Weltuntergang wegen Fortfalls der Sozialhilfe?

 Apokalypse, Ethnizität, Mieten, Migration, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für Weltuntergang wegen Fortfalls der Sozialhilfe?
Apr. 092010
 

Eine interessante Diskussion entspinnt sich auf dem Blog Jörg Laus! Wir werden uns schmarotzerhaft daran heften!

Bremst der Wohlfahrtsstaat die Integration? « Jörg Lau
“Man stelle sich vor, was geschähe, wenn die Sozialhilfe nach 6-12 Monaten wegfiele.”

Ein Leser J. S. warnt:

Dann müssten viele in den Problemvierteln nach dieser Zeit aus ihren Wohnungen ausziehen. Das bedeutet Leerstand und damit Wertverlust der Immobilien. Das führt u.U. zu einer Krise auf dem Immobilenmarkt. Und was das für Folgen haben kann, haben wir bei der letzten Weltwirtschaftskrise gesehen.

Darauf kommentierte ich:

In die freiwerdenden Wohnungen würden bei uns in Berlin (Kreuzberg, wo ich wohne) die neuen, aufstiegswilligen, gut verdienenden Familien einziehen, denn die Innenstadtlagen sind in Berlin heiß begehrt! Es entstünde endlich die gewünschte ethnische Mischung statt unserer türkisch-arabischen Migrantenquartiere. Aus einem Problemviertel würde ein Zukunftsviertel mit vielen neuen Wohnqualitäten! Die arbeitenden, weniger verdienenden Araber und die arbeitenden, weniger verdienenden Türken könnten dann in die hochwertigen, aber billig zu mietenden Plattenbauten im Osten Deutschlands einziehen, die jetzt entvölkert und leider abgerissen werden. Oder die steinreichen libanesischen Bankiers leihen günstige Start-up-Kredite an ihre ehemaligen Landsleute – warum nicht?

 Posted by at 12:46

Brauchen wir mehr oder weniger Geld für Integration?

 Anbiederung, Integration, Migration, Sozialadel, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für Brauchen wir mehr oder weniger Geld für Integration?
Apr. 092010
 

Einige Sätze aus dem Merkur-Heft von April 2010 mögen bei der Antwort helfen. Verfasser: Siegfried Kohlhammer.

Editorial
Niemals zuvor in der Migrationsgeschichte hat es einen derartig hohen Grad an materieller, rechtlicher und ideologischer Unterstützung der Migranten von staatlicher und nichtstaatlicher Seite gegeben wie im heutigen Europa, und Deutschland nimmt dabei einen der Spitzenplätze ein. Seit Jahrzehnten werden hier erhebliche Summen für Integration ausgegeben, in die Sprachprogramme allein sind Milliardenbeträge investiert worden. Schon die Gastarbeiter in den sechziger Jahren waren von Anfang an arbeits- und sozialrechtlich gleichgestellt, erhielten also Tariflohn, Arbeitslosengeld und -unterstützung, Kinder- und Wohnbeihilfe, BAFÖG, ärztliche Betreuung – das volle Programm. Das hatte denn auch zur Folge, dass das (1973 eingestellte) Gastarbeiterprogramm zwar für die Privatwirtschaft, auf deren Druck es eingeführt worden war, einen Erfolg darstellte, nicht aber gesamtwirtschaftlich, da die Folgekosten die Gewinne schließlich übertrafen. Generell gilt in Europa, dass die Migranten insgesamt den Wohlfahrtsstaat mehr kosten, als sie zu ihm beitragen. Eine Lösung der Probleme Europas durch mehr Migranten, wie sie die EU wünscht, ist eher unwahrscheinlich.

Während früher den Einwanderern selbst die Last der Integration auferlegt wurde – und sie funktionierte in der Regel, auch ohne Sozialhilfen und Wohlfahrtsstaat und Antidiskriminierungsgesetze –, gilt heute Integration immer mehr als in die Verantwortung des Staates fallend. Und doch sind die Ergebnisse insgesamt immer dürftiger. »Nie zuvor in der Geschichte der Migration gab es so viel Rücksichtnahme und Planung. Doch die Ergebnisse waren dürftig.« (Laqueur) Das hatte unter anderem zur Folge, dass der Anteil der Erwerbstätigen unter den Migranten stetig sank und eine Lebensplanung auf der Grundlage von Sozialhilfe möglich wurde. So machen etwa die Muslime in Dänemark 5 Prozent der Bevölkerung aus, nehmen aber 40 Prozent der wohlfahrtsstaatlichen Leistungen in Empfang – und andere Länder weisen ähnliche Missverhältnisse auf.

 Posted by at 08:46
Apr. 072010
 

„Berlin eben. Das ist doch unsere Mutterstadt. Deutschland ist unser Vaterland.“ Nationalistische Sprüche? Treudeutsche Heimatduselei? Vorsicht bei solchen Vorverurteilungen! Die so spricht, heißt Lial Akkouch, 23. Vor 20 Jahren kam ihre Familie aus dem Libanon nach Berlin.

Das aktuelle Magazin zitty Berlin bringt ihre Geschichte auf S. 62-63.

Die Aufenthalts- und Bleiberechtsregelungen sind oft oft entwürdigend. Über Jahre und Jahrzehnte werden Menschen in der Schwebe gelassen. Sie werden „geduldet“ und dürfen  nicht arbeiten. Der Verdacht, es gehe ihnen nur um das Erschleichen von Sozialleistungen, schwebt leider immer unausgesprochen im Raum.

Ich bin entschieden für eine größere Freizügigkeit im Aufenthalts- und Bleiberecht! Allerdings muss hierzu die Sogwirkung der Sozialleistungen erst einmal abgeschwächt werden, etwa durch eine Befristung oder auch eine längere Karenzzeit, ehe überhaupt Sozialleistungen gezahlt werden.

Wenn der deutsche Staat eine klare Ansage macht: „Jede ist hier willkommen, der selber zum Allgemeinwohl etwas beiträgt! Jede und jeder ist willkommen, die den Lebensunterhalt für sich und seine Familie dauerhaft selbst erarbeiten, wir werden niemanden durchfüttern“, dann wäre ein starker Anreiz gesetzt, das eigene Potenzial zu entfalten.

Magazin zitty.de

 Posted by at 14:00

„Ich bin gegen Sozialleistungen.“

 Donna moderna, Familie, Integration, Migration, Sozialadel, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für „Ich bin gegen Sozialleistungen.“
Apr. 072010
 

So äußert sich ausgerechnet eine Ärztin! Also eine, die es geschafft hat! Da muss man doch sagen: Was für eine soziale Kälte! Was für eine Aufhetzung gegen die Schwachen!! Diese sozialkalte Ärztin meint ferner, der Staat tue schon in vielerlei Hinsicht zuviel des Guten. Wir zitieren die Anästhesistin und Allgemeinärztin: „Ich bin gegen Sozialleistungen. Ich denke, dass man Menschen so eine Menge Grenzerfahrungen nimmt, die Chance, sich selbst zu behaupten und zu beweisen. Es geht sehr viel Energie verloren, wenn man weiß, dass man auch zu Hause sitzen bleiben kann und dennoch irgendwie über die Runden kommt … Hier in Deutschland ist es doch so, dass die Kinder von Sozialhilfeempfängern auch wieder zu Sozialhilfeempfängern werden.“

Soziale Kälte, wenn man gegen Sozialleistungen ist? Hetze gegen die Schwachen? Vorsicht bei solchen Verurteilungen! Die Kreuzberger Ärztin, die wir soeben zitierten, heißt Neriman Fahrali, kam im Alter von 13 Jahren aus der Türkei erstmals nach Deutschland und betreibt heute eine Praxis in Kreuzberg.

Als weitere Folgen der Sozialleistungen benennt Fahrali, dass der Familienzusammenhalt untergraben werde und dass es keinen Anreiz gebe, den Erfolg in Schule und Beruf zu suchen.

Zwar spreche ich mich nicht rundweg gegen Sozialleistungen aus, sondern bin für eine enge Befristung und Begrenzung der staatlichen Sozialleistungen an Zuwandernde, aber denoch empfehle ich die Lebensgeschichte der Kreuzberger Ärztin Neriman Fahrali genau zu studieren! Man findet sie in dem folgenden spannenden Buch:

finkelstein_14_04367thumbnail.gif

Kerstin E. Finkelstein: “Wir haben Erfolg!” 30 muslimische Frauen in Deutschland. Vorwort von Seyran Ates. Fackelträger Verlag Köln, 2008. 223 Seiten, 14,95 Euro. Hier: S. 71

Fahrali fordert mehr Mut vom deutschen Staat. Er sollte grundsätzlich einmal die politischen Rahmenbedingungen ändern. Statt nur Geld zu transferieren, solle man das brachliegende Potenzial der Zuwanderer ansprechen – etwa durch Kunst, Tanz und Kultur. Für die Zukunft sei es wichtig, mehr von den Immigranten zufordern – „und es muss den Willen unter den Einwanderern geben, hier auch wirklich etwas zu erreichen.“

 Posted by at 13:24

Ohne Vorratstasche, ohne Schuhe. Schlimm?

