Jun 212008
 

kberg_schule21062008044.jpg Die amtliche Ablehnung unseres Wunsches, unser Sohn möge auf der uns bekannten, in nächster Nähe gelegenen Grundschule aufgenommen werden, erreichte uns am 13. Juni 2008. Was sollen wir tun? Die Schule, auf die er gehen soll, liegt in einem türkisch-arabischen Sozialghetto, das wir von einigen Spielplatzbesuchen kennen. Es sind alles nette Kinder, die auch einigermaßen Deutsch sprechen können. Ich mag sie! Die Wohnblocks sind übersät mit Satellitenschüsseln. In einem Innenhof gibt es ein gescheitertes Ökoprojekt zur natürlichen Reinigung von Abwasser. Was sollen wir tun? Wegziehen, doch noch schnell eine andere Schule suchen, Widerspruch einlegen? Oder sollen wir uns bereiterklären, etwas zur besseren Durchmischung der Sozialmilieus zu tun, und unseren Sohn einer Schulpopulation mit über 40% Türken, 30% Libanesen und ein paar anderen Nationalitäten, darunter weniger als 10% mit Deutsch als Muttersprache,“zur Verfügung stellen“?
Doch so wie uns gibt es Hunderte! Beim Einkaufen am Samstag abend entdecke ich im Bioladen an der Ecke ein lustiges Plakat: „Sind Kreuzbergs Schulen noch zu retten?“ Beredt wird Klage geführt über Behördenwillkür und Elternfrust. „Es hagelt Ablehnungen von den wenigen Wunschschulen.“ Kreuzbergs Bürgermeister habe sein Kind auf eine freie Schule in einen anderen Bezirk geschickt, nur 5 von 12 Bezirksschulräten in Berlin hätten überhaupt eigene Kinder, keiner davon würde seine Kinder an eine Kreuzberger Schule schicken. Es gebe keine Elternwahl der Schule, die Familien würden auf unerträgliche Weise bevormundet, einem ideologischen Projekt würden die Kinder aus „bildungsinteressierten“, lernfördernden Familien geopfert usw. Schuleinzugsbereiche würden auf willkürliche Weise ohne Rücksicht auf gewachsene Sozialstrukturen und Nachbarschaften gezogen.
Als mögliche Auswege werden vorgeschlagen: aus dem Bezirk wegziehen, eine Scheinummeldung vornehmen, rasch doch noch eine freie Schule gründen, sowie Proteste einlegen gegen eine überforderte (oder unfähige?) Schulverwaltung.

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Eine Versammlung wird hierzu stattfinden am 26. Juni 2008, 20 Uhr, in der Passionskirche am Marheinekeplatz. Ich würde da gerne hingehen! „Politiker und andere Ideologen“ sind dort laut dem Aufruf ausdrücklich unerwünscht. Letzteres halte ich für falsch! Wenn man den zuständigen Behörden und Politikerinnen derartig massiv Unfähigkeit und ideologische Verbohrtheit unterstellt, wie es die Autoren des Plakates tun, dann muss man den Angesprochenen auch die Möglichkeit geben sich zu rechtfertigen. Man sollte die Bezirksschulrätin Monika Herrmann einladen – ich werde dies selbst tun und nehme dafür gerne den geballten Unmut der Eltern auf mich!

Man sollte gemeinsam fragen: „Wie kann man die unhaltbare Situation noch retten? Was können wir gemeinsam tun?“ Ohne die Behörden, ohne die zuständige Bezirksstadträtin wird es kaum gehen.

Nach meinen Eindrücken sind die Frauen und Männer in der Bezirksschulverwaltung bemüht, die Lage nach Kräften zu bewältigen. Dass die Kreuzberger Bezirkspolitiker keine eigenen Kinder in Kreuzberger Schulen schicken, ist ihnen nicht zum Vorwurf zu machen. Alle Eltern suchen doch stets das Beste für den eigenen Nachwuchs! Nur wenige lieben die multikulturelle Welt so sehr, dass sie der Welt ihren eigenen Sohn opfern. Sollen die Kreuzberger Schulleiter denn die deutschen Kinder züchten?

Die Kreuzberger Lehrerinnen und Lehrer leisten aber nach allem, was ich höre, sehr engagiert und mit großem Geschick ihren Beitrag zum Heranwachsen einer neuen, multikulturell geprägten Gesellschaft, fühlen sich aber wohl oft alleingelassen; sie brauchen mehr konstruktive Mitarbeit von den Eltern, der Schulverwaltung und der Politik. Und wir wissen: Bereits jetzt stammt jedes zweite Kind unter drei in Berlin aus einem „Migrationshintergrund“ (z.B. auch mein zweiter Sohn), im Jahr 2020 werden in deutschen Großstädten zwei Drittel aller Kinder einen „Migrationshintergund“ haben, d.h. mindestens eines der Eltern wird Deutsch nicht als Muttersprache haben. Das ist ein Fakt. Wir haben in Kreuzberg die großartige Chance, hierfür brauchbare, überzeugende Modelle für den Rest des Landes mitzuentwickeln! So wie bisher kann es nicht weitergehen, das ist klar, die Politik konnte bisher kein gutes Modell entwickeln, um Eltern und Kinder aus allen Nationen auf den gemeinsamen Weg mitzunehmen. Müssen wir Eltern also die Politik mitnehmen? Wachrütteln? Erlösen?

