Apr. 042009
 

Die Türken leben in ihrer eigenen Welt. Nein, dies ist kein Kommentar zum Nato-Gipfel, sondern ein Befund, den ich nach vielen Jahren Kreuzberg leider feststellen muss. Den Kreuzberger Deutschen ist es egal, was die Türken denken, tun, handeln, wie sie ihre Kinder erziehen, wie sie und ob sie Deutsch lernen. Die Kreuzberger Türken wiederum haben es sich behaglich eingerichtet in ihrer Klein-Türkei. Eine Notwendigkeit, gutes Deutsch zu erlernen, Kinder die angebotenen Chancen wahrnehmen zu lassen, sehen sie nicht. Lieber lassen sie über ihre Organisationen verkünden, sie würden von der Mehrheitsgesellschaft benachteiligt. Ein echtes Zusammenleben gibt es nicht. Man lebt nebeneinander her, teils in Gleichgültigkeit, teils in Ablehnung.

Wie im Kleinen, so funktioniert auch im Großen der Dialog nicht. Siehe Nato-Gipfel. Wie sollte er auch? Ich konstatiere allenthalben bei den Deutschen eine erschreckende Unkenntnis über türkische Geschichte, türkische Politik, türkische Kultur – oder soll ich sagen: kurdische, alevitische, jesidische, arabische, assyrische, tatarische usw. Geschichte und Kulturen? Denn die Türkei ist ein multiethnisches Land, die gewaltsame Türkisierung und erzwungene Assimilation konnte nicht verhindern, dass unter dem Firniß der einen großen Vaterlandsnation zahlreiche Sonderidentitäten bis zum heutigen Tage weiterbestehen. Gerade in diesen Tagen werden im Osten der Türkei riesige Massengräber entdeckt, in denen die paramilitärische JİTEM in den neunziger Jahren Hunderte, vielleicht Tausende von ihr ermordete unschuldige Zivilisten verscharrt hat.

Günstige Zahlen kann mein Heimatbezirk allerdings in der neuesten Berliner Sozialstatistik, dem sogenannten Sozialstrukturatlas, erwirtschaften: Wir haben uns um zwei Plätze nach vorne gekämpft, sind nicht mehr das Schlusslicht. Besonders erfreulich: Zusammen mit Pankow liegen wir im sogenannten Statusindex ganz vorne. Das heißt, der durchschnittliche Bildungsgrad ist hoch, und der Bezirk zieht mehr Menschen an, als aus ihm wegziehen. Das zeigt sich auch daran, dass man nicht mehr mitreden kann, wenn man nicht das Wort Gentrifizierung mindestens 5 Mal ohne Stocken in einem Satz unterbringt.

Auffallend aber, in höchstem Maße alarmierend ist der Rückgang der Kinder im Alter von 0-6 Jahren um 41 Prozent, der innerhalb von nur 3 Jahren eingetreten ist! Die Kinder ziehen mit ihren Familien weg. Der Bezirk bietet den Kindern offenbar keine Zukunft. Hier schlägt die dauernde Negativpropaganda über die Kreuzberger Grundschulen voll durch. Die deutschen Familien ziehen aus dem Ortsteil Kreuzberg weg oder melden sich zum Schein um. In der Klasse, die mein Sohn besucht, gibt es praktisch nur noch noch türkische und arabische Namen. Ich habe bisher weder einen deutschen Vater noch eine deutsche Mutter in dieser Klasse gesehen (mich selbst natürlich ausgenommen). Dabei wohnen wir noch in einem Umfeld, wo der Ausländeranteil sicherlich nicht über 30% liegt. Aber die deutschen Eltern tun alles, um nicht mit der türkischen Schülerpopulation in einen Topf geworfen zu werden.

Die Berliner Türken leben nunmehr dauerhaft in ihrer eigenen Welt. Das Motto könnte lauten: Türkei muss auch in Kreuzberg erkennbar sein!

Bei meinen Reisen durch die Türkei habe ich auf vielen Bergesgipfeln, auf noch dem kleinsten Eiland riesige türkische Flaggen gesehen, häufig auch Spruchbänder, die es über viele Kilometer hin verkündeten: „Die Türkei ist unser Vaterland!“ VATAN! „Überall, wo wir sind, ist Türkei“, in genau diesem Sinne hat sich auch der Staatspräsident Gül bei seinem Besuch in Köln geäußert.

Bezeichnend dafür ist das kleine Legoland, das ich vor wenigen Tagen in einer Kreuzberger Grundschule entdeckte: Groß und prächtig prangt die türkische Flagge neben zwei anderen, nicht näher erkennbaren Phantasieflaggen.

Die Deutschen interessieren sich nicht für die Parallelgesellschaft, die sich fest etabliert hat, sondern verschließen die Augen, ziehen lieber weg und geben viel Geld für Kongresse über Integration aus.

Das Bündnis Pro Reli ficht wacker für islamischen, christlichen und jüdischen  Religionsunterricht an staatlichen Schulen, ohne auch nur im mindesten islamische Lehrpläne, islamische Partnerverbände oder deutschsprachige Religionslehrer namhaft machen zu können. Haben alle, die da so vehement für Religionsunterricht streiten, den Islam wirklich kennengelernt? Haben sie den Koran gelesen?

Das niederschmetterndste Alarmzeichen für unseren Bezirk ist, dass die Kinderzahl wegbricht. Das heißt, der Bezirk wird für Familien unattraktiv, ja abstoßend. Der Bezirk verliert mit den Kindern seine Zukunft. Wer bleibt? Eine zunehmend gleichgeschaltete, gleichgekleidete, gleichdenkende, uniformierte Gesellschaft aus jungen und nicht mehr so jungen Erwachsenen, die ihren immer gleichen Parolen nachhängen, die in ihren immer gleichen „Freiräumen“ träumen und gegen Windmühlen kämpfen. Diese deutschen, kinderlosen, vom Staat oder den Eltern alimentierten Singles mit einer zum Tic verfestigten Trotzhaltung bestimmen zunehmend das Geschehen im Bezirk. Wer ihnen nicht passt, wie etwa der türkische Restaurantbetreiber Özkan Nas, wird verdrängt. Durch mafiaartige Einschüchterungsversuche werden die Menschen nach und nach vertrieben. Dann schmeißt man Buttersäure in Lokale, zündet Autos an (vgl. tip Nr. 08/2009, S. 19).

Unverbunden daneben her existiert eine türkisch-arabische Schicht, die sich immer stärker von der deutschsprachigen Gesellschaft abgekoppelt hat. Die Türken und Araber nehmen keinen Anteil am öffentlichen Leben des Bezirks. Die Kreisläufe der Kommunikation sind unterbrochen, Erstarrung macht sich breit.

Wie sieht es mit dem Kreislauf des Wirtschaftens aus? Der Bürgermeister Franz Schulz sagt:  „Der Kreislauf, dass Hauseigentümer mit dem Kauf und der Sanierung ihrer Häuser Profit machen können, muss unterbrochen werden“ (tip Nr. 08/2009, S. 8). Man lese diesen Satz zwei Mal! Mit Kauf und Sanierung von Häusern soll kein Profit gemacht werden – sondern, ja was? Verlust? Ein Nullsummenspiel? Ja, warum sollte dann überhaupt jemand sein Haus sanieren, wenn er damit nicht Geld verdienen kann?

Zu dem egoistischen Moralismus der Buttersäure-Werfer tritt also nun noch ein rabiater Dünkel gegen das Profitstreben. Mittelalterlichen Bußpredigern gleich, verwirft der Bürgermeister das Streben nach Gewinn, nach Besserung der Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Alle sollen im Grunde von einer Art Subsistenzwirtschaft leben, z.B. von Hartz IV. Entwicklung wird abgelehnt. Das christliche Zinsverbot lässt grüßen, übermäßiger Gewinn galt bekanntlich als böse und wurde nur den Juden zugestanden. Es soll alles beim alten bleiben.

Lest selbst aus dem Bericht in der FAZ vom 3. April 2009, macht euch ein Bild. Vor allem: Versucht über den Tellerrand hinauszublicken, sprecht mit Kreuzberger Bürgern, den deutschen und den türkischen!

Aufstieg: Kreuzberg wird immer schicker – Hintergründe – Gesellschaft – FAZ.NET
Kreuzberg-Friedrichshain aber bildet eine eigene Kategorie: Die soziale Belastung ist hoch, aber insgesamt entwickelt sich der Bezirk günstig. Er hat die höchste Bevölkerungsdichte: Auf einem Hektar wohnen 217 Personen. Er gewann am stärksten an Bevölkerung: 12,6 Prozent zwischen 2002 und 2006. Seine Haushaltsgröße ist am kleinsten: 1,55 Personen (1,8 in Berlin). Er verlor viele Kinder (41 Prozent) unter sechs Jahren, hat aber anteilsmäßig die wenigsten Rentner und Pensionäre: 12,4 Prozent (22,5 in Berlin). Die Ausländerquote von Kreuzberg-Friedrichshain ist die zweithöchste Berlins: 23,23 Prozent. Der Bezirk hat die niedrigste Quote von abhängig Erwerbstätigen (59,7 Prozent, Berlin: 66,9), aber den höchsten Abiturientenanteil (45 Prozent). Die Arbeitslosenquote sank zwischen 2002 und 2006 um 6,4 Punkte. Das Pro-Kopf-Einkommen gehört zu den niedrigsten in Berlin: 825 Euro im Monat, nur in Mitte ist es niedriger – 800 Euro. In den Quartieren Wassertorplatz, Askanischer Platz, Mehring-, Oranien- und Moritzplatz leben die meisten Kinder in Hartz-IV-Haushalten, mehr als 70 Prozent. Die Lebenserwartung ist die niedrigste, 80,7 Jahre (statt 82) bei Frauen, 74,4 bei Männern (76,7 in Berlin).

So weit die Daten des Elends. Anders sieht es beim „Statusindex“ aus, der vor allem die Wanderungsbewegungen und die Schul- und Ausbildungsabschlüsse abbildet: Demnach sind die statushöchsten Bezirke Pankow und Kreuzberg-Friedrichshain. Letzterer gehört zu den vier Berliner Bezirken, in denen mehr als 70 Prozent der Bevölkerung in Gebieten mit überdurchschnittlich günstiger Sozialstruktur leben.

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Apr. 022009
 

mozartbild.jpg Dieses Bild zeigt die Kulissen einer Theateraufführung. Kinder aus der Kita am Kleistpark haben sie unter Anleitung von Irina Potapenko gemalt, Ira hat sie arrangiert und in unsere Mozartaufführung in der Kita eingebaut. Man muss an die Kinder glauben! Wir haben es geschafft: Die Kita am Kleistpark kommt groß raus – der Mozart, den Irina Potapenko in vielen Stunden mit eigenen Händen angefertigt hat, ziert sogar ein Foto in der Berliner Zeitung vom 31.03.2009. Meine Frau Irina und ich, wir haben unseren Sohn damals in die Kita am Kleistpark geschickt und den staunenswerten Aufschwung miterlebt.  Viele Hundert Stunden hat Irina als Mutter ehrenamtlich und ohne Bezahlung für die Kita gewerkelt, wir haben Konzerte und Puppentheateraufführungen gegeben, darunter mehrfach mit Mozart-Theaterstücken.

Sehr lesenswerter Artikel! Nur mit dem russischen Namen meiner Frau Irina Potapenko tun sich die deutschen Leute halt schwer. Den lässt man lieber ganz weg und schmückt sich mit den Früchten der geleisteten Arbeit. Die namenlose Mutti Ira Potapenko erscheint nur als „resolute Opernsängerin“. Dabei hat Irina Potapenko etwas getan, was wir öfter brauchen: Sie hat sich ehrenamtlich in die Kita eingebracht, hat mit Kindern gebastelt und gespielt, große Zauberflötenaufführungen vorbereitet und durchgeführt. Gut auch, dass es jetzt eine bezahlte und angestellte Musikerzieherin gibt, die dort gute Arbeit leistet und diese sehr gut verkauft! Ich meine: Jede Kita sollte ein solch gutes Programm für Musikerziehung haben. Lest selbst den Abschnitt aus dem unbedingt lesenswerten Artikel in der Berliner Zeitung:

 Dass sich die Kinder in der Kita am Kleistpark so viel mit Musik
beschäftigen, hat nicht etwa mit bürgerlichen Bildungsidealen zu tun.
Sondern auch mit Sprachproblemen vieler Eltern und Kinder hier, die
häufig einen Migrationshintergrund haben. Noch vor drei Jahren bangte
die Leiterin um die Zukunft der Kita. „Wir hatten das Problem, dass nur
türkische Familien ihre Kinder anmeldeten“, sagt Ute Kahrs offen.
Deutsche Eltern und Kinder blieben fern. „Mir war klar, dass
Integration nur funktioniert, wenn wir hier deutsche und ausländische
Kinder in Gruppen haben“, sagt sie.

Es gab dann dieses
Schlüsselerlebnis vor drei Jahren. Damals besuchte eine resolute
Opernsängerin die Kita. Die Frau aus Moskau sah sich skeptisch um in
den Räumen und sagte dann: „Kein Klavier? So etwas gibt es in Russland
nicht.“ Das wollte Kahrs nicht auf sich sitzen lassen. Sie besorgte ein
Klavier, und wenig später saß die Opernsängerin davor und gab ein
Klassikkonzert in der Kita. An diesem Abend beobachtete Kahrs die
Kinder, wie sie mit offenen Mündern der Musik lauschten. Das hatte sie
noch nicht erlebt: Kleinkinder, still und konzentriert.

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Sehnsucht nach dem Frühling, oder: Gibt es ein Sehnsuchtsglück?

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März 192009
 

18032009.jpg Gestern durfte ich wieder einmal den Sohn in die Schule bringen. Ein großes Projekt ist angesagt: das Frühlingsprojekt. Jedes Kind sollte etwas in den Unterricht mitbringen, das an den Frühling erinnert. Wir beschließen: unser Wanja bringt seine Geige mit und spielt darauf das Lied „Sehnsucht nach dem Frühling“. Während er sich die Geige unters Kinn klemmt, wärme ich das Publikum vor: „Sehnsucht nach dem Frühling – es geht so los: „Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün“, erkläre ich. „Wisst ihr auch, was Sehnsucht ist?“ Ein türkischer Junge, ein Drittklässler, meldet sich: „Sehnsucht ist, wenn man jemanden sehen will!“, antwortet er. „Sehr gut … und jetzt wollen wir hören, wie die Sehnsucht nach dem Fühling klingt.“ Wanja streicht das Lied fast ohne Stocken bis zum Ende durch, sogar das gis mit dem dritten Finger auf der D-Saite kommt fast sauber.  Großer Beifall – für mich als Vater ein echter Moment des Glücks!

Zuhause blättere ich wieder dieses und jenes Buch durch – wie es meine Art ist. Und siehe da, ich stoße auf einen Abschnitt über Sehnsuchtsglück:

Aristoteles versteht unter dem normativen Leitbegriff, dem Glück, nichts, was man passiv an sich herankommen lässt, weder den glücklichen Zufall eines Lottogewinns noch die Erfüllungen aller Hoffnungen und Wünsche, das Sehnsuchtsglück. Im Gegenteil kann und muß man sich das Glück erarbeiten. Es ist kein Geschick, das sich dem Zufall oder äußeren Mächten verdankt, sondern ein „Strebensglück“, für das man selber verantwortlich ist. […] Das Glück, das sich mit ziemlicher Verläßlichkeit erreichen läßt und auch vielen offensteht (hier zeigt sich eine Demokratisierung des Glücks), bedeutet vielmehr, daß eine Biographie als Ganze glückt. Das Strebensglück besteht in einem guten, einem gelungenen Leben.

Otfried Höffe: Kleine Geschichte der Philosophie, Verlag C.H. Beck, München 2005, S. 59

Was für eine gute Fügung! Das ist es ja genau, worum wir uns in diesem Blog seit Tagen bemühen: einen Glücksbegriff, der in die Demokratie passt. Ein Glück, das unabhängig von der ethnischen Herkunft und der religiösen Zugehörigkeit ist.

Eine bekannte deutsche Partei bat mich im Jahr 2007, kurz nach meinem Parteieintritt: Erklären Sie doch mal in einem oder zwei Sätzen fürs breite Publikum, warum Sie raten, dass man einer oder auch unserer Partei beitreten soll. Ich überlegte mehrere Tage hin und her und sandte dann per E-Mail den folgenden Satz: „In der Demokratie sind wir quer durch alle Parteien Schmiede unseres Glücks. Angela Merkel halte ich für ein begeisterndes Vorbild.“ Ist das logisch? Wohl nicht unbedingt, ich wollte damit in jedem Fall ausdrücken, dass Merkel eine Politikerin ist, die auf Wähler in allen Lagern attraktiv wirkt. Und solche Politiker braucht unser Land, nämlich Politiker, die sich in einen fairen Wettbewerb um Ideen, Lösungen, Perspektiven begeben – denn die anderen Politiker, die laut und großspurig verkünden „Mir san mir“, gibt es genügend.

Genau so wurde der Satz dann auch in einen Flyer gedruckt. Ob er wohl irgendjemanden überzeugt hat? Ich glaub nicht. Aber ich steh dazu. Und jetzt glaube ich sogar zu ahnen, dass Aristoteles mir – als seinem geringsten und verlorensten Schüler – auf die Schulter klopfen würde. Ich bin überzeugt: Es ist für unseren Staat in jedem Fall besser, irgendeiner Partei beizutreten, oder eine eigene Partei zu gründen, als immer nur beiseite zu stehen und abzulästern.

Heute abend geht’s ja bei Maybrit Illner um genau dieses Thema: Verdruß und Mißtrauen genüber den Parteien. Ich weiß noch nicht, ob ich mir die Sendung antue. Wahrscheinlich wird der Schwarze Peter mal wieder an alle Parteien gleichzeitig verteilt. Dem erwidere ich:

Bürger, geht rein in die Parteien, unterwandert sie in Scharen, arbeitet für euer Glück – euer Strebensglück. Hofft weder auf das Sehnsuchtsglück noch  auf das Versorgungsglück – weder vom Schicksal noch vom Kismet noch vom Staat noch vom staatlichen Rettungspaket. Ihr seid der Staat.

So – und jetzt kann der Frühling kommen! Das Foto zeigt unseren Schulweg, zwei Tage vor dem Frühlingsbeginn.

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„Das war voll schön“

 Geige, Gute Grundschulen, Kinder, Märchengeiger  Kommentare deaktiviert für „Das war voll schön“
März 122009
 

Jede Gelegenheit nutze ich, um meinen Sohn in die Grundschule zu bringen oder von dort abzuholen. Heute früh schaffte ich es, da ich beruflich nicht gebunden war. Ich bestaune die bunten Vögel und die schönen lustigen Bilder, die die Kinder gestern unter Anleitung meiner Frau geschaffen haben. Das Ganze dient als Vorbereitung und Kulisse einer neuen Zauberflöten-Aufführung, die wir demnächst anbieten. Denn Papageno braucht die gefiederten Gefährten, damit er so richtig herumwirbeln kann.

Plötzlich höre ich reden: „Das ist der Mann, der beim Fasching Geige gespielt hat!“ Aha, die Parallelklasse 1a erkennt mich wieder! „Und bist du die Prinzessin, der wir damals gratuliert haben?“ frage ich das Mädchen. „Nein, die Prinzessin steht da drüben“, erfahre ich. „Aber ihr seht alle so anders aus heute, warum? „Ja, damals war doch der Fasching! Wir waren alle verkleidet“, sagen die Kinder. „Ach ja, wie dumm von mir!“, mit gespielter Überraschung schlage ich mir an die Stirn. „Und kannst du auch Gitarre spielen?“, fragt mich ein Junge. Ich bleibe bei der Wahrheit: „Nein. Aber möchtest du Geige lernen?“ „Nein.““Woher kennt Ihr dieses Gedicht, von … ich weiß nicht mehr, wie der heißt“, fragt ein anderes Mädchen. Jetzt schaltet sich mein Sohn ein: „Das ist kein Gedicht, sondern eine Geschichte“, sagt er belehrend, eine Spur altklug wohl gar. „Das ist die Geschichte vom Stier Ferdinand. Ich habe sie von einem Geiger gehört. Dann wollte ich die Geschichte selber spielen und erzählen. Da habe ich mir die Noten und die Geschichte gekauft“, erkläre ich. „Von wem ist diese Geschichte?“ Ich antworte: „Die Geschichte ist von Munro Leaf, und die Musik für Geige hat Alan Ridout geschrieben.“

„Das war voll schön“, erwidert das kleine türkische Mädchen.

Und wisst ihr was, Bloggers im Lande, Freunde? Dass ich dies heute hören durfte, war für mich . . . ebenfalls, wie soll ich sagen? . . . voll schön. Und deshalb werde ich weiterhin meinen Sohn in unsere wunderbare kleine Kreuzberger Grundschule bringen, sooft meine Zeit erlaubt.

Nebenbei: Der Geiger, von dem ich die Geschichte hörte, heißt Daniel Hope. Er spielte die Geschichte in der Staatsoper, bei einem Kongress über frühkindliche musische Bildung.  DAS MÖCHTE ICH AUCH KÖNNEN!, dachte ich damals, – und ein Jahr später war es soweit.

Das find ich voll schön. Echt.

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Eindringlicher Appell der Grundschulen: Mehr staatliche Rundum-Versorgung

 Familie, Faulheit, Kinder, Migration, Sozialadel, Sozialstaat, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für Eindringlicher Appell der Grundschulen: Mehr staatliche Rundum-Versorgung
März 042009
 

Zum selben Thema – der Tagesspiegel heute. Gut und lesenswert hierzu: die Leserdiskussion in der Online-Ausgabe.

Einige Leser sprechen sich dafür aus, die Eltern stärker in die Pflicht zu nehmen.

Ich selber meine: Man muss an die Eltern ran, hier versäumen die Migrantenverbände offenkundig ihre Aufgabe und erwarten alles vom Staat.

Unser Staat bietet allen Bequemen und Unwilligen jetzt schon traumhaft viel mehr als die Staaten Libanon und Türkei, die keinerlei vergleichbare sozialstaatliche Versorgung anzubieten haben.  Eine Familie, die in Deutschland  von Hartz IV lebt, hat ohne jede Anstrengung wesentlich mehr Mittel zur Verfügung als ein hart arbeitender Arbeiter oder Lehrer in den genannten Ländern. Die Zuwanderung in unser vorbildliches Sozial- und Bildungssystem wird unvermindert anhalten.

Es wird ja auch keinerlei Druck ausgeübt, aus dieser erlernten Hilfosigkeit auszubrechen.

Mein Kind besucht amtlicher Zuweisung gemäß eine Kreuzberger Grundschule „in  sehr schwierigem Umfeld“, die von den Deutschen gemieden wird, als wären wir alles Aussätzige. Die deutschen Eltern seilen sich ab, melden sich um, ziehen weg: „Nein, nein, zu denen, zu den türkischen und arabischen Hartz-IV-Empfängern – gehen wir nicht.“ In meines Sohnes Klasse ist kein einziges anderes Kind mit wenigstens einem deutschen Elternteil. Er selbst hat laut amtlicher Statistik ebenfalls „Migrationshintergrund“.

Die Entsolidarisierung ist in vollem Gange – vor allem seitens der betuchten, gut ausgebildeten Deutschen.

Aber: Durch diese dauernde Negativpropaganda werden diese Schulen schlecht geredet. Sie sind viel besser als ihr Ruf. Sie sind stark gefordert, aber sie leisten auch enorm viel.

Je mehr Geld man hineinsteckt, desto weniger werden die Eltern sich kümmern.

 Eindringlicher Appell der Grundschulen
In alarmierender Weise beschreiben die Pädagogen die Situation der Schüler: erwerbslose Eltern; eine vielfach „widersprüchliche und gewalttätige Erziehung“; beengte Wohnverhältnisse. Den Kindern fehle häufig sowohl die „physische Grundversorgung“ als auch emotionale Zuneigung. Sie hätten weder einen geregelten Tagesablauf noch eine gesunde Ernährung, „grundlegende Kultur- und Sozialtechniken“ seien ihnen fremd. Und schließlich führe der frühe Kontakt zu kleinkriminellen Milieus und Gewalt zu „sozialdarwinistischem Verhalten“.

„Die Schüler müssen erst delinquent werden, damit man sich um sie kümmert“, kritisiert Nabil Rachid vom Dachverband libanesischer Vereine. Vertreter des Türkischen Bundes sagten, dass man allein mit ehrenamtlicher Arbeit in den Schulen nicht mehr weiterkomme. Der Senat müsse das Engagement der Migranten – etwa als Elternlotsen – auch finanziell unterstützen. Zu den 14 „unabdingbaren Punkten“, die die Initiative formuliert hat, gehören verpflichtender Ganztagsbetrieb, Pädagogen mit Migrationshintergrund als „kulturelle Mittler“, kleinere Klassen, feste Anwesenheitszeiten von Schulpsychologen und eine Vertretungsreserve von zehn Prozent. „Es ist doch besser, jetzt in die Grundschulen zu investieren als später die Schulabbrecher aufwendig zu fördern, sagte Jürgen Schule, der die GEW im Gesamtpersonalrat vertritt.

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Soll man klagen oder soll man träumen?

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Feb. 262009
 

Klagen gehört zum Geschäft, verriet mir kürzlich ein angehender Rechtsreferendar hinter vorgehaltener Hand. Ich aber, ich klage nicht, denn: Heute abend wird einer meiner Träume wahr – ich darf alle 5 Direktkandidaten meines Wahlkreises zusammen erleben! Genau das habe ich mir doch gewünscht und diesen heimlichen Wunsch auch diesem Blog  am 22.01.2009 anvertraut! Das beste: Ihr könnt auch kommen!

Donnerstag, 26. Februar 2009, 19 Uhr, Rathaus Friedrichshain, Petersburger Straße 84-90, 10243 Berlin, Raum 301.  Bezirkselternausschuss Kita. Zum Thema vorschulische Bildung. Zugesagt haben alle Bundestagsdirektkandidaten unseres Wahlkreises.

Grund genug, ein paar Erinnerungen und Gedanken zum Thema frühkindliche Bildung zu Bildschirm zu bringen!

Zu meinen großen politischen Vorbildern gehört – eine Kita-Erzieherin meines Sohnes. Was mir an ihr auffiel: Ich hörte sie nie klagen – sie war bestens ausgebildet, sie kümmerte sich um jedes einzelne Kind, hatte ein Ohr für die Eltern, und sie trat uns auch mal schonend auf die Füße, wenn „Nachbesserung“ bei unserem Sprössling angesagt war. Die Spannungen zwischen einzelnen Kindern entschärfte sie – wie genau, das weiß ich nicht. Aber sie leistete erstklassige Arbeit, wie die Kita am Kleistpark überhaupt. Leider mussten wir diese Kita im vergangenen Sommer altersbedingt verlassen. Dieses Blog berichtete getreulich am 13.07.2008.

Wir erlebten natürlich auch die Umsetzung des hochtönend-großmächtigen Berliner Bildungsprogramms mit, das vor 5 Jahren beschlosen wurde. Es zeigte sich schnell: ein immenser Schreib- und Verwaltungsaufwand, der an der Situation vor Ort nichts änderte! Das Kita-Bündnis klagt, dass deswegen 1500 zusätzliche Erzieher benötigt würden. Die Berliner Zeitung berichtet heute ausführlich darüber:

Brandbriefe aus den Kitas – Berliner Zeitung
Vor bald fünf Jahren wurde das ambitionierte Berliner Bildungsprogramm beschlossen – seitdem sollen Kita-Erzieher nun unter anderem den kindlichen Lernfortschritt genau dokumentieren, sie sollen mehr Zeit haben für Teambesprechungen, Projektorganisation und Elterngespräche. Ein Jahr später wurde eine Qualitätsvereinbarung zwischen Senat und Kita-Trägern vereinbart. Dabei wurde auch festgelegt, dass der personelle Mehrbedarf für das neue Berliner Bildungsprogramm bis 2009 ermittelt werden sollte. Die Bildungsverwaltung macht aber bis heute keine Angaben zum benötigten Mehrbedarf an Personal.

Eine wissenschaftliche Studie im Auftrag des Kitabündnisses hatte zuvor ergeben, dass Erzieher wöchentlich neun Stunden zusätzliche Zeit braucht, um die beschriebenen Bildungsziele zu erreichen. Derzeit stehen einem Kita-Erzieher aber für diese „mittelbare pädagogische Arbeit“ nur zwei bis drei Stunden pro Woche zur Verfügung. Deshalb macht das Kitabündnis, in dem sich die Berliner Kita-Träger zusammengefunden haben, einen Mehrbedarf von gut 1 500 Erziehern geltend.

Die Erzieherinnen und das Kita-Bündnis treten dem Senator Zöllner auf die Füße, der Getretene gelobt: „Ich werde mich für eine weitere Stärkung der Kitas einsetzen“, nicht ohne hinzuzufügen, dass Eltern in anderen Bundesländern von Berliner Kita-Bedingungen nur träumen könnten.

An den Einlassungen beider Seiten ist was dran! Was die Unterbringung angeht, hatten wir es eigentlich in Berlin sehr gut: Wir bekamen verlässlich Unterbringung unseres Sohnes von 8.00 bis 18.00 Uhr zugesichert, das reichte uns auch vollkommen aus – wir riefen dieses Angebot nur sehr selten in vollem Umfang ab. In anderen – vor allem den westlichen – Bundesländern sieht es bei weitem nicht so gut aus.

Und auch von den Verhältnissen aus anderen Ländern und Zeiten sind wir weit entfernt. Ich hörte aus der Sowjetunion, dass dort eine Erzieherin allein für 40-60 Kinder zuständig war, und aus der Bundesrepublik der 50er und 60er Jahre weiß ich, dass der Betreuungsschlüssel ebenfalls weit höher war als heute: 20 bis 25 Kinder auf eine Erzieherin waren normal.

Ich hätte mir oft mehr Austausch mit den anderen Kreuzberger und Schöneberger Eltern gewünscht, was aber häufig daran scheiterte, dass ich nicht genug türkische oder arabische Sprachkenntnisse mitbrachte, um mit der Elternmehrheit ins Gespräch zu kommen.

Ich vermisse in der aktuellen Debatte, dass unsere Familien, also ich und meine Miteltern, stärker an ihre Pflichten erinnert werden. Der Staat allein kann nicht allen einzelnen Kindern mühselig die Landessprache Deutsch beibringen. Der deutsche Staat, der Berliner Senat tut bereits sehr viel – jetzt sind wir Eltern stärker gefordert. Davon bin zutiefst überzeugt. Vor allem die Väter und Mütter sollten sich bemühen, die deutsche Sprache zu lernen. Gerade gestern habe ich wieder versucht, mit zwei Kreuzberger türkischen Müttern ein einfaches Gespräch zu führen. Es war nicht möglich, da ich praktisch kein Türkisch kann. Und sie praktisch kein Deutsch. Mit Händen und Füßen klappt es einigermaßen – man versichert sich gegenseitig seine Hochschätzung und sein Wohlwollen, das ist auch sehr wichtig.

Etwas weniger türkisches oder arabisches Satellitenfernsehen scheint mir angebracht. Weniger teure Handys, weniger teure Video-Spiele. Warum nicht mal die herrliche Sendung mit der Maus gemeinsam kucken – und zwar in deutscher Sprache? Oder mal ein deutsches Kinderbuch lesen?

Soll man klagen oder träumen?

Ich meine – weder noch! Man soll anpacken, sich Mühe mit seinen Kindern geben, und nicht das Spiel Schwarzer Peter endlos weiterspielen. Diesen Aufruf richte ich an die Eltern, nicht an den Staat und nicht an die Erzieherinnen und Erzieher. Jetzt sind wir Eltern dran.

Und ja: Ich bin für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für unsere Erzieherinnen und Erzieher. Das bedeutet vor allem: mehr Zeit für Kinder – weniger Schreibarbeit. Die Berliner Kitas leisten Hervorragendes. Sie sind meine Vorbilder.

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Feb. 082009
 

 08022009.jpg … dass die Form, in der wir das Herz darstellen, nämlich die Form eines zweilappigen Blattes, kaum etwas mit der tatsächlichen Gestalt dieser leistungsstarken Pumpe zu tun hat? Die Begründung lieferte heute die Sendung mit der Maus. Dieses Symbol geht auf die vielen Blatt-Symbole der Antike zurück. Das Efeu-Blatt bedeutete den Alten Lebensfreude, ja sogar ewiges Leben. Denn der Efeu kann bis zu 400 Jahre alt werden. Nicht umsonst erscheint Dionysos häufig mit dem efeuumkränzten Stab. Von der griechischen Kunst wanderte das Blatt als Symbol der Liebe zum Leben in die gesamte abendländische Kunst ein.

Höchstes Lob an die Sendung mit der Maus! Es war eine der besten Sendungen seit längerem! Wie ich mir am 21.09.2008 gewünscht habe, wendet sich die Sendung mit der Maus mehr und mehr auch den „weichen Themen“ zu – also der bunten Welt der Mythen, der Kunst, der Geschichte. Die Maus zeichnet nunmehr eine Grundgemälde dessen nach, was uns in Europa kulturell zusammenhäl. Toll, toll, toll! Das kann und soll man ausbauen. Technik, Naturwissenschaften, Finanzen sind wichtig – aber sie sind nicht alles.

Mein herzliche Bitte: Bitte bringt auch mal Goethe und Schiller für Kinder, z.B. den Zauberlehrling mit der Musik von Paul Dukas. Mein Sohn hört den Zauberlehrling immer wieder sehr gerne.

Unser Bild zeigt den Stand der Berliner Stadtreinigung BSR mit dem offenbar unsterblichen Bären auf der Berlinale am heutigen Tage.

Sachgeschichten – Die Sendung mit der Maus – WDR Fernsehen

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Benachteiligt unser Schulsystem Migrantenkinder?

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Jan. 262009
 

Eine neue Studie zur Integration von Ausländern weist wieder einmal auf, wie schlecht die Türken in Deutschland integriert sind. Das habe ich schon gewusst. Wer ist schuld? Benachteiligt unsere Schule die Migrantenkinder, wie Memet Kilic, der Vorsitzende des Bundesausländerbeirats zu erkennen meint? Oder benachteiligen die Migrantenkinder unsere Schule?

Tja, Freunde, Blogger – wollt ihr meine Meinung hören? Ich lebe in Kreuzberg, bin selbst Vater in einer äußerst migrantisch zusammengesetzten Familie. Ich rede also aus Erfahrung. Denn wir sind auch schon bei Schulschwierigkeiten unseres ach so migrantischen Sohnes in die Schule „einbestellt“ worden und sind von den Lehrern in die Pflicht genommen worden. Wir Eltern sind darauf hingewiesen worden, dass es da und da und da „hakt“. Gut, wir haben das angehört, und wir versuchen, unseren Sohn so zu erziehen, dass die Schwierigkeiten nicht mehr auftreten. Und soll ich euch was sagen? Es klappt.

Mein allgemeiner Eindruck nach fast 20 Jahren Erfahrung als Kreuzberger Vater ist schnell gesagt. Er ist eindeutig: Nein, nein, die deutsche Schule benachteiligt die Migrantenkinder nicht. Ich kann diese ewigen Anklagen nicht mehr hören, sie entbehren jeder Grundlage. Ganz im Gegenteil, die deutsche Schule eröffnet den ausländischen Kindern Chancen, die sie anderswo – etwa in Anatolien und Libanon – nicht hätten. Die Ursachen für die allermeisten Probleme liegen offenkundig bei den Schülern und bei den Eltern. Auch bei den Schülern selbst, denn sie werden durch die ständige fürsorgliche Bemutterung im Zustand der Unmündigkeit gehalten. Die Eltern und die Schüler stehen in der Verantwortung für ihr Leben. Die Schüler und die Eltern haben es in der Hand, durch eigene Anstrengungen die deutsche Sprache zu erlernen und sich durch Bildung Chancen für beruflichen Erfolg zu erarbeiten. Erfolg ist möglich, und zwar durch eigene Arbeit.

Und wenn man im heimatlichen Kreuzberg oder im schnuckeligen Neukölln keinen Job findet? Dann – so finde ich – sollte man nicht einfach zum Sozialamt gehen, sondern dann muss man genügend Mobilität zeigen, um der Arbeit hinterherzureisen, in andere Bundesländer oder auch in andere europäische oder außereuropäische Länder. Aber auch an dieser Bereitschaft fehlt es meist. Denn unser Sozialsystem ermöglicht es, sich zurückzulehnen und irgendwie mithilfe des Staates sein behagliches Einkommen zu finden. Hingekauert am wärmenden Kachelofen der Überweisungen vom Amt.

Noch einmal: Nein, es liegt nicht an den Verhältnissen, es liegt nicht am Berliner Senat, es liegt nicht an „der Gesellschaft“, wenn Migrantenkarrieren im Abseits enden, – und wenn doch „die Gesellschaft“ schuld sein sollte, dann nur insofern, als sie diese unsere migrantischen Kinder nach jeder neuen niederschmetternden soziologischen Erhebung in ihrem Opfer-Status noch bestärkt und verhätschelt, etwa durch Aussagen wie „Wir müssen mehr Angebote an die armen Migrantenkinder machen!“ Freunde, Blogger: Dadurch alimentieren wir uns die nächste Generation des Bildungsproletariats selber, und auch die übernächste gleich mit. Die armen Migrantenkinder erfahren sich von Anfang an als ohnmächtige Objekte unserer vergeblichen Liebesmüh – und ihr einziger Protest dagegen ist, dass sie diese gutgemeinten Anstrengungen scheitern lassen.

Ich halte diese ständige sozialstaatliche Bemutterung und Bevaterung für den falschen Weg. Es gibt auch eine Hilfe zum Lebensunterhalt, die auf Dauer entmündigt und unfähig macht, das eigene Schicksal zu meistern. Es entsteht dann Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Das ist schlecht.

Wir brauchen eine neue soziale Unabhängigkeitserklärung. Jeder kann sie selbst für sich aussprechen. Auf deutsch, auf türkisch, auf arabisch. Sie könnte so lauten: „Ja, ich kann!“

Lest hier aber den ganz anders lautenden Standpunkt der beruflichen Kümmerer:

Bundesausländerbeirat: Schulsystem benachteiligt Migrantenkinder
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hält die festgestellte schlechte Integration von Türkischstämmigen in Deutschland nicht für ein ethnisches Problem. Die Studie zeige eher die gesellschaftlichen Probleme einer Unterschicht auf, sagte Kolat. Er appellierte an die Politik, den Nationalen Integrationsplan umzusetzen und für gerechte Bildungschancen zu sorgen. „Die Zeiten gegenseitiger Beschuldigung sind vorbei. Wir müssen als Gesellschaft zu einem gemeinsamen Diskurs kommen“, forderte Kolat.

Bundesausländerbeirat nennt Integrationsstudie ein „Warnsignal“

Der Vorsitzende des Bundesausländerbeirates, Memet Kilic, sieht in der neuen Integrationsstudie jedoch ein „Warnsignal“. Kilic sagte, es müsse mehr für die Bildung von Migrantenkindern getan werden. Gefordert seien sowohl die Eltern als auch die Bundesregierung.

Kilic warnte: „Wenn wir ein Riesen-Bildungsproletariat produzieren, dann wird unsere Zukunft düster aussehen.“ Er kritisierte, das Schulsystem in Deutschland benachteilige Migrantenkinder. Die Eltern dürften aber ihre eigenen Aufgaben nicht vernachlässigen, sondern müssten sich mehr als bisher etwa beim Erlernen der deutschen Sprache engagieren. So sollte den Kindern schon im Vorschulalter zweisprachig vorgelesen werden.

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„Achten Sie auf die richtige Betonung!“

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Jan. 232009
 

„So, jetzt weißt du endlich, wie eine türkische Mutti sich beim Elternabend in einer Berliner Grundschule fühlt!“ flüsterte ich mir zu, als ich gestern den Elternabend unserer russisch-deutschen Grundschule besuchte. Man kommt zwar mit, aber man traut sich nicht, selber was in der Fremdsprache zu sagen. So ging es mir gestern. Es war aber eher ein „Eltern-Nachmittag“. Egal, jedenfalls fand die erste Hälfte auf Deutsch, die andere auf Russisch statt. Ich war der einzige, der nicht fließend wie ein Muttersprachler Russisch spricht. Und ich fragte meinen Nachbarn: „Was heißt eigentlich  udarenie?“ – „Betonung! Haben Sie einen Stock, um die richtige Betonung zu vermitteln?“ Die Lehrerin sagt: „Die Kinder haben oft Schwierigkeiten mit der Betonung. Achten Sie auf die richtige Betonung!“ Wir Eltern sind aufgefordert, auf die sprachliche Entwicklung unserer zweisprachigen Kinder noch mehr zu achten, mit ihnen noch mehr zu üben. Fließendes Lesen in beiden Sprachen müssen die Kinder demnächst beherrschen.  Dabei sollen wir Eltern auch mitarbeiten. Elterliche Unterstützung wird erwartet und eingefordert.

Da die anderen Eltern alle aus dem russischen Schulwesen kommen, konnte ich wunderbar meine Vergleiche anstellen! Was ist anders in Berlins Grundschulen im Vergleich zu Russland, zur Sowjetunion? Durch Gespräche mit verschiedenen russischen Eltern finde ich immer wieder folgendes heraus:

Erstens: Das Leistungsniveau in den russischen bzw. sowjetischen Grundschulen ist oder war wesentlich höher als in den heutigen Berliner Grundschulen. „In Berlin lernen die Kinder fast nichts!“, so höre ich immer wieder. Das haben ja auch die internationalen Tests bestätigt. Hallo, Berliner CDU: Ehe man wieder leichtfertig auf die „sozialistische Einheitsschule“ schimpft, sollte man dies zur Kenntnis nehmen.

Zweitens: Die Eltern wurden oder werden in der russischen bzw. sowjetischen Einheitsschule weit stärker in die Pflicht genommen. Wenn die Kinder nicht mindestens den Durchschnitt der Klassenleistung erreichen, werden die Eltern aufgefordert, selber mit dem Kind zu üben. Bezahlte Nachhilfe ist unüblich. Die Eltern müssen mit dem Schüler arbeiten, wenn das Kind aus welchen Gründen auch immer den Anschluss nicht halten kann.

Drittens: Das Experiment der jahrgangsübergreifenden Eingangsstufe „SAPH“, wie es jetzt in Berlins Grundschulen ausgerollt wird, stößt bei uns Eltern auf einhellige Ablehnung. „Das haben sich irgendwelche praxisfernen Theoretiker ausgedacht, die Personal einsparen wollen! Und uns fragt keiner!“ So der Tenor der Meinungen. Wir haben bereits im vergangenen Jahr bei der Senatsverwaltung dagegen protestiert, dass SAPH ohne Rücksprache mit uns Eltern und gegen unseren einstimmig erklärten Willen in unserer Schule eingeführt wird. Übrigens: Bei diesem Brief kamen mir endlich meine leicht überdurchschnittlichen Deutsch-Kenntnisse zugute, denn ich habe ihn formuliert – und alle Eltern in der Klasse haben ihn unterschrieben.

Fazit allgemein: Wir Eltern und alle Lehrer sind bereit, alles zu tun, damit unsere Kinder was Gescheites lernen. Berlins Grundschulen haben ein niedriges Leistungsniveau. Fazit persönlich: Mit meinen jetzigen Deutsch-Kenntnissen komme ich fast überall in Berlin zurecht, an meinem Russisch werde ich weiter arbeiten. Es macht Spaß. Versprochen!

Unser heutiges Foto zeigt den Schuhschrank und die selbstgemalte Visitenkarte unserer Klasse. Wir Eltern sind stolz darauf, was unsere Kinder können!

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Wir wollen werden wie Lenin – Liebknecht – Luxemburg

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Jan. 102009
 

Diese Überschrift lese ich heute in einer Ausgabe des Kämpfers. Das Organ der Kommunistischen Partei Deutschlands, Bezirk Ruhrgebiet, liegt druckfrisch vor mir. Ein Foto zeigt „unseren toten Führer Lenin als Kind“: ein heller, aufgeweckter Bub von etwa 6 Jahren blickt uns da an. Fröhlich schaut er nicht drein, sondern eher gesammelt, aber doch mit einem unleugbaren Charme ausgestattet! Wir merken gerührt: Auch die großen Männer der Weltgeschichte waren einmal Kinder wie du und ich.

Der Artikel im Jungen Pionier, der Jugendbeilage des Kämpfers, rühmt Lenin, Liebknecht und Luxemburg mit folgenden Worten:

„Wladimir Iljitsch Lenin, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg waren drei große Führer der Arbeiterklasse. Sie setzten ihr Leben ein im Kampf um den Sozialismus. Sie kämpften für die Befreiung der Arbeiter und Bauern aller Länder.  Ihre Namen und ihre Taten sind unvergeßlich und werden nie verlöschen, solange Menschen auf Erden leben. Genosse Iljitsch schuf mit den russischen Arbeitern und Bauern die Partei der Bolschewiki, die unter seiner Führung im Kampf um den Roten Oktober, die Fahne mit Hammer und Sichel für immer auf dem Kreml zu Moskau setzte.“ 

So weit zitieren wir aus dem Kämpfer, der Zeitung der KPD vom 30. Januar 1933. Höchst verdienstvoll ist das verlegerische Unternehmen, eine ganze Reihe von Zeitungen aus dem Jahren 1933-1945 nachzudrucken. Die Reihe heißt ZEITUNGSZEUGEN. Heute fand ich die erste Sammelausgabe am Kiosk. Sie enthält je eine unveränderte Ausgabe des kommunistischen Kämpfers, der gemäßigt-konservativen Deutschen Allgemeinen Zeitung und des nationalsozialistischen Angriffs.

Ihr habt vielleicht bemerkt, dass ich mich kürzlich vor dem Lenin-Mausoleum und dem Kreml fotografieren ließ und dieses Foto am 31.12.2008 in dieses Blog setzte. Schaut genau hin! Die Fahne mit Hammer und Sichel weht entgegen der Vorhersage des Kämpfers nicht mehr auf dem Kreml, sondern sie wurde mittlerweile durch die neue Staatsflagge der Russischen Föderation ersetzt. Das Mausoleum mit dem einbalsamierten Leichnam Lenins wird aber weiterhin mit der gleichsam sakralen Würde für Besucher offengehalten, wie dies in den Jahren der Sowjetunion geschah.

Bei meinen Diskussionen mit deutschen Kommunisten hörte ich des öfteren ungefähr folgende Auffassung: „Der Stalinismus beging grobe Fehler. Gewisse Verbrechen in den dreißiger Jahren kann man nicht leugnen. Aber der Ansatz Lenins war gut. Leider nahm die UDSSR nach seinem Tod einen anderen Gang, als er gewollt hatte.“ Im Klartext: Lenin gut – Stalin böse. Der Stalinismus wird als Fehlentwicklung und Verirrung gesehen. Lest bitte beispielhaft hierzu den Artikel im Neuen Deutschland vom heutigen Tage. Besprochen wird darin eine neue vierbändige Gesamtdarstellung:

Der deutsche Kommunismus. Selbstverständnis und Realität 1918/19 bis 1946. 4 Bände. Hg. v. Klaus Kinner (mit Elke Reuter, Ruth Stoljarowa, Günter Benser, Hans Coppi, Gerald Diesener, Wladislaw Hedeler u. a.). Karl Dietz Verlag, Berlin

Wir zitieren aus der Rezension im Neuen Deutschland:

Diese Geschichtsdarstellung bricht radikal mit dem Stalinismus in der Parteigeschichtsschreibung. Damit wird endlich eine alte Aufgabe erfüllt. Es geht nicht ohne Schmerzen ab, wenn der Leser präsentiert bekommt, welche furchtbaren Wirkungen der Stalinismus auf die deutsche Arbeiterbewegung hatte, wie er diese strategisch völlig fehlorientierte, wie er viele ihre Kader verfolgte, moralisch verlumpte und ermordete. Der Abschnitt über den Hitler-Stalin-Pakt 1939 lässt die Haare sträuben.

Stalin, so erfährt heute jeder Moskau-Tourist, wurde aus dem Mausoleum entfernt und an einen weniger ehrenvollen Platz in die Kremlmauer umgebettet. Wie sieht nun die heutige russische Sicht auf Lenin aus?

Ich ziehe hierzu das mir vorliegende, vom russischen Bildungsministerium empfohlene  Lehrbuch Istoria Rossii, 5., überarbeitete und ergänzte Ausgabe, Moskwa 2008, heran. Autoren: A.A. Danilow, L.G. Kosulina, M.Ju. Brandt.

Mein Gesamteindruck: Dieses Schulbuch wendet sich entschieden von einer personalisierenden Geschichtsschreibung ab. Zwar wird die Rolle einzelner Politiker durchaus gewürdigt, doch herrscht insgesamt eine funktionale Sicht auf historische Abläufe vor. Eine der Grundfragen scheint zu sein: Welchen Weg nahm Russland, um von einem rückständigen, agrarisch geprägten Reich mit unzureichenden Entwicklungschancen für die Industrie zu einem modernen Nationalstaat zu werden? Wie verlief die Modernisierung Russlands? Zahlreiche Einzelphänomene, die aus sowjetischer Sicht bis 1990 geleugnet oder ausgespart wurden, werden von den Autoren ausdrücklich erwähnt, so etwa der Rote Terror ab 1918 auf ausdrückliche Anordnung Lenins, die massive Repression unter Stalin – und der GULAG. Vor einer einseitig moralisierenden Darstellung hüten sich die Autoren jedoch bei diesen Darstellungen ebensosehr wie vor einer dämonisierenden oder heroisierenden Schilderung des Kampfes gegen das nationalsozialistische Deutschland.  Abkehr von Personalisierung, von Heroisierung und Dämonisierung – Hinwendung zu einer funktionalen Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Problems der gewaltsamen Modernisierung – mit diesen Formeln fasse ich meinen Gesamteindruck von diesem und anderen Büchern zusammen.

Als Beispiel sei herausgegriffen das Kapitel über den Roten Terror ab 1918, auf S. 113. Am 30. August 1918 wurde Lenin bekanntlich bei einem Attentat schwer verletzt. Die Sowjetmacht griff daraufhin verstärkt zum Mittel der systematischen Einschüchterung der Bevölkerung – zum Roten Terror. Wir zitieren wörtlich aus dem Schulbuch: „Der Terror war massiv. Allein als Reaktion auf den Anschlag auf Lenin erschoss die Petrograder Tscheka nach offiziellen Feststellungen 500 Geiseln.“

Der bereits unter Lenin einsetzende Rote Terror wird an anderer Stelle, nämlich durch die russische Wikipedia so definiert und durch entsprechende Fotos dokumentiert:

Кра́сный терро́р — массовые репрессии как против ряда деятелей аристократии, офицерства, буржуазии, интеллигенции, священников[1], деятелей оппозиционных партий, лиц сочувствовавших и причастных Белому делу, так и против мирного населения проводившиеся большевиками в ходе Гражданской войны в России. Согласно Постановлению СНК РСФСР от 5 сентября 1918 «О красном терроре», красный террор ставил перед собой задачу освобождения республики от «классовых врагов» и, согласно документу, физического уничтожения, «расстрела всех лиц, прикосновенных к белогвардейским организациям, заговорам и мятежам»

Wir fassen unsere Einzelbeobachtungen zusammen:

1. Die in Deutschland mitunter noch vertretene Meinung, erst unter Stalin sei der systematische Terror mit Massenhinrichtungen, willkürlichen Verfolgungsmaßnahmen und Straflagern zum offiziellen Mittel der kommunistischen Politik geworden, wird unter Historikern in Russland selbst nicht mehr aufrechterhalten. Richtig ist vielmehr: Bereits unter Lenin wurde Terror in der Sowjetunion systematisch eingesetzt und auch schriftlich als Parteidoktrin verkündet. Damit wird auch die Meinung, der Stalinismus sei eine Verirrung, eine tragische Fehlentwicklung gewesen, die erst nach dem Tode Lenins eingesetzt habe, kaum mehr zu rechtfertigen sein. Soweit die großen Führer der Arbeiterklasse ab 1918 in Deutschland der russischen Sprache mächtig waren und Kontakt nach Moskau hielten, werden sie diese Tatsachen schwerlich übersehen haben.

2. Von einer übertriebenen Personalisierung historischer Abläufe scheint die heutige russische Geschichtsschreibung zugunsten einer eher funktionsorientierten Interpretation geschichtlicher Abläufe abzurücken.

3. Die in der heutigen deutschen Presse mitunter erhobenen Vorwürfe, in Russland sei derzeit eine Verharmlosung oder Leugnung der Verbrechen des Stalinismus im Gange, halte ich für irreführend. Sie lassen sich mit Verweis auf die tatsächlich in Russland geführten Diskussionen widerlegen.

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Man sieht sich: von der Cyberworld in die echte Welt

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Nov. 302008
 

So ein Blog, die unendlichen Weiten des Internet – das sind alles nur Behelfe, Wellenbretter, mit denen man unermessliche Strecken im Nu überwindet. Gleichwohl sind sie nicht das echte Leben. Schöner und erfüllender sind Begegnungen mit Menschen in Fleisch und Blut! Deshalb lade ich euch Leserinnen und Leser herzlich zu einigen öffentlichen Veranstaltungen in den nächsten Tagen ein. Ich werde sicher dort sein! Ich hoffe – man sieht sich!

