Okt. 012013
 

2013-09-28 11.41.18

„Finance Minister P Chidambaram on Wednesday said that, given its track record, the G-20 is now moving from a temporary crisis bailout mechanism towards permanent global economic governance.“

Übersetzung ins Deutsche: „Der [indische] Finanzminister  P Chidambaram sagte am Mittwoch, dass die G-20-Gruppe sich nunmehr, angesichts der mittlerweile angesammelten Erfahrungen, von einem vorübergehenden Finanzenrettungsmechanismus zu einer ständigen Wirtschaftslenkung hin bewege.“

http://www.dnaindia.com/money/1890750/report-g-20-moving-towards-permanent-global-economic-governance-p-chidambaram

Wie man aus diesem beliebig gewählten Zitat vom 18.09.2013  ersehen kann, spricht man nicht nur innerhalb der EURO-17, sondern auch in der Gruppe der G-20 schon seit einiger Zeit von „Wirtschaftslenkung/gouvernance économique/economic governance“.

Was aber ist „Wirtschaftslenkung“? Ich schlage aufgrund eigener Beobachtungen im aktuellen Kontext folgende, wörterbuchartig verknappte Definition vor:

Wirtschaftslenkung (gouvernance économique/economic governance), im Gegensatz zu kurzfristig angelegten Rettungsaktionen (Staaten-Bail-out in der EU, Rettung insolventer Banken mithilfe von Steuergeldern), die als Reaktion auf schwere Insolvenz- und Überschuldungskrisen in das Marktgeschehen eingreifen, stellt die Wirtschaftslenkung eine ständige, politisch gewollte und staatlich oder zwischenstaatlich verhandelte Globalsteuerung des Marktgeschehens anhand gesamtwirtschaftlicher Gesichtspunkte dar.

Wirtschaftslenkung ist heute ein heiß diskutiertes Thema sowohl in der Euro-Zone wie in der EU wie auch in der G-20, und es  war ein heißes Thema der volkswirtschaftlichen Debatten in den 30er Jahren – und zwar sowohl in den USA, in der Sowjetunion wie in Deutschland.  Denn die Weltwirtschaftskrise der Jahre 1929/1930 wurde als schwere, krisenhafte Erschütterung erlebt, der nur durch massives  staatliches Eingreifen begegnet werden könne. So findet sich etwa in einem 1938 in Berlin erschienenen Lexikon folgender Eintrag:

Wirtschaftslenkung, gegenüber d. formalistischen Auffassung einer Planwirtschaft vertritt d. Nationalsozialismus, ausgehend von d. Erkenntnis, daß die Wirtschaft dem Volke zu dienen hat, eine Führung der Wirtschaft, bei der diese nach gesamtwirtschaftlich. Gesichtspunkten organisiert u. gelenkt wird. Wichtigste Maßnahmen: die Lenkung der Ernährungswirtschaft durch d. Reichsnährstand (–> Landwirtschaft), die Regelung d. Außenhandels u.d. –> Vierjahresplan.

Quelle: Knaurs Lexikon A-Z. Verlag von Th. Knaur Nachf. Berlin 1938, Spalte 1852

Die Werkzeuge der Wirtschaftslenkung sind heute im Wesentlichen dieselben wie damals in den 30er Jahren: riesige Infrastrukturmaßnahmen (Great dams in den USA, Autobahnen mit Arbeitsdienst in Deutschland, riesige Kanalbauten mit GULAG-Zwangsarbeitern in der UDSSR), staatliche Beschäftigungsprogramme, staatliche Preisfestsetzungen, staatlich garantierte Einspeise- und Vergütungsentgelte, zentralstaatliche Detailregelungen für die einzelnen Sektoren wie etwa die Landwirtschaft.

Vom Geiste der Wirtschaftslenkung (gouvernance économique/economic governance) war aber nicht nur die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik bestimmt, sondern auch noch die unmittelbare Nachkriegswirtschaft in den Jahren 1945-1948. Beispielhaft dafür seien genannt Jakob Kaiser (CDU), ein Vertreter des christlichen Sozialismus, sowie auch das „Ahlener Programm“ der CDU von 1946.

In schroffem, unüberbrückbarem  Gegensatz zum Gedanken der Wirtschaftslenkung  steht hingegen die soziale Marktwirtschaft eines Ludwig Erhard und eines Konrad Adenauer (CDU). Über Nacht wurden fast alle Preise freigegeben, die Läden waren plötzlich voll. Die Wirtschaft wurde unter den Leitgedanken der Freiheit gestellt. Der Staat zog sich aus der systematischen Lenkung des Marktgeschehens vollkommen zurück. Dies läutete die Alternative zur staatssozialistischen Planwirtschaft, aber auch die Alternative zur nationalsozialistischen Lenkungswirtschaft ein. Das Werkzeug für die Einführung der Marktwirtschaft und die völlige Abkehr von der Wirtschaftslenkung war die D-Mark, die am 21. Juni 1948 ein völlig neues Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte aufschlug.

Typische Beispiele für die Lenkungswirtschaft neuesten Datums sind die von der deutschen CDU und den deutschen Grünen erstrebte energiewirtschaftliche Autarkie, also die energiepolitische Import-Unabhängigkeit der deutschen Volkswirtschaft (ebenfalls ein Ziel der deutschen Lenkungswirtschaft in den 30er und 40er Jahren), verkörpert in der angestrebten deutschen Energiewende. In der Energiewende tritt sogar ein „40-Jahres-Plan“ an die Stelle der 4-Jahres-Pläne der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik.  Ferner sind typisch für die Wirtschaftslenkung die der Euro-Rettung dienenden Eingriffe der zwischenstaatlich bestellten Troika und der EU-Kommission in die Haushalts- und Wirtschaftspolitik der Euro-Mitgliedsländer, wogegen sich ja insbesondere in diesen Tagen die Italiener händeringend wehren: „Siamo un paese sovrano! – Wir sind ein souveränes Land!“

Wer hätte geglaubt, dass ausgerechnet vier entscheidende Leitgedanken der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik – die staatliche bzw. politische Wirtschaftslenkung, die energiewirtschaftliche Autarkie Deutschlands, die Aufstellung von 4-Jahres-Plänen oder gar 40-Jahresplänen, der „organische Umbau“ der Volkswirtschaft – eine derartige Neubelebung erfahren würden!

Wohlgemerkt soll hier keinesfalls unterstellt werden, dass die CDU und die Grünen rechtspopulistische oder gar rechtsextremistische Parteien sind, nur weil sie – ohne dies zu bemerken – Grundsätze und Kernziele der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik Deutschlands (1933-1945) wieder aufwärmen. Nein, ganz im Gegenteil: die Grünen und die CDU meinen es sicherlich gut mit Deutschland, zumal ja die UDSSR und die Staaten des Warschauer Paktes ebenfalls Mehr-Jahres-Pläne in Hülle und Fülle auflegten. Ich behaupte aber sehr wohl, dass die deutsche CDU und die deutschen Grünen  sich derzeit vom Gedanken der sozialen Marktwirtschaft verabschieden, sofern sie sich nicht umbesinnen und den Leitwert der FREIHEIT über den Leitwert  der LENKUNG stellen.

Die Worte Cem Özdemirs, die er auf dem letzten Bundesparteitag sprach  – „Wir müssen wieder zu einer Partei der Freiheit werden!“ – lassen hoffen, dass zumindest die Grünen sich auf den Gedanken der freiheitlichen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards und Konrad Adenauers  zurückbesinnen. Freilich müssen die Grünen nunmehr  ihr Verhältnis zu ihrem keinesfalls rechtspopulistischen Bundesvorsitzenden Cem Özdemir klären, der offenbar die Freiheit höher als die politische Lenkung durch Verbote und Zwang schätzt. Hieraus folgt als Einsicht für die Koalitionsabtastgespräche: Die regierende CDU benötigt ein libertäres Korrektiv in Gestalt der Grünen. Leider hat die FDP diese Rolle nicht gespielt und ist dafür vom freien Wählerwillen bestraft worden. Sie flog deswegen – wie ich meine – zu Recht aus dem Bundestag.

In der Wirtschaftslenkung liegt kein Heil. Es lebe die Freiheit!

 

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Aug. 172013
 

καὶ ἄφες ἡμῖν τὰ ὀφειλήματα ἡμῶν, ὡς καὶ ἡμεῖς ἀφήκαμεν τοῖς ὀφειλέταις ἡμῶν.

„und erlasse uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern [sie] erlassen haben.“

So empfiehlt es Jesus im griechisch verfassten Neuen Testament bei Matthäus 6,12! Jesus fordert: Periodischer einvernehmlicher Schuldenerlass von Schulden, die den Schuldner überfordern! So lebenspraktisch sah das Jesus im Einklang mit der Tradition des Judentums damals. Er meinte: Wenn’s gar nicht mehr anders geht, muss halt der berühmte Schuldenschnitt ran. Wer hoffnungslos überschuldet ist,  der darf wieder bei Null anfangen. Jesus meinte das nicht nur finanziell im Verhältnis zwischen Personen, sondern auch moralisch im Verhältnis zwischen dem Menschen und dem Vater der Menschen.

