
White hawthorn, and the pastoral eglantine…
Hundsrosen im Südgelände, die Schwestern der Eglantine, wachsen Seit an Seit mit Gras, mit Dickicht und mit wildem Obst! Aufnahme vom 26.05.2019
[…]
‚Tis not through envy of thy happy lot,
But being too happy in thine happyness-
That thou, light-winged Dryad of the trees,
In some melodious plot
Of beechen green, and shadows numberless,
Singest of summer in full-throated ease.
[…]
Too happy in thine happyness – oft schon rang ich nach Worten, wenn ich dem unbeschreiblich süßen, dem unverhofft sehnenden Nachtigallensang hier in Schöneberg nachsann. Bis zum heutigen Tag singen und klagen einige Männchen weiter, sie klagen uns wohl ihr Leid, denn nur die Männchen, die kein Weibchen gefunden haben, singen noch so spät im Jahr, während ihre jäh verstummten, ernüchterten, bürgerlichen Geschlechtsgenossen jetzt mit Nestbau und Brutpflege befasst sind.
Was soll ich auch sagen zu dieser Fülle des Wohllauts, diesem Erfindunsgreichtum, dieser Mannigfaltigkeit an Tönen, diesem süßen Schmelz, dieser Ausdruckskraft?
Thou singest in fullthroated ease, so fasst diesen Eindruck des Nachtigallenschlags der aus London stammende John Keats, und er trifft damit das Geheimnis nicht nur des Nachtigallensangs, sondern des Singens überhaupt: „vollkehlige Leichtigkeit“, völlige Öffnung des Schlundes, des „Schlotes“, bei gleichzeitiger Lockerheit des Schnabels, Strömenlassen der Lautwerkzeuge, während der übrige Körper fest im Gebüsch verankert ist, als beweglicher stämmiger Resonanzraum ganz verschmilzt mit den Girlanden und Melodienranken des Sängers, so habe ich einige Nachtigallen hier in Schöneberg gesehen, und so hörte ich zwei von ihnen auch heute, am 1. Juni 2019, im geöffneten Fenster meines Zimmers lehnend.
Einige andere Vogelarten erhoben da im zartesten Morgengrauen ebenfalls ihre Stimme, ich meinte insbesondere auch den Gartenrotschwanz zu vernehmen, den ich einige Mal schon hier im Gehölz sah und hörte. Sein Gesang beginnt „mit einem gedehnten hohen Ton, dem einige kürzere und tiefere Töne folgen, weiter klingelnde Passagen, in die auch raue Töne und Imitationen eingebaut sind, mit einem schwachen Trillern endend… „
Endend? Das Ende? Darf so etwas Schönes enden? Ja, es muss enden! Aber es wird wiederkehren, John Keats! Es ist wieder da! John, es ist kein Wachtraum, es ist, war, und es wird sein.
Adieu! adieu! thy plaintive anthem fades
Past the near meadows, over the still stream,
Up the hill-side; and now ‚tis buried deep
In the next valley-glades:
Was it a vision, or a waking dream?
Fled is that music:—do I wake or sleep?
Zitatnachweise:
John Keats: Ode to a Nightingale, in: The Oxford Book of English Verse. Edited by Christopher Ricks. Oxford University Press, 1999, S. 403-404
Eckart Pott: Gefiederte Stars. 4., aktualisierte Auflage. Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2019, hierin: Nachtigall, S. 24; Gartenrotschwanz, S. 30




Kaum beachtet, meist verwechselt, schwer zu benennen, schwer zu erkennen: die Echte Mehlbeere. Wer achtet ihrer? Wer kann sie von einer Holz-Birne oder einer Echten Mispel sicher unterscheiden? Du, der Du dies liest? Ihr dort draußen? Ich nicht!

Fotos: heute aufgenommen im Naturpark Schöneberger Südgelände


Augustinus schreibt in seinen Confessiones, Buch VIII: […] quanto ardentius amabam illos de quibus audiebam salubres affectus, quod se totos tibi sanandos dederunt, tanto exsecrabilius me comparatum eis oderam, also zu deutsch: Je glühender ich jene [beiden Männer] liebte, über deren heilsame Gefühle ich erfuhr, weil sie sich dir völlig zu ihrer eigenen Gesundung geschenkt hatten, desto verfluchter haßte ich mich, wenn ich mich mit ihnen verglich. Odium sui, Selbsthaß! Lyndal Roper schreibt über den jungen Erfurter Augustinermönch Martin Luther: „Luther scheint geradezu in Schuldgefühlen geschwelgt zu haben, als könnte er, wenn er es zum Äußersten trieb, eine höhere Stufe des frommen Selbsthasses erleben, der ihn Gott so nahe wie möglich bringen würde.“ Martin Luther schreibt noch in seinen letzten Lebensjahren immer wieder in aller Offenheit von seinem Haß auf sich selbst, von dieser Selbstverwerfung, die ihn ins Äußerste, in den hellen Zorn hineintreibt, in die Verwerfung Gottes, ja in den Haß auf Gott führt: Hierfür ein besonders machtvolles Beispiel, entnommen der Vorrede zum ersten Bande der Gesamtausgaben seiner lateinischen Schriften, in Luthers hell loderndem, an den Afrikaner Augustinus erinnerndem Latein originalgetreu wiedergegeben (Hervorhebung durch uns): [21] Ego autem, qui me, utcunque irreprehensibilis monachus vivebam, sentirem [22] coram Deo esse peccatorem inquietissimae conscientiae, nec mea satisfactione [23] placatum confidere possem, non amabam, imo odiebam iustum et [24] punientem peccatores Deum, tacitaque si non blasphemia, certe ingenti murmuratione [25] indignabar Deo, dicens: quasi vero non satis sit, miseros peccatores [26] et aeternaliter perditos peccato originali omni genere calamitatis oppressos [27] esse per legem decalogi, nisi Deus per euangelium dolorem dolori adderet, [28] et etiam per euangelium nobis iustitiam et iram suam intentaret. Ein erschütterndes Dokument für den Selbst- und Gotteshaß Martin Luthers, auf das ich vorderhand in Erinnerung an Goethe nur mit einigen kunstlos hingeworfenen Knittelversen antworten kann: