuernd letztlich – ob es will oder nicht will – auf einer Seite in die Frontlinien der verschiedenen bewaffneten Konfliktlinien im Nahen und Mittleren Osten ein. Und es gibt weder in der EU noch in Deutschland eine außenpolitische Doktrin, über die man wenigstens streiten könnte. Es gibt nur die verschiedensten Außenpolitiken. Wohin treiben sie uns?

Der deutsche Bundestag hat heute eine große Verantwortung. Er muss die bohrenden Fragen, die ein Pierre Lellouche von der UMP stellt, ebenfalls stellen!

Beleg:
Pierre Lellouche: M. Hollande malmène son „domaine réservé“. Une politique étrangère vague et hasardeuse. Le Monde, 25. August 2014, Seite 15

 

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„Was hat denn Russland damit zu schaffen?“

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Aug. 182014
 

2014-08-16 09.30.01

Wie ist die aktuelle Lage in der Ukraine einzuschätzen?

Recht offen sprechen zwei Führer der in der Ostukraine operierenden Milizen, Alexander Kostin und Wladimir Stepanow, zwei ehemalige Offiziere der Sowjetarmee, über ihre politischen Ziele und ihre Unterstützer in der aufschlussreichen, auf Deutsch erscheinenden „Moskauer Deutschen Zeitung“.

Zusammenfassung:

1) Die Führer wollen einen von Russland unabhängigen neuen Staat Donbass.
2) Sie erklären, von der russischen Regierung unabhängig zu kämpfen. „Sind wir etwa nach Moskau gefahren, um uns den Segen von Putin zu holen?“
3) Sie stellen fest, dass die ukrainische Regierung gar nicht das Geld habe, um den Feldzug gegen sie, die unabhängigen Milizen, lange aufrechtzuerhalten.
4) Die Vorhaltung des Journalisten, die Milizen würden von Russland mit schweren Waffen ausgerüstet, weisen sie weder zurück, noch bestätigen sie sie. Vielmehr sagen sie: „Woher die Waffen kommen, wird Ihnen bis ins Detail keiner beantworten.“

Es lohnt sich, dieses spannende Interview zu lesen! Mir scheint, die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland war generalstabsmäßig durchgeplant; die Kämpfe in der Ostukraine sind jedoch offensichtlich von der Moskauer Regierung nicht mehr zu steuern. Ein neuer unabhängiger Staat, der finanziell auf eigenen Füßen stehen möchte, Milizen, die es nach eigenem Bekunden an Finanzstärke mit einem Staat von 44 Millionen Einwohnern aufnehmen können … das klingt abenteuerlich, klingt verwegen! Werden die Führer dazu aber auch das nötige Fachwissen mitbringen?

Die Äußerungen der Führer scheinen mir ferner ein weiterer Beleg dafür, dass der russische und auch der ukrainische Staat keineswegs nach Art einer Diktatur straff von oben nach unten durchorganisiert sind, sondern im Gegenteil vielmehr geprägt sind durch eine Vielzahl an begrenzt autonom operierenden Kräften, die häufig konflikthaft miteinander um Anteile an der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Macht kämpfen. Dies gilt insbesondere für ehemalige Soldaten der sowjetischen Armee, aber mehr noch für Angehörige der zahlreichen bewaffneten „anderen Kräfte“. Diese suchen offensichtlich Betätigungsfelder außerhalb des bisherigen Territoriums der Russischen Föderation, zumal bei einer russischen Truppenstärke von etwa 1 Million Mann (!) und geplanten Kürzungen ein unerschöpfliches Reservoir an Ehemaligen nach neuen Aufgaben sucht.

Der Osteuropaforscher Hannes Adomeit schrieb dazu im Jahr 2010:  „Die Umstrukturierung der „anderen“ Truppen, insbesondere der Truppen des Innenministeriums ist nicht vorangekommen. Der Widerstand dieser militärischen Formationen gegen Kürzungen und organisatorische Veränderungen konnte nicht gebrochen werden. Der Wirrwarr von Streitkräften und Sondertruppen mit ihren vielfältigen Aufgabenüberschneidungen besteht weiter.“

Fazit: Die aktuellen kriegerischen Zusammenstöße im Osten der Ukraine sind ein Bruderkrieg zwischen verwandten, versippten und verschwisterten Formationen, eine Art hybrider, „simmernder“ Krieg zwischen regulären und irregulären Truppen mit unklarer Legitimität, unklaren Kriegszielen, mit gemischter Provenienz und unklarem Kombattantenstatus. Eine klare Strategie Moskaus ist nicht zu erkennen. Viele Kombattanten haben keinerlei politische oder administrative Erfahrung im Hintergrund.

