Märkisches Viertel, musikalisch belebt

 Aus unserem Leben, Kinder, Musik  Kommentare deaktiviert für Märkisches Viertel, musikalisch belebt
Feb. 282010
 

Gestern besuchten wir das Preisträgerkonzert von Jugend musiziert, Region Nord. Mit S-Bahn und Bus gelangten wir zum Fontanehaus Reinickendorf im bekannten Märkischen Viertel.

27022010004.jpg

Wuchtige Betonbauten und die kraftvoll  geschwungene Eisenskulptur prägen das Bild. Nachdem das Eis weggeschmolzen ist, bleiben Splitt und Staub liegen. Fauchende Winde treiben immer wieder kleine Fähnchen hoch.

27022010006.jpg

Im Konzertsaal des Fontanehauses ist reichlich Platz. 10.000 Menschen wohnen im Märkischen Viertel, der Eintritt in das Kulturzentrum ist frei, das Konzert steht allen offen. 50 Menschen haben sich versammelt: Die Künstler selbst, deren Eltern, Lehrer, Geschwister und Freunde.

27022010001.jpg

Ich lausche mit Freude, gespannt und zunehmend begeistert. Besonders beeindruckt mich der 6 Jahre alte Leo Nasseh Kateb: Er spielt das Violinkonzert A-dur von Anatoli Sergejewitsch Komarowski sicher, mit jener traumwandlerischen Freiheit von Lampenfieber, wie sie nur Kinder haben können. Mein Sohn springt hoch und überreicht ein Sträußchen mit Rosen.

Gegen Schluss reißen mich Marijn Seiffert (Altersgruppe IV) und Mengyin Wang (AG V) mit. Sie bieten Bartóks Rumänische Volkstänze für Violine und Klavier genießerisch, unbeeilt, mit Witz und Grazie. Mir fällt mein eigenes Jugend-musiziert-Erlebnis ein. Ich war damals ebenfalls Altersgruppe IV (15 Jahre), und auch ich durfte im Preisträgerkonzert auftreten – damals mit 2 Sätzen aus Bachs d-moll-Partita.

Nachher spreche ich als dreister Paparazzo die Künstlerinnen an und wir plaudern über Schule, Geige und das Leben.

Was mir gefällt: Alle diese Kinder und Jugendlichen machen etwas aus ihren Leben. Sie „haben etwas vor“  – etwas, das sie zusammenführt, etwas, das sie verbindet. Etwas, dem sie dienen, über hunderte von Stunden jedes Jahr. Dieser Dienst verändert, bildet. Dieser Dienst macht frei.

Jedes Kind, jeder Jugendliche – das möchte ich und wünsche ich mir – soll so eine Erfahrung machen können: im Sport, in der Musik, im Theater, in der Gemeinwesenarbeit, beim Gärtnern, beim Eishacken. „Irgend etwas kann jeder.“ Auch die arabischen Jungs aus Neukölln. Ich bin sicher: Wenn man sie anspricht, anleitet und führt, meinetwegen mit harter Hand, werden sie es schaffen.

Mit meinem Sohn unternehme ich dann eine „Bergwanderung“ auf den Schlittenhügel im Natur- und Freizeitpark Lübars. Eintritt frei. 10.000 Menschen leben im Märkischen Viertel, aber auch hier sind wir nahezu unter uns. Was machen die 10.000 Menschen im Märkischen Viertel jeden Tag?

27022010014.jpg27022010027.jpg27022010046.jpg

Der Himmel irrlichtert grün, irisierend, ehe dunkle Nacht einfällt.

 Posted by at 23:30

Brauchen wir eine Volksschule für Deutsche und Ausländer?

 Aus unserem Leben, Friedrichshain-Kreuzberg, Gute Grundschulen, Sezession  Kommentare deaktiviert für Brauchen wir eine Volksschule für Deutsche und Ausländer?
Feb. 112010
 

„Das gab es damals nicht!“ So sprechen die Alten häufig. Wir belächeln sie dann. Doch auch ich sage es beim Rückblick auf meine Volksschulzeit: „Das gab es damals nicht!“ Was gab es nicht? „Dass die Eltern ihre Kinder vorwiegend mit dem Auto in die Grundschule, die damals Volkschule hieß, brachten.“ Und doch ist dies jetzt in meinem angeblichen Armutsviertel Kreuzberg der Fall. Oben seht ihr eine typische Szene auf unserem Weg zu unserer Ausländer-Grundschule: vor der näher gelegenen Deutschen-Schule setzen die guten deutschen Eltern ihre sechs- bis zehnjährigen Kinder aus dem Auto ab. Es ist eine besondere Schule – für besondere Kinder – die bildungsbewussten deutschen Kinder. Der Verkehr staut sich auf allen vier Spuren – aufgenommen an einem ganz normalen Schultag in einem allerdings unnormalen Winter.

Wir ziehen unseres Wegs weiter zur Ausländer-Schule. Auch hier kommen viele Kinder mit dem Auto. Allerdings sehe ich keinen Prius, keinen Renault Kangoo, die ökologischen Schlitten, wie sie die guten Deutschen bevorzugen, sondern mehr BMW, Daimler und Großraum-Vans. Die typischen Ausländer-Schlitten!

Es ist eine mich immer wieder verblüffende Tatsache, wie stark die deutschen und ausländischen Grundschüler in Kreuzberg bereits von Klasse 1 an voneinander separiert werden. Hier die deutschen, da die ausländischen! Die Eltern wollen es offenbar so. Und so erlebe ich denn Morgen um Morgen, wie in die Grundschulen meiner Nachbarschaft die Eltern ihre Kinder mit dem PKW aus anderen Stadtteilen heranbringen. Und zwar sowohl die Ausländer wie die Deutschen!