 Armut, Migration, Ostern, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für Ohne Vorratstasche, ohne Schuhe. Schlimm?
Apr. 022010
 

Ganz selten fallen orthodoxes und westliches Ostern auf einen Tag. In diesem Jahr aber ist es so. Beide Hälften der Christenheit, die östliche und die westliche, feiern Karfreitag und Ostern am selben Tag. Die orthodoxen Osterfeiern dauern sehr lang – 6 bis acht Stunden! Grund: Sie lesen das gesamte Evangelium Wort für Wort durch. Und für ein ein einziges der vier Evangelien braucht man 2-3 Stunden.

Welchen Menschen predigte Jesus? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man die Evangelien liest: Überwiegend den sozial Schwachen, den Bildungsfernen. Er selbst – war in den Schriften sehr bewandert, kannte wie alle damaligen Gebildeten seines Volkes die Tora in großen Teilen  auswendig. Und er beherrschte neben seiner Muttersprache Aramäisch auch so leidlich die damalige internationale Verständigungssprache des östlichen Reichsteiles der Römer, also Griechisch. Sein Prozess vor Pilatus wurde ohne Dolmetscher geführt.

Aber er hinterließ keine Schriften. Er, der Migrant, redete überwiegend in schlichtesten Bildern und Geschichten. Genau so müssen wir auch heute zu unseren Migranten und Zuwanderern reden: in einfachsten Sätzen, einfachsten Bildern. In Gesten. In Grüßen.

Großartig finde ich seine Fragetechnik – sie nötigt mir höchste Bewunderung ab. Statt den Leuten die Antworten aufs Brot zu schmieren, stellt er ihnen Fragen.

Was sagt er zum Thema Armut und Reichtum? Wie schlimm ist Armut? Wie wichtig ist die soziale Grundsicherung?

Was ist wichtiger – materielle Sicherheit oder spiritueller Wandel? Beharren oder Änderung? Bleiben oder Werden?

„Als ich euch ohne Geldbeutel aussandte, ohne Vorratstasche und ohne Schuhe, habt ihr da etwa Not gelitten?“ So steht es bei Lukas 22,35. Eine Frage an Migranten! Die Antwort lautet: Nein.

Eine klare Absage an die „ewige Grundsicherung“. Eine klare Absage an das Streben nach materieller Sicherheit, sofern es über das spirituelle Wohlergehen gestellt wird.

Das Christentum ist eine echte Migrantenreligion. Es gibt tausende von Bildern, Legenden, Geschichten, in denen der Christ als armer Wanderer, als „peregrinus“ dargestellt wird. „Hinabgestiegen zu der Hölle – auferstanden am dritten Tage“ – auch das sind alles Wanderungs-Erfahrungen.

Wanderung – Wandlung – Werden. Beständiges Umdenken, beständige Richtungsänderung. Das alles gehört zum Kern der Botschaft.

 Posted by at 10:40
Apr. 012010
 

Sie fühlen sich in ihrem neuen Land wie zu Hause, wenn auf sie hier Arbeit statt sozialer Leistungen wartet. Heimisch fühlen sie sich, wenn sie einem Konkurrenzdruck ausgesetzt sind …“ Einige gute Sätze aus dem Kommentar von Jerzy Macków seien hier herausgegriffen. Er veröffentlichte ihn heute im Tagesspiegel auf S. 6.

Er trifft mit diesen Sätzen des Pudels Kern. Nur durch Arbeit, nur durch den selbstverdienten Lebensunterhalt wird den Familien die Integration in einem neuen Heimatland gelingen. Nicht durch Sozialleistungen.  Nur die Familien, die ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen, werden sich hier integrieren können.