Für die deutsche Außenpolitik und die EU-Außenpolitik sollte dies meines Erachtens ebenso wie für die NATO bedeuten: Ein Eingreifen in den Konflikt, ganz zu schweigen von einer militärischen Hilfe für die Ukraine, ist höchst inopportun, zumal es dabei nicht nur zwei, sondern 2+x Seiten gibt. EU und NATO sollten erkennen, dass eigene vitale Interessen derzeit nicht berührt sind. Weder NATO noch EU sollten einseitig Partei in diesem Bruder- und Bürgerkrieg ergreifen. Die NATO soll und muss Verteidigungsbereitschaft für die eigenen Mitgliedsländer zeigen, mehr nicht.

Das zentrale, jahrhundertealte Grundproblem in der russischen und der ukrainischen Politik, nämlich die Frage der Legitimität der Herrschenden, ist nicht eindeutig beantwortet! Es ist neben den eklatanten Mängeln der ukrainischen Wirtschaft der Dreh- und Angelpunkt der  Auseinandersetzung.

Die Botschaft an die kämpfenden Parteien müsste sein: „Männer! Soldaten! Kämpfer! Ihr seid alt genug, um für Euch Verantwortung zu übernehmen. Ihr seid doch erwachsene Männer. Einigt Euch untereinander. Wenn ihr Vermittlerhilfe und ein paar gute Worte braucht, könnt Ihr Euch an uns wenden. Das liegt bei euch. Schafft Sicherheit, schafft Strom, Wasser, Nahrung für die Zivilbevölkerung heran. Wir im Westen werden euch weder Waffen noch Geld zur Verfügung stellen. Wir wünschen euch Frieden – auf gut Ukrainisch: Мир вам. Oder, um es auf gut Russisch zu sagen:  Мир вам. Denkt auch an die Worte Jesu Christi: Wer das Schwert zückt, wird durch das Schwert umkommen.“

Diese meine Schlussfolgerung mag resignativ klingen. Sie ist es nicht. Im Gegenteil! Sie entspringt der Einsicht, dass hier über die Jahre hinweg vom Westen unbeachtet und kaum verstanden eine höchst verworrene Gemengelage entstanden ist, die von außen auf keinen Fall direkt mehr geordnet werden kann. In der EU-Außenpolitik scheint mir offen gestanden auch kaum die Fachkunde, die Sprach- und Landeskenntnis vorhanden zu sein, um hier – im Osten der Ukraine – auch nur das sprichwörtliche „Bein auf den Boden zu kriegen“.

Zitate:

Kiew kann diesen Krieg nicht gewinnen.“ Milizenführer aus der Ostukraine über sich, ihre Unterstützer, ihre Waffen und ihre Ziele, in: Moskauer Deutsche Zeitung. Unabhängige Zeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur. Gegründet 1870. Nr. 15 (382), August 2014, hier besonders Seite 2
www.mdz-moskau.eu

Hannes Adomeit: Russische Militär- und Sicherheitspolitik, in: Heiko Pleines / Hans-Henning Schröder (Hrsg.): Länderbericht Russland. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, S. 263-285, hier besonders S. 276

Bild:

Ein Blick in ein russisches Technikmuseum in der Nähe von Moskau am 16.08.2014. Merke: Die Einstellung gegenüber Waffen und schwerem Kriegsgerät ist in Russland deutlich unverkrampfter als bei uns in Deutschland.

 Posted by at 17:27

Микола Васильович Гоголь oder Николай Васильевич Гоголь?

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Aug. 042014
 

Meine lieben Russen sagen dies, meine lieben Ukrainer sagen das. Dies oder das – wer weiß da noch, wer recht hat? Vielleicht beide, oder? Ich würde sagen: Versöhnt euch lächelnd und lachend, o ihr Russen, und o ihr Ukrainer.

War Mikola Gogol bzw. Nikolai Gogol eigentlich Russe oder Ukrainer? Eine endlos zu diskutierende Frage! Ich selber halte mich bedeckt dazu. Wer bin ich, dass ich darüber urteilen könnte? Ein bayerisches Nichts, ein schwäbischer Niemand!

Der große ukrainisch-russische Schriftsteller schrieb seine Werke auf Russisch und zollte nichtsdestotrotz lebenslang seiner ukrainischen Herkunft dankbar lächelnd oder auch laut lachend Tribut. Und über die Missstände im russischen Riesenreich schrieb er – Bände. Der Revisor ist eine einzige lachhafte Anklageschrift gegen Duckmäusertum, Passivität, Spiegelfechterei und blinde Unterwerfung gegenüber den Autoritäten des riesigen Reiches.

Ukrainer oder Russe? S’ist unerfindlich, wie es Nathan der Weise  in Lessings Nathan dem Weisen sagt. In jedem Fall – ich erinnere mich einer sehr unterhaltsamen Puppentheater-Aufführung seiner „Schuhe der Zarin oder die Nacht vor Weihnachten“ – die wir vor einigen Jahren zur Weihnachtszeit in Moskau belachten.

Bullernde Wärme herrschte drinnen in der guten Stube im tiefverschneiten knackig-frostigen russisch-ukrainischen Winter. Deutlich hörte ich den strengen deutschen Akzent heraus, mit dem die Zarin Katharina die Große sich zum Thema Schuhe äußerte. Die FRAU und die Welt der SCHUHE – ein endloses, für Männer kaum eindeutig zu entwirrendes Drama. Hat Gogol das ganze Drama je durchschaut? Ich bezweifle dies sehr. Den ukrainischen Akzent des Schmieds hörte ich damals noch nicht heraus, meine bayrisch-schwäbischen (oder deutschen?) Ohren waren vollauf beschäftigt, der verworrenen Handlung in dem ukrainischen Dorf mehr oder minder vollständig zu folgen. Eher minder. Aber es war verteufelt, der Teufel steckte noch im kleinsten Detail.

Ich denke – niemand hindert die Russen und die Ukrainer daran, sich gemeinsam lachend über ihr gemeinsames kulturelles Erbe zu freuen. Große Schriftsteller können Brücken schlagen.

 

 

 

 Posted by at 15:47
Aug. 012014
 

Eine nötige Gewissenserforschung für die EU leisten einige französische Journalisten angesichts der heutigen Ukraine-Krise. Der Westen hat keinen Anlass, nur mit dem erhobenen Zeigefinger auf die zugegebenermaßen unleugbaren Rechtsbrüche Russlands zu zeigen, sieht doch die Bilanz unserer Seite nicht wesentlich (oder gar nicht) besser aus, wenn wir einmal die militärischen Interventionen der westlichen Demokratien in Drittstaaten in den letzten 10 oder 15 Jahren Revue passieren lassen. Mindestens gilt dies, so meine ich, in den Ländern Libyen, Ägypten, Irak und Syrien. Man kann und soll die militärische Unterstützung der bewaffneten Aufständischen in der Ukraine durch Russland scharf kritisieren, aber gerade dann muss man als Politiker auch bereit sein zur offenen Manöverkritik der Militärinterventionen, mit denen die europäischen Mächte Frankreich und UK sowie die USA versuchten, ihre Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit herbeizuführen.

Mit einem klaren Eingeständnis eigener Fehleinschätzungen zog die Zeitung  Le Monde gestern auf S. 1 eine vernichtende Bilanz der Militäroperationen, mit denen USA, Frankreich und Großbritannien im Jahr 2011 die bewaffneten Aufständischen in Libyen unterstützten. Das gewaltsame Eingreifen der drei führenden westlichen Demokratien im Mittelmeerstaat Libyen hat letztlich zu einer Verschlimmerung der Lage geführt. Gewalt, Massenflucht, Christenvertreibungen, Repression von Minderheiten, wirtschaftlicher Niedergang, Zusammenbruch der Rechtsstaatlichkeit sind meist  dás Ergebnis, wenn militärische Gewalt von außen auf militärische Gewalt von innen trifft. Mindestens ist das für Libyen zu konstatieren:

 

Enlèvements, assassinats, mélange fréquent de grand banditisme et de règlements de comptes politiques, le tout entrecoupé de bombardements d’artillerie : les Libyens vivent dans une insécurité croissante. Le rêve d’une Libye tolérante s’est dissipé. A la dictature féroce, tribale, prédatrice qu’était le régime de Kadhafi a succédé le règne des milices – elles aussi prédatrices, tribales et parfaitement étrangères à l’idée même d’un Etat de droit.