Wir selbst wollten damals bei der Einschulung in eine der drei in der Nachbarschaft gelegenen Grundschulen. Nachbarschaftliche Beziehungen, Freundschaften sollten wachsen und gepflegt werden. Umsonst. Wir wurden nicht genommen.  Die Deutschen hatten schon alle Plätze ergattert. So haben wir jeden Tag einen recht weiten Schulweg hin zur Ausländerschule und zurück, den wir teils mit dem Fahrrad, teils mit dem tiefergelegten Sportschlitten, teils auch einfach Fuß zurücklegen. Dort sind wir mit den anderen Ausländern zusammen.

Das ist übrigens unser neuer Sportschlitten (der vorige aus Holz gemachte ist uns vor 1 Woche aus dem Hausflur gestohlen worden):

Wir hatten die Aufstellung für die richtigen Startplätze ins Leben verpasst. Gut, dass mein Junge sowohl in die Deutschen- wie in die Ausländer-Schule passt. Er hat die doppelte Staatsbürgerschaft.

Hier sage ich nun klipp und klar: Ich finde das niederschmetternd, dass unsere Kinder vom Schuljahr 1 im Armenhaus der Republik, in Kreuzberg, schon so stark separiert werden. Und zwar mithilfe des Elterntaxis. Das gefällt mir nicht. Ich bin für die Volksschule! Ich bin für die demokratische Einheitsschule in fußläufiger Entfernung. Schon aus ökologischen Gründen. Das ist doch Wahnsinn, dass für kleine Kinder jedes Jahr hunderte von Euro für Benzin verfahren werden, nur damit sie nicht in die Grundschule an der Ecke gehen. Ich wünsche mir gemeinsames Lernen von Klasse 1 an!  Mindestens für vier Jahre, bitte bitte! Gerne auch länger! Was habt ihr Deutschen gegen uns Ausländer??? Ihr guten guten Deutschen!! Sagt es uns!

 Posted by at 00:08

Der Märchengeiger kam

 Aus unserem Leben, Geige, Märchengeiger, Mären  Kommentare deaktiviert für Der Märchengeiger kam
Feb. 082010
 

Ein schönes Erlebnis war für mich gestern die Märchen-Erzählstunde in der Keramikwerkstatt bei Eva Trenz-Diakité. Noch 1 Stunde vorher wusste ich nicht genau, wie ich das Märchen „Der Kaiser und der Rossknecht“ erzählen sollte. Zu Beginn spielten Ira, Wanja und ich unseren alten Dauerbrenner „Der dreiköpfige Drache“. Dann war ich dran! Der Märchengeiger kam!

Das Motiv entnahm ich der alten spanischen Märchensammlung „El Conde Lucanor“ von 1335, über das ich aus dem Internet Kunde erhalten hatte. Doch kannte ich nur den Titel und ein Motiv. Eine Inhaltsangabe, geschweige denn ein Text lagen mir nicht vor.

Ich hatte mir also kaum mehr als folgendes zurechtgelegt:

Der Kaiser von Spanien ist krank. Das ganze Land leidet. Keiner kann helfen: kein Weiser, kein Arzt, kein Gaukler oder Spielmann. Ganz zuletzt kommt ein Rossknecht, der die rechten Worte trifft. Der Kaiser wird wieder gesund, der Rossknecht verwandelt sich in einen Prinzen und heiratet die Prinzessin.

Das alles kleidete ich in allerlei Einfälle und Melodien, die ich mit der Geige spielte. Während des Spielens überlegte ich mir schon die nächsten Erzählschritte. Die Kinder warfen immer wieder Fragen, Zwischenrufe und Einfälle ein – ich verflocht alles in ein buntes Ganzes.

Und so entfaltete sich das ganze bunte Märchenland … Nachher saßen wir noch bei guten Plaudereien, Gesprächen und einem Topf Borschtsch zusammen.

Danke an alle – insbesondere an Eva, Ira und Wanja! Und an alle großen und kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer! Es war ein schönes Gemeinschaftswerk!

Auf dem Foto von links nach rechts: Eva Trenz-Diakité, der Märchengeiger, Irina Potapenko, Wanja Hampel

 Posted by at 17:43

Der Schlag ans Hoftor

 Aus unserem Leben  Kommentare deaktiviert für Der Schlag ans Hoftor
Jan. 172010
 

Wenn jemand im Vorbeigehen ohne Grund an ein Hoftor schlägt, dann werden ihm vielleicht Leute aus dem Dorf entgegenkommen. Sie werden ihn warnen oder, selbst gebückt vor Angst, mit deutlichen Gebärden ihn dazu auffordern, sich an die Hauswände zu drücken. Sie werden stumm den Zeigefinger auf die Lippen legen. Ihr verstohlenes  Bedeuten und Zeigen, all dieses Nicken, dieses heimliche Raunen scheinen ihm zu sagen: Ach, hättest du doch nicht ans Hoftor geschlagen!

Aber warum sollten die Leute ihn mit allerlei Zeichen vor dem Richter und dem Polizisten warnen wollen? Werden Richter und Polizist, die gerade heute zufällig im Dorf ihren Amtsgeschäften nachgehen, den Schlag ans Hoftor überhaupt als strafwürdig einschätzen? Wollen die Leute aus dem Dorf den Mann einschüchtern oder warnen? Was für einen Grund sollten sie haben, ihm ihr Mitgefühl auszudrücken? Könnte es sein, dass sie den Mann, der ans Hoftor geschlagen hat, in die falsche Richtung lenken und ihn so dem Richter geradezu in die Arme treiben? All diese Fragen werden den Mann beschäftigen, während er den Weg weitergeht. Sie werden ihn nicht loslassen, sodass er zu zweifeln beginnt, ob er den Schlag ans Hoftor überhaupt ausgeführt hat. Ich habe es getan, sagt seine Erinnerung. Ich habe es nicht getan, sagt sein Gewissen. Und schließlich gibt die Erinnerung nach.