Für den Kardinalfehler der deutschen Integrationsdebatte halte ich, dass „Integration“ als Teilproblem gesehen wird. Mal schraubt man an der Schulpolitik, mal schraubt man am Aufenthaltsrecht, mal schraubt man am Sozialrecht. Und immer wieder schraubt man auf dem Markt der Meinungen herum.

Ich vertrete hingegen die Auffassung, dass die Verknüpfung von „gewöhnlichem Aufenthalt“ und „Anspruch auf Sozialleistungen“, wie sie im SGB II (Sozialgesetzbuch II) festgeschrieben ist, aufgelöst werden muss. Der Zuzug von Arbeitskräften nach Deutschland muss erleichtert, der Zugang zum Arbeitsmarkt muss erleichtert werden. Der Zugang zum Sozialsystem hingegen muss deutlich erschwert und zunächst befristet werden. Wie? Ich plädiere für eine zeitliche Befristung der heutigen Sozialleistungen etwa in folgender Art: jeder, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat, sollte nur eine eng begrenzte Zahl an Jahren einen verbrieften Anspruch auf ihm persönlich zustehende Sozialleistungen haben. Innerhalb dieser Zeit wird er entweder a) arbeiten oder b) arbeitslos sein oder c) vom Einkommen anderer Menschen leben, etwa dem von Familienangehörigen.

Und danach? Nach diesen Jahren (sagen wir fünf oder acht Jahren) ist entweder die deutsche Staatsangehörigkeit erreicht, mit all den überragenden Vorteilen, die sie gegenüber der Staatsangehörigkeit anderer Staaten mit sich bringt. Zu diesen Vorteilen gehört eben auch das lebenslang verbriefte Recht auf Grundsicherung. Oder sie ist nicht erreicht – oder nicht gewünscht. Dann wird der ausländische Staatsangehörige entweder in Deutschland bleiben, aber nicht auf Kosten des Sozialsystems leben. Oder er wird Deutschland wieder verlassen, um anderswo sein Lebensglück zu erarbeiten.

Er muss im Wissen dieser Befristung der Sozialleistungen von Beginn seines Aufenthaltes in Deutschland versuchen, aus eigenen Kräften den Anschluss zu finden, sich fortzubilden, die Sprache zu lernen – also alle die Dinge der nachholenden Integration tun, zu denen jetzt keinerlei Nötigung besteht.

Oder er verlässt Deutschland wieder, um in einem anderen Land, zum Beispiel seinem Herkunftsland, Arbeit bzw. soziale Sicherheit zu finden. Das ist keine Tragödie – sonden das ist Mobilität. Eine Grundbedingung des heutigen Lebens.

Diese Befristung der Sozialleistungen wird sich herumsprechen und den erwünschten Ansporn-Effekt haben.

Wenn die Türkei, der Libanon unseren Arbeitslosen eine auch nur im Entferntesten ähnlich umfassende soziale Absicherung böten wie Deutschland heute, dann würden sich viele – auch  Deutsche – auf den Weg in genau jene Länder machen.

Ich vermute, die Sozialstadträte, die Bildungsstadträte der Berliner Innenstadtbezirke werden mir wohl zustimmen, wenn ich sage: Ohne einschneidende Befristungen des Sozialleistungskatalogs ist die Integration der beständig neu ins Sozialsystem zuwandernden Menschen nicht zu schaffen.

Ich bin mittlerweile zu der Meinung gelangt: Nur durch eine Befristung der Sozialleistungen wird sich der Aufstiegswille erzeugen lassen, der bei einem großen Teil der Einwanderer schlechterdings fehlt.

Dies ist gewiss eine radikale, gewiss noch nicht mehrheitsfähige Ansicht. Sie verlangt den Mut, sich den niederprasselnden Vorwürfen der „sozialen Kälte“ oder des „Spaltens“ auszusetzen. Aber dieser Mut wird von einer kühnen, konzeptionell arbeitenden Politik erwartet. Alles andere muss Stückwerk bleiben, wie wir es zur Genüge kennen.

Das Rezept „Aufstiegswille schaffen durch Befristung der Sozialleistungen“ funktioniert, wie die Sozialreformen Bill Clintons im Jahr 1996 gezeigt haben.