Impossible de ne pas poser la question de la pertinence de l’intervention des Etats-Unis, de la France et de la Grande-Bretagne à l’appui de la rébellion de 2011 – intervention que Le Monde a approuvée sans réserve à l’époque. Washington, Paris et Londres ont-ils eu raison de mener cette campagne de bombardements aériens qui a permis aux rebelles de l’emporter sur Kadhafi ?

via En Libye, le naufrage de la révolution.

 Posted by at 21:12

дилема растолкованная жизненна, тема стоит продолжения …

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Juli 312014
 

Hl. Mauritius 2014-01-03 10.26.59

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich war gerade im Prinzenbad. Die güldene Sonne brachte Leben und Wonne. Ein querwachsender Ast eines Prinzenbad-Ahornbaumes, den ich vor 10 Jahren noch bequem erspringen konnte, um dann Klimmzüge daran zu machen, ist jetzt so hoch, dass  ich ihn nicht mehr erreichen kann. Bäume wachsen also schneller als wir Menschen. Heute herrscht hier nach mehreren reinigenden Güssen herrlichstes Sommerwetter.

„Wie im Kindergarten benehmen sich diese Politiker!“ war der Kommentar eines Zeitungsverkäufers zur Weltlage, dem ich trotzdem eine FAZ zum vollen Preis abkaufte. Die FAZ bringt heute auf S. 11 unter dem Titel „Auf der Abschussliste der Islamisten“ einen sehr traurigen, sehr schönen Artikel von Rainer Hermann über die ersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte und das drohende Ende des Christentums im Morgenland. Das Christentum entsprang und fand zur ersten Blüte im Morgenland, also in den heutigen Ländern Irak, Syrien, Türkei, Ägypten. Rom und Byzanz waren zunächst einmal westliche Reiser der orientalischen Kirche, die sich erst 1054 unwiderruflich voneinander und von den östlichen Kirchen abspalteten.

Jahrhunderte später fand das Christentum oft unter erbittertem Widerstand der einheimischen Bevölkerung auch den Weg in das Europa nördlich der Alpen.

Eine Reiseerinnerung kommt mir in den Sinn: Die beiden Schutzpatrone der Stadt Magdeburg, der hl. Mauritius und die hl. Katharina von Alexandrien, entstammten beide dem vorderasiatisch-afrikanischen Kulturraum. Die Grablege Kaiser Ottos des Großen, die Mutterstadt der Ausbreitung deutschen Stadtrechts, unterstellte sich also der geistlichen Fürbitte zweier orientalisch-afrikanischer Schutzpatrone! „Wir haben in Magdeburg die älteste bildliche Darstellung eines Schwarzafrikaners nördlich der Alpen!“, vertraute mir im Januar 2014 stolz ein Magdeburger Stadtführer an.

Zitat Hermann: „Von diesen orientalischen Christen haben die frühen Muslime viele Praktiken übernommen. Etwa die Prostration, das Sich-Niederwerfen beim Gebet. Auch das Minarett als Turm, von wo zum Gebet in einem Innenhof gerufen wird, geht auf Vorbilder in alten syrischen Kirchen zurück. Außerdem hatten alte Klöster, wie etwa Mar Saba bei Bethlehem, eine Gebetsnische nach Osten; daraus wurde die Kibla der Moschee.“

Die militärische Intervention, die Ausbreitung des Bürgerkriegs auch mit westlichen Waffen, die Unterstützung islamistischer Milizen in Irak, Afghanistan, Syrien und Libyen, namentlich durch die USA, Großbritannien und Frankreich, hat das drohende Ende zweier Jahrtausende christlicher Kultur in Irak, Libyen und Syrien beschleunigt. Die frühere militärische Unterstützung der Aufständischen in Syrien, Libyen, Irak durch die starken Militärmächte des Westens halte ich für ebenso verheerend und verhängnisvoll wie die Unterstützung der Aufständischen in der Ukraine durch russische Amtsträger, russische Desperados, Banditen und Freischärler.

Der durch die USA im Jahr 2003 ohne triftige Beweise vom Zaun gebrochene Irak-Krieg war ein schwerer politischer Fehler und ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht. Ich bin für den völkerrechtlichen Grundsatz der militärischen Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.