Zuletzt wird der Mann, der ans Hoftor geschlagen hat, selbst nicht mehr wissen, ob er es mit Absicht getan hat oder ob es ihm nur widerfahren ist. Einem solchen Mann wird es zuletzt vorkommen, als habe es nur so aus ihm herausgeschlagen. Und mit diesem Wissen durchquert er das Dorf, verlässt das Dorf und zieht weiter. Kein Richter und kein Polizist hat ihn gesehen. Er ist frei zu gehen, wohin er will.


 Posted by at 23:46

Vorfreude auf das morgende Konzert

 Aus unserem Leben, Fanny Hensel, Freude, Gute Grundschulen, Kinder, Musik, Theater, Zauberflöte  Kommentare deaktiviert für Vorfreude auf das morgende Konzert
Mai 262009
 

puppenspielerdsci0026.JPG

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847) war der Bruder Fanny Hensels. Seine Berliner Kindheit verbrachte er mit seinen drei Geschwistern in einem Haus an der Leipziger Straße 3. Mit großem Fleiß lernte er mehrere Sprachen, Musik, Mathematik, Literatur, Sport, Zeichnen und Geschichte. Der Vater ermahnte die Kinder immer wieder, auch wenn er auf Reisen war: „Tut was für eure Bildung, lernt, übt, arbeitet!“ Die Eltern mussten damals noch aus eigener Tasche für den ganzen Unterricht bezahlen. Mehrere Jahre lebte er dann in verschiedenen Ländern, weil er nicht wusste, wo er eigentlich hingehörte. Endlich, am 21. Februar 1832, schrieb er an seinen Vater: „Das Land ist Deutschland; darüber bin ich jetzt in mir ganz sicher geworden.“  

Voller Vorfreude auf das morgige Konzert in der Fanny-Hensel-Schule studiere ich Partituren und Skizzen, Bücher und hochgelahrte Abhandlungen. Denn ich musste soeben noch ein komplettes Programm schreiben, bosseln, häkeln, drucken und falten. Obiges ist der Lebenslauf, wie ich ihn für die Kinder, die uns morgen zuhören werden, geschrieben habe. Die Kinder sind zwischen 6 und 12 Jahren alt. Sie kommen aus ca. 12 Ländern.

Das Foto zeigt Angela Billington und den hier bloggenden Komödianten bei der Aufführung der Mozartischen Zauberflöte, letzte Woche in der Fanny-Hensel-Grundschule in Berlin-Kreuzberg. Den Theatervorhang haben die Kinder der Klasse 1 B selbst gemalt.

Und so habe ich die Künstler-Biographien zurechtgehübscht:

 

Angela Billington (Sopran) kommt aus England und hat in Cambridge studiert. In Berlin hat sie bei diversen Oper- und Kabarettprogrammen mitgewirkt. Sie hat in letzter Zeit Solokonzerte in Kalifornien und England gegeben. Sie interessiert sich besonders für die russische Oper.

 

Irina Potapenko (Alt) stammt aus Moskau. Ausgebildet als Opernsängerin in Moskau und Leipzig an der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy. Sie ist freiberufliche Sängerin und lebt in Berlin. Preisträgerin beim Bach-Wettbewerb in Leipzig. www.musikerportrait.de/irina-potapenko/

 

Ivan Hampel (Violine) geboren am 28.05.2002, besucht die Klasse 1 B der Fanny-Hensel-Grundschule. Er nimmt bei Tamara Prischepenko Geigenunterricht. Seine berufliche Zukunft sieht er gleichermaßen als Lokomotivführer und Geiger. Seine beiden Sprachen sind Deutsch und Russisch.

 

Johannes Hampel (Violine) spielt seit 40 Jahren nach Herzenslust Geige. Er arbeitet als Konferenzdolmetscher für Englisch, Italienisch und Französisch und lebt fünf Tandem-Fahrradminuten von der Fanny-Hensel-Schule entfernt.

 

Natalia Christoph (Klavier) stammt aus Kaliningrad (Königsberg). Sie wirkte als Pianistin an zahlreichen Opernaufführungen in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz mit. Pädagogische Tätigkeiten: Moldauisches Konservatorium Kischinjow, derzeit an der UdK Berlin, Meisterkurse in Frankreich und Belgien. Sie begleitete unter anderem Ute Trekel-Burckhardt und Hanno Müller-Brachmann. www.natalia-christoph.de/

Und das ist unser Programm (Dauer 45 Minuten):

1. Robert Schumann: Marsch

    Ivan Hampel, Geige

    Irina Potapenko, Klavier

 

2. Felix Mendelssohn Bartholdy: 3 Duette

    Ich wollt, meine Lieb ergösse sich (Worte: Heinrich Heine)

    Herbstlied (Karl Klingemann)

    Lied aus Ruy Blas (Victor Hugo)    

Angela Billington, Sopran

Irina Potapenko, Alt

Natalia Christoph, Klavier

 

3. F. Mendelssohn Batholdy

    Andante. 2. Satz aus dem Violinkonzert e-moll

            Johannes Hampel, Violine

            Natalia Christoph, Klavier

 

4. F. Mendelssohn Bartholdy

    Frühlingslied  (Nikolaus Lenau)

    Gondellied (Thomas Moore)

            Irina Potapenko, Natalia Christoph

 

6. F. Mendelssohn Bartholdy

    Rondo capriccioso

   Natalia Christoph, Klavier

 

7. Pjotr Ilijitsch Tschaikowskij: Zwei Duette

    Im Garten

    Duett der Lisa und Polina aus der Oper „Pique Dame“

    Angela Billington, Irina Potapenko, Natalia Christoph

 Posted by at 22:07
Mai 142009
 

 Immer wieder bemühe ich mich, das zu verstehen, was in den Köpfen anderer Menschen vorgeht. Ich spreche mit Hinz und Kunz, lese Koran und Bibel, Grundgesetz und Rosa Luxemburg, Flugblätter der Independent-Szene und FAZ.