Von einem derart massiven Anreiz zum Aufstieg, wie es die Befristung der Sozialleistungen wäre, sind wir heute Lichtjahre entfernt. Wir haben keine Befristung der Grundsicherung im Gesetz. Jeder weiß: Hat man es – egal auf welchem Weg, oft genug durch falsche Angaben – ins deutsche Sozialsystem geschafft, ist man „fein heraus“. Man ist aller Sorgen ledig. Der Druck, zur Arbeit zu gehen, entfällt. Der Druck, den Aufstieg selbst zu erarbeiten, entfällt.

Diese paradiesischen Zustände verführen dazu, Familien durch Nachholen eines ausländischen Ehepartners direkt ins deutsche Sozialsystem hinein zu gründen – eins der Hauptprobleme, vielleicht DAS Hauptproblem in Bezirken wie Neukölln, Mitte und Kreuzberg.

Keine Partei bringt den Mut auf, eine überfällige zweite Sozialreform zu stemmen. Und doch wäre dies bitter nötig, um den Grundstein für eine erfolgreiche Integrationspolitik zu legen.

Alle anderen Probleme und Scheinprobleme – „Islam“, „Burka“, „Kopftuch“ usw. – sind lösbare Fragestellungen.  Die kulturellen Fragen werden in der Öffentlichkeit übertrieben, die sozialrechtlichen und wirtschaftlichen Determinanten der Integration werden – so meine ich – sträflich vernachlässigt.

Stattdessen redet man sich die Köpfe heiß über Interpretationsprobleme, etwa darüber, ob im Grundgesetz Art. 116 eine ethnische Definition des Deutschtums vorliege! (Es ist keine ethnische Definition). Oder ob Sprache der Schlüssel zur Integration sei. Ich glaube, dass Arbeit und Leistung noch vor der Sprache der Schlüssel zur Integration sind. Eine Familie, die weder die Landessprache kennt noch auch den Lebensunterhalt aus eigener Arbeit gewinnt, wird sich nicht integrieren können. Wozu sollte sie? Weil die deutsche Kultur so großartig wäre?

Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Kommentar von Jerzy Macków:

Deutschland träumt von Assimilation
Sie fühlen sich in ihrem neuen Land wie zu Hause, wenn auf sie hier Arbeit statt sozialer Leistungen wartet. Heimisch fühlen sie sich, wenn sie einem Konkurrenzdruck ausgesetzt sind und nicht dem Vorwurf, sie würden für weniger Geld mehr arbeiten wollen als die Einheimischen. Der schnelle, nicht zuletzt ökonomische Erfolg der Eltern macht es in einer Einwanderungsgesellschaft möglich, dass die Assimilierung der Kinder einfach der Zeit überlassen werden kann. Dabei haben Einwanderungsgesellschaften die Kraft, auch mit den Eigenarten der Einwanderer zurechtzukommen.

 Posted by at 17:41
März 292010
 

Interessant! In Deutschland ist die Berechtigung zum Bezug von Sozialhilfe laut Sozialgesetzbuch II § 7 an den „gewöhnlichen Aufenthalt“ geknüpft. Hat man also seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, so wird man – nach Ablauf von 3 Monaten – automatisch anspruchsberechtigt. Man hat im Grunde auf Lebenszeit ausgesorgt, und zwar um so verlässlicher, je weniger berufliche Qualifikationen man hat.

Idealerweise liegen keine Deutschkenntnisse vor, denn dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis auf Null.  Das Gleiche gilt für alle Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Berechtigten leben. Und so erklärt sich auch, wie man mithilfe einiger weniger Manipulationen den deutschen Sozialstaat aushebeln kann. Welche Manipulationen? Das wissen die Eingeweihten, dafür gibt es Anleitungen, die sich größter Beliebtheit erfreuen. Das Entscheidende ist: Man muss irgendwie, mit irgendwelchen Papieren nachweisen können, dass man seinen gewöhnlichen Aufenthalt  seit mindestens 3 Monaten in der Bundesrepublik Deutschland hat. Alles andere ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Kinderspiel. Die bestehende Rechtslage ist geradezu eine Einladung zur Selbstbedienung.

Diese Regelung schadet den Zuwanderern und hintertreibt nachhaltig die Integration der Ausländer. Sie ist geeignet, den Umfang der Sozialleistungen potenziell ins Unermessliche wachsen zu lassen. Es fällt jeder Anreiz fort, eine Beschäftigung zu suchen, zumal in Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit. Was man hat, das hat man.