Es geht aber doch! Wir haben erst kürzlich einen herrlichen Kindergeburtstag bei uns zuhause mit mehrheitlich türkischen Kindern, einem polnischen Kind, einem deutschen Kind und einem deutsch-russischen Kind gefeiert und dabei Lieder in diesen Sprachen gesungen!

Reinen Wein eingeschenkt hat uns das Schulamt allerdings nicht. Man hat uns viel zu lange hingehalten, so dass wir kaum mehr zeitgerecht reagieren können. Das war nicht OK.

 Posted by at 21:54

  3 Responses to “Sind Kreuzbergs Schulen noch zu retten?”

  1. sehr geehrter herr hampel,
    sie haben ihre meinung sachlich dargestellt, auch wenn sie nicht die meine ist. in ihrem blog scheint es sie noch zu geben, die meinungsfreiheit – eine, gerade in berlin mittlerweile nur noch selten vorkommende errungenschaft der demokratie. ein lob auch für ihre konsequenz, auch wenn mir ihr kind schon jetzt leid tut, und das meine ich ehrlich!
    leider bleibt für ihre, aus meiner sicht sehr naiven zukunftsvorstellungen keine zeit mehr. wollen wir in deutschland und europa noch retten, was zu retten ist, muß es in sachen zuwanderung und integration eine umgehende und knallharte 180°-wendung geben, bei welcher vor allem der ansatz FORDERN und DURCHGREIFEN im vordergrund stehen muß. nur so läßt sich eine weitere islamisierung, überfremdung und parasitäre ausnutzung unserer heimat und unseres gemeinwesens verhindern.
    mit freundlichem gruß
    ein multikultigegner
    (schauen sie auch mal hier: http://www.akte-islam.de/3.html)

  2. Sehr geehrter Herr Multikultigegner, vielen Dank für Ihre kritischen Bemerkungen. Als „katastrophal und irreparabel“ würde ich die Zustände nicht bezeichnen. Sie sind in Berlins Innenstadtbezirken manchmal schwierig und stellen uns vor besondere Herausforderungen. Aber diese Herausforderungen lassen sich meistern. Bin ich „linksalternativ“, wie Sie meinen? Eher nein, ich sehe mich als kreuzbraven Staatsbürger, der sich an die Regeln und Gesetze hält und sich gerne für die Belange unseres Gemeinwesens einsetzt. Ich bevorzuge einen pragmatischen, ideologiefreien, auf Vermittlung angelegten Politikstil. Dies schließt durchaus ein, dass ich einzelne Politikbereiche für reformbedürftig halte. Zum Beispiel brauchen wir mehr Anstrengungen, mehr Geld und mehr Phantasie im Bildungsbereich, mehr Geld und mehr Disziplin für die musische und sportliche Grundbildung unserer Kinder, bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für die erzieherischen und pflegerischen Berufe. Übrigens sollten Sie nicht nur mir und meinen Gesinnungsgenossen die Schuld an allem geben: Wenn Sie mit Vertretern aller Parteien sprechen, werden Sie einhellig ungefähr folgendes hören: „In den vergangenen Jahrzehnten wurden bei der Zuwanderung von allen wesentlichen Beteiligten Fehler gemacht. Auch von den Zuwanderern selbst. Diese Fehler gilt es in einer gemeinsamen Bemühung zu bewältigen.“ Wir werden als Volkswirtschaft auf längere Sicht eine weitere, weise gesteuerte Zuwanderung benötigen. Und wir müssen die noch nicht bei uns Angekommenen durch Fordern und Fördern dazu bringen, dass sie die Chancen ergreifen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, unsere soziale Marktwirtschaft ihnen bietet. Übrigens kann ich Sie beruhigen: Wir haben keinen Widerspruch gegen den Bescheid des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg eingelegt. Wir werden nicht aus Kreuzberg wegziehen. Und wir werden unser Kind auf eine multikulturell bereicherte Grundschule schicken. Können Sie damit leben? Mit freundlichem Gruß, Johannes Hampel

  3. sehr geehrter herr hampel,
    ich finde es absolut richtig und geradezu vom senat konsequent, daß gerade sie als mutlikulturelle gutmenschenfamilie, mit all ihren linksalternativen ansichten, ihr kind auf eine überfremdete grundschule schicken sollen. wer, wenn nicht sie?
    sie und ihre gesinnungsgenossen waren es doch, die jahrzehntelang dafür gesorgt haben, daß diese katastrophalen und irreparablen zustände erst entstehen konnten. sie sind es auch, die in einer unerträglichen arroganz weitermachen wie bisher, denn sie wollen ihre für unser land katastrophalen irrungen nicht zugeben.
    stehen sie endlich dazu. schicken sie ihr kind auf solch eine multikulturell-„bereicherte“ schule!! alles andere ist feige und widerlich!!
    mit freundlichem gruß
    ein multikultigegner

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