Adenauers CDU speiste sich damals aus der ausdrücklich formulierten Zielsetzung, dass im Verkehr zwischen den Staaten dieselben Grundsätze des Christentums Anwendung finden sollten wie im Verkehr zwischen Menschen. Dazu gehörte die Beistandspflicht zwischen Staaten in Not, die Pflicht zur Versöhnung zwischen ehemals verfeindeten Staaten, die Pflicht zur Vergebung der Schuld, also auch zum Schuldenerlass zwischen den Staaten. Lang ist’s her, wer erinnert sich heute noch an Adenauer oder an Erhard?

Europa durch Aufgabe des Euro retten, indem ein weitreichender Schuldenerlass durchgeführt und dann die Euro-Währungsgemeinschaft geordnet aufgelöst wird. Das ist es, was der wissenschaftliche Chefberater des Bundesfinanzministeriums, Kai A. Konrad nunmehr fordert. Hier ist das Interview nachzulesen:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article119104708/Deutschland-kann-die-Euro-Zone-nicht-retten.html

 

Ärgerlich in mehrfachem Sinne an dem Interview der WELT mit Konrad ist aber die Frage:

Die Welt: Deutschland soll zum dritten Mal Europa in die Luft sprengen? Das wird keine Bundesregierung je tun.“

Diese ungeheuerliche, erpresserische Frage des Reporters  enthält wieder jene vulgärtheologische Schuldtheorie, wonach Deutschland und nur Deutschland an der Katastrophe des Jahres 1914 und an allen nachfolgenden militärischen und humanitären Katastrophen Europas schuld sein soll. Dies ist eine sehr gefährliche, obendrein dumme Schuldtheorie, die die internationalen Historiker längst nicht mehr vertreten, die aber weiterhin eine unselige Rolle in der deutschen und internationalen Politik spielt.  Denn wissenschaftlich lässt sich die These, dass das Deutsche Reich der Alleinschuldige oder Hauptschuldige am Ausbruch der zahlreichen europäischen Kriege ab 1914 sei, nicht halten. Sie ist empirisch falsch. Deutschland ist nicht der alleinige Schuldige am Ausbruch des ersten Weltkrieges. Was  den zweiten Weltkrieg angeht, so kann man durchaus die Meinung vertreten, dass die UdSSR, Japan, Spanien, Griechenland und Italien eine Mitschuld an den zahlreichen verheerenden Feldzügen und Schlachten haben, die ab 1920 bis 1945 den ganzen Kontinent verwüsteten, und von denen viele heute unter „2. Weltkrieg“ zusammengefasst werden.

Weil Deutschland an allem schuld sei, müsse es heute für alle Schulden aller Europäer gerade stehen. Das ist der unterschwellige Unsinn, der einem immer wieder aufgetischt wird. Weg damit. Mut zur Wahrheit ist gefragt.

 

Quelle:

Nestle-Aland: Novum testamentum graece, ed. vicesima septima, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1999, S. 13

 

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Merke dir, Fremdling, das und tue zuhause desgleichen!

 Das Gute, Etatismus, Faulheit, Geld, Tugend, Türkisches, Verwöhnt, Vorbildlichkeit, Willkommenskultur  Kommentare deaktiviert für Merke dir, Fremdling, das und tue zuhause desgleichen!
Juli 292013
 

2013-07-28 15.33.26

Wieder zurück im Lande! Erster Eindruck von Deutschland: Die Kinder und Jugendlichen und auch wir Älteren sind hierzulande anders drauf.

In der Türkei „gehen sie den Älteren und den Eltern auch mal zur Hand“, bei uns „strecken sie die Hand hin“, um immer mehr auf die Kralle zu kriegen.

In der Türkei sind Behinderte, Alte und kleine Kinder auch in Hotels selbstverständlicher Teil des Alltags, in Deutschland wird wortreich und wohlfeil und zur eigenen Entlastung in weitschweifigen Programmen mehr „Behindertengerechtigkeit“, mehr „Generationengerechtigkeit“, mehr „Familienfreundlichkeit“ von der Politik gefordert. Klingt gut, ist aber meist nur Schall und Rauch. In Deutschland, namentlich in Berlin,  wird fast alles vom Staat erwartet.

In der Türkei praktizieren die Menschen es einfach, was sie für gut und richtig halten: fleißig und redlich arbeiten, auch für ein Gehalt, das den deutschen Sozialhilfesatz nicht erreicht, nicht lügen, nicht betrügen, das gegebene Wort halten, redlich den Lebensunterhalt für Mann und Weib und Kinder verdienen, Fürsorge füreinander, Anteilnahme, Hilfe für die Fremdlinge, denen mit größter Redlichkeit begegnet wird.  Ein Beispiel von vielen: Am Ende standen wir in Istanbul am Taksim-Platz, uns fehlten 10 Lira für die Transferfahrt mit dem Bus zum Flughafen Atatürk. Innerhalb von 30 Sekunden erhielten wir 3 finanzielle Hilfsangebote – 2 von Türken, eins von einer Deutschen, wie ich fairerweise zugeben muss.

Fazit:  Die Menschen der Türkei  leben uns Deutschen vor, was wir auch – ohne jede staatliche Hilfe – haben könnten. Die heutigen Türken, gerade die Kinder und Jugendlichen,  sind im Durchschnitt  auch einfach besser erzogen als wir.

Sehr viele politische Probleme in Berlin und Deutschland sind nämlich ein Problem mangelnder Erziehung, sind überhaupt nicht politischer Art. Es ist einfach zu viel Geld des deutschen Staates im Umlauf, das Begehrlichkeiten weckt.

Mein äußerst positiver Eindruck von den Menschen in der heutigen  Türkei umfasst übrigens alle – angefangen von Zollbeamten, den Angestellten der Turkish Airlines, Busfahrern, Bauern, „Kopftuchmädchen“, „Bikinimädchen“ am Strand, Säkularen, Muslimen, Alten, Behinderten, Unbehinderten, Kindern, Jugendlichen.

„Merke dir, Fremdling, das und tue zuhause das Gleiche!“ So epigrammatisch verknappt  Goethe. Er hatte recht.

Bild: am Taksim-Platz gestern

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„Das Geld des Dorfes dem Dorfe!“, oder: Die Vereinigten Regionen Europas gelingen nur mit mehr Subsidiarität in der Finanzverfassung!

 Bergmannstraße, Europäische Union, Europawahl 2024, Geld, Italienisches, Opel, Ordoliberalismus, Schuldenbremse, Sezession, Subsidiarität, Südtirol, Verfassungsrecht  Kommentare deaktiviert für „Das Geld des Dorfes dem Dorfe!“, oder: Die Vereinigten Regionen Europas gelingen nur mit mehr Subsidiarität in der Finanzverfassung!
Juli 022013
 

2013-07-01 13.49.23

Eine wirklich gute, vorbildliche Regelung für das vielbeschworene Europa der Regionen hat der Nationalstaat Italien für Südtirol geschaffen: Die mehrheitlich deutsche Provinz Südtirol („Obere Etsch“, wie sie auf Italienisch genannt wird) hat hohe Autonomierechte, und dieser Autonomiestatus drückt sich auch in der Finanzverfassung aus: 90% des Steueraufkommens verbleiben in der Provinz. Folge der finanzpolitischen Eigenständigkeit: Südtirol erwirtschaftet deutlich mehr als der Durchschnitt  des italienischen Nationalstaates, und ein Großteil des selbst erwirtschafteten Geldes verbleibt satzungsgemäß in der Provinz. Die Südtiroler haben weitgehende Gewissheit, dass sie nicht irgendwelche Schwerindustriefabriken, die berüchtigten „Kathedralen in der Wüste“  bei Taranto finanzieren, sondern Straßen, Schulen, Krankenhäuser in der eigenen Provinz. Das Geld der Provinz der Provinz! Nur 10% wird an die Zentrale in Rom abgeführt. Die Provinz genießt ein Höchstmaß an finanzpolitischer Eigenverantwortung und schaffte so innerhalb weniger Jahrzehnte, von einem agrarisch bestimmte Armenhaus zu einem reichen Powerhaus der EU zu werden. Der separatistische Gedanke ist gottlob weitgehend verschwunden.

Nicht Separatismus der Regionen („Weg vom Nationalstaat!“), sondern stärkere finanzpolitische Eigenverantwortung für die Regionen und Bundesländer sind der Weg, auf dem die Europäische Union gesunden kann.

Die Bundesländer bzw. die Regionen wie etwa Katalonien oder Schottland brauchen mehr subsidiäre Verantwortung bei der Verwaltung ihrer Mittel! Ich bin von folgender Zielvorstellung überzeugt: Nur ein festgelegter Anteil des Steueraufkommens sollte in der EU an die jeweils nächsthöhere Ebene abgeführt werden. Dahin müssen wir in den nächsten Jahrzehnten mit der EU kommen.

Das Rezept wirkt, denn es hat schon oft in der Weltgeschichte gewirkt. Falsch ist eine Stärkung der zentralwirtschaftlichen Umverteilung von oben herab, wie es derzeit die EU und leider auch die deutsche Bundesregierung durch zahlreiche politische Maßnahmen vertreten. Beispiele für das verkehrte zentralistische Umsteuern liegen auf der Hand: Die Bankenrettungspolitik, die Schuldenmacherei dank der Euro-Rettungsmechanismen, die national- und zentralstaatliche Energiewende, die ständigen Eingriffe der EU-Kommission in Bereiche, die unbedingt der unteren Ebene vorbehalten bleiben sollten: so etwa Saatgutauswahl, Bestimmungen über die öffentliche Daseinsvorsorge, Abgaswerte für PKW usw.

Die EU sollte sich bemühen, die wenigen Kernaufgaben, die ihr sinnvollerweise zukommen, einigermaßen anständig und vertretbar zu bewältigen: vernünftige, abgestimmte Währungs- und Außenpolitik, gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, Freizügigkeit der Unionsbürger, Niederlassungs- und Gewerbefreiheit, Schutz der Freiheits- und Bürgerrechte. In allen diesen Punkten ist die EU nicht gut genug, mehr noch: sie versagt weithin.

Falsch war es meines Erachtens, eine feste Schuldenbremse in die Verfassungen bzw. ins Grundgesetz zu schreiben. Denn selbstverständlich müssen die Regionen oder Bundesländer vorübergehend auch einmal gesetzliche Schuldenbremsen „reißen“ dürfen, ohne gleich als Verfassungsfeinde dazustehen! Die von oben her durchgesetzte Aufnahme der numerisch festgelegten Schuldenbremse in die Verfassungen war für mich ein Kipp-Erlebnis, das mir die Verkehrtheit des Hauptstroms der heutigen Finanzpolitik vor Augen führte!

Das Geld des Dorfes dem Dorfe!“ So formulierte einst Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der hochverdiente Gründervater der deutschen Selbsthilfe- und Sparkassengenossenschaften diesen Grundsatz der finanzpolitischen Eigenverantwortung. Während die Europäische Union seit Jahren im wesentlichen nur noch über zentrale Umverteilungsmechanismen streitet und zu diesem Zweck sogar numerische Schuldengrenzen in die Verfassungen der Nationalstaaten hineinschreibt, liefern die wirtschaftlich erfolgreichen Regionen der EU, etwa Südtirol, Bayern oder Baden-Württemberg eine Art Blaupause dafür, wie die EU vielleicht trotz des unseligen derzeitigen Euro-Regimes noch einen Weg zur finanzpolitischen Vernunft finden kann – unter Beibehaltung des Euros!

Wie sagte Johannes? „Denkt um und tut Buße!“ Wie kann der Euro gerettet werden? Antwort: Durch Umdenken, durch Umsteuern, durch „Buße“, also durch das Eingeständnis eigener Fehler und die Zusage, „es in Zukunft besser zu machen“. Dabei gilt die Grundeinsicht: Die Subsidiarität in der Finanzverfassung – nicht die „immer engere Union“ –  ist der Kerngedanke einer Währungsunion, die vielleicht noch eine Chance auf längeren Zusammenhalt wahren will.

Dabei hilft es nicht, ganze Kübel von Verachtung über irische Banker auszuschütten. Die irischen Banker haben 7 Mrd. Bedarf angemeldet und 40 Mrd. Euro erhalten. Die irischen Banker haben also ebenso wie die griechischen Reeder und Politiker das gemacht, wozu das herrschende Euro-Regime sie angestiftet hat: Möglichst viel von den riesigen Umverteilungssummen der EU in die eigene Tasche bzw. die Taschen der eigenen Klientel  zu wirtschaften. Das ist de facto das Grundprinzip der EU-Finanzpolitik.

Den irischen Bankern, die im Suff  buchstäblich „gesungen“ und die Wahrheit ausgeplaudert haben, sollte nicht unsere Verachtung, sondern unsere Dankbarkeit für die schonungslose Offenlegung der EU-Ausplünderungsmechanismen gebühren. Ein irischer Banker bittet uns Deutsche als guter Ire (irischer Katholik?)  für sein eigenes Fehlverhalten um Verzeihung. Wir Deutsche sollen ihm die Verzeihung gewähren und ihn preisen und ihn ermuntern, noch mehr zu singen, noch mehr Wahrheiten zu verraten.

Das Geld des Dorfes dem Dorfe! Das Geld der Region der Region! Das Geld des Bundeslandes dem Bundesland!

Nur ein festgelegter Anteil des Steueraufkommens jedes einzelnen Bundeslandes sollte an die übergeordnete Ebene abgeführt werden müssen. Bayern sollte also einen ebenso hohen Prozentsatz des selbst erwirtschafteten Steueraufkommens an den Bund zahlen wie Berlin oder Sachsen. Ich bin sicher: In zwei oder drei Jahrzehnten wäre die Finanzverfassung der Bundesrepublik wieder im Lot. Gleiches gilt für die EU: Die Bundesrepublik Deutschland sollte einen ebenso hohen Anteil des selbst erwirtschafteten Steueraufkommens an die höhere Ebene zahlen wie Griechenland, Frankreich oder Irland. Das muss meines Erachtens die Zielvorstellung sein.

Innerhalb weniger Jahrzehnte wird die EU dann gesunden. Sie wird dann ein Vorbild für andere sein können. Die EU  wird sich dann gegenüber China und den USA als gleichstark behaupten können. Daran gebricht es uns derzeit noch in erheblichem Maße!

Bild: ein uralter babyfarbener Opel Kadett in Berlin-Kreuzberg, gesehen gestern  – Zeugnis der Gründer- und Aufbruchsjahre der Bundesrepublik!

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„Ja, willst du denn den Euro nicht als das großartigste Symbol der europäischen Einigung anerkennen …?“

 Entkernung, Europäische Union, Freiheit, Geld, Heiligkeit, Philosophie, Wagenknecht  Kommentare deaktiviert für „Ja, willst du denn den Euro nicht als das großartigste Symbol der europäischen Einigung anerkennen …?“
Mai 082013
 

2013-04-25 07.35.07

So fragen mich immer wieder politische Wandergefährten. Darauf sage ich: „In der Tat, nein, der Euro ist nicht das großartigste Symbol der europäischen Einigung und noch weniger das Symbol der Europäischen Union. Das große, das eigentliche Symbol der Europäischen Union wie überhaupt jedes Staates ist – wie es G.W.F. Hegel dargelegt hat –  das leerste, abstrakteste Symbol überhaupt, nämlich die Flagge, näherhin bestimmt (wie es Hegel so gern in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts sagt) – also die Europa-Flagge mit den 12 gelben Sternen auf blauem Grund.“ Das oben zu sehende Bauschild aus dem ehemaligen Zisterzienserkloster Haydau zeigt dieses Sinnbild der Europäischen Union sehr sinnfällig und sehr wohltätig!

Die EWG, die EU, der Schengenraum, der Binnenmarkt, die EFRE-Hilfen für strukturschwache Gebiete und vieles mehr waren vor der Einführung des Euro unbestreitbar eine Erfolgsgeschichte, die es fortzuschreiben gilt! Es ist schon fast tragisch zu nennen, dass der Euro so Goldenes-Kalb-artig überfrachtet wird. Man möchte mit Beethovens 9. Symphonie ausrufen: Freunde, nicht diese Töne, nicht dieses Gezänke! Seht es doch mal lockerer! Über die Jahrtausende hin haben Staaten Währungen sehr oft eingeführt und sehr oft abgeschafft.  In manchen Staaten waren mehrere Währungen gleichzeitig im Umlauf (so etwa jahrzehntelang in den USA nach ihrer Gründung), andere Staaten schlossen sich zu losen Währungsverbünden zusammen, ohne dass eine politische Union auch nur ansatzweise beabsichtigt gewesen wäre – etwa in der „Lateinischen Münzunion“ -, kurz, man muss ausnahmsweise gegen Goethe, gegen Goethes Gretchen ausrufen:

Am Euro hängt,
Zum Euro drängt
Nicht alles!
Ach wir Armen!

Das große entscheidende Symbol aller staatlichen und staatsähnlichen Gebilde ist seit Jahrhunderten, seit Jahrtausenden stets ein abstraktes Symbol: das Bild des Kaisers, das Wappen des Herrschers, die Fahne des Staates, die Hymne der Nation usw.

Der Eid der deutschen Soldaten, den ich übrigens selbst damals als 19-jähriger Wehrpflichtiger ebenfalls in voller Überzeugung abgelegt habe, gilt nicht dem Wohlstand, den Konvergenzkriterien von Maastricht und der politischen Zentralgewalt, nicht dem Geld und nicht der Währung der Bundesregierung, sondern „dem Recht und der Freiheit“ des Volkes. Das Recht und die Freiheit jedes einzelnen Menschen, jeder staatlich verfassten Gesellschaft sind für mich die entscheidenden Werte politischen Handelns, während die „Währung“ in der Tat – wie der Name verkündet –  nur „während“ ihres Geltungszeitraumes gilt. Währungen sind – im Gegensatz zur Idee des Rechts und der Freiheit –  nichts Ewiges. Währungen kommen und gehen nach dem Willen des Souveräns. Viele römische Kaiser, die Souveräne der Antike, prägten ihre eigenen Währungen, die „Asse“, „Sesterzen“ und „Dinare“, teils ließen sie die Vorgängerwährungen gelten, teils schafften sie sie ab.

Die Währung ist nicht das entscheidende Band der Europäischen Union. Das entscheidende Band der Europäischen Union sind Freiheit und Recht der europäischen Völker. Einige der wenigen, die bereits jetzt so denken (während viele andere in den nächsten Monaten und Jahren folgen werden), scheinen Sahra Wagenknecht, Nigel Lawson (der Finanzminister Margret Thatchers), Bernd Lucke, Oskar Lafontaine, Hans-Werner Sinn, Wolfgang Bosbach und vermutlich auch bereits Bundesbankpräsident Jens Weidmann zu sein. Die genannten europäischen Persönlichkeiten verankern ihr Sinnen und Trachten nicht im Zahlungsmittel als dem Grund allen wirtschaftlichen Handelns, sondern im Bewusstsein dessen, dass die Freiheit, also die Handlungsfähigkeit und Wahlmöglichkeit der Völker und Regierungen wichtiger sind als die Einhaltung eines Währungs-Zwangsverbandes.

Der Souverän der heutigen, demokratischen Zeiten ist in Europa – das Volk. Den europäischen Völkern steht es frei, Währungen einzuführen und Währungen abzuschaffen.

 

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Sie nehmen es vom Lebenden!, oder: „Mehr Bürgergeld in Politikerhand!“

 Geld, Grünes Gedankengut, Sozialismus, Systemfrage, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für Sie nehmen es vom Lebenden!, oder: „Mehr Bürgergeld in Politikerhand!“
Apr. 292013
 

2012-09-01-12.22.10.jpg

„Winfried Kretschmann lobt Steuererhöhungspläne.“ Eine klare Absage an das frühere, ganz von Aristoteles und der griechischen Polis herrührende Mantra des guten christlichen Demokraten Winfried Kretschmann von „Maß und Mitte“, wie er das selber so hübsch sagt.

Lug amol, den eigensinnigen Konservativen, Herrn Kretschmann haben sie aber schön weichgekocht, auf Linie getrimmt und den widerborstigen Boris Palmer aus Hölderlins Tübingen glatt abgebügelt! Und ehrlich sind die Grünen nach eigener Aussage auch: „Wir sagen den Leuten bereits vor der Wahl, dass der Staat mehr Geld für seine Aufgaben benötigt.“

Die Grünen setzen also mit ihren hochfliegenden Steuererhöhungsplänen weiterhin auf den Vorrang der Politik vor der Gesellschaft, auf den Vorrang der hochgebildeten, die taz und den Hölderlin lesenden geistigen Elite vor der unförmigen Menge des einfachen, BILD-lesenden und SAT.1 guckenden Volkes. Ist ja klar: Wer wie die Grünen an den Staat glaubt, wer wie die Grünen der Politik gesellschaftstransformierende Heilkräfte zutraut, auf dass sie dieses „Deutschland rocke“, wie das der Kreuzberger Grüne Cem Özdemir so hübsch sagte, muss auch endlich dafür sorgen, dass der Staat und die Politik mehr Geld im Säckel haben und nicht weiter mit lumpigen ca. 620 Mrd. Euro oder auch 620.000 Millionen Euro (so viel an Steuereinnahmen hat die öffentliche Hand 2013 etwa in Deutschland zur Verfügung) am Bettelstab gehen.

Bestes Beispiel: bei uns dahoam, im Bundesland Berlin! Wir haben in Berlin eine  traumhaft hohe Staatsquote, eine nahezu sozialistische Staatsquote von über 60%, eine traumhafte Förderkulisse, wie das die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksstadträtin Herrmann (Grüne) einmal so hübsch sagte. Für alles ist eigentlich Geld da, wenn man sich in der Berliner Mittelverwaltung auskennt. Eigentlich müsste in Berlin schon längst das Paradies ausgebrochen sein, denn ein riesiger Anteil vom Kuchen befindet sich bereits seit Jahrzehnten in der Hand der demokratisch gewählten Politikerinnen und Politiker.

Überall hört man bei den Grünen, bei der Linken, der SPD, bei den Piraten und endlich vereinzelt bereits auch aus der CDU den gleichen Singsang heraus: „Bitte, liebe Mutti Politik, lieber Papi Staat, mach, dass wir alle glücklich sind oder werden. Suum cuique, sagt der Lateiner doch, jedem das ihm Zustehende! Liebe Politikerinnen, lieber Politiker, macht, dass es endlich einmal gerecht zugeht in diesem Land: Bitte nimm den Reichen und dem Mittelstand das ganze überflüssige  Geld, und mach, dass wir alle alle endlich eine glückliche Gemeinschaft werden!“

Ach, wie schön klingt das! Alles prima, alles bestens! Wer kann denn dagegen etwas sagen?

Die linke, staatsgläubige Mitte herrsche uneingeschränkt! Na dann rockt mal Deutschland schön!

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gruenen-parteitag-winfried-kretschmann-lobt-steuerplaene-a-897011.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/steuerkonzept-der-gruenen-trifft-mittelschicht-a-897074.html

http://www.jungewelt.de/2013/04-29/042.php?sstr=kretschmann

 Posted by at 10:11

Was man für Geld nicht kaufen kann: schön danken lernen!

 Adolf Hampel, Einladungen, Geld, Gleisdreieck, Personalismus, Tugend, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für Was man für Geld nicht kaufen kann: schön danken lernen!
Feb. 122013
 

„Wir sollten den Bauherren des Potsdamer Platzes, vor allem DaimlerChrysler,  dankbar sein, denn aus ihren ca. 8 Millionen Euro Ausgleichszahlungen wurde unser wunderschöner neuer Park am Gleisdreieck gebaut!“

„Wir Berliner sollten als Single-Hauptstadt den tüchtigen Bayern und den wackeren Baden-Württembergern dankbar sein, denn sie finanzieren über den Länderfinanzausgleich unsere tolle BVG, unsere gegenüber den Südstaatleren viel bessere  Kita-Abdeckung, unsere gegenüber München um 50%  billigeren Berliner Mieten, unsere 3 Mal höhere Arbeitslosenrate …! Ohne die Bayern und Baden-Württemberger stünden jedem Single nur noch 18 statt 40 qm zu, die Miete würde verdoppelt, viele Berliner müssten als Gastarbeiter irgendwo anders zu niedrigen Löhnen arbeiten gehen, etwa in der Türkei, in Libanon, in der Slowakei, in Rumänien.“

Hä? Was ist das für ein schräges Gebrabbel? Darf man als Schwabe von uns Berlinern  Dankbarkeit gegenüber den Geberländern des Bundesfinanzausgleichs verlangen?

Schwierig, sehr schwierig! Dankbarkeit gegenüber anonymen Spendern, an deren mildtätige Gaben man sich gewöhnt hat und auf die wir einen erlernten Anspruch zu besitzen glauben?  Ich glaube, die dauernde Abhängigkeit von finanziellen Zuwendungen hat eher einen verwöhnenden Effekt, der schließlich in Aggressivität gegenüber dem Spender umschlägt: „DIE sollten uns mal dankbar sein, dass wir ihnen eine so schöne Hauptstadt bieten! Da können DIE nicht mithalten!“

Dankbarkeit in der Politik? Das klappt meist nicht. Echte Dankbarkeit empfinden wir meist nur gegenüber Personen mit einem Namen und einem Gesicht, denen wir uns irgendwie verbunden wissen.

Lest hierfür einige beliebige Beispiele von Danksagungen aus meinen jüngsten Lesestoffen:

1: „Den größten Dank schulde ich meiner Familie. Am Esstisch und bei Familienreisen waren meine Söhne Adam und Aaron, wann immer ich sie mit neuen ethischen Dilemmata konfrontierte, stets zu scharfsinnigen, moralisch abgewogenen Reaktionen bereit. Und immer wandten wir uns an Kiku, die uns sagte, wer recht hatte. Ihr widme ich dieses Buch in Liebe.“

2: „Ein großer Dank geht auch an meine Frau für all ihre Ideen, an meinen Mitarbeiter Veysel, dessen einziger Fehler ist, Bayern-Fan zu sein, an die beiden Hakans (Mican und Tunç), an Mustafa, ohne die ich noch heute versuchen würde, eine Verbindungsbrücke zwischen den beiden Gipfeln des Kilimandscharo zu bauen, an die Fußballfreunde aus dem sonntäglichen Kick in Kreuzberg, an die Kids, die mir geholfen haben, die richtigen Fragen zu stellen, und an Bruce Lee, der mir ein Motto lieh: „Wasser kann fließen, kriechen, tropfen, stürzen und schmettern. Sei Wasser, mein Freund!“

3: „Anders als in Türken-Sam bin ich in dieser Geschichte nicht der Hauptakteur. Dieses Buch haben andere auf den Weg gebracht. Menschen, die hinter den Kulissen wirken und die darin zu Wort kommen. Menschen wie Renate und Adolf Hampel in Hungen, die sich – beide längst im hohen Rentenalter – ein halbes Leben für die interkulturelle Verständigung engagiert haben. Ich danke ihnen und allen, die sich für eine bessere Gesellschaft einsetzen.“

Drei Männer, drei Mal ein Dankeschön gesagt, auf nette, echte, glaubwürdige Weise. Sie statten Dank an namentlich genannte Menschen in Fleisch und Blut ab, denen sie etwas ver-danken. Mit ihnen verbinden sie Geschichten von Wagnissen, von Treue, von Elternschaft, Ehe, Freundschaft, von wechselseitiger Hilfe. Nur diese persönlichen Erfahrungen von Güte und Treue ermöglichen ein echtes Gefühl von Dankbarkeit. Diese Verbundenheit ist es, die letztlich Familien, Städte und ganze Länder zusammenhält. Nicht das Geld der anderen, nicht die Politik, nicht so merkwürdige Dinge wie „soziale Gerechtigkeit“, sondern Treue und Liebe zwischen Eltern und Kindern, von Mann und Weib, von Freundin und Freund, von 11 oder 22 Freunden, von Mit-Menschen und Neben-Wohnern. Wir dürfen ein Wort wagen: das grundlegende Vertrauen in diese überzeitlichen Werte – Familie, Gattenliebe, Freundschaft , Treue – macht  den berühmten „Wertekonservatismus“ aus. Ich nenne diese Grundhaltung auch den Personalismus der Mitte. Eine Grundeinsicht dafür lautet: „Die Welt insgesamt, die Gesellschaft als solche ist eigentlich weder gerecht noch ungerecht. Menschen hingegen verhalten sich gerecht oder oder ungerecht, benehmen sich gut oder böse, geben sich faul oder fleißig. Lasst uns also möglichst gerechte, gute, fleißige Menschen sein und anderen als Vorbild dienen!

Das grundlegende Vertrauen in die regelnde, ausgleichende, gerechtigkeitschaffende Gesellschaft, der Glaube an den gütigen, geldverteilenden und fürsorglichen Staat, der Glaube an die strukturprägende Macht der Politik bis ins Leben der Familien und der individuellen Schicksale hinein ist im Gegensatz dazu ein Merkmal des reformerischen oder revolutionären linken oder rechten Politikansatzes. Man könnte ihn auch den Strukturalismus der sozialen Gerechtigkeit nennen. Grundbekenntnis ist: „Die Welt ist eigentlich ungerecht. Die Gesellschaft ist eigentlich ungerecht. Lasst uns endlich gerechte Verhältnisse schaffen!

Ich danke den vorbildlichen Buchschreibern Michael, Cem und Cem für diese Einsicht.

Und hier kommen die Quellenangaben (mit bestem Dank):

1) Michael J. Sandel: Was man für Geld nicht kaufen kann. Die moralischen Grenzen des Marktes. Aus dem Amerikanischen von Helmut Reuter. Ullstein Verlag, Berlin 2012, S. 294
2) Cem Özdemir: Die Türkei. Politik, Religion, Kultur. Beltz&Gelberg, Weinheim 2008, S. 253
3) Cem Gülay/Helmut Kuhn: Kein Döner Land. Kurze Interviews mit fiesen Migranten. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2012, [Kindle-Ausgabe], Pos. 2770

Bild: unser wunderschöner neuer Park am Gleisdreieck. Wir sagen schon mal danke. An alle.

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Bayern, Baden-Württemberg, Hessen: Bitte bitte kein Geld mehr nach Berlin schicken!

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Jan. 232013
 

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Schaut euch das an, es ist erstaunlich: Wenn auch Berlin und Brandenburg keinen Flughafen hinbekommen, so erhält doch Friedrichshain-Kreuzberg beständig neue Spielhallen und Zockerbuden. Das klappt also zumindest. Innerhalb einer kleinen Radfahrt von 10 Minuten entdeckte ich heute drei neue Spielhallen in Kreuzberg! In der Wilhelmstraße sehe ich täglich sogar zwei Spielhallen direkt nebeneinander, die auch etwa erst ein Jahr lang hier sind. Und das, obwohl wir offiziell ein „Armuts-Bezirk“ sind. Man sieht praktisch nie Menschen aus- und eingehen. Die wenigen Male, die ich aus Neugierde die Spielhallen besucht habe, war ich meist der einzige Besucher.

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Etwa 45 Milliarden Euro hat Berlin seit 1995, als es dem Länderfinanzausgleich beitrat, von den Geberländern des Finanzausgleichs vor die Haustür gekippt erhalten. Oft fragen die Menschen aus den derzeit nur noch 3 Geberländern des Bundesfinanzausgleichs: „Wo versickert denn das ganze Geld, das wir euch schenken? Alles in der Flughafen-Baustelle?“Nein! Das Geld wird hier in Berlin weitergereicht und versickert an tausend Stellen. Das Bundesland Berlin ist in vieler Hinsicht mit Griechenland vergleichbar: es zirkuliert hier in Berlin wie auch in Griechenland viel zu viel nicht selbst erwirtschaftetes Geld. Es ist viel zu viel Geld im System der öffentlichen Mittelvergabe.

Die Geberländer Berlins finanzieren Berliner Baustellen, Berliner Spielhallen, finanzieren in großem Umfang Berliner Faulheit, Berliner Bequemlichkeit und Trödelei, finanzieren Glücksspiel, Drogen- und Menschenhandel, Betrug, Rechtsbruch und Staatsausplünderung. Das öffentliche Gut, das Gemeinwohl verkommt. Mehr noch: Die Politik leistet dem Herunterkommen ganzer Stadtviertel Vorschub. Öffentliche Gebäude wie die Schule in der Reichenberger Straße werden in diesem Sinne vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg kostenlos als geduldete Zonen des Rechtsbruchs ausgewiesen, statt etwa einer dringend benötigten Grundschule in freier Trägerschaft gegen Miete überlassen zu werden.  Und wer sind diesmal die Benachteiligten, die es durch dreiste Spiegelfechtereien zu schützen gilt? Flüchtlinge, Asylbewerber! Dass ich nicht lache! Ein derartiger Missbrauch der Not von Menschen, die in Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung suchen und dann durch selbsternannte Menschenrechtsaktivisten zum Rechtsbruch verführt werden, ist noch nicht oft vorgekommen.

Berlins Politik ist großartig darin, immer neue Programme zu ersinnen, um das Geld der anderen Bundesländer unters Volk zu bringen. Neuester Coup: das „Berliner Mietenbündnis“. Ein weiterer in einer endlosen Serie an Taschenspielertricks aus der bunten Traum- und Zauberwelt der Berliner Landespolitik. Es funktioniert alles nicht, wie erst kürzlich wieder der rbb feststellte:

http://www.rbb-online.de/klartext/archiv/klartext_vom_16_01/0.html

Also: Die landeseigenen Wohnungsunternehmen tragen zur Preissteigerung bei – auch dank des zusätzlichen Geldes, das durch derartige Bettelei nach Berlin umgeleitet wird. Aber 40 Millionen Euro an Bundesmitteln werden dafür in Anspruch genommen. Zweck erfüllt! Der Zweck all dieser fruchtlosen Übungen ist: Wähler bei Laune halten, Geld nach Berlin lenken, Zustimmung erkaufen, Wandel verhindern! So und nur so funktioniert das.

Es ist mir wichtig festzuhalten: Wir Berliner sind groß im Handausstrecken! Wir Berliner finden 1001 Geschichten, um nachzuweisen, dass wir benachteiligt sind. Die Berliner Politiker sind große Meister darin, sich gezielt Gruppen von Benachteiligten zu suchen, denen sie dann diesen Status einpauken: „Ihr seid benachteiligt!“ Die Parteien nehmen sich da übrigens gegenseitig nichts. Schwaben, Bayern, Hessen: Bitte auskehren. Wir brauchen das.

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Die Prio 1: Planungssicherheit, Selbständigkeit, beruflicher Erfolg

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Dez. 182012
 

Schöner Clip vom Weihnachtsmarkt: Ein erfolgreiches kinderloses Paar auf dem Weihnachtsmarkt, beide Akademiker, sie Anfang 30, er Ende 30, plaudert offen über das, was wichtig ist im Leben: Die Prios sind Planungssicherheit, Zweitstudium, wirtschaftliche Selbständigkeit, wie es dann auch eine bekannte erfolgreiche Sozialministerin unterstreicht.

Kuckstu ma hier:

http://www.tagesthemen.de/multimedia/video/video1232470.html

„Wir würden uns gern für Kinder entscheiden“, aber es fehlt die letzte Sicherheit, die der Staat bisher nicht bietet – trotz der etwa 180 Mrd. Euro an direkter Familienförderung.

Vergessen wir nicht:

Viele Familien mit mehreren Kindern sind von Arbeitslosigkeit betroffen!  Was dann? Eine Familie ohne Erwerbseinkommen mit vier Kindern erhält zwar eine ausreichend große Wohnung vom Staat gestellt und bezahlt, die Kinder gehen kostenlos zur Schule, die Gesundheitsversorgung steht der Familie weiterhin in vollem Umfang zu. Sie muss aber laut Hartz IV mit mageren nur etwa 2.700 Euro pro Monat auskommen. Wie soll man davon menschenwürdig leben? Wo ist da die Planungssicherheit?

DER STAAT MUSS MEHR TUN! Er MUSS PLANUNGSSICHERHEIT herstellen, damit endlich Erwachsene sich nicht gegen Kinder entscheiden müssen. So die einhellige Forderung der erfolgreichen kinderlosen Paare und der erfolgreichen Sozialministerin.

Damit auch in 100 Jahren noch Kinder unter dem Weihnachtsbaum hüpfen können. TU DOCH WAS STAAT!

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Sep. 252012
 

Gute, tiefgreifende, erhellende Einblicke gestern bei einer Veranstaltung der Senioren Union und der CDA im Seniorenzentrum des Union Hilfswerkes in Friedrichshain mit der Bundestagsabgeordneten Stefanie Vogelsang! Was konnte ich als gesicherten Konsens aus der Versammlung mitnehmen?

1. Das deutsche Gesundheitssystem stellt allen Kritteleien zum Trotz anerkanntermaßen weltweit die beste medizinische Rundumversorgung für alle Menschen bereit.

2. Das System hat im Augenblick genug Geld, wenngleich die Begehrlichkeiten ständig neu geweckt werden.

3. Es ist besser, wenn sich das System auf etwas schlechtere Zeiten einstellt, als die gegenwärtig vorhandenen Überschüsse zu verschenken.

4. Die Menschen können weiterhin volles Vertrauen in das System haben.

In der Aussprache kamen in der sehr gut besuchten Veranstaltung viele gute, weiterführende Fragen zur Sprache, die Stefanie Vogelsang souverän und kenntnisreich beantwortete.

Ich selbst hake nur kurz nach, frage nach dem Aspekt der eigenverantwortlichen Gesundheitsvorsorge, also der Prävention, und nach der wachsenden Bedeutung der Geriatrie als eines immer wichtigeren eigenständigen Fachgebietes. Die Versorgung, sagte ich, sei zwar hervorragend, die deutsche Medizinbranche sei ein bedeutender Faktor der Volkswirtschaft, was sich ja auch im Anteil der Gesundheitsleistungen an der wirtschaftlichen Gesamtleistung niederschlage, der konstant bei etwa 10-12% liege.  Aber es drohe auch medizinische Überversorgung. Wir müssten den Aspekt der eigenverantwortlichen Vorsorge stärker betonen.

So ließen sich durch ausreichende tägliche Bewegung an frischer Luft, durch sinnvolle, nicht zu üppige Ernährung und durch Vermeidung von Suchtmitteln wie Nikotin, Alkohol und illegalen Drogen, also durch besonnene Lebensführung des einzelnen Menschen etwa 50% der Krankheitskosten bis zum Eintritt des Rentenalters einsparen! Viele vormarschierende Krankheiten wie etwa diabetes iuvenilis, adipositas iuvenilis, attention deficit syndrome (ADS) sind in Deutschland wohlstandsverursacht. Dies haben mir Ärzte, Pfleger und Apotheker übereinstimmend erzählt. Ich glaube: Es wird oft zu viel Geld für medizinische Versorgung, zu wenig Geld für medizinische Vorsorge  ausgegeben. Zu viel Überflüssiges geht über den Apothekertisch!

Ich bin auch sehr gespannt, wie der Gesundheitsausschuss des Bundestages sich zur geplanten Änderung der Richtlinie 2011/20/EG stellen wird. Wird er morgen die Kraft haben, sich eindeutig und unverrückbar zu den Werten der 1964 vom Weltärztebund verabschiedeten „Erklärung von Helsinki“ zu bekennen? Wird er die Forschung am Menschen weiterhin recht engen Zulässigkeitskriterien unterwerfen – oder wird er, eingedenk der überragenden volkswirtschaftlichen Bedeutung der Medizinbranche, die Pflicht zur Einschaltung der Ethikkommission abschaffen? Spannende Fragen!

Quelle:
Stephan Sahm:   Rückfall in mittelalterliche Forschungsethik. EU plant Verzicht auf Ethikprüfung bei Tests am Menschen. FAZ, 24.09.2012, S. 28

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Aug. 312012
 

Staunen und Lächeln beim Studium der morgendlichen taz: Eine neue Geld-Umverteilungsorgie im nach wie vor vulgärsozialistisch regierten Bundesland Berlin ist in vollem Gange! 100 Mio. werden in dieser Legislatur dank des von Jan Stöss und Raed Saleh (SPD) geschmiedeten „Bündnisses für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten”“ und dank der 30%-vom-Einkommen-Kappungsgrenze indirekt an die Vermieter verteilt werden. Wird der Finanzsenator Nußbaum Chuzpe und Traute genug haben, diesem erneuten, besonders dreisten  Anschlag auf die Haushaltskonsolidierung zu widerstehen? Zweifel sind angebracht!

„Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“. Wem fiele da nicht die Arie des Papageno aus Mozarts Zauberflöte ein:

Das klinget so herrlich,
das klinget so schön!
Trala la lalal la,
Trala, la la!

Welcher politische Depp steht denn gern für unsoziale Wohnungspolitik und für Wuchermieten da? Niemand. Auch Herr Nußbaum nicht. Auch dieser arme Kreuzberger Blogger nicht. Natürlich nicht!

Diesen für das Individuum sehr bequemen, für die Konsolidierung des Landeshaushaltes aber verheerenden Geldverschwendungsmechanismus hat der Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeister Franz Schulz klipp und klar vollkommen richtig, aber sehr höflich auf gut Französisch so ausgedrückt (im Deutschen lügt man ja bekanntlich, wenn man höflich ist, lächel …):

„Plafonner les loyers ne serait pas réaliste. Cela ne concernerait que le logement social et obligerait Berlin déjà lourdement endetté à verser des sommes colossales aux bailleurs pour les dédommager du manque à gagner.“

Zu Deutsch: “Eine Kappungsgrenze der Mieten beträfe nur die Sozialwohnungen und zwänge Berlin, das ohnehin bereits schwer verschuldet ist, riesige Beträge an die Vermieter zu bezahlen, um sie für entgangene Gewinnmöglichkeiten zu entschädigen.”

Bürgermeister Schulz hat recht: Wuchermieten – etwa am Kreuzberger Kotti oder in Neukölln – werden dank der Mietenkappung direkt mithilfe des geldverteilenden Berliner Senates in breitem Umfang möglich. Die Bezirke dagegen werden komplett ausgezogen bis aufs Hemd. Der Personalabbau in den Bezirken ist eine logische Folge der mit unerbittlicher Konsequenz weitergetriebenen, seit 1961 bis heute in Berlin herrschenden  vulgärsozialistischen Umverteilungspolitik. Gutes, spannendes, kenntnisreiches  Interview mit Bezirksstadträtin Franziska Giffey, taz, S. 23!

Nach den Türken, den Arabern („Libanesen“) rollt nun eine dritte „Zuwanderungswelle“, wie Frau Giffey  sagt, auf Neukölln zu.

Hier im heutigen taz-Interview gibt es die guten Ratschläge, wie man – nach der bestens gelungenen Integration der türkischen Volksgruppe, der arabischen Volksgruppe – nun auch die gelungene Integration der neu entstehenden  Roma-Bevölkerungsgruppe in den Sozialstaat schafft:

1) Einreise der Familien mithilfe eines auf 3 Monate befristeten EU-Visums

2) Unterbringung der Familien als Untermieter in den angemieteten Wohnungen der Übersiedlungshelfer gegen Zahlung einer Wuchermiete, z.B. 1000.- Euro/Zimmer

3) Anmeldung eines Gewerbes, etwa als Zettelverteiler, Entrümpler, Handyverkäufer oder Abschleppdienstleister. Dadurch ist das dauerhafte Aufenthaltsrecht gesichert. Kindergeld sofort beantragen!

4)  Zum Jobcenter gehen. Sofortige Beantragung der Aufstockung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit. Jeder mitfühlenden Seele ist klar, dass man mit Zettelverteilen oder Kellerausräumen keine Familie ernähren kann. Die Aufstockung muss also her. Damit ist eigentlich alles Wesentliche getan. Denn:

4) Nach 1 oder 2 Jahren kann das Zettelverteilungsunternehmen, das Abschleppgewerbeunternehmen, der Handyladen oder das Automatencasino planmäßig in den Konkurs geschickt werden. Von diesem Zeitpunkt an werden die gesamte Familie und all die zahlreichen weiteren Beschäftigten des Zettelverteilungsunternehmens, Handyladens oder Automatencasinos auf Dauer und generationenübergreifend von staatlicher Hilfe leben. Das ist nun wirklich in Deutschland hunderttausendfach vorgemacht worden, und es wird hunderttausendfach nachgemacht werden.

5)  Nächster Schritt: Sehnsüchtiges Warten auf das „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“! Sobald die Menschen die Unbezahlbarkeit ihrer Wuchermieten (etwa 1000 Euro/Zimmer) nachweisen können, also nachweisen, dass sie mehr als 30% des vom Staat aufgestockten Nettoeinkommens für Mieten ausgeben, stehen ihnen auch für die Miete indirekte Ausgleichszahlungen zu. Diese Mietenausgleichszahlungen werden allerdings direkt an die Vermieter gezahlt – in diesem Fall an die landeseigenen Wohnungsgesellschaften. Die Details sind völlig unklar. Für die Klärung der administrativen Einzelheiten, die Verwaltung, die Antragsberatung, die Hilfe bei der Antragstellung  und die Antragsprüfung werden zahlreiche neue Sachbearbeiterstellen nötig sein. Diese Stellen in der Verwaltung werden geschaffen werden – nicht Stellen für Erzieher, Lehrer, Polizisten! Der öffentliche Dienst wird also im Zuge der Umsetzung  des „Bündnisses für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ ebenfalls erneut anschwellen.

LIES! jeden Tag eine gute taz! In diesem guten Interview mit Franziska Giffey auch ein klares Bekenntnis zum Volksgruppenkonzept: Neu-Neuköllner Roma, Alt-Neuköllner Türken, Alt-Neuköllner Araber, Neu-Neuköllner „Bildungsbewusste“ (=gemeint sind mit diesem verhüllenden Euphemismus zuwandernde deutsche Migranten) müssen in die „nötige Balance“ gebracht werden. Schön: Die Realität, dass sich in Berlin mithilfe der üppigen Füllhörner des Sozialstaates klar voneinander abgeschlossene, gleichberechtigte, nebeneinander herlebende Volksgruppen angesiedelt haben, wird endlich von der Politik anerkannt. Nach der türkischen, der arabischen, der deutschen entsteht nun also eine Roma-Volksgruppe. Willkommen!

Das taz-Interview mit Franziska Giffey bringt denn auch ein klares, wohltuendes Bekenntnis zum Volksgruppenkonzept, wie es ähnlich auch in der Tschechoslowakei, in Jugoslawien, in Belgien und in der Sowjetunion vom Staat durchgeführt worden ist. Auch in diesen vier genannten, bewusst multiethnisch angelegten Staaten wurde streng darauf geachtet, dass jede der Volksgruppen genug vom Kuchen, also vom staatlichen Geld abbekam. Der Staat sorgte in der Sowjetunion, in Jugoslawien, in Belgien und in der Tschechoslowakei für das nötige Gleichgewicht zwischen den Völkern. Es klappte prima über mehrere Jahrzehnte, wie wir alle wissen.

Frau Giffey formuliert die Aufgabe des mithilfe des reichlich vorhandenen Geldes zentral steuernden Staates auf gut Deutsch so: „Wir müssen für die nötige Balance zwischen den Bevölkerungsgruppen inklusive der neu Zugewanderten sorgen.“

Schön gesagt. Danke, Frau Giffey.

Clever gemacht. Die Ausplünderung des Berliner Landeshaushaltes geht weiter. Von BER schweigen wir. Wir nennen nur das Kürzel und verweisen auf die heutige taz. Das reicht.

Herr Nußbaum, bitte bleiben Sie hart. Leisten Sie Widerstand.

http://www.taz.de/Integration/!100719/

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Gelobt sei die Meinungsfreiheit im Bundestag – ein hohes Gut in Zeiten der medialen Proskriptionslisten!

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Aug. 092012
 

Zu den Zeiten des Lucius Cornelius  Sulla wurden gerne politische Gegner als Scharfmacher und Abweichler gekennzeichnet, die die Axt an die Einigkeit des Volkskörpers legen. Ihre Namen wurden dann der allgemeinen Verachtung preisgegeben und auf sogenannten Proskriptionslisten veröffentlicht, das Vermögen verfiel dem Staate, viele Volksfeinde wurden hingerichtet.

Kein Zweifel: Jeder, der ein paar unbequeme Fragen stellt, wird seit Sullas Zeiten in Diktaturen an den Pranger gestellt. Dies galt auch in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Bei meinen vielen Reisen durch Russland wandelte ich auch buchstäblich auf den Spuren des Ökonomen Кондратьев Николай Дмитриевич, jenes Nikolai Kondratjew, der durch genaues Studium volkswirtschaftlicher Daten den Beweis zu erbringen glaubte, dass die kapitalistische Marktwirtschaft in etwa 30-jährigen Zyklen krisenhafte Schwankungen durchlaufe. Nach solchen Krisen erholten sich die Marktwirtschaften aber wieder. Die zentral gelenkte Planwirtschaft sei dem Kapitalismus nicht immer und überall überlegen.

Der überzeugte Kommunist Kondratiew äußerte Zweifel daran, dass der Kommunismus eines Marx, eines Lenin, eines Stalin aufgrund unwandelbarer Naturgesetze über den Kapitalismus obsiegen werde. Damit stellte er sich quer zur wissenschaftlich gesicherten Mehrheitsmeinung. Die Kommunisten ließen ihn, den Kommunisten, gerichtlich zum gefährlichen Volksfeind erklären und einkerkern, und sie erschossen ihn durch Hinrichtung am 17.09.1938 – wie sie, die Kommunisten, dies auch mit einigen anderen Hunderttausend Abweichlern und Volksfeinden taten, darunter auch mit dem Kommunisten Trotzkij. Am endgültigen Sieg der sozialistischen Lenkungs- und Planwirtschaft durften fortan keine Zweifel geäußert werden. Die staatlich gelenkte Presse der Sowjetunion führte einen gewissenhaften Kampf gegen Tausende und Abertausende von Zweiflern und Häretikern und meinte so – gestützt auf die Maschinengewehre und Pistolen der Geheimpolizeien (Tscheka, NKWD, KGB usw.) – den unausweichlichen Endsieg des Kommunismus zu befördern. Na, und nun, liebe Freunde, wer hat recht behalten, der Abweichler Kondratiew oder die überwältigende Mehrheit?

Um wieviel besser geht es uns heute in der Freiheit! Niemand wird auf Proskriptionslisten gesetzt, niemand wird zum gefährlichen Volksfeind erklärt. Politische Abweichler dürfen Sitz und Stimme behalten.  Auch wenn es weiterhin den medialen Pranger mit seinen Listen der „gefährlichsten Politiker“ gibt, erfreuen sich doch all die gefährlichen und allergefährlichsten Politiker Europas weiterhin bester Gesundheit.

Neuestes Beispiel? Die unbeugsamen Euro-Skeptiker Markus Söder, Αλέξης Τσίπρας, Marine Le Pen und Konsorten. Ihnen wird trotz heftiger Schimpfe kein Haar gekrümmt. Gelobt seien Demokratie, Marktwirtschaft und Meinungsfreiheit. Lest das hier:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/die-zehn-gefaehrlichsten-politiker-europas-in-der-eurokrise-a-848424.html

Na lieber Spiegel, das war aber unvollständig! Mir fehlen in dieser halbherzigen oder besser halbseidenen, osteuropäisch arg unterbelichteten SPIEGEL-Proskriptionsliste der Tscheche Václav Klaus, der Slowake Richard Sulík, der Brite David Cameron. Sie und viele andere demokratisch gewählte Politiker der EU bemängeln – aus unterschiedlichen Gründen – am Euro den fehlenden Freiheitsraum. Sie meinen, dass die Landeswährungen unter Umständen besser geeignet seien oder sein könnten, das unterschiedliche Leistungsvermögen der EU-Staaten abzubilden und abzufedern. Deshalb müsse man dem Euro auch fernbleiben dürfen bzw. aus dem Euro auch austreten können.

Ich denke, die überwältigend zahlreichen, ja geradezu zahllosen Euro-Befürworter und Euro-Retter im deutschen Bundestag und in den europäischen Parlamenten tun gut daran, die Argumente der verschwindend geringen Minderheit anzuhören und ihnen, diesen wenigen Abweichlern, mindestens ehrliche Anstrengung zu bescheinigen, die heillos verworrene Lage der Euro-Krise zu verstehen und zu bessern. Es könnte ja sein, dass sie – Sulík oder Klaus oder Cameron – ähnlich wie Kondratiew nicht völlig unrecht haben.

Erinnern wir uns: Noch im fernen Jahr 1997 meinte Arnulf Baring – ein weiterer Abweichler für die Liste!  – erklären zu müssen: „Selbst wirtschaftspolitische Sprecher der Bundestagsfraktionen sind häufig, wie Kenner behaupten, weder sachkundig noch erfahren. Das Parlament läßt es an wirtschaftlicher Kompetenz beklagenswert fehlen.“

Für derartige beleidigende Einlassungen wurde Prof. Dr. Baring von Bundeskanzler Dr. Kohl in Briefen an die verantwortlichen Zeitungs-Redaktionen bekanntlich mit dem epithetum ornans Schmierfink belegt.

Ich zweifle heute hingegen nicht im geringsten daran, dass die überwältigend zahlreichen, ja geradezu unzählbaren Euro-Befürworter und Euro-Retter im Deutschen Bundestag und in den europäischen Parlamenten sich vor der Abstimmung zum Euro-Rettungsschirm ESFS und ESM redlich hineingekniet haben in die komplizierte Materie. Sie haben sicherlich bis in den Grund hinein erforscht, was „Bazooka“, „Feuerkraft“ der „Dicken Berta“, „Ewigkeitsgarantie“, „Immunität des Direktoriums“ usw. bedeuten. Sie brauchen sicherlich auch die Seite 6 der heutigen FAZ nicht mehr zu lesen, in denen ausgewiesene  Verfassungsjuristen wie Mattias Kumm und Hans-Peter Schneider auf zahlreiche, völlig ungelöste Problemlagen bei EFSF und ESM hinweisen.

Aber eben dieselbe Fachkunde und dieselbe wirtschaftspolitische Vernunft wie den zahllosen deutschen Bundestagabgeordneten muss man auch den wenigen europäischen Abweichlern wie dem Tschechen Václav Klaus, dem Slowaken Richard Sulík, dem Briten David Cameron zubilligen. Es gilt hier der eherne Grundsatz des Ius Romanum, an den Sulla sich nicht hielt: Audiatur et altera pars!

Also, carissimi amici europei, bzw. Дорогие друзья im Deutschen Bundestag und im Europäischen Parlament! Hören wir einander besser zu! Machen wir das Beste aus der Krise!

Europa gelingt gemeinsam.

Zitatnachweis:
Arnulf Baring: Eine Eurodebatte mit verengter Perspektive, in: derselbe: Scheitert Deutschland? Abschied von unseren Wunschwelten. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1997, S. 251-254, hier: S. 253

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„Quella umile Italia“, oder: Um ein demütigeres, leiseres Europa bittend

 Armut, Dante, Geld, Tugend  Kommentare deaktiviert für „Quella umile Italia“, oder: Um ein demütigeres, leiseres Europa bittend
Aug. 072012
 

Weder das Schwert noch das Geld bringen den Menschen Einigkeit und Glück. Dies ist eine Europa zutiefst prägende Einsicht, die beispielsweise in der heute weithin vergessenen und verdrängten Geschichte von Leiden und Sterben Jesu Christi musterhaft ausgebildet ist. Um der 30 Silberlinge willen, eines doch recht erheblichen Wohlstandes also, wurde die tiefste Freundschaft verraten. Und das Schwert, das dem Knecht Malchus das Ohr abhieb, brachte weder Frieden noch Rettung. Erst im versöhnenden Wort, das zu Füßen des Kreuzes in Freiheit gesprochen wird, finden die Menschen wieder zusammen.

Zurück vom Ring!„, so endet auch die vierteilige Geschichte, die Richard Wagner  mit großem – manche meinen:  mit allzu lautem Aufwand – auf die Bühne bringt. Das Gieren und Geifern nach dem Gold, das Lechzen nach anstrengungslosem Wohlstand säen Zwist, Verrat, Verleumdung, Lüge und Untergang. Und nebenbei lässt Richard Wagner seinen eigenen Versuch, sich vom jüdisch-christlichen Erbe loszusagen und eine germanisch gehämmerte Ersatzreligion anzubieten, im vernichtenden Feuerschein der Götterdämmerung enden.

Mit seinem Parsifal, dem letzten Werk, belebt Richard Wagner die alte jüdisch-christliche Erbschaft vom tätigen Mitleiden, vom freien erlösenden Wort wieder. Richard Wagner ist sozusagen ein Christ der letzten Stunde wie so viele andere auch. Ein durchaus schlüssiger Schritt, nachdem der rohe Kult der germanisch aufgeheizten Gewalt und des schnöden Verrats im Ring des Nibelungen in der völligen Verzweiflung endete.

Europa ist zweifellos da am stärksten, wo es das Schwache stark sein lässt, wo es nicht auf das dröhnende Schwert und nicht auf das laute Geld, sondern auf das leise Wort setzt. Es findet da am ehesten zu sich selbst, wo es dem rohen Kult der Gewalt, dem Jagen nach dem Gold, dem rücksichtslosen Durchsetzen des eigenen Willens auf Kosten anderer entsagt. Von daher kann Europa auch der freiwilligen, der aufgeklärten Armut, der mendicità istruita, einen erzieherischen Wert beimessen. Der Arme wird sozusagen hingeführt auf Werte, die weder Schwert noch Gold schaffen können.

Ein weiterer wichtiger Zeuge für diese zutiefst europäische Grundüberzeugung ist Dante – mein Dante, wie ich gern sage.

Er schreibt im ersten Gesang seiner Divina Commedia von einer gierigen Bestie der Gewalt, die sich in vielerlei Gestalt an den Erzähler heranschleicht:

ché questa bestia, per la qual tu gride,
non lascia altrui passar per la sua via,
ma tanto lo ‚mpedisce che l’uccide;

e ha natura sì malvagia e ria,
che mai non empie la bramosa voglia,
e dopo ‚l pasto ha più fame che pria.

Molti son li animali a cui s’ammoglia,
e più saranno ancora, infin che ‚l veltro
verrà, che la farà morir con doglia.

Questi non ciberà terra né peltro,
ma sapïenza, amore e virtute,
e sua nazion sarà tra feltro e feltro.

Di quella umile Italia fia salute
per cui morì la vergine Cammilla,
Eurialo e Turno e Niso di ferute.

Die unersättliche Bestie, die nach jedem Fraß stärkeren Hunger verspürt, ernährt sich von terra – also Immobilienbesitz – und von peltro, also von wertvollem Metall, Geld, Gold, Silberlingen.

Was setzt der Sänger – hier spricht Vergil –  diesem unersättlichen Gieren der Bestie entgegen?

Er sagt es selbst: sapienza, amore e virtute.

Sapienza: Einsicht, Klugheit, Weisheit, Bildung, können wir heute  sagen. Erkennen dessen, was ist. Einsicht in Strukturzusammenhänge, die klipp und klar benannt werden.

Amore: Zuwendung zum Nächsten, Mitleiden, Empathie, Öffnen des Herzens.

Virtute: das ist die vorbildliche Haltung, also Tugend, das Ausbilden aller Kräfte, die im Menschen ruhen.

Selbstverständlich ist dies nur ein Ideal, das zu Dantes Zeiten ebensowenig allgemein anerkannt war wie heute. Aber es gab damals Menschen wie den großen Europäer Dante Alighieri, die ihre Sehnsucht nach einer hiesigen Welt ausdrückten, in der nicht das Schwert und das immerwährende Starren auf das Geld, sondern die Mühsal der kleinen, notwendigen leisen Schritte des redlichen Wortes die Taktgeber waren.

Nicht der Ring des Goldes, nicht das Schwert, sondern das leisere Wort eröffnen den Raum der Freiheit, in dem Empathie, Zuwendung zum Nächsten sich entfalten können.

Dante sprach sehnsüchtig von jenem demütigen Italien, quella umile Italia, das er eher in den Hütten als den Palästen fand, eher in der aufgeklärten Armut als in der reichen Gewalt.

In genau diesem Sinne können wir heute uns ein demütiges, bescheideneres Europa wünschen, das auf das leise, gesprochene Wort hört: quella umile Europa.

 Posted by at 13:12