SGB II § 7 Berechtigte
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

 Posted by at 17:04
März 282010
 

Die allermeisten, die sich mit entschiedenen Ansichten zur Integrationsdebatte äußern, beziehen ihr Wissen aus zweiter Hand. Sie folgen vorgefertigten Bahnen, haben nicht auf eigene Faust Erfahrungen in migrantisch dominierten Vierteln und migrantischen Familien gesammelt. Und die eigenen Kinder schicken sie bewusst auf Schulen, in denen Migranten die Minderheit darstellen. Die meisten Politiker und Journalisten sitzen mangels eigener Anschauung wieder und wieder denselben Irrtümern auf. Welchen?

1. Irrtum: Die Zuwanderer aus Ländern wie der Türkei oder dem Libanon seien individuell, als Einzelpersonen, aufgebrochen, um „anderswo ihr Lebensglück zu machen“. So schreibt es soeben wieder einmal der Berliner Tagesspiegel.  Nichts wäre irreführender als das heute anzunehmen!  Es handelt sich heute fast durchweg um Gruppenmigration. Aus einer Gruppe – in eine Gruppe hinein! Ein Anreiz zur Integration im neuen Land besteht foglich zumeist nicht. Richtig ist: Menschengruppen, die im Herkunftsland keinerlei Perspektive auf Wohlstand und Versorgung haben, brechen auf Beschluss einiger führender Männer auf und wandern als Kollektive auf einmal oder nach und nach in die Bundesrepublik ein. Diese Kollektive verstärken sich durch den Zuzug von Ehepartnern aus den Herkunftsländern laufend neu, bauen gut miteinander vernetzte, autarke Zusammenhänge auf. Diese sich ständig erweiternden Netzwerke in die bestehende deutsche Mehrheitsgesellschaft einbauen zu wollen, halte ich mit den bisherigen Methoden der Integrationspolitik für ausgeschlossen. Die zuwandernden Menschen haben auch nichts weniger im Sinn als dies. Die Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft würde ja ein Aufbrechen der bisherigen Versorgungsgemeinschaft bedeuten, würde zusätzliche Risiken bergen.

Hier bedarf es einer stärkeren Einfühlung in die Mentalität und die Interessen der Zuwanderer. Sie empfinden subjektiv meist keine Notwendigkeit, sich individuelle Perspektiven zu erarbeiten, sondern sind mit dem Staus quo mehr oder minder zufrieden.

Ein Aufbrechen dieses Zusammenhangs ist meines Erachtens nur über  eine strenge zeitliche Befristung der Sozialhilfe für Angehörige anderer Staaten zu erreichen. Nach einem relativ kurzen Zeitraum, etwa nach 6-12 Monaten, muss die Sozialhilfe für Zuwanderer mit fremder Staatsangehörigkeit automatisch auslaufen – mit dieser klaren, vor der Einreise mitgeteilten Ansage würde endlich ein deutlicher Anreiz gesetzt, sich durch Arbeit zu integrieren.

Der vielbeschworene „Aufstiegswille“, wie ihn neuerdings etwa Klaus Wowereit fordert, lässt sich meines Erachtens nur durch den termingenauen Fortfall der Sozialhilfe erzielen. Ich sehe keinen anderen Weg.

Als Vorbild dafür müssten die Clinton’schen Sozialreformen des Jahres 1996 dienen. Die zeitliche Beschränkung der Sozialhilfe durch die beiden Sozialgesetze “Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act“ (PRWORA) und “Temporary Assistance to Needy Families“ (TANF) führten wie angestrebt zu einem deutlichen Rückgang der Kinderarmut und zu einem Rückgang der Zahl der sozial benachteiligten unverheirateten Mütter. Und vor allem verhinderten die Sozialreformen des Jahres 1996, dass weiterhin in großem Umfang eine hohe Kinderzahl als Quelle von Einkommen durch Sozialhilfe ausgenutzt wurde.

2. Irrtum: Der zweite große Mangel der deutschen Migrationsdebatte besteht darin, dass systematisch die Politik der Herkunftsländer vernachlässigt wird. Die Regierungen der Türkei, Lybiens und Syriens hatten und haben ein Interesse daran, bestimmte Bevölkerungsschichten loszuwerden. Das haben insbesondere die Wissenschaftler Stefan Luft und Ralph Ghadban herausgearbeitet. Diese Staaten kommen so um die Notwendigkeit herum, selbst funktionierende Sozialsysteme aufzubauen, und können ihre eigene Problