Aug 312011
 

strobele-130220090131.jpg Mein Heimatbezirk Friedrichshain-Kreuzberg gilt weithin als „fest in der Hand der Linken„. CDU und FDP als die beiden einzigen nicht-linken Parteien im Bezirk sammelten 2006 zusammen nicht mehr 12,6 Prozent aller WählerInnenstimmen ein. Linksextreme Übergriffe zu bestimmten Tagen, also etwa Steinwürfe auf Polizisten, oder auch auch Aufschriften wie „Deutschland verrecke“ oder „Yuppies raus“ sind nichts Ungewöhnliches, sondern fester Teil des Alltags.

Ein durch und durch links-alternativer Bezirk, möchte man meinen. Wirklich? Ein zweiter Blick lehrt mehr: In keinem anderen Bezirk Berlins gab es auch im Jahr 2010 wieder so viele rechtsextremistische Straftaten wie gerade in Friedrichshain-Kreuzberg! Das berichtet die grüne BVV-Fraktion selbst in ihrem neuen Rechenschaftsbericht „Das haben wir erreicht“ auf S. 26. Ja, das habt ihr erreicht: eine Rekordzahl an rechtsextremen Übergriffen! Erstaunlich, aber wahr! Und es war immerhin auch in Friedrichshain, dass Silvio Meier von Rechtsextremen ermordet wurde. „Ströbele raus aus Deutschland“ konnte ich mit eigenen Augen als Graffito im besetzten – jetzt notdürftig legalisierten – Südflügel des Bethanien lesen. Das bedeutet nichts anderes, als dass Friedrichshain-Kreuzberg eine Heimstätte für extreme Ansichten auf der Linken wie der Rechten ist.

Die Vorstellung, dass Friedrichshain-Kreuzberg eine nazi-freie Zone sei oder je gewesen sei, lässt sich nicht halten. Der Bezirk ist vielmehr ein Tummelplatz für Linksextreme UND Rechtsextreme, für gewaltbereite Revolutionäre UND für gewaltbereite Rassisten und Nationalisten. Es ist der Bezirk, der mit Abstand die meisten politisch motivierten Gewalttaten für sich beanspruchen darf.

Rassistische UND antirassistische Diskurse werden deshalb hier im Bezirk gleichermaßen gepflegt. Faschistische und antifaschistische Initiativen leben voneinander, sind vital darauf angewiesen, dass die andere Seite existiert. Wenn es keinen Rassismus gäbe, könnte man antirassistische Initiativen nicht mit Steuergeldern fördern. Wenn man eine bestimmte Kleidungsmarke, bestimmte Läden oder Kneipen  nicht als rassistisch brandmarken könnte, gäbe es für die linken Machthaber des Bezirks keine Berechtigung, einer antirassistischen Gruppierung Förderung zukommen zu lassen. Durch die Tatsache, dass Kleidungsmarken oder Kneipen als rassistisch oder faschistisch bezeichnet werden, wird der unwiderlegliche Beweis erbracht, dass Rassismus und Faschismus überall lauern.

Mit viel Geld und gutem Willen wird der vorhandene Rassismus gepflegt, gezeigt und durch antirassistische Diskurse verstetigt – siehe etwa die Umwidmung des May-Ayim-Ufers, mit denen die „Afro-Deutschen“ als besondere, rein genetisch definierte Subspezies der Deutschen anerkannt werden! Ich meine es endgültig begriffen zu haben: Afro-Deutsche sind Deutsche, bei denen wie bei May Ayim mindestens ein Elternteil anhand der Hautfarbe als afrikanisch anzusehen ist. Ob der Afro-Deutsche je den schwarzen Elter gesehen hat oder je den Fuß in den heißen afrikanischen Sand gesetzt hat, ist unerheblich. Entscheidend ist allein die biologische Abstammung. Nur Genetik entscheidet, ob man als Afro-Deutscher gilt oder nicht. Bizarr.

Reinrassiger Rassismus ist das, was da als postkolonialer Antirassismus zelebriert wird.

Stichwort reinrassig (ein Lieblingswort rassistischer Diskurse)! Viele Weiße ziehen aus Kreuzberg nach Friedrichshain oder in andere vorwiegend weiße Quartiere des ehemaligen Ost-Berlin, sobald ihre weißen Kinder das Schulalter erreichen. Wir haben also schon eine recht deutliche Trennung nach Hautfarbe in unserem so herrlich linken, so herrlich antirassistischen Stadtteil! Die Segregation der Grundschüler nach Herkunft ist in Kreuzberg praktisch vollendet. Ein fast reinrassig weißer Stadtteil ist – im Gegensatz zu unserem sehr bunten Kreuzberg – das schöne Friedrichshain.

Als erklärter Mann der Mitte stand ich am vergangenen Samstag für die Partei des deutsch-angolanischen Thüringers Zeca Schall, eines Schwarzen, auf dem berühmten Boxhagener Platz in Friedrichshain. Alle Besucher des Platzes waren Weiße, sie sprachen Deutsch, Englisch und Französisch. Es waren also neben den vielen weißen Bewohnern auch viele weiße Touristen da. Viele Besucher des Platzes reagierten desinteressiert, einige ließen sich auf ein Gespräch ein, nur wenige schimpften: „Geht doch zum Teufel!“ Aha! Der Teufel ist schwarz! Ein Vater schärfte seinem kleinen Sohn ein: „Pass auf, Junge, von diesen Männern, diesen Schwarzen, darfst du NICHTS annehmen!“

Na prima! Als Schwarzer wird man am Boxhagener Platz sofort wieder mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert. Da habt ihr’s! DAS ist der Beweis! Rassismus überall. Jetzt schnell ’ne weitere Schippe Geld für antirassistische Initiativen!

 Posted by at 14:30

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