Unsere Aufgabe ist es stets, zum Frieden und zur Versöhnung zwischen Feinden beizutragen – aktuell gilt es, die Russen und die Ukrainer miteinander zu versöhnen. Mir wurde von Russen berichtet, dass Russen und Ukrainer im Urlaub schon aufeinander losgehen und im Hotel handgreiflich werden. Wie im Kindergarten! Der Todesstreifen des Hasses darf nicht weiter wachsen.

Bild: Der hl. Mauritius, ein General ohne Schwert, Schutzpatron der Stadt Magdeburg. Magdeburger Dom. Statue aus Sandstein, bemalt, wohl spätes 13. Jahrhundert. Aufnahme des Verfassers vom Januar 2014

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Eine kleine pro-russische Bitte eines pro-russischen Deutschen

 Krieg und Frieden, Russisches, Ukraine, Versöhnung  Kommentare deaktiviert für Eine kleine pro-russische Bitte eines pro-russischen Deutschen
Juli 252014
 

„Gegen die deutschen Soldaten hege ich eigentlich keinen Groll mehr, die allermeisten haben während des vergangenen Krieges einfach den Befehlen gefolgt. Es sind von den Deutschen viele Kriegsverbrechen begangen worden, aber was unsere Leute (er sagte „nashi“) derzeit in der Ukraine aufführen, übertrifft noch die Verbrechen der Deutschen während des Krieges.“

So äußerte sich sinngemäß ein etwa 60-jähriger Russe, ein ehemaliger russischer Soldat, der als regulärer Soldat auch in Tschetschenien gekämpft hatte, mir gegenüber im Beisein mehrerer russischer Zeugen bei einem meiner letzten Russlandaufenthalte. An der persönlichen Wahrhaftigkeit dieser Aussage hege ich keine Zweifel, zumal er mir durch zahlreiche Details zu erkennen gab, wie gut er sich im Machtapparat der verschiedenen russischen Dienste auskennt: „Schau hier diese Einfahrt – die hohen grünen Wände  – hier  dahinter wohnt Putin. – Das war mal die Datscha Stalins. – Diese drei Buchstaben der Eskorte  gehören zu diesem Politiker XY. Hier sprang Jelzin mal in die Moskwa usw. usw.“ Kurz – der Mann kannte sich zweifellos aus. Dass er als leidenschaftlicher Russe die Verbrechen der eigenen Seite offen benennt, spricht für seine Redlichkeit.

Selbstverständlich habe ich stets auch die offiziellen russischen Fernsehsender, die üblichen Presseerzeugnisse in russischer, englischer und französischer Sprache zur Kenntnis genommen. Sie sind prall gefüllt mit Einseitigkeiten, sie schildern in epischer Breite die unnennbaren Grausamkeiten, welche die Ukrainer seit etwa 1921 gegenüber all den unschuldigen Russen, der friedliebenden Sowjetunion, der mustergültigen Demokratie Russland begangen haben oder begangen haben sollen. Die laufenden kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine werden als Aggression des ukrainischen Staates gegenüber den eigenen Bürgern dargestellt.  Die Republik Donezk wird in den offiziösen Sendern stets als anerkannter Staat erwähnt. Es ist eine mediale Berieselung, eine Propaganda, der man sich nur schwer entziehen kann – bis man schließlich all das Zeug glaubt, das einem aufgetischt wird.

Ich bin übrigens selbst ein durch und durch pro-russisch eingestellter Mensch. Zum engeren Kreis meiner Freundinnen und Freunde, zum Kreis meiner Familienangehörigen gehören Deutsche, Russen, Ukrainer  usw. usw. Menschen unterschiedlichster Staatsangehörigkeiten – alle sind mir gewissermaßen gleich lieb und teuer.

Für mich unterliegt es nach zahlreichen direkten Gesprächen mit Russen und Ukrainern keinem Zweifel: Auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz ist Russland – wie in einigen früheren Kriegen auch – der Aggressor. Russland hat die Ukraine, ein vielfach schwächeres, vielfach kleineres Nachbarland infiltriert, destabilisiert und mit kriegerischen Handlungen überzogen. Nicht umgekehrt. Bei Kriegen zwischen ungleichen Gegnern trägt stets der mächtigere mehr Verantwortung, und das ist hier Russland.

Aus tiefer Verbundenheit mit Russland, aus Liebe zu vielen russischen Menschen, aus Solidarität mit Russland und der Ukraine sage ich: Russland – oder vielmehr die russische Staatsführung – sollte zur Besinnung kommen. Wir alle, die wir pro-russisch eingestellt sind, sollten Russland helfen, auf den Pfad der Ehrlichkeit, des Anstandes, auf  den Weg zurück in die Völkerfamilie zu finden. Ich traue übrigens Russland diesen Schritt zur Umkehr, zur Friedensschaffung zu.

Dazu bedarf es deutlicher, klarer, freundschaftlicher Worte, die zur Aussöhnung zwischen Russen und Ukrainern beitragen und den russischen Menschen beweisen: Wir sind auf eurer Seite. Wir sind auf der Seite des russischen und des ukrainischen Volkes. Wir wollen, dass es den Russen und den Ukrainern miteinander gut geht.

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Der russische Autokrator – eine Ordnungsmacht ersten Ranges

 Krieg und Frieden, Russisches, Staatlichkeit, Ukraine, Vergangenheitsbewältigung  Kommentare deaktiviert für Der russische Autokrator – eine Ordnungsmacht ersten Ranges
Mai 032014
 

Einer der wenigen Kommentare, die mir von echter Sach-, Landes- und Menschenkenntnis getragen scheinen: Der vorsichtig abwägende Leserbrief von Ernst-Jörg von Studnitz, dem ehem. deutschen Botschafter in Moskau, in der FAZ von gestern.  Studnitz hat erfasst, dass eines der wesentlichen Probleme der Ukraine der weit fortgeschrittene Zerfall der ukrainischen Staatlichkeit ist: es fehlt an Ansätzen funktionierender Staatlichkeit.

Die Staatsmacht der Ukraine ist zur Zeit weitgehend delegitimiert. Seit vielen Jahrhunderten treten die russischen Autokraten bei solcher Gelegenheit mit dem Anspruch an, das Recht auch außerhalb ihres Machtbereiches zu „setzen“, Rechtssicherheit herzustellen. Sie haben jahrhundertelang ihr Reich gewaltsam durch widerrechtliche Eroberung, Krieg und Unterwerfung der Nachbarvölker ausgedehnt, bis zum heutigen Tag ist Russland das einzige verbliebene kolonial geprägte Großreich.

Nicht der Nationalstaatsgedanke, sondern der in der Person des Autokrators (des Zaren, des Führers) verkörperte Reichsgedanke steht bei der russischen Staatlichkeit und der russischen Autorität im Vordergrund.  Das war seit dem 16. Jahrhundert so und ist bis heute geblieben – wobei die UDSSR voll in der Kontinuität steht.

Von Studnitz, Marina Weisband, Horst Teltschik – die Kommentare dieser drei – nicht  in der aktiven Politik stehenden – Persönlichkeiten zur aktuellen Lage sollten die aktiven Politiker meines Erachtens zur Kenntnis nehmen.

Quellen:

Ernst-Jörg von Studnitz: „Runde Tische für die Ukraine“, Leserbrief, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Mai 2014, S.12

Sendung „Russisches Roulette“, Maybrit Illner“, 24.04.2014, ZDF

http://www.zdf.de/maybrit-illner/ukraine-krise-kann-man-putin-trauen-u.a.-mit-matthias-platzeck-marina-weisband-harald-kujat-32885420.html

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Εἰρήνη ὑμῖν – Мир вам! Ist es Griechisch? Ist es Ukrainisch? Ist es Russisch?

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Apr. 282014
 

Noch heute höre ich in Kreuzberg immer wieder den uralten, den ewig neuen Friedensgruß, der zugleich auch ein Alltagsgruß geworden ist: Мир вам, wie der Ukrainer sagt, oder auch Мир вам, wie der Russe sagt, oder auch  Salam aleikum, wie die Moslems im Späti am Kotti um die Ecke sagen, oder auch Scholem aleichem wie die Juden sagen, oder auch der Friede sei mit Euch, wie Jesus nach seiner Auferstehung nach dem Zeugnis des Johannes dreifach zu den Jüngern sagte.

Es ist erstaunlich, dass im Evangelium des Johannes Jesus nur an dieser Stelle die Jünger ausdrücklich mit diesem so alltäglichen, drei Mal wiederholten Friedensgruß anredet. Der Evangelist verknappt die Begrüßung Jesu an seine Jünger ins Dichteste, Alltäglichste. So wie er den Judas mit „Freund“ anredete, so redet er jetzt die Jünger mit „Der Friede sei mit euch“ an.

Im griechischen Neuen Testament lautet das bei Johannes so:

ἦλθεν ὁ Ἰησοῦς καὶ ἔστη εἰς τὸ μέσον, καὶ λέγει αὐτοῖς· Εἰρήνη ὑμῖν.

Auf Ukrainisch lautet das so:

увіходить Ісус, став посередині та й каже їм: «Мир вам!»

Auf Russisch lautet das in der eigenwilligen russisch-jüdischen Übersetzung des Neuen Testaments, die David Stern vorgelegt hat, so:

пришёл Йешуа, встал посередине и сказал: „Шалом алейхем!“

Dies zu begreifen ist gar nicht so schwer. Kann man Russisch, wird man das Neue Testament auch auf Ukrainisch lesen können. Kann man Ukrainisch, wird man das Neue Testament mit seiner Friedensbotschaft auch auf Russisch lesen und verstehen können.

 

http://kifa.kz/bible/stern/stern_yohanan_20.php

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Apr. 162014
 

Immer wieder nutze ich meine zahlreichen Begegnungen mit Afrikanern und Europäern, die in Afrika leben, um mich aus erster Hand über die Lage in den 55 afrikanischen Ländern zu informieren.

Die Vorgänge am Kreuzberger Oranienplatz und in der besetzten Kreuzberger Schule lösen in mir seit langem nur noch Entsetzen und Staunen über so viel Leichtgläubigkeit und so viel Dilettantismus der Berliner Landespolitik aus. „Wie kann man sich so ins Bockshorn jagen lassen und zugleich die Rechtsstaatlichkeit preisgeben?“

Danke Dilek Kolat!?  Danke Monika Hermann?!  Danke Frank Henkel?! Danke Klaus Wowereit?! – Das alles klingt in meinen Ohren nur noch wie Hohn, zumal das lächerliche Stück noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt sicherlich einen Nachschlag zu der ganzen Komödie, die wir Steuerzahler finanzieren müssen!

Ergebnis meiner tour d’Horizon unter Afrikanern: Afrika ist ein unermesslich reicher Kontinent, der riesige Entwicklungschancen hat. Vor allem sind reichlich Bodenschätze vorhanden, der Kontinent kann sich dank vieler landwirtschaftlicher Nutzflächen selbst ernähren, er kann eigene Produkte ausführen, und die Bevölkerungsstruktur ist günstig, da sehr viele junge Menschen aufwachsen.

Die Probleme liegen in den Kriegen einiger Länder um Ressourcen, im Mangel der Rechtsstaatlichkeit, in Diktaturen und in betrügerischen Kleptokratien.

Afrika hat etwa 1,2 – 1,3 Mrd. Einwohner. Zur Zeit sind etwa 12-14 Millionen Afrikaner auf dem Kontinent durch Vertreibungen und Kriege zur Wanderschaft gezwungen. Bei guter Bewirtschaftung, bei guter Regierungsführung hingegen braucht kein Afrikaner zu fliehen! Die Massenflucht, die Masseneinwanderung in andere Kontinente ist für die Afrikaner keine echte Perspektive.  Nur durch Befriedung der Staaten und durch den Aufbau funktionierender Strukturen kann ihnen  eine Perspektive geboten werden. Hierfür liegt die Hauptverantwortung bei den Mächtigen der afrikanischen Staaten.

Ich bin überzeugt: Die afrikanischen Länder müssen es selber schaffen. Sie können alle Voraussetzungen für einen Aufschwung des Kontinentes selber schaffen.

Größte Hochachtung hege ich beispielsweise für den Verein Center of Hope for Dakawa, der in Berlin-Kreuzberg seinen Sitz hat.  Dakawa liegt im Bezirk Morogoro im südlichen Hochland von Tansania. Für Tansania wird eine Schule, ein Waisenhaus, ein Altenheim, eine selbsttragende Landwirtschaft gepant.

http://www.centerofhopefordakawa.com/index.php/de

Der Verein beschreibt sein Vorhaben so:

Ziel des ‚Center of Hope for Dakawa e.V.‘ ist die Gründung und der Aufbau eines Bildungs- und Sozialzentrums zunächst als Internat und Waisenhaus. Dort sollen Waisen und behinderte Kinder als interne Schüler leben und Kinder aus der Umgebung als externe Schüler am Unterricht teilnehmen. Gleichzeitig soll Wohnraum für alte Menschen geschaffen werden, perspektivisch auch ein Ausbildungszentrum für erwachsene. Weitere Ziele des Projektes sind der Aufbau und die begleitende Unterstützung von Strukturen der Selbsthilfe und Selbstversorgung in den Bereichen Landwirtschaft und Viehzucht, Gesundheitswesen, sowie Aus- und Weiterbildungen.Landwirtschaft und Viehzucht sollen der direkten Versorgung des Zentrums dienen und dieses dadurch wirtschaftlich unterstützen.

via PROJEKT.

