Jul 312014
 

Hl. Mauritius 2014-01-03 10.26.59

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich war gerade im Prinzenbad. Die güldene Sonne brachte Leben und Wonne. Ein querwachsender Ast eines Prinzenbad-Ahornbaumes, den ich vor 10 Jahren noch bequem erspringen konnte, um dann Klimmzüge daran zu machen, ist jetzt so hoch, dass  ich ihn nicht mehr erreichen kann. Bäume wachsen also schneller als wir Menschen. Heute herrscht hier nach mehreren reinigenden Güssen herrlichstes Sommerwetter.

„Wie im Kindergarten benehmen sich diese Politiker!“ war der Kommentar eines Zeitungsverkäufers zur Weltlage, dem ich trotzdem eine FAZ zum vollen Preis abkaufte. Die FAZ bringt heute auf S. 11 unter dem Titel „Auf der Abschussliste der Islamisten“ einen sehr traurigen, sehr schönen Artikel von Rainer Hermann über die ersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte und das drohende Ende des Christentums im Morgenland. Das Christentum entsprang und fand zur ersten Blüte im Morgenland, also in den heutigen Ländern Irak, Syrien, Türkei, Ägypten. Rom und Byzanz waren zunächst einmal westliche Reiser der orientalischen Kirche, die sich erst 1054 unwiderruflich voneinander und von den östlichen Kirchen abspalteten.

Jahrhunderte später fand das Christentum oft unter erbittertem Widerstand der einheimischen Bevölkerung auch den Weg in das Europa nördlich der Alpen.

Eine Reiseerinnerung kommt mir in den Sinn: Die beiden Schutzpatrone der Stadt Magdeburg, der hl. Mauritius und die hl. Katharina von Alexandrien, entstammten beide dem vorderasiatisch-afrikanischen Kulturraum. Die Grablege Kaiser Ottos des Großen, die Mutterstadt der Ausbreitung deutschen Stadtrechts, unterstellte sich also der geistlichen Fürbitte zweier orientalisch-afrikanischer Schutzpatrone! „Wir haben in Magdeburg die älteste bildliche Darstellung eines Schwarzafrikaners nördlich der Alpen!“, vertraute mir im Januar 2014 stolz ein Magdeburger Stadtführer an.

Zitat Hermann: „Von diesen orientalischen Christen haben die frühen Muslime viele Praktiken übernommen. Etwa die Prostration, das Sich-Niederwerfen beim Gebet. Auch das Minarett als Turm, von wo zum Gebet in einem Innenhof gerufen wird, geht auf Vorbilder in alten syrischen Kirchen zurück. Außerdem hatten alte Klöster, wie etwa Mar Saba bei Bethlehem, eine Gebetsnische nach Osten; daraus wurde die Kibla der Moschee.“

Die militärische Intervention, die Ausbreitung des Bürgerkriegs auch mit westlichen Waffen, die Unterstützung islamistischer Milizen in Irak, Afghanistan, Syrien und Libyen, namentlich durch die USA, Großbritannien und Frankreich, hat das drohende Ende zweier Jahrtausende christlicher Kultur in Irak, Libyen und Syrien beschleunigt. Die frühere militärische Unterstützung der Aufständischen in Syrien, Libyen, Irak durch die starken Militärmächte des Westens halte ich für ebenso verheerend und verhängnisvoll wie die Unterstützung der Aufständischen in der Ukraine durch russische Amtsträger, russische Desperados, Banditen und Freischärler.

Der durch die USA im Jahr 2003 ohne triftige Beweise vom Zaun gebrochene Irak-Krieg war ein schwerer politischer Fehler und ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht. Ich bin für den völkerrechtlichen Grundsatz der militärischen Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.

Unsere Aufgabe ist es stets, zum Frieden und zur Versöhnung zwischen Feinden beizutragen – aktuell gilt es, die Russen und die Ukrainer miteinander zu versöhnen. Mir wurde von Russen berichtet, dass Russen und Ukrainer im Urlaub schon aufeinander losgehen und im Hotel handgreiflich werden. Wie im Kindergarten! Der Todesstreifen des Hasses darf nicht weiter wachsen.

Bild: Der hl. Mauritius, ein General ohne Schwert, Schutzpatron der Stadt Magdeburg. Magdeburger Dom. Statue aus Sandstein, bemalt, wohl spätes 13. Jahrhundert. Aufnahme des Verfassers vom Januar 2014

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Jul 252014
 

„Gegen die deutschen Soldaten hege ich eigentlich keinen Groll mehr, die allermeisten haben während des vergangenen Krieges einfach den Befehlen gefolgt. Es sind von den Deutschen viele Kriegsverbrechen begangen worden, aber was unsere Leute (er sagte „nashi“) derzeit in der Ukraine aufführen, übertrifft noch die Verbrechen der Deutschen während des Krieges.“

So äußerte sich sinngemäß ein etwa 60-jähriger Russe, ein ehemaliger russischer Soldat, der als regulärer Soldat auch in Tschetschenien gekämpft hatte,  mir gegenüber im Beisein mehrerer russischer Zeugen bei einem meiner letzten Russlandaufenthalte. An der persönlichen Wahrhaftigkeit dieser Aussage hege ich keine Zweifel, zumal er mir durch zahlreiche Details zu erkennen gab, wie gut er sich im Machtapparat der verschiedenen russischen Dienste auskennt: „Schau hier diese Einfahrt – die hohen grünen Wände  – hier  dahinter wohnt Putin. – Das war mal die Datscha Stalins. – Diese drei Buchstaben der Eskorte  gehören zu diesem Politiker XY. Hier sprang Jelzin mal in die Moskwa usw. usw.“ Kurz – der Mann kannte sich zweifellos aus. Dass er als leidenschaftlicher Russe die Verbrechen der eigenen Seite offen benennt, spricht für seine Redlichkeit.

Selbstverständlich habe ich stets auch die offiziellen russischen Fernsehsender, die üblichen Presseerzeugnisse in russischer, englischer und französischer Sprache zur Kenntnis genommen. Sie sind prall gefüllt mit Einseitigkeiten, sie schildern in epischer Breite die unnennbaren Grausamkeiten, welche die Ukrainer seit etwa 1921 gegenüber all den unschuldigen Russen, der friedliebenden Sowjetunion, der mustergültigen Demokratie Russland begangen haben oder begangen haben sollen. Die laufenden kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine werden als Aggression des ukrainischen Staates gegenüber den eigenen Bürgern dargestellt.  Die Republik Donezk wird in den offiziösen Sendern stets als anerkannter Staat erwähnt. Es ist eine mediale Berieselung, eine Propaganda, der man sich nur schwer entziehen kann – bis man schließlich all das Zeug glaubt, das einem aufgetischt wird.

Ich bin übrigens selbst ein durch und durch pro-russisch eingestellter Mensch. Zum engeren Kreis meiner Freundinnen und Freunde, zum Kreis meiner Familienangehörigen gehören Deutsche, Russen, Ukrainer  usw. usw. Menschen unterschiedlichster Staatsangehörigkeiten – alle sind mir gewissermaßen gleich lieb und teuer.

Für mich unterliegt es nach zahlreichen direkten Gesprächen mit Russen und Ukrainern keinem Zweifel: Auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz ist Russland – wie in einigen früheren Kriegen auch – der Aggressor. Russland hat die Ukraine, ein vielfach schwächeres, vielfach kleineres Nachbarland infiltriert, destabilisiert und mit kriegerischen Handlungen überzogen. Nicht umgekehrt. Bei Kriegen zwischen ungleichen Gegnern trägt stets der mächtigere mehr Verantwortung, und das ist hier Russland.

Aus tiefer Verbundenheit mit Russland, aus Liebe zu vielen russischen Menschen, aus Solidarität mit Russland und der Ukraine sage ich: Russland – oder vielmehr die russische Staatsführung – sollte zur Besinnung kommen. Wir alle, die wir pro-russisch eingestellt sind, sollten Russland helfen, auf den Pfad der Ehrlichkeit, des Anstandes, auf  den Weg zurück in die Völkerfamilie zu finden. Ich traue übrigens Russland diesen Schritt zur Umkehr, zur Friedensschaffung zu.

Dazu bedarf es deutlicher, klarer, freundschaftlicher Worte, die zur Aussöhnung zwischen Russen und Ukrainern beitragen und den russischen Menschen beweisen: Wir sind auf eurer Seite. Wir sind auf der Seite des russischen und des ukrainischen Volkes. Wir wollen, dass es den Russen und den Ukrainern miteinander gut geht.

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Jun 092014
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Schon verloschen sind die Stunden,
Hingeschwunden Schmerz und Glück;
Fühl‘ es vor! du wirst gesunden;
Traue neuem Tagesblick.
Täler grünen, Hügel schwellen,
Buschen sich zu Schattenruh;
Und in schwanken Silberwellen
Wogt die Saat der Ernte zu.
 
„Faust leistet wahrhaftig keine ‚Trauerarbeit‘. Nicht die auf der Fähigkeit zur Schuldeinsicht beruhende moralische Würde des Menschen erweist sich an ihm, sondern eine amoralisch vegetative Regenerationsfähigkeit auch der menschlichen Natur. Nichts mehr wird erinnert. Fausts Gewissensentlastung verdankt sich dem Vergessen.“
 
 
Eine großartige, zugleich niederschmetternde Deutung, die Albrecht Schöne hier anbietet! Sie ging mir gestern bei der Wanderung durch den gleichsam geschichtslos in der Mittagshitze brütenden Berliner Tiergarten-Park hin zur geschichtsträchtigen Luiseninsel durch den Sinn, wo ich die arkadisch-unsterblichen Verse des großen Deutschen Goethe und die des großen Italieners Dante murmelte.  Ein möglicher Sinn, wenn auch nicht der einzig mögliche Sinn von Arkadien ist es ja gerade, Unbill, Plackerei und Plage, the drudgery of life, wie die Engländerin sagt, Schuld und Schande der Geschichte zu vergessen, um damit Frieden und Freude zu erlangen. Frieden, Freude, ein ruhiges Gewissen, unbezähmbarer Tatendrang also durch Vergessen!
 
 
«Нельзя допустить, чтобы ужасы прошлого были преданы забвению… Надо все время напоминать о прошлом. Оно было, оказалось возможным, и эта возможность остается. Лишь знание способно предотвратить ее. Опасность здесь – в нежелании знать, в стремлении забыть, в неверии, что все это действительно происходило…» so schreibt Karl Jaspers 1949 in seinem Buch „Vom Ursprung und Ziel der Geschichte“.
 
 
Die zitierte  Übersetzung verdanken wir einem Facebook-Eintrag des russischen Regisseurs Andrei Kontschalowski vom heutigen Tage. Die deutsche Urfassung des Buches von Karl Jaspers liegt uns zur Zeit nicht vor. Also behelfen wir uns mit der russischen Umformung.
 
 
Jaspers und Kontschalowskij sprechen sich hier – sehr im Gegensatz zu Goethe, sehr im Gegensatz zu Faust – gegen das Vergessen, gegen das Frage- und Erinnerungsverbot aus, welches allzulange die europäischen Völker voneinander getrennt hat. Gerade im Vergessen, im allzu reichlichen Trinken von den Flüssen Lethe und Eunoe, wie sie Dantes Matelda im 28. Gesange des Purgatorio anempfiehlt, erblicken sie die größte Gefahr.
 
 
Welch verheerende Auswirkungen das Nicht-Wissenwollen, das erzwungene Vergessen bedeuten, konnte ich immer wieder bei meinen Reisen durch die Länder des ehemaligen europäischen Ostens, des ehemaligen „Ostblocks“ beobachten. Aber auch in Jugoslawien, auch in Italien, auch in Spanien, auch in Deutschland werden immer wieder Frage- und Erinnerungshindernisse aufgerichtet. Es ist vielfach so, als wollte man alle Schrecken, alle Massenverbrechen des 20. Jahrhunderts ausschließlich immer wieder bei den Deutschen vor der Tür abladen, den Deutschen buchstäblich vor die Füße knallen. Gerade hier im Zentrum Berlins, gerade auch bei den laufenden Debatten zur Eurorettungspolitik  ist es geradezu unmöglich, den übermächtig ragenden, den immer mehr Fläche beanspruchenden Monumenten deutscher Schuld und deutscher Schande auch nur einen Augenblick zu entkommen.
 
 
Oft höre ich dann, wenn ich als überzeugter Europäer und überzeugter Mensch – der ich ja sowohl dem Blute wie dem Geiste nach bin –  etwa kommunistische Massenverbrechen in der Ukraine, sowjetische Völkermorde und Angriffskriege, ausmerzende Massentötungen in der Krim, Brudermorde und Vertreibungen verwandter slawischer Völker wie der Tschechen und der Slowaken anspreche: „Das liegt doch jetzt schon so lange zurück!“ „Warum sollen wir denn jetzt noch von all den kommunistischen  Verbrechen sprechen, die in der Zeit von 1917 bis 1989 geschehen sind? Schnee von gestern! Und außerdem haben es die Kommunisten – im Gegensatz zu den Nationalsozialisten –  nur   gut gemeint. Also Schwamm drüber!“ „Es war so schrecklich in den sowjetischen Lagern, so furchtbare Dinge sind im GULAG geschehen, wir wollen nicht noch einmal daran erinnert werden. Das macht uns nur noch kränker als wir ohnehin schon sind.“
 
 
Ich meine in der Tat: Die ungestützte, die schonungslose, die nicht in bewusste Versöhnungs- und Trauerarbeit eingebundene Erinnerung an die großen Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts und auch die neuen Menschheitsverbrechen bereits des 21. Jahrhunderts hat oftmals eine nachträglich traumatisierende Wirkung bei den Nachkommen und Enkelinnen der Opfer, eine oftmals verheerende, stigmatisierende Wirkung bei den Nachkommen und Enkelinnen der Täter.
 
 
Und eine geradezu unauflöslich persönlichkeitsspaltende, eine im tiefsten Sinne panische Wirkung bei denen, die Nachkommen sowohl der Täter wie der Opfer sind – also etwa bei deutschen Kommunisten, die nach Krieg, Lagerhaft, Massenmorden der Sowjetunion im vollen Bewusstsein all der kommunistischen und nationalsozialistischen Massenverbrechen  zum Aufbau der DDR nach Deutschland zurückkehrten. Als ein besonders eindrückliches Beispiel dafür sei hier der gläubige Kommunist Alfred Kurella genannt, dessen Bruder Heinrich Kurella, ebenfalls ein gläubiger Kommunist,  von einem kommunistischen Schnellgericht wegen „Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation“ ähnlich Hunderttausend anderen gläubigen Kommunisten (wie etwa Boris Bibikow) zum Tode verurteilt und am 28.10.1937 erschossen wurde. Martin Schaad hat uns dazu eine aufrüttelnde, höchst lesenswerte, beunruhigende Untersuchung vorgelegt.
 
 
Eine unausgesprochene Frage durchzieht dieses ganze Buch:
Alfred Kurella! Wo ist dein Bruder Heinrich Kurella?
K! Wo ist dein Bruder?
 
 
 
Albrecht Schöne: Johann Wolfgang Goethe. Faust. Kommentare. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt 1999, S. 401
 
Facebook-Auftritt von Andrei Kontschalowskij:
https://www.facebook.com/a.konchalovsky
 
Martin Schaad: Die fabelhaften Bekenntnisse des Genossen Alfred Kurella. Eine biografische Spurensuche. Hamburger Edition, Hamburg 2014, hier bsd. S. 167
 
 
Bild: Wolfgang Mattheuer: Jahrhundertschritt. Skulptur im Hof des Brandenburgisch-Preussischen Hauses der Geschichte, Potsdam. Aufnahme des bloggenden Wanderers vom 04.06.2014
 
 

 Posted by at 14:35
Mai 222014
 

Feindbilder erkennen – Feindbilder benennen!

Rechtstrotzkistische Sowjetfeindschaft! So lautet der Vorwurf gegen Boris Bibikow, den Großvater des Schriftstellers Owen Matthews – übersetzt aus dem Russischen: Zugehörigkeit zu einer „antisowjetischen rechts-trotzkistischen Organisation in der Ukraine – (антисоветской право-троцкистской организации на  Украине)„. Beweise konnten dafür nicht erbracht werden, zumal der Vorwurf des „Rechts-Trotzkismus“ heute geradezu absurd erscheint.  Es kann aus heutiger Sicht keinem Zweifel unterliegen, dass der Kommunist Boris Bibikow bis zu seinem Tod ein loyaler Bürger der Sowjetunion, ein glühender Patriot und leidenschaftlicher Kommunist war. Dennoch zog er sich durch offene  Kritik an einigen sichtbaren Missständen die Ungnade der Nomenklatura zu. Er wurde nach erpressten Geständnissen zahlreicher Mitgefangener verurteilt wie Hunderttausende andere auch.

Kritik an gravierenden Fehlentwicklungen wurde in der Sowjetunion der Jahre 1936-1938 mit „rechts-trotzkistischer Feindschaft zur Sowjetunion“ ausgelegt.

Quelle:
„Tod eines Parteigenossen“, in: Owen Matthews, Winterkinder. Drei Generationen Liebe und Krieg. Aus dem Englischen von Vanadis Buhr. Mit 34 Fotos. Graf Verlag (Ullstein Buchverlage), München 2014, S. 60-80, hier: S. 69

 Posted by at 23:00
Mai 212014
 

„Jeder der bei uns in der Ukraine die Wahrheit über die Vergangenheit sagte, wurde nach Magadan geschickt. Die meisten kamen nicht wieder. Diejenigen, die wiederkamen, erzählten wohlweislich nichts.“ So erzählte es mir persönlich eine Ukrainerin, mit der ich vor wenigen Wochen über die aktuelle Lage in der Ukraine sprach. Diese Worte der Ukrainerin fallen mir soeben wieder beim Lesen des Buches „Stalin’s children“ ein, das auf Deutsch unter dem Titel „Winterkinder“ erschienen ist. Das Geschehen – also die authentische Lebensgeschichte von drei Generationen einer russisch-englischen Familie, erzählt von einem Sohn dieser Familie – spielt überwiegend in der Ukraine. Das Buch bringt alle die Städtenamen, von denen  jetzt auch wieder die Tagespresse voll ist: Simferopol, Charkow/Charkiw, Odessa, Donezk … und viele mehr.

Stalin’s Children ist ein erzählendes, biographisches, mehrere Generationen umspannendes  Buch, das – wenn man so will – den historischen Hintergrund für die jetzige weltpolitische Auseinandersetzung liefert. Die Ukraine war ein entscheidendes Schlachtfeld, vielleicht das entscheidende Schlachtfeld  der eliminatorischen Vernichtungsstrategie der sowjetischen Kommunisten gegenüber ihren wirklichen oder eingebildeten Feinden, den „Kulaken“, den „Volksfeinden“, den „Schädlingen“, den Trotzkisten, den „Antisowjets“,  dem „Ungeziefer“. Insofern ist die Ukraine das mitteleuropäische Land par excellence, es liegt genau an der Nahtstelle zwischen Osteuropa und Westeuropa. Ich wage zu behaupten: Es IST die Nahtstelle. Es sind die „Bloodlands“, wie sie Timothy Snyder nennt, in denen sich die schlimmsten Verbrechen der europäischen Geschichte ereignet haben.

Eine zweistellige Millionenzahl an Todesopfern brachten diese eliminatorischen, systematisch geplanten und vollzogenen Massenvernichtungsaktionen der sowjetischen Kommunisten (und danach der Nationalsozialisten) hervor.

Und warum ist davon – von diesem „Holodomor“, der doch wesentlich mehr Opfer forderte, mindestens so eliminatorisch war wie der deutlich später einsetzende „Holocaust“, so wenig bekannt bei uns in der westlichen Hälfte Europas, während der Holocaust, der danach ebenfalls schwerpunktmäßig in der Ukraine und in Polen stattfand, in aller Munde ist?

Die Antwort ist zweifach:

1. Es gab fast keine Überlebenden bei den Auslöschungsaktionen der Sowjets in der Ukraine. Während der Terror der Nationalsozialisten sich im wesentlichen auf die Jahre 1933-1945 beschränkte, erstreckte sich der nicht minder brutale, nicht minder eliminatorische  Terror der Kommunisten, der sich davor, danach und gleichzeitig schwerpunktmäßig ebenfalls im Gebiet der Ukraine entfaltete, über mehr als 3 Jahrzehnte. Lange genug, um die wenigen überlebenden Augenzeugen zum Schweigen zu bringen, lange genug, um eine Mauer des Schweigens um die über viele Jahre sich hinziehenden Massenmorde zu errichten.