Freitag, 05. Dezember 2008, 15.00 Uhr: doppelgedächtnis. Es spricht der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. Eine Veranstaltung der Gesellschaft zur Förderung der Kultur im erweiterten Europa. Ort: Vertretung der Europäischen Kommission, Unter den Linden 78, Berlin-Mitte. Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter: anmeldung@kultur-in-europa.de oder per Fax: 030 80 48 20 83

Freitag, 05. Dezember 2008, 16.30 Uhr: Ferdinand der Stier. Eine Geschichte von Munro Leaf. ErzählZeit mit Silvia Freund. Mit dabei sind Kinder der Kita am Kleistpark, Johannes Hampel (Violine), Michael Köke (Gesang und Gitarre), Elena Marx (Tanz). Großer Saal im Nachbarschaftsheim Schöneberg, Holsteinische Straße 30, Berlin-Schöneberg. Eintritt frei

Dienstag, 09. Dezember 2008, 19.30 Uhr: Treffen der ADFC-Stadtteilgruppe Friedrichshain-Kreuzberg, Café Sybille, Karl-Marx-Allee 72. Eintritt frei

Mittwoch, 10. Dezember 2008, 19.00 Uhr: Jahreskonzert der Gesellschaft zur Förderung der Kultur im erweiterten Europa. Mit Sonora Vaice, Sopran, und Tereza Rosenberga, Klavier. Atrium der Deutschen Bank, Unter den Linden 13/15, Berlin-Mitte (Eingang Charlottenstraße). Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter: anmeldung@kultur-in-europa.de oder per Fax: 030 80 48 20 83

Ihr seht: Musik, Kunst, Kinder, Europa, Radfahren in Berlin, Kultur, eine Kita, ein Geldhaus … alles was das Leben lieb und teuer macht, kommt vor! Kommt ihr auch!

Unser Bild zeigt ein großes buntes Stoffgemälde, gemalt von Kindern der ersten Klasse aus der Staatlichen Grundschule am Brandenburger Tor. Für den lustigen Gesellen Papageno. Für eine Aufführung von Mozarts Zauberflöte

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Bildungsvergleich: Ost-Schüler bringen West-Mann in Bedrängnis

 Geige, Gute Grundschulen, Integration durch Kultur?, Kinder, Leitkulturen, Musik, Pflicht, Vorbildlichkeit  Kommentare deaktiviert für Bildungsvergleich: Ost-Schüler bringen West-Mann in Bedrängnis
Nov. 242008
 

Immer wieder gerate ich als einzelner West-Mann unter Druck in den fröhlichen Versammlungen meiner durch Kommunismus und Diktatur geprägten Freunde und Verwandten. So auch wieder gestern: Gemeinsam hörten wir – eine Runde von Musikern und Sängern aus aller Herren Länder, darunter ich als einziger West-Mann – einen privaten Mitschnitt vom Wieniawski-Wettbewerb Lublin 1988. Junge Geiger mussten in drei Runden ein anspruchsvolles Programm vorführen, darunter eben auch einige der schwersten Stücke, die es überhaupt in der Violinliteratur gibt, solche Leckerbissen wie die Variationen über ein eigenes Thema von Henri Wieniawski. Die spätere Siegerin, Natalia Prischepenko aus der damaligen Sowjetunion, hatte es uns gleich von Anfang an angetan: Eine bezaubernde Erscheinung, brachte sie die Emotionen der Musik voller Lebendigkeit, mit Stolz, Selbstgewissheit und Charme über das Podium in den ganzen Saal hinein, technisch makellos, brillant, angriffslustig, aber im Tempo absolut unerschütterlich. Selbst die allerschwersten Variation mit den Pizzicati der linken Hand „stand“ sie ohne Tempoverzögerungen! Jeder einzelne Ton perlte. Hinreißend, und das alles im Alter von 15 Jahren! Ihr Lehrer Zachar Bron saß irgendwo in einer der letzten Reihen, spielte im Geiste und sogar mit Gesten alles mit, ackerte, litt mit der Schülerin … Aber der Erfolg gab den beiden recht.

Oft höre ich dann: „Solche Höchstleistungen in den Bereichen Musik, Naturwissenschaften und Sport brachte eben nur das alte System hervor! Es gab weniger Ablenkung durch Gameboys, Handys und MP3-Player. Talente wurden bis in die hintersten Winkel der Sowjetunion gezielt gefördert. Herkunft zählte nicht – nur die Begabung. Solange man politisch nicht aneckte, konnte man sicher sein, dass eigene Leistungsreserven optimal ausgeschöpft wurden. Ihr im Westen habt dem nichts entgegenzusetzen. Bei euch herscht Kuschelpädagogik. Die soziale und ethnische Herkunft entscheidet hier in Berlin im großen und ganzen über den Bildungserfolg! Ausländer schaffen es kaum nach ganz oben. Das Niveau wird nach unten angeglichen, Leistung wird kaum gefördert.“

Schluck! Ich kann dem kaum etwas entgegensetzen. Das Niveau etwa in der Musikerausbildung war in den Staaten des Ostblocks deutlich höher als in Westeuropa. Dies meine ich wirklich nach Dutzenden von direkten Begegnungen mit Musikern feststellen zu können.

Wer weiß – vielleicht hat das bessere Abschneiden der Ost-Bundesländer auch etwas mit dieser Kultur der Leistung und des Lernens zu tun? Ich vermute dies. Denn die Mehrzahl der Lehrer, die etwa in Sachsen und Thüringen unterrichten, dürften noch aus der DDR stammen. Doch halt – es gibt ja noch Bayern … und da kenn ich mich aus. Denn ich habe mein Abitur in jenem fernen Lande errungen – das allerdings weder dem Osten noch dem Westen, sondern dem stolzen Süden der Republik angehört! Vivat Bavaria.

Bildungsvergleich: Ost-Erfolg bei Pisa macht Westländer neidisch – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL

Hauptschulen? Nicht in OstdeutschlandSachsen und Thüringen zählen jetzt zu den großen Gewinnern des innerdeutschen Ländervergleichs Pisa-E der 15-jährigen Schüler. Sachsen eroberte den Spitzenplatz in Mathematik und Lesekompetenz sehr knapp vor Bayern. Beim Schwerpunkt Naturwissenschaften liegt das Land international sogar auf dem zweiten Rang hinter Finnland, wenn man die deutschen Bundesländer in die weltweite Studie einsortiert.

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Nov. 072008
 

Nach langer Plackerei gibt es für mich nichts Schöneres als mit anderen zusammen oder allein Geige zu spielen. Meist ergibt es sich von selbst, welche Stücke ich spiele. Denn ich wähle aus, was mir am ehesten zuzusagen scheint – und oft wählen andere aus, was uns zusagt. Seit neuestem spiel ich wieder Violin-Duo mit einem neuen Duo-Partner. Wir haben uns für die Drei Duos op. 67 von Louis Spohr entschieden. Duo II in D-dur spricht besonders klar, laut und deutlich. Der erste Satz strömt unbezwingbare Lebensbejahung aus. Der zweite Satz Larghetto ruht ganz in sich, eine wunderbare Mondscheinstimmung wird ausgebreitet. Das abschließende Rondo hat etwas leicht Jahrmarkthaftes, Tänzerisches. Herrlich! Manche Stellen erinnern in ihrer Doppelgriff-Fülle schon an einen Quartettklang.

Daneben studiere ich eine leckere Besonderheit ein: Der Stier Ferdinand für Erzähler und Violine. Worte von Munro Leaf, Musik von Alan Ridout. Schauspielerin Silvia Freund bereitet die Erzählung vor, ich die Musik. Herrlich – der Stier Ferdinand ist ein besonderer Stier, er durchbricht das Ideal des stampfenden, kämpfenden, rangelnden Stiers, ergötzt sich lieber am Blumenduft. Die Musik von Ridout gibt mir die Möglichkeit, beides auszuleben: das Ungebärdig-Stierhafte und das Besinnlich-Weiche. Die Versöhnung von beidem gelingt in der Musik.

Die erste Aufführung ist fest geplant für Freitag, den 5. Dezember in unserer alten Kita am Kleistpark.

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