Feb 152014
 

Ein anderes Licht auf Gram, Schmerz und Verzweiflung als unser Zeitgenosse Guy La Rosse wirft der am 2. Oktober 1614 in Glogau geborene Popsänger Andreas Gryphius. Auch er sieht wie Kanzler Guy den Menschen als ein Wesen, das in der Hand, also in der Macht eines anderen steht. Doch ist es eine Hand, die unsere Seelen-Mäuse nicht furchtsam ersterben und erstarren lässt. In dieser Hand friert der Mensch nicht. Noch im Schmerz über Krankheit, Plünderung, maßlose Zerstörung empfindet Andreas Greiff, wie er auch hieß, dass es ein hegendes, hütendes Gegenüber gibt – etwas Lebensspendendes, Lebenserhaltendes.

Zum heutigen Valentinstag sollen beide Stimmen laut und deutlich vernehmbar sein – die zur abgrundtiefen Verzweiflung erstarrende Stimme des russischen Kanzlers Guy – und die in aller Verzweiflung an das Wiederaufstehen glaubende Stimme des schlesischen Magisters Gryphius.  Beide Stimmen haben ihre Berechtigung. Beide Stimmen sollen gehört werden.

Auff den dritten Ostertag. Luc. 24.

Wie offt/ mein Licht/ wie offt vmbringt mich Angst vnd Weh!
Wie offtmals wil mir Trost/ vnd Glaub/ vnd Muth zerrinnen?
Wie offtmals kan ich mich vor Schmertzen kaum besinnen.
Wie offtmals ruff ich schon: mein Leben nun Ade.
Doch wenn mich dünckt/ daß ich im Elend itzt vergeh/
Vnd meine daß vor mich kein Mittel zu gewinnen/
So werd ich deiner Hülff vnd gegenwart recht innen/
Vnd daß in deine Hand ich eingeschriben steh:
Denn sagstu wie der Zorn deß Höchsten abgelehnet
Wie Gott mit mir zu fried’/ vnd wie du mich versöhnet.
Denn lern ich/ daß ich Fleisch/ gleich deinem Fleische sey.
Laß/ wenn ich nichts mehr schau/ mich deine Wunden schauen
Vnd wenn dem blöden Geist wird vor dem Tode grauen/
So steh! O höchster Trost der schwachen Seelen bey.

Zum Nachlesen:

http://gedichte.xbib.de/Gryphius,+Andreas_gedicht_13.+Auff+den+dritten+Ostertag.htm

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