2. In der Sowjetunion galt ebenso wie in der DDR  mindestens bis 1956 ein absolutes Frageverbot, ein absolutes Schweigegebot über die eliminatorischen Massenvernichtungsaktionen der sowjetischen Kommunisten. Nur die oberen Kader der Kommunistischen Partei, also etwa Stalin oder Nikita Chruschtschow, hatten ein einigermaßen vollständiges Bild vom Umfang der radikalen Vernichtung, der Dezimierung und Auslöschung ganzer Völkerschaften, ganzer Klassen des Volkes durch die Kommunisten in den Jahren 1917-1953. Das Volk, die breiten Massen wurden belogen und betrogen nach Strich und Faden. Hätten nun die Kommunisten das ganze Ausmaß der kommunistischen Massenverbrechen enthüllen und aufarbeiten können, so wie ja ab 1945 nach und nach das ganze Ausmaß der Verbrechen der Nationalsozialisten aufgedeckt worden ist und zu Recht auch weiter aufgedeckt wird?

Nein, sie wollten und konnten es nicht, denn die Offenlegung des ganzen Umfanges der kommunistischen Massenverbrechen in den Jahren 1917-1956  hätte der kommunistischen Herrschaft in den Staaten des Warschauer Pakts sofort jede Legitimität entzogen. Der Kommunismus wäre als Ideologie, als Lehre und als Praxis bereits kurz nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956, nicht erst 1989/1990 zusammengebrochen, so wie der Nationalsozialismus im Jahr 1945 nach dem verlorenen Krieg nicht zuletzt durch die Offenlegung seines durch und durch verbrecherischen Charakters zusammengebrochen ist.  Die Kommunisten hätten bei Öffnung der Archive und bei echter Forschungs- und Redefreiheit trotz des gewonnenen Krieges bereits 1956 die Macht verloren, so wie die Nationalsozialisten 1945 die Macht verloren.  Bereits 1956, nicht erst 1989/1990 wäre die Mauer zwischen Ost und West gefallen.

Nicht zuletzt wäre es bei einer echten Vergangenheitsbewältigung in der UdSSR zu zahlreichen gespaltenen Loyalitäten, zum Auseinanderbrechen von Familien, Ehen, Freundschaften  gekommen. Denn selbstverständlich sind nicht alle gläubigen Kommunisten „böse“. Im Gegenteil! Viele waren auch von lauteren Motiven beseelt. Selbst etliche Massenmörder glaubten wohl, die bis dahin nahezu singulären eliminatorischen Massenverbrechen in der Ukraine im Dienste der Menschheit vollbringen zu müssen.

If only there were evil people somewhere insidiuously committing evil deeds, and it were necessary only to separate them from the rest of us and destroy them. But the line dividing good from evil cuts through the heart of every human being. And who is willing to destroy a piece of their own heart?

Stalin’s children / Winterkinder – ein lesenswertes Buch. Ihm entnehmen wir dieses obenstehende Zitat. Es hinterlässt mich zutiefst betroffen.

Owen Matthews: Stalin’s Children. Three Generations of Love, War, and Survival. Bloomsbury, London / Berlin / New York 2008. Elektronische Ausgabe, hier Pos. 812 von 4397
Owen Matthews: Winterkinder. Drei Generationen Liebe und Krieg. Aus dem Englischen von Vanadis Buhr. Mit 34 Fotos. Graf Verlag (Ullstein Buchverlage), München 2014, hier S. 76

 Posted by at 10:03
Mai 122014
 

Die nachstehenden Erwägungen fassen waschzettelhaft, grob und ungenau zahllose Beobachtungen und Bemerkungen zusammen, die ich in über 15 Jahren in Russland, in Deutschland, in anderen Ländern, in hunderten von Begegnungen und Gesprächen mit ganz unterschiedlichen Menschen, in Tausenden von Büchern, Aufsätzen, Blogs usw. destillieren konnte. Sie sind sicherlich nicht wissenschaftlich exakt, aber sie versuchen, eine Bewusstseinslage zu erfassen, wie sie derzeit wohl das Handeln und Fühlen vieler Menschen in Russland, in der Ukraine, in Deutschland und in den EU-Ländern bestimmen dürfte.

Als „zerschmettert“ hat die Schauspielerin Katja Riemann vor wenigen Tagen zu recht die Identität Deutschlands bezeichnet. Die 12 Jahre der nationalsozialistischen Terrorherrschaft werden heute von der Mehrheit der Deutschen als Bruch, als Störung, ja oft auch als Zerstörung der etwa 1100 Jahre deutscher Geschichte gesehen. „Deutsche Geschichte“ kann man mit Fug und Recht etwa mit Ottos I. Kaiserkrönung, also mit dem Jahr 962 beginnen lassen. Deutsche Geschichte endet nach dieser „Zerschmetterungstheorie“ endgültig  um das Jahr 1933.

Sehr viele Deutsche schämen sich wegen 1933-1945 dafür, Deutsche zu sein. Sie wollen mit Goethe, Luther, Bach, Kant, mit deutscher Musik, mit deutscher Sprache, mit deutschen Volksliedern, mit dem Muttertag, mit den deutschen Vätern und Großvätern, mit einem deutschen Nationalstaat, mit deutscher Kultur von vor 1945 nichts mehr zu tun haben. Das deutsche Volk ist in ihren Augen das Trägervolk des schlechthin Bösen. Deshalb auch das Bestreben, möglichst rasch alles Deutsche, alle deutsche Schuld und Schuldigkeit in einem großen europäischen Euro-Kuchen verschmelzen zu lassen. Kein anderes Volk kommt uns in dieser verblendet-selbstquälerischen Haltung auch nur im entferntesten nahe. „Es war alles schlecht und teuflisch unter Hitler, Göring und Himmler – und wenn ein Volk so etwas zulässt, dann hat es sein Existenzrecht als Volk verwirkt. Drum besser wär’s, es gäbe gar kein Deutschland.“

So fühlen und agieren  in Deutschland viele. Augenfälligster Beleg dafür: die Antipatrioten, die Antideutschen, die in Friedrichshain in der Revaler Straße völlig ungehindert und ungestört ihr Bekenntnis auf die Dächer gepinselt haben: „Deutschland verrecke.“ Kein anderer europäischer Staat würde so etwas in seinen Grenzen zulassen, nur in Deutschland findet diese Selbstverfluchung, dieser Selbsthass eine selbstgefällige und selbstzufriedene Anhängerschaft.

Für die allermeisten Russen hingegen – ich meine: für etwa 60 bis 70 Prozent der Russen ist – in schroffem, in denkbar schärfstem  Gegensatz zu Deutschland – das Nationalgefühl völlig ungebrochen. Die gegenwärtige Ukraine-Krise belegt: Der russische Nationalstolz ist sogar wie Phönix aus der Asche emporgestiegen. Die ungefähr 40 Jahre kommunistischer Terrorherrschaft (ab 1917 bis etwa  zum Tode Stalins) werden von der Mehrheit der Russen als Abweichung, als Störung, ja als eigentlich unrussisch gesehen. „Wir Russen waren es nicht. Es war alles nur der Stalinismus.“

Riesige Teile der russischen Geschichte des 20. Jahrhunderts sind und bleiben folglich den meisten Russen völlig unbekannt; so ist etwa das operative Kriegsbündnis, das das Deutsche Reich und die Sowjetunion von 1939 bis 21. August 1941 pflegten und das in gemeinsamen Triumph-Feiern und Sieges-Paraden der deutschen Faschisten und der russisch-sowjetischen Kommunisten gipfelte, völlig unbekannt. Am 22.09.1939 feierten – wie fast niemand weiß – deutsch-nationalsozialistische und sowjetisch-russische Truppen in Brest die Aufteilung Europas in zwei Blöcke. Wer sich diesem Herrschaftsanspruch des Deutschen Reiches bzw. der Sowjetunion entgegenstellte, der wurde mit aller Brutalität zerschmettert.

Die insbesondere ab 1936 ausgeübte Terrorherrschaft der sowjetischen Kommunisten gegenüber den Minderheitenvölkern der UDSSR oder sogenannten Schädlingen wie etwa den „Kulaken“, Tataren, den Ukrainern, den Polen, den baltischen Völkern, das aus vielen Hundert Lagern bestehende GULAG-System ist nie ins breite Bewusstsein der Russen eindrungen. Viele Russen halten sich weiterhin für das erwählte Trägervolk des Guten.

Nach 70 Jahren kommunistischer Herrschaft sieht ein Teil der Russen zwar den gesamten Kommunismus als gescheitertes Experiment an. Denn die Millionen und Abermillionen  von Terroropfern, die die Zwangsherrschaft Lenins, Berijas, Jeschows, Stalins und Hunderttausender von Mitläufern ab 1917 sowohl bei Russen wie bei anderen Völkern gebracht hat, wird als ein zu hoher Preis angesehen. „Es war nicht alles gut unter Lenin, Jeschow, Stalin, Berija und Chruschtschow, aber wir haben weitgehend im Alleingang den deutschen Faschismus besiegt. Und insofern sind wir im Recht. Wir haben das Herz des Bösen besiegt.“

Der östliche Kriegsschauplatz war über weite Strecken Stätte erbitterter Partisanenkriege, in denen die Völkerschaften aufeinander prallten. Auch der vielbeschworene 9. Mai 1945 beendete diese Partisanenkriege, die Teil des 2. Weltkrieges sind, namentlich in den baltischen Staaten, in Polen und in der Ukraine und in Griechenland nicht. Vielmehr wurde noch jahrelang mit größter Brutalität weitergekämpft: ein völlig vergessenes Kapitel der Gewaltgeschichte unseres Kontinents.

Häufig wird heute der Kommunismus auch als Abirrung vom rechten Weg Russlands angesehen.  Die Ausländer, der Westen, also insbesondere der jüdischstämmige Deutsche Karl Marx und der Kaiser Wilhelm II. hätten Russland den ganzen Kladderadatsch eingebrockt. „Hätten die Deutschen 1917 Lenin nicht zur Zersetzung der alten Ordnung ins Land gelassen, wäre das alles nicht passiert.“ Der rechte Weg Russlands wird heute durch das starke Sendungsbewusstsein der russischen Geistesgrößen bezeichnet, das sich insbesondere ab etwa 1860 bis 1917 entfaltet hat. Da fallen Namen ein wie Tolstoi, Dostojewskij, Berdjajew, Konstantin Aksakow, Nikolai Danilewski – sie alle vertraten ein panslawisches Bewusstsein von der hohen Sendung Russlands, das zur Wahrung der christlichen Werte gegenüber dem dekadenten Westen eingesetzt sei.

Das orthodoxe Christentum ist integraler Bestandteil der neuen russischen Staatsideologie geworden! Der Prozess gegen Pussy Riot erfüllte den Zweck, das innige Bündnis zwischen Thron und Altar, das phönixgleich aus der Asche der Sowjetunion wiederauferstanden ist, augenfällig zu dokumentieren.  „Wer sich Russland anschließt, wird in Frieden und Freiheit leben.“ So das Versprechen der Russen an die anderen, insbesondere die slawischen Völker des europäischen Ostens.

Ein anderer Teil der ehemaligen Sowjetbürger trauert dem Gemeinschaftsgefühl der Sowjetunion nach. Die Völker, die eher dem asiatischen Raum oder dem europäischen Osten zuzurechnen sind, etwa die Bulgaren, die Rumänen, die Armenier, ein Teil der Ukrainer oder auch die Serben, zeigen sich gegenüber solchen Bestrebungen aufgeschlossen.

Die Völker hingegen, die kulturell von jeher dem Westen Europas angehören, also namentlich die Balten, Tschechen, Polen, ein Teil der Ukrainer, die Slowaken, Ungarn, Finnen, die Slowenen, die Kroaten denken freilich nicht im Traum daran, sich erneut unter den gütigen Schutzmantel der russischen Oberherrschaft zu begeben. Sie haben jahrhundertelang Russland bzw. die Sowjetunion als fremde Macht über sich erdulden müssen, wobei zweifellos neben und nach Nazi-Deutschland die Fremdherrschaft der Sowjetunion den Tiefpunkt der Erniedrigung darstellte.

 Posted by at 15:45
Mai 032014
 

Einer der wenigen Kommentare, die mir von echter Sach-, Landes- und Menschenkenntnis getragen scheinen: Der vorsichtig abwägende Leserbrief von Ernst-Jörg von Studnitz, dem ehem. deutschen Botschafter in Moskau, in der FAZ von gestern.  Studnitz hat erfasst, dass eines der wesentlichen Probleme der Ukraine der weit fortgeschrittene Zerfall der ukrainischen Staatlichkeit ist: es fehlt an Ansätzen funktionierender Staatlichkeit.

Die Staatsmacht der Ukraine ist zur Zeit weitgehend delegitimiert. Seit vielen Jahrhunderten treten die russischen Autokraten bei solcher Gelegenheit mit dem Anspruch an, das Recht auch außerhalb ihres Machtbereiches zu „setzen“, Rechtssicherheit herzustellen. Sie haben jahrhundertelang ihr Reich gewaltsam durch widerrechtliche Eroberung, Krieg und Unterwerfung der Nachbarvölker ausgedehnt, bis zum heutigen Tag ist Russland das einzige verbliebene kolonial geprägte Großreich.

Nicht der Nationalstaatsgedanke, sondern der in der Person des Autokrators (des Zaren, des Führers) verkörperte Reichsgedanke steht bei der russischen Staatlichkeit und der russischen Autorität im Vordergrund.  Das war seit dem 16. Jahrhundert so und ist bis heute geblieben – wobei die UDSSR voll in der Kontinuität steht.

Von Studnitz, Marina Weisband, Horst Teltschik – die Kommentare dieser drei – nicht  in der aktiven Politik stehenden – Persönlichkeiten zur aktuellen Lage sollten die aktiven Politiker meines Erachtens zur Kenntnis nehmen.

Quellen:

Ernst-Jörg von Studnitz: „Runde Tische für die Ukraine“, Leserbrief, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Mai 2014, S.12

Sendung „Russisches Roulette“, Maybrit Illner“, 24.04.2014, ZDF

http://www.zdf.de/maybrit-illner/ukraine-krise-kann-man-putin-trauen-u.a.-mit-matthias-platzeck-marina-weisband-harald-kujat-32885420.html

 Posted by at 19:23
Apr 282014
 

Noch heute höre ich in Kreuzberg immer wieder den uralten, den ewig neuen Friedensgruß, der zugleich auch ein Alltagsgruß geworden ist: Мир вам, wie der Ukrainer sagt, oder auch Мир вам, wie der Russe sagt, oder auch  Salam aleikum, wie die Moslems im Späti am Kotti um die Ecke sagen, oder auch Scholem aleichem wie die Juden sagen, oder auch der Friede sei mit Euch, wie Jesus nach seiner Auferstehung nach dem Zeugnis des Johannes dreifach zu den Jüngern sagte.

Es ist erstaunlich, dass im Evangelium des Johannes Jesus nur an dieser Stelle die Jünger ausdrücklich mit diesem so alltäglichen, drei Mal wiederholten Friedensgruß anredet. Der Evangelist verknappt die Begrüßung Jesu an seine Jünger ins Dichteste, Alltäglichste. So wie er den Judas mit „Freund“ anredete, so redet er jetzt die Jünger mit „Der Friede sei mit euch“ an.

Im griechischen Neuen Testament lautet das bei Johannes so:

ἦλθεν ὁ Ἰησοῦς καὶ ἔστη εἰς τὸ μέσον, καὶ λέγει αὐτοῖς· Εἰρήνη ὑμῖν.

Auf Ukrainisch lautet das so:

увіходить Ісус, став посередині та й каже їм: «Мир вам!»

Auf Russisch lautet das in der eigenwilligen russisch-jüdischen Übersetzung des Neuen Testaments, die David Stern vorgelegt hat, so:

пришёл Йешуа, встал посередине и сказал: „Шалом алейхем!“

Dies zu begreifen ist gar nicht so schwer. Kann man Russisch, wird man das Neue Testament auch auf Ukrainisch lesen können. Kann man Ukrainisch, wird man das Neue Testament mit seiner Friedensbotschaft auch auf Russisch lesen und verstehen können.

 

http://kifa.kz/bible/stern/stern_yohanan_20.php

 Posted by at 11:05
Mrz 272014
 

„Для нас всегда Бах Бах / Für uns bleibt Bach immer Bach.“ So vertraute es uns vor wenigen Tagen eine Musiklehrerin aus der Stadt Керч oder auch aus der Stadt Керчь oder auch aus der Stadt Keriç an. Im Hintergrund spielten die Schüler gerade den Sommer von Vivaldi.

Leider brechen jetzt zwischen den Ukrainern und den Russen die jahrzehntelang schwelenden Feindseligkeiten eruptiv wieder auf. Leider stelle ich immer wieder fest, dass die nicht bewältigte Vergangenheit vor allem der Jahre 1917 bis 1951 sich wie Mehltau auf die Beziehungen zwischen den Völkern und den Staaten im einstigen Ostblock legt. Die meisten Ukrainer kämpften von 1941 bis 1945  mehrheitlich auf einer anderen Seite als die meisten Russen. Sie kämpften mit den Deutschen für die Befreiung vom russisch-sowjetischen Joch. Sie zogen das Bündnis mit Deutschland der Unterdrückung durch Stalin vor. Nach 1945 brannte der verheerende Bürgerkrieg noch 5 Jahre weiter. In der Sowjetunion war es nicht möglich, eine echte Aussöhnung zwischen den Ukrainern und den Russen herbeizuführen. Die brutalen Vertreibungen der Krimvölker, das unvergessene totalitäre Terrorregime, die berüchtigten репрессии  während der sowjetischen Herrschaft hat der russische Präsident erstaunlicherweise bei seiner Rede zur Annexion der Krim ungeschminkt beim Namen genannt.  Diese Passagen der Rede werden bei der Diskussion in westlichen Ländern stets geflissentlich unterschlagen.

In den Ohren klingt mir noch die herrliche Musik Bachs, die Suite Nr. 3 in C-dur für Violoncello solo, hier wiederum vor allem die unfassbar tröstliche Allemande, die Мстисла́в Ростропо́вич oder auch  Мстислав Ростропо́вич oder auch Mstislav Leopoldoviç Rostropoviç kurz nach der Öffnung der Berliner Mauer am ehemaligen Todesstreifen spielte.

Ich glaube: Der Todesstreifen des Hasses darf nicht breiter werden. Ich hoffe, dass das russisch-ukrainisch-tatarische  Jugendorchester der Musikschule in Керч/Керчь/Keriç schon bald den Winter des Ungemachs mit Vivaldis Sommer vertreiben wird.

 

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Mrz 222014
 

Im Gespräch mit Russinnen und Russen, Ukrainerinnen und Ukrainern, aber auch mit einigen „westeuropäischen“, insbesondere deutschen Russlandkennern außerhalb der Politik ergab sich unseren Blicken mit erstaunlicher Eindeutigkeit folgendes Gesamtbild:

Die gegenwärtige Krise in den Beziehungen Russlands mit einem Teil der Staatenwelt  ist im Kern eine Krise scheiternder Kommunikation. „Wir Russen fühlen uns unverstanden wie eh und je.“ Ja, sie fühlen sich unverstanden wie damals in den Jahren 1813 und folgenden, 1913 und folgenden. Und sie haben recht damit.

Wir schätzen diese Krise als ernst, aber nicht als ausweglos ein. Wie so oft, hat nicht nur eine Seite recht. Wie so oft, fehlt es an Menschen, die „treuesten Sinns hinübergehen und wiederkehren“, wie dies Hölderlin sagte.

Die westeuropäische und schlimmer noch die US-amerikanische Presse berichtet nur ausschnitthaft, hat sich in unerträglicher Weise auf einige wenige Schlagworte mit geringer Streubreite und geringer Tiefenschärfe eingeschossen; es fehlt den Journalisten an Rückgrat, sie schaffen es fast nie, beide Seiten – oder die mehreren Seiten der Konflikte – darzustellen. Die Redaktionen setzen die vorgegebene Linie beinhart durch. Fehlende Kenntnisse des Russischen lassen wir nicht als Entschuldigung gelten, obwohl sie ein Problem darstellen.  Auch ohne Kenntnisse des Russischen kann man sich durch direkte Gespräche mit Menschen aller beteiligten Länder sehr wohl ein einigermaßen vollständiges Bild machen. Das geschieht aber nicht! Die westlichen Medien liefern keine Rundumsicht. Sie liefern keine Tiefensicht.

Es herrscht bei uns eine viel zu starke Personalisierung auf die Gestalt des russischen Präsidenten vor. Es geht hier nicht um Putin, es geht um ganz Russland. Der russische Präsident kann sich gerade jetzt auf einen wachsenden Rückhalt in der Bevölkerung stützen, selbst unter denen, die ihm grundsätzlich sehr kritisch gegenüberstehen oder ihn ansonsten ablehnen. Die entscheidende Karte, die er ausspielt, ist die Karte der großen nationalen Erzählung Russlands. Diese Großerzählung über das russische Reich, das gestützt ist durch die Person des Herrschers, die verbindende christliche Religion, das Band der Menschen untereinander und das Band zum eigenen Boden, zieht sich – ganz im Gegensatz zum hochgradig zersplitterten Deutschland – durch alle Schichten des russischen Volkes – vom Akademiker bis zum Müllwerker.

„Unser ist durch tausendjährigen Besitz
Der Boden – und der fremde Herrenknecht
Soll kommen dürfen und uns Ketten schmieden,
Und Schmach antun auf unsrer eigenen Erde?“

Lest Friedrich Schiller, Wilhelm Tell, des zweiten Aufzugs zweite Szene! Diese Worte geben das Grundgefühl der überwältigenden Mehrheit der Russen bezüglich der Krim zutreffend wieder. – Schiller, ein Autor, der in Russland – erneut im Gegensatz zu Deutschland – weiterhin geschätzt und geehrt wird. Den könnte man auch in Deutschland wieder mal lesen, um die Russen besser zu verstehen. Was ist so schlimm an Friedrich Schiller, was ist so schlimm an Goethe, an Kant, an Sigmund Freud, an Franz Kafka, an Rudolf Virchow, an Hölderlin?

Wichtig bei der Krim-Debatte ist zu wissen: Sezession von Teilgebieten eines Staates ist häufig und ist auch erlaubt. Es gibt im Völkerrecht durchaus ein Sezessionsrecht. Staaten, die durch Sezession entstanden sind, im  „Abfall der Niederlande“ etwa, im „Rütlischwur der Schweiz“ etwa, sind jahrhundertelang erfolgreicher als solche, die durch zwischenstaatliche Verträge geschaffen worden sind: Belgien, Tschechoslowakei, Jugoslawien sind abschreckende Beispiele,  von den durch die europäische Diplomatie zusammengeschusterten heutigen afrikanischen Staaten ganz zu schweigen.

Für die Russ*innen ist es schrecklich zu sehen, dass man sich hier in Deutschland über den bösen bösen Taka-Tuka-Rassismus der bösen bösen Pippi Langstrumpf-Autorin Astrid Lindgren die Köppe zusammenschlägt, aber die wirklich wichtigen Autor*innen beiseite drückt.

Es herrscht – trotz all der Drohungen und Kränkungen, die hin- und herfliegen – ein großes politisches Schweigen, ein großes politisches Aneinandervorbeireden zwischen Russland und dem Westen. Not tut das gute, freie, das gelöste und lösende Wort.

Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. Wer mag diesen halblaut gemurmelten Spruch noch kennen?

Wer murmelt diesen Wunsch noch?

 

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Mrz 142014
 

2014-03-02 13.02.56

Schlimme Nachrichten höre ich von den Russen und den Ukrainern, mit denen ich privat spreche. Die Zeichen stehen in diesen Tagen auf Krieg zwischen Russland und Ukraine, wobei Russland meinen Eindrücken nach eindeutig die Rolle des Kriegstreibers ausführt. Die Ukrainer rechnen mit dem Schlimmsten. Moskau setzt offenbar alles daran, durch haltlose Greuel-Propaganda und verdecktes Einschleusen von eigenen Soldaten ins Staatsgebiet der Ukraine Fakten zu schaffen. Moskau wärmt dabei die uralte russische Reichsidee wieder auf: Russland als Herrscher, der Zar als „Friedensfürst“ über die umgebenden Völker.  Die ukrainischen Männer melden sich bereits scharenweise freiwillig zur Armee. Das lässt nur einen Schluss zu: Moskau versucht in diesen Tagen die Ukraine zu demütigen und dann durch militärische Aktionen die eigene Macht zu stärken. Ich meine: Klare Stopp-Signale an Moskau, an Putin, wie sie der Westen und insbesondere die Bundesrepubik Deutschland – Bundestag und Bundesregierung – senden, sind richtig. Ein Krieg dient den Menschen nicht. Die Menschen wollen den Krieg nicht, weder die Russen noch die Ukrainer wollen den Krieg.

Die Ukraine ist ein souveräner Staat. Staaten haben ein Recht darauf, die eigenen Probleme selbständig, ohne Gewaltanwendung von außen zu lösen.

Einer meiner russischen  Gesprächspartner fasste seine Einsichten in russischer Sprache so zusammen: „Украина может и должна самостоятельно разобраться со своими внутренними проблемами. Максимум, который может сделать Россия – принять беженцев, переселенцев, … Все! Ни армии, ни вмешательства, ни вторжения.“

Ukraine kann und muss mit seinen internen Problemen selbständig zurechtkommen. Das Maximum, was Russland leisten kann, ist die Aufnahme von Flüchtlingen und Übersiedlern. Mehr nicht! Weder Armee noch Einmischung noch Invasion sind angesagt.

Bild: vor der Russischen Botschaft Unter den Linden, Berlin, 02.03.2014

 Posted by at 15:12
Feb 202014
 

Es zerreißt mir schier das Herz. Ein Todesopfer polizeilicher Gewalt hatten wir schon vor Wochen zu beklagen in unserem ukrainischen Bekanntenkreis. Allerdings erfolgte der mörderische Übergriff nicht in Kiew, folglich wird davon auch nichts berichtet in den westlichen Medien.

Es ist selbst für die in Deutschland lebenden Ukrainer und Russen, mit denen ich spreche, fast unmöglich, im ukrainischen Pulverdampf die Orientierung zu bewahren. Die meisten westlichen Beobachter (Journalisten, Politiker, „Experten“) flattern nur wirr durcheinander. Von den EU-Staaten, ja von der EU selbst kommt wenig Zielführendes. Sie kennen sich schlechterdings nicht aus. Sie stochern im Nebel. Falsch wäre es vom „Westen“, hier in diesen bürgerkriegsähnlichen Zuständen eine „Partei“ zu ergreifen und die amtierende Regierung ersetzen zu wollen. WAS KÄME DENN DANACH? Dieselbe Frage warfen wir bereits beim Thema Libyen, beim Thema Syrien auf. Sie stellte sich in 80er Jahren in Afghanistan, später in Iran, später in Irak.

Da passt  uns gut die Stimme Marina Weisbands in den Kreuzberger Kram: eine der wenigen ernstzunehmenden Stimmen aus Deutschland, die in vielerlei Hinsicht den Nagel auf den Kopf trifft. Marina Weisband muss man in Deutschland unbedingt ernstnehmen:

http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/585084/Es-tut-mir-weh-nicht-dort-zu-sein

Die EU-Staaten müssen sich in Ermangelung echter Einsichten in die tatsächliche Lage meines Erachtens für folgendes aussprechen:

1) Für das Rechtsstaatsprinzip. Staatlichkeit bedeutet Rechtlichkeit. An einem Zerfall staatlicher Zustände in Ukraine kann niemand ein Interesse haben.
2) Für die Legitimität der jeweils amtierenden, gewählten Regierung. Dies fällt schwer, aber es ist so. Staaten müssen einander als souveräne Gebilde anerkennen.
3) Gegen Gewalt. Verzicht der Demonstrierenden auf Waffen und auf Gewalt.
4) Für die Freiheit des Wortes. Gewaltfreie Dialogforen schaffen.
5) Recht und Ordnung als Grundlagen des Zusammenlebens anerkennen.
6) Demokratie beruht auf Spielregeln (Gesetzen). Diese Spielregeln müssen für alle gelten. Der Staat hat das Recht, sie durchzusetzen. Politiker müssen sich in Wahlen um ein Mandat bewerben.
7) Frieden für alle, Recht für alle, Freiheit für alle – das sind die obersten Zielpunkte politischen Handelns, nicht Macht, Einfluss, Wohlstand.

 Posted by at 11:41
Dez 212013
 
Beim Schlendern an meiner Buchwand entlang fiel mir heute ein amerikanisches Buch aus der Studentenbibliothek meines Vaters auf: The Possessed. Dostoyevsky. Offenkundig ein Stück aus dem umfangreichen Lektürekanon, den die deutschen Marshall-Fund-Stipendiaten (wie mein Vater) während ihres USA-Aufenthaltes nach dem zweiten Weltkrieg komplett durchzulesen hatten. Nun, ich, der Sohn des Stipendiaten, werde wohl kaum Dostoevsky auf Englisch lesen.
Aber ich las soeben das 1935 geschriebene Vorwort Avrahm Yarmolinskys zur Übersetzung der „Dämonen“ von Dostojewski. Aufwühlend!
Yarmolinsky schreibt: „In some respects Dostoyevsky’s emotional nationalism and racialism anticipate the Fascist philosophy of our own day.“ Er fährt fort: Der ehemalige Sozialrevolutionär Dostojewski, der Gewalt und Umsturz befürwortet habe, habe sich bald zum brennenden Unitaristen gewandelt: Zar und Russentum, christliche Orthodoxie und Staat gehen Hand in Hand, „Thron und Altar“ unterstehen dem Zaren von Gottes Gnaden, die Russen als Träger des höheren Menschentums, als Erlöservolk Europas, ja der ganzen Menschheit … Welterlösung durch die überlegenen Gene des russischen Volkes … von da führt ein gerader Weg zu der unfassbaren Überlegenheitsgeste Lenins, Stalins … bis hin zur russischen Politik von heute!
Den Zaren haben die Revolutionäre 1917 abgeschafft, geblieben ist aber ohne jeden Zweifel der Cäsaropapismus, also der Anspruch der russischen Machthaber, die höhere spirituelle Wahrheit, in deren Besitz sie sich wissen, mit den Mitteln des Staates und der Politik durchzusetzen, auch mit Gewalt durchzusetzen.
Erlösung Europas von allem Bösen durch die Politik! Das Thema begleitet uns bis heute! Mit größter Sympathie studierte auch die westeuropäische Studentenbewegung der Jahre ab 1966 die französischen, deutschen und russischen Revolutionäre von Fourier und Bakunin bis hin zu Lenin, Trotzkij, Stalin und Fidel Castro. Etwa 130 Jahre nach Dostojewskis sozialistischer Frühphase schlugen Rudi Dutschke, Bernd Rabehl, Daniel Cohn-Bendit, Christian Ströbele, Horst Mahler (erst Sozialist, dann Nationalsozialist) und viele viele andere,  der SDS, die AL in Berlin-Kreuzberg, all die Sozialrevolutionäre, Antikapitalisten, Kommunisten, die grünen Anti-Nationalisten und Anti-Patrioten, die Antideutschen von Friedrichshain ganz ähnliche Töne von kollektiver sozialistischer Welterlösung an.
Bis zum heutigen Tag überlebt die Hoffnung, man könne durch den einen großen, großartigen Streich, etwa durch die Abschaffung des Kapitalismus, durch die Entdeutschung bzw. Europäisierung Deutschlands oder/und die Hinführung zum Kommunismus das Böse in der Weltgeschichte ein für allemal beseitigen.
Immer wieder erkennen wir dasselbe Grundmuster: Die Politik unterfängt sich, das Böse oder die Ungerechtigkeit in der Weltgeschichte durch einen kollektiven Plan, eine revolutionäre Befreiung zu beseitigen. Und das Böse, das ist der bestehende Staat, das ist der Kapitalismus, das ist die Polizei,  das ist Deutschland und seine deutsche Unheilsgeschichte, das ist der Klimawandel  usw. usw. Die Figuren des Bösen sind austauschbar, entscheidend ist: Man versucht das Böse schlechthin, das Ungerechte schlechthin durch einen genialen, langfristig denkenden Plan abzuschaffen.
Es lohnt sich, originale Texte aus den 30er Jahren zu lesen! Das Wissen über die Bewusstseinslage der 30er Jahre speist sich heute fast nur noch aus zweiter Hand. Wie dachte man damals über die Sowjetunion? Woher speiste sich das Gefühl einer akuten Bedrohung durch die Bolschewisten und durch die Nationalsozialisten/Faschisten, das damals in allen nichtsozialistischen Ländern mit Händen greifbar war, von Spanien über Frankreich und Polen bis hin zu Italien und Deutschland?
Wie reagierte die Welt auf die Nachrichten vom massenhaften Hungertod, von Menschenfresserei und politischem Massenmord in der Ukraine? Warum wird heute verschwiegen, dass die millionenfachen „Säuberungen“, also der systematische Massenmord in der Sowjetunion der 30er Jahre durch die staatlichen Organe damals überall bekannt waren?  Warum schwiegen Bert Brecht und alle anderen westlichen intellektuellen Russlandreisenden über den millionenfachen Massenmord, der sich vor ihren Augen abgespielt hatte?
Kaum jemand liest noch die russischen, deutschen, amerikanischen, polnischen, französischen Quellen aus den 30er Jahren in den Originalsprachen. Die verdienstvolle Initiative „Zeitungszeugen“, also der Nachdruck originaler Tageszeitungen aus den 30er Jahren, wurde in Deutschland törichterweise unterdrückt und zum Teil gerichtlich verboten. Deshalb ist auch das Geschichtsbild der Deutschen, aber vor allem der Franzosen und Italiener so furchtbar verzerrt und einseitig, mit verheerenden Folgen bis in die Tagespolitik hinein. Siehe die europäisch-russischen, die europäisch-ukrainischen Beziehungen!
Aber auch die politischen Ansichten eines Jean-Paul Sartre oder Bert Brecht speisen sich aus bemerkenswerter Unwissenheit russischer Quellen und russischer Geschichte.
Das Vorwort Avrahm Yarmolinskys zu  Dostojewskis Dämonen, das ich heute zufällig in die Finger bekam, ist eine erstrangige Quelle für die Geschichtsschreibung und die Analyse der aktuellen politischen Strategien Russlands.
Nachweis:
Avrahm Yarmolinsky: „Foreword“, in: Fyodor Dostoyevsky: The Possessed. Translated from the Russian by Constance Garnett. With a foreword by Avrahm Yarmolinsky and a translation of the hitherto suppressed chapter „At Tihon’s“. The Modern Library, Random House, New York 1936
 Posted by at 19:40