Ergebnis: Es ist wichtig, die Verinselung des Bewusstseins zu erkennen. Fast alle leben in ihrem hübsch zurechtgemachten, inselartigen Bewusstseins-Stübchen, pflegen ihre gut abgehangenen Vorurteile, leben so, wie sie es sich angewöhnt haben und bei anderen sehen. So sprach ich vor einer Stunde mit einem Hundehalter, der hier in der Obentrautstraße trotz gut ausgebauter Radwege mit dem Fahrrad und dem freilaufenden Hund in falscher Richtung auf dem Gehweg fuhr. „Warum machen Sie das? Es gibt hier doch Radwege“, fragte ich. Er antwortete in bestem Berliner Urdeutsch: „Das ist hier in Berlin eben so. Wir Berliner fahren überall Fahrrad und wo wir wollen.“ „Ich bin auch Berliner“, erwiderte ich unbeeindruckt und trockenen Auges.

„Sind Sie wirklich Berliner?“ frug er ungläubig zurück. Und da hatte er mich auf dem kalten Fuß erwischt! Denn da ich nahezu akzentfrei Hochdeutsch spreche, falle ich hier in Kreuzberg sofort auf. Ich bin hier nicht aufgewachsen, jeder Versuch, mich dem Kreuzbergdeutsch anzupassen, wäre zum Scheitern verurteilt. Die meisten sprechen entweder Türkdeutsch oder Berliner-Schnauzen-Deutsch oder irgend eine Mischform zwischen Szeneslang und dem, was sie für Englisch halten.

Ich versuchte auf die Unfallstatistik hinzuweisen: Falschfahrende Radfahrer werden sehr häufig in Unfälle verwickelt. Es ist eine der häufigsten Unfallursachen bei den Unfällen mit Todesfolge für den Radfahrer. Ich gab zu bedenken: „Ich kenne die Statistiken der Polizei. Demnach führt das Fahren auf nicht freigegebenen Teilen des Straßenlandes sehr häufig zu Unfällen mit Verletzten.“

Na, das sah der gute Hundehalter ein. „Dann bin ich ein potenzieller Unfallherd“, erwiderte er gutmütig. Sprach’s und fuhr weiter. In Gegenrichtung auf dem Gehweg neben dem Radweg. Mit dem guten Hunde unangeleint nebenher. Gelassen läuft’s.

Das nenne ich die Verinselung des Bewusstseins: Jeder hält das, was er gerade tut, für das Beste und das Richtige. „Bei uns ist das so. Wir sind die Berliner.“ Es herrscht der allesumschlingende Konformismus der Faktizität! Den jeweils anderen wird Ahnungslosigkeit vorgeworfen.

Ich habe wieder etwas gelernt. Allerdings werde ich weiterhin in aller Bescheidenheit dafür eintreten, dass die Radfahrer sich an die Straßenverkehrsordnung halten. Tut mir leid, Jungs! Auch wenn ich kein Berliner bin, sondern bloß ein aus Süddeutschland vor 30 Jahren zugewanderter Migrant. Und die Botschaft, die ich aus dieser Frage „Sind Sie wirklich Berliner?“ heraushöre, ist: „Sie haben keine Ahnung, was MAN in Berlin macht!“

Ganz ähnliches berichtet die Berliner Polizei laut heutiger Morgenpost:

Kult-Räder Fixies – Diese Fahrräder sind wilder, als die Polizei erlaubt – Lifestyle – Berliner Morgenpost
Rainer Paetsch, bei der Berliner Polizei für Verkehr zuständig, regt diese Einstellung auf: „Bei einigermaßen durchschnittlicher Intelligenz muss klar sein, dass ein Rad gänzlich ohne Bremsen im dichten Großstadtverkehr extrem gefährlich ist.“ Neben Sportwagen, Motorrädern und zahllosen Rollern stehen in einer riesigen Halle der Berliner Polizei deshalb inzwischen auch 17 Fixies.
Fahrradkurier Adam hält nichts von dieser Gefahrenanalyse. „Die Polizei fährt diese Räder nicht. Deswegen haben sie davon auch keine Ahnung“, meint er.

 Posted by at 11:58

Was ist los im Krankenhaus Bethanien?

 Aus unserem Leben, Friedrichshain-Kreuzberg, Geige  Kommentare deaktiviert für Was ist los im Krankenhaus Bethanien?
Feb. 132009
 

Es war im Bethanien … Mein erstes Probespiel als Geiger absolvierte ich in diesem ehemaligen Diakonissenkrankenhaus beim Salonorchester Die Berliner Stadtmusikanten im Jahre 1987 für den anspruchsvollen Posten des Sologeigers – und gewann es. Von Stund an war ich neben meinem Literatur- und Philosophiestudium an der FU Tanzgeiger und verdiente mir ein hübsches Zubrot auf allerlei Bürgerfesten, Feiern und Tanzveranstaltungen. Zu unserem Repertoire gehörten unvergessliche Perlen wie die Tritsch-Tratsch-Polka, die Petersburger Schlittenfahrt, Es war in Schöneberg …, aber auch der Freischütz auf 30 Minuten eingedampft. Und meine herrliche Studentenzeit wurde dadurch verlängert!  Wir probten immer – im Bethanien!

Gar nicht so lustig, vielmehr völlig verfahren – buchstäblich krank – erscheint heute die Lage im ehemaligen Diakonissenkrankenhaus. Werde da heute mal zum Treff mit Kandidatin Vera Lengsfeld und dem Herrn Tannert hingehen und versuchen, mehr zu erfahren. Hier als Einstimmung ein Bericht aus der WELT vom 24.01.2009:

Bezirk verdoppelt Künstlern die Miete – DIE WELT – WELT ONLINE
Die Besetzung des Bethanienhauses in Kreuzberg geht weiter. Aber es sind nicht länger die linken Aktivisten, die vor dreieinhalb Jahren in den Südflügel des ehemaligen Krankenhauses am Mariannenplatz einstiegen und seither die Räume nutzten. Mit ihnen hat der Bezirk vergangene Woche einen Mietvertrag abgeschlossen. Für 1500 Quadratmeter soll der Verein Druschba, der die Besetzer vertritt, 8900 Euro monatlich aufbringen.

Aber jetzt hat der renommierteste Mieter, das Künstlerhaus Bethanien, „Mietboykott“ angekündigt. „Wir machen es wie die Besetzer“, sagte Künstlerhaus-Geschäftsführer Christoph Tannert: „Wir werden nicht bezahlen.“

Damit eskaliert der Streit zwischen dem Bezirksamt und der Kultureinrichtung, die internationalen Künstlern Ateliers bietet und anspruchsvolle Ausstellungen zeigt. Denn der Bezirk hat dem Künstlerhaus zum Jahresanfang die Miete nahezu verdoppelt. Statt 16 000 Euro warm soll Tannert nun 31 000 Euro bezahlen. „Das können wir nicht, wir sind Zuwendungsempfänger des Senats“, so der Geschäftsführer. Tannert nennt die neue Forderung des Bezirks den „Höhepunkt in 30 Jahren Vernachlässigung“ für die Kultureinrichtung, die sich auch im grün-alternativen Kiez nicht scheut, sich zur Begabtenförderung zu bekennen.

Das Foto bietet einen Blick auf die Rückseite des Bethanien, im Blütenschimmer des April 2008.

 Posted by at 11:31

Freiheit, die er meint

 Aus unserem Leben, Freiheit  Kommentare deaktiviert für Freiheit, die er meint
Jan. 172009
 

In meiner Schulzeit, als 17-Jähriger, besuchte ich erstmals die USA. 2 Monate verbrachte ich dort, teils mit einem Schulorchester, teils mit einem Freund, teils bei meinen amerikanischen Verwandten, teils auch ganz alleine. In den Staaten Ohio, Michigan, New York und Pennsylvania kamen wir herum, lebten bei verschiedenen amerikanischen Familien.

In Philadelphia besuchte ich Independence Hall, das Gebäude, in dem sowohl die Unabhängigkeitserklärung als auch die Verfassung unterzeichnet worden sind. Die Amerikaner pflegen – ganz im Gegensatz zu uns Deutschen – die Erinnerung an jene Geburtsstunden ihrer Demokratie, beziehen sich darauf, zeigen sie stolz her. Ich selber komme immer mehr darauf, dass nicht die Französische Revolution von 1789, sondern die Amerikanische Revolution von 1776 den eigentlichen Anstoß für den Siegeszug der demokratischen Verfassungen gegeben hat, bis hin zur Frankfurter Paulskirche und zur deutschen Revolution von 1989.

Soeben hörte ich die Rede, die Barack Obama in eben jenem Philadelphia hielt, ehe er den Zug nach Washinton bestieg, um dort vereidigt zu werden. Und wieder schafft er es, die tausendmal gehörten Worte und Werte mit neuem Leben zu erfüllen! Heute also: Unabhängigkeit. Sinngemäß hat wohl gesagt: Lasst und unabhängig werden – unabhängig von Ideologien, von Selbstgerechtigkeit und Anspruchshaltungen, von aller Verzagtheit. Lasst uns – in unserem privaten Leben – eine Art Unabhängigkeitserklärung leben.

Aber lest selbst:

„What is required is a new declaration of independence, not just in our nation, but in our own lives — from ideology and small thinking, prejudice and bigotry — an appeal not to our easy instincts but to our ‚better angels,‘ “ he said, using a phrase from President Abraham Lincoln’s inaugural address in 1861.

Wow! Kein Wort davon, dass der Staat uns schon helfen wird, dass die Regierung sich um uns kümmern wird – auch keinerlei Versprechungen, dass der Präsident nach dem Rechten sehen werde … nein, es war ein Aufruf, das Leben selbständig und im Bewusstsein eigener Gefährdung  zu meistern.

Das ist und bleibt ein Redner, dem weiterhin meine Bewunderung gilt. In allem, was er sagt und tut, verströmt er dieses Vertrauen in die Werte, die die USA so groß gemacht haben: Freiheit, Verantwortung, Vertrauen in die eigene Kraft und in die Gemeinschaft derer, die etwas für das Glück tun wollen.

Man mag das bei einem Politiker für selbstverständlich halten. Aber Obama erzählt die Werte, – er hat eine Geschichte hinter sich. Und diese Fähigkeit, Werte zu erzählen, hebt ihn heraus aus all jenen, für die Freiheit bloß ein Wort ist.

Mein Bild zeigt einen Blick auf die Straße unter den bekannten Yorckbrücken in Berlin, aufgenommen gestern beim Zurückradeln aus dem Fitness-Studio.

 Posted by at 22:44
Jan. 142009
 

Das folgende Interview hätte ich gerne bei meiner Ankunft am Flughafen Schönefeld gegeben:

Johannes Hampel, Sie kommen soeben von Ihrem sechsten Russland-Aufenthalt zurück. Frieren Sie noch?

Im Gegenteil, der Frost ist hier in Berlin kälter als er in Moskau war. Im übrigen hat sich das gesellschaftliche Klima in Russland in den letzten Jahren deutlich erwärmt: Ich sah noch mehr freundliche Menschen als früher, der Kontakt zu Unbekannten war sehr herzlich. Auch die früher so gestrengen Aufseherinnen in den Museen lächeln jetzt schon. Man muss nur anfangen.

Was halten Sie vom Gasstreit zwischen Ukraine und Russland?

Ich kenne die tatsächliche Lage nicht. Ich stütze mich auf das, was ich im Lande hörte, sah und las. Mein Eindruck ist, dass Russland in diesem Fall klar erkennt, dass jede Lieferverzögerung den Interessen Russlands schadet. Ich glaube nicht, dass Gazprom den Konflikt künstlich hochschaukelt.

Was sagten Ihre Gefühle zur Gegenwart Russlands?

Es ist atemberaubend: Wenn man sein Russlandbild auf die untergegangene Sowjetunion stützt, wird man das Land nicht wiedererkennen! Das Land hat einen kompletten Systemwechsel vollzogen. Der Markt hat Wohlstand gebracht, letztlich wird die Marktwirtschaft sehr viele Gewinner bringen. Daran werden auch breite Schichten der Bevölkerung Teil haben.

Was wünschen Sie sich von den Deutschen in ihrer Haltung gegenüber Russland?

Sehr viel! Wir Deutschen müssen erkennen, dass Russland aus dem Westen, insbesondere aus Deutschland, keine Belehrungen braucht.  Die Deutschen haben immer noch ein zu stark von Vorurteilen belastetes Russlandbild. Ein großer Fehler ist es, das heutige Russland mit der Sowjetunion gleichzusetzen. Das Land hat 70 Jahre unter dem Kommunismus gelitten, es hat sich jetzt entschlossen zur Marktwirtschaft bekannt und zu einer parlamentarisch-föderativen Demokratie gewandelt. Sie können den Archipel Gulag und jede Menge kritische Literatur in allen russischen Buchhandlungen kaufen. Wer hätte das vor 25 Jahren zu träumen gewagt!

Was denken die Russen über Deutschland?

Gegenüber den Deutschen hegen die Russen keinen Groll. Eher sind sie enttäuscht, dass die Deutschen nicht erkennen wollen, welch großen Anteil sie an den russischen Katastrophen hatten: Das Deutsche Reich hat 1914 Russland in einen Krieg gezogen, den es so wohl nie gesucht und gewollt hätte. Deutschland hat dann die Bolschewiki im Ersten Weltkrieg finanziell und materiell unterstützt, um Russland von innen zu schwächen. Es hat damit dem alten Russland einen doppelten blutigen Stoß versetzt und eine welthistorische Revolution mit unabsehbaren Folgen ermöglicht. Mittelbar hat Deutschland eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen, dass eine kleine Truppe von Berufsrevolutionären ein ganzes Land unterjochen und über Jahrzehnte hinweg eines der fürchterlichsten Terror-Regime errichten konnte, das Millionen von Opfern in der eigenen Bevölkerung gefordert und Lebenschancen bei allen zerstört hat. Die Russen binden einem das nicht auf Schritt und Tritt auf die Nase. Aber sie wissen um diese Zusammenhänge.

Aber damit nicht genug! Im Zweiten Weltkrieg, den Deutschland entfesselt hat, wurden in Russland die meisten Toten niedergemäht. Mehr als 20 Millionen Tote sind durch deutsche Kampfhandlungen und von Deutschen verübte Massaker an der Zivilbevölkerung in Russland zu beklagen. Die Sowjetunion hat umgekehrt den größten Anteil an der Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland erbracht und damit für uns Deutsche die Befreiung vom Nationalsozialismus zu entscheidenden Anteilen ermöglicht.

Es ist völlig unangemessen, wenn wir Deutschen den Russen irgendwelche Ratschläge geben wollen, wie sie ihre Vergangenheit bewältigen sollen.

Bietet denn die europäisch-russische Vergangenheit nur dunkle Schatten und Schrecken?

Keineswegs! Ich meine: Wir müssen zunehmend auf die Zeit vor 1917 zurücksehen. Auf die große gemeinsame europäische Kultur. Friedrich Schiller war einer der Leitsterne für Puschkins Freiheitskampf, Adam Mickiewicz war ein geistiger Bündnisgenosse Puschkins. Polen, Russen und Deutsche fanden zusammen im Medium des Wortes, der Malerei, der Musik. Überall in Europa standen damals die Zeichen auf mehr Freiheit, mehr Demokratie, mehr Bürgerrechte.  Dass es nicht so gekommen ist, lag vor allem an den herrschenden Eliten, die nichts mehr schützten als ihre eigenen Privilegien. Das gilt in Deutschland wie in Russland, für das Kaiserreich und für das Zarenreich.

Ihr Wort zur Außenpolitik?

Außenpolitik sollte interessegeleiteter Umgang von Staaten miteinander sein. Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Rationalität sind unabdingbar. Schuldzuweisungen, moralische Überheblichkeit, emotionsgeladene Vorurteile, wie sie gerade jetzt wieder aufblühen, halte ich hingegen für schädlich. Noch schädlicher wäre es, den Zusammenhalt der noch jungen russischen Demokratie durch Kritik an inneren russischen Zuständen schwächen zu wollen. Kritik, die sich häufig nur auf Urteile aus zweiter Hand stützt.

Worin sehen Sie Gefahren? 

Gegenwärtig droht die Gefahr, dass Russland sich von allen anderen Ländern unverstanden und abgelehnt fühlt. Ich stelle öfters eine gewisse Trotzreaktion fest, als dächten die Russen: „Ihr wollt nicht mit uns reden? Nun denn – La Russia farà da sé – Russland wird allein seinen Weg finden.“ Dieses hielte ich für keine gute Aussicht. Und wir müssen uns vorschneller Urteile enthalten. Erfahrungen mit den Menschen im Hier und Jetzt sind das A und O.

Wie schaffen wir eine gute gemeinsame Zukunft?

Ich meine: Wir sollten die russische Demokratie fördern, indem wir uns das Land ansehen, häufig dorthin reisen, mit den Leuten reden und den Kontakt zur russischen Gemeinde in Deutschland suchen. Vertragliche Beziehungen in der Wirtschaft sind eine wichtige Stütze. Daneben kommt den russisch-deutschen Familien eine große Verantwortung zu. Notfalls, wenn es mit der Sprache nicht klappt  – mit Händen und Füßen gestikulieren, mit einem Lachen, mit Musik und einem Glas Tee und jeder Menge zakuski – Leckereien.

 Posted by at 02:33

Die Männer mit den zwei Hunden

 Aus unserem Leben, Russisches  Kommentare deaktiviert für Die Männer mit den zwei Hunden
Jan. 042009
 

Dieses Foto zeigt einen Eindruck von meinem Neujahrsspaziergang. Er führte mich zusammen mit den zwei Hunden Rita und Kusja und meinem jüngeren Sohn an den Ufern des Flusses Moskwa entlang. Es herrschte klirrender Frost, Eiskristalle blitzten und spiegelten, dass es eine Lust war! Wir feierten Neujahr in einer Datscha an der Rubljowka-Straße – mitten in jener Gegend, welche die geistige und politische Elite Moskaus seit Jahrzehnten für Wochenende und Ferien auserkoren hat – von Swjatoslaw Richter über den Wirtschaftswissenschaftler Kondratieff bis hin zu Jelzin und Putin … e tutti quanti. Die häufigen Straßensperrungen belegen, wie wichtig diese Leute sind. Dank meiner zwei Hunde kam ich immer wieder in kurze lockere Gespräche mit anderen Spaziergängern und tauschte Neujahrsgrüße aus.

Vor wenigen Stunden flogen wir wieder in Deutschland ein. Ich bin froh und dankbar, dass ich diese zwei reich angefüllten Wochen in Russland verbingen durfte. Ich werde in den kommenden Tagen das eine oder andere aus dem öffentlichen Leben dieses Landes berichten und meinen holzschnittartigen Gesamteindruck hier auf diesem Blog niederlegen.

Ich habe in Moskau kaum gebloggt, da ich nur sehr eingeschränkten Internet-Zugang hatte. Aber jetzt geht es wieder los – ich melde mich zurück.

 Posted by at 22:46

Der Mitmach-Radfahrer, oder: mit dem Auto erst ab 6

 Aus unserem Leben, Beweg dich, Einladungen, Fahrrad, Faulheit, Gesundheit, Ökologie  Kommentare deaktiviert für Der Mitmach-Radfahrer, oder: mit dem Auto erst ab 6
Nov. 092008
 

Bloggerinnen und Blogger, zufällig wurde ich als Teilnehmer der neuen Mobilitätsstudie ausgewählt. Ich bin einer der über 1000 glücklichen Berliner, deren Mobilitätsverhalten nunmehr statistisch erfasst wird. Tag um Tag muss ich nun als getreulicher Buchhalter der Straße meine eigenen Wege verzeichnen.

Mein gefühltes Mobilitätsverhalten:

90% meiner zurückgelegten Wege betragen weniger als 6 km. Von diesen Kurzstrecken bewältige ich  20%  zu Fuß, 65% mit dem Fahrrad, 5% mit dem PKW, 10% mit der BVG.

10% meiner zurückgelegten Wege betragen mehr als 6 km. Hiervon bewältige ich 70% mit dem Fahrrad, 5% mit dem eigenen PKW, 5% mit dem Taxi  und 20% mit der BVG. Das wird die BVG kaum freuen. Aber ungefähr so ist es.

Die offiziellen Daten des Umweltbundesamtes besagen übrigens: 90% der innerstädtischen PKW-Fahrten betragen in Deutschland weniger als 6 Kilometer. Auf diesen Strecken ist das Zu-Fuß-Gehen das gesündeste, das Radfahren das schnellste Verkehrsmittel.

Deshalb meine ich: Das Motto muss heißen: Fahrten unter 6 km sollten nur in begründeten Ausnahmefällen mit dem PKW zurückgelegt werden, etwa beim Transport schwerer Lasten, oder wenn man mehrere Kleinkinder bringen oder holen muss. Oder wenn Gehbehinderte Wege zurücklegen müssen.

Ich sage: Mit dem Auto erst ab 6.

Die öffentlich festgestellten Daten der Volkspartei CDU besagen: 2/3 aller Fahrten mit dem PKW sind Freizeitfahrten. Sie sind nicht beruflich bedingt. Es sind Spaßfahrten zu Lasten der Umwelt, zu Lasten künftiger Generationen, zu Lasten eines guten Stadtklimas. Weiter so, CDU, bleibe dran!

Ich halte euch buchstäblich auf dem Laufenden!

Am Nachmittag begegnete ich einem Berliner Fahrraderfinder, der gerade sein neuestes Dreirad-Modell als Prototyp erprobte. Ich fragte, ob ich fahren dürfe – ich durfte! Das Fahrrad fährt sich sehr angenehm, fast mühelos gleitet man dahin. Das Bild zeigt mich während der Probefahrt in der Hagelberger Straße. Bitte zur Marktreife bringen!

Die Woche im Rathaus – Verpasste Chance in der U-Bahn – Berlin – Printarchiv – Berliner Morgenpost
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) wurde diese Woche zur Mitmach-Senatorin. Am Dienstag richtete sie einen dringenden Appell an die Berliner, bei der laufenden Verkehrserhebung mitzumachen. Dabei geht es um eine Umfrage, wie die Berliner sich durch die Stadt bewegen. Per U- oder S-Bahn, per Bus, Auto oder Fahrrad. Eigentlich laufe die Befragung der zufällig ausgewählten Berliner ganz gut, resümierte die Senatorin in einer Erklärung. Allerdings lasse der Rücklauf in einigen Gebieten zu wünschen übrig. Nur wenige Stunden später erreichte die Redaktionen der Stadt ein nächster Appell: Die Berliner sollten bei einer Umfrage zum neuen Mietspiegel mitmachen.

 Posted by at 13:57

Ich fordere Sicherheit, Recht und Ordnung auf Berlins Straßen!

 Aus unserem Leben, Fahrrad, Familie, Klimawandel, Leidmotive, Parkidyllen, Rechtsordnung  Kommentare deaktiviert für Ich fordere Sicherheit, Recht und Ordnung auf Berlins Straßen!
Okt. 092008
 

04102008002.jpg Ich sah gestern abend den rbb-Abendschau-Bericht über den Angriff eines Radfahrers auf den Busfahrer in der Friedrichstraße.

Gedächtnisprotokoll (sinngemäß):
„Fast jeden Tag kommt es zu Angriffen auf einen BVG-Busfahrer … allein in diesem Jahr sind BVG-Busfahrer schon über hundert Mal angegriffen worden. So auch heute wieder: ein Radfahrer schlug einen Busfahrer mit der Faust auf die Schulter.“

Das war wirklich mathematisch verzerrt – denn wir haben schon über 270 Tage in diesem Jahr gehabt. Kein Wort darüber, dass der Busfahrer den Radfahrer zuvor, mindestens nach Angaben des Radfahrers, gefährlich geschnitten hatte – wie man der Presse entnehmen konnte! Die Kurzschlusshandlung des Radfahrers wurde also mit den in der Tat schrecklichen Pöbeleien und grundlosen Angriffen von Fahrgästen auf Busfahrer gleichgesetzt.

Ich meine: Der Radfahrer hatte keinerlei Berechtigung, den Busfahrer anzugreifen oder auch nur zur Rede zu stellen. Er hat etwas Verwerfliches gemacht, als er den Busfahrer bedrohte. Aber dass es soweit gekommen ist, ist sehr bedauerlich. Leider erlebe ich als passionierter Radfahrer täglich Schimpfereien, Pöbeleien und gehäufte Verstöße gegen die Verkehrsregeln bei meinen lieben Mitradlern (und auch bei so manchem Autofahrer).

Mir selbst ist gestern allerdings etwas Ähnliches passiert: Ich fuhr auf dem Tandem vorschriftsmäßig mit meinem sechsjährigen Sohn um ca. 19.20 Uhr die Wiener Straße Richtung Skalitzer Straße in mäßiger Geschwindigkeit auf dem Radweg entlang. Unser Tandem war vorschriftsmäßig beleuchtet. Neben uns fuhr ein Taxi. Es hatte den Blinker nach rechts gesetzt, um dann in die Lausitzer Straße einzubiegen. Die typische Situation, bei der es oft zu Unfällen kommt. Da ich aber gut sichtbar fuhr, glaubte ich, es reiche aus, wenn ich noch einmal laut und kräftig klingelte. Das tat ich also. Ich läutete hell, laut und deutlich, um den Taxifahrer auf uns aufmerksam zu machen. Wir hatten Vorfahrt. Der Taxifahrer bog ab, ohne sein Tempo zu verringern, genau in meine Fahrstrecke hinein – und zwang mich zu einer Vollbremsung! Gerade noch schaffte ich es, nicht von dem Taxi überfahren zu werden, da ich mit aller Kraft bremste. Wir sind nicht überfahren worden. Beweis: Ich erfülle weiter meine Dienstpflicht als Blog-Verfasser.

Ich schrie: „Ja, könnt ihr denn nicht aufpassen, ihr ….!“Der Taxifahrer hat mich sicher nicht gehört und nicht gesehen. Wahrscheinlich telefonierte er gerade mit seinem Handy. Oder er war bekifft. Oder er war betrunken. Oder er hörte die neue CD von Boyzone mit voller Dröhnung. Egal. Gut, dass wir überlebt haben. Das ist mir eine weitere Warnung. Ich werde ab sofort keinem, keinem Rechtsabbieger mehr trauen.

Und zwei Zeugen habe ich auch: Das waren zwei Feuerwehrleute, die gerade wartend vor der Feuerwache standen. Sie haben alles genau gesehen und gehört. Und sie riefen mir laut zu: „Wie die Behinderten, so fahren die … !“

Einspruch, liebe Feuerwehr! Ich finde es eine diskriminierende Bemerkung über die Behinderten.

Ich würde sagen: „Wie die anderen Autofahrer, so fahren diese Taxifahrer. Traue keinem Rechtsabbieger! Du wirst es noch mal bereuen!“

Wie können wir rasch und effizient auf derartige Vorfälle reagieren?

Zunächst mein erneuter Appell: Lasst uns tätig werden. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass das Klima auf Berlins Straßen zwischen Radfahrenden und Kraftfahrern besser, entspannter, freundlicher wird. Es ist möglich!

Polizei, ADFC und ADAC müssen endlich an einem Strang ziehen. Und die Feuerwehr auch. Und der VCD auch. Und die Unfallchirurgen auch … Und die Presse auch … und … und … auch.

Sicherer Straßenverkehr gelingt gemeinsam!

Unser heutiges Foto zeigt den Verfasser dieses Blogs mit seinem zweiten Sohn beim Nachdenken über die großen Rätsel dieser Welt. Still, sicher, im Recht, in Ordnung, der Welt enthoben. Auf Augenhöhe mit allen Busfahrern dieser Welt. Ort: Berlin-Tiergarten

 Posted by at 12:36