Was noch fehlt, ist Geld. Während am Oranienplatz in Kreuzberg laut Morgenpost vom 14.04.2014 6 Millionen Euro allein  für die Aufräumarbeiten eines schlecht inszenierten medialen Spektakels – genannt Flüchtlingscamp – bereitstehen, würden 200.000 Euro ausreichen, um in Tansania Land zu kaufen, Gebäude zu errichten und eine blühende Gemeinschaft in aufzubauen.

6-9 Milliarden kostet der neue Berliner Flughafen, 6 Millionen kostet das Beseitigen der Umweltschäden durch das Camp am Oranienplatz! Und für 200.000 Euro könnte man ein Vorzeigeprojekt in Tansania finanzieren, aufbauen und in eine selbsttragende Existenz entlassen.

6-9 Milliarden für einen Flughafen, der irgendwann vielleicht in Betrieb gehen wird  – 6 Millionen für die Schadensbeseitigung am Oranienplatz. Das sind die Dimensionen.

Mit derartiger unfassbarer Fahrlässigkeit gibt die Berliner Politik sinnlos Geld aus, das anderweitig viel besser verwendet würde.

Und 200.000 Euro für eine Schule und eine Landwirtschaft in Dakawa. Damit könnte man einen Keim der Hoffnung säen, der vielfache Frucht tragen wird.

 Posted by at 21:57
März 272014
 

„Для нас всегда Бах Бах / Für uns bleibt Bach immer Bach.“ So vertraute es uns vor wenigen Tagen eine Musiklehrerin aus der Stadt Керч oder auch aus der Stadt Керчь oder auch aus der Stadt Keriç an. Im Hintergrund spielten die Schüler gerade den Sommer von Vivaldi.

Leider brechen jetzt zwischen den Ukrainern und den Russen die jahrzehntelang schwelenden Feindseligkeiten eruptiv wieder auf. Leider stelle ich immer wieder fest, dass die nicht bewältigte Vergangenheit vor allem der Jahre 1917 bis 1951 sich wie Mehltau auf die Beziehungen zwischen den Völkern und den Staaten im einstigen Ostblock legt. Die meisten Ukrainer kämpften von 1941 bis 1945  mehrheitlich auf einer anderen Seite als die meisten Russen. Sie kämpften mit den Deutschen für die Befreiung vom russisch-sowjetischen Joch. Sie zogen das Bündnis mit Deutschland der Unterdrückung durch Stalin vor. Nach 1945 brannte der verheerende Bürgerkrieg noch 5 Jahre weiter. In der Sowjetunion war es nicht möglich, eine echte Aussöhnung zwischen den Ukrainern und den Russen herbeizuführen. Die brutalen Vertreibungen der Krimvölker, das unvergessene totalitäre Terrorregime, die berüchtigten репрессии  während der sowjetischen Herrschaft hat der russische Präsident erstaunlicherweise bei seiner Rede zur Annexion der Krim ungeschminkt beim Namen genannt.  Diese Passagen der Rede werden bei der Diskussion in westlichen Ländern stets geflissentlich unterschlagen.

In den Ohren klingt mir noch die herrliche Musik Bachs, die Suite Nr. 3 in C-dur für Violoncello solo, hier wiederum vor allem die unfassbar tröstliche Allemande, die Мстисла́в Ростропо́вич oder auch  Мстислав Ростропо́вич oder auch Mstislav Leopoldoviç Rostropoviç kurz nach der Öffnung der Berliner Mauer am ehemaligen Todesstreifen spielte.

Ich glaube: Der Todesstreifen des Hasses darf nicht breiter werden. Ich hoffe, dass das russisch-ukrainisch-tatarische  Jugendorchester der Musikschule in Керч/Керчь/Keriç schon bald den Winter des Ungemachs mit Vivaldis Sommer vertreiben wird.

 

 Posted by at 23:23