Mai 192011
 

16052011606.jpg Nur für 2% der berechtigten Kinder wurde bisher das Bildungspaket beantragt.

Wundert das die Damen und Herren Politiker? Mich wundert es nicht.

Ich diskutiere immer wieder mit Eltern, Lehrern und Pädagogen die Probleme der heutigen Armutskinder. Es herrscht weitgehende Einigkeit: Das Hauptproblem heute liegt darin, dass die armen Kinder zu viel Kram, zu viel Geld, zu viel Ablenkendes bekommen. Sie erhalten zu wenig Zuwendung, zu wenig Zumutungen, zu wenig echte Liebe, zu wenig Strenge.

Die Kinder sind überschüttet. Nach einer mit Kindern gemeinsam vorbereiteten Zauberflötenaufführung in einer Grundschule in einem der bundesweit bekannten Armutsbezirke Berlins sahen wir einige Knaben draußen im Schulkorridor sitzen. Sie hatten ein Nokia N 97, das berühmte Slider-Handy und guckten seelenruhig Hardcore-Pornos, die sie kostenlos  aus dem Internet herunterluden.

Ich frage euch: Werden diese armen Kinder mit ihrem Nokia N 97 in der „Hauptstadt der Kinderarmut“ die Angebote kostenlosen Instrumentalunterrichtes annehmen? Pustekuchen!

In Mozarts Zauberflöte geht es für Pamina und Tamino um das Wartenkönnen, um das Bestehen von Prüfungen, für Papageno und Papagena um Kinder, „die der Eltern Segen sind“. Tamino und Pamina werden durch das Wartenmüsssen, durch das Bestehen von Prüfungen zu erwachsenen, beziehungsfähigen Menschen.

Wer überhaupt nicht mehr warten kann, wird auf Dauer beziehungsunfähig und gleitet in die Sucht ab.

Zu viel, zu früh, zu schnell! Daran leiden unsere Kinder.

Die armen Schüler von heute sehen sich einer maßlosen Fülle an Angeboten gegenüber. Sie haben eigentlich alles verfügbar: Essen, Handys, Sex, Satellitenfernsehen in beliebigen Sprachen rund um die Uhr, die berühmte Capri-Sonne (ein beliebtes Zuckergetränk), zur Not auch Alkohol und Zigaretten. Sie lernen es von früh an zu wenig sich zu konzentrieren, sie lernen es zu wenig, sich lange auf eine Aufgabe vorzubereiten.

In dieser Fülle welche Armut!„, möchte man hier ausrufen. Hier droht vor unseren Augen eine Generation an Kindern verlorenzugehen oder ist schon verlorengegangen.

Und jetzt kommt obendrein noch das Bildungspaket für Kinder in Kinderarmut!  Die armen Kinder fragen: „Wozu denn das? Ich habe doch alles!“

Nein nein, mich wundert es nicht, dass das Bildungspaket so wenig abgerufen wird.

Ich schlage stattdessen vor, dass die armen Kinder in Kita und Schule frühzeitig an kleine Entbehrungen, an kleine Prüfungen herangeführt werden. Welche? Nun, z.B. 5 km am Wandertag zu Fuß zu gehen. Von der Schule weg. Auf Schusters Rappen. Ohne Einkehr, ohne Volksbespaßung, ohne Kino, ohne Geld.

Oder: die 5 Strophen eines alten Volksliedes zu singen, etwa folgendes Lied: „Die güldene Sonne“ von Philipp von Zesen.

1. Die güldene Sonne
bringt Leben und Wonne,
die Finsternis weicht.
Der Morgen sich zeiget,
die Röte aufsteiget,
der Monde verbleicht.2. Nun sollen wir loben
den Höchsten dort oben,
daß er uns die Nacht
hat wollen behüten
vor Schrecken und Wüten
der höllischen Macht.
3. Kommt, lasset uns singen,
die Stimmen erschwingen
zu danken dem Herrn.
Ei, bittet und flehet,
daß er uns beistehet
und weiche nicht fern.4. Es sei ihm ergeben
mein Leben und Streben,
mein Gehen und Stehn.
Er gebe mir Gaben
zu meinem Vorhaben,
laß richtig mich gehn.

5. In meinem Studieren
wird er mich wohl führen
und bleiben bei mir,
wird schärfen die Sinnen
zu meinem Beginnen
und öffnen die Tür.

 Posted by at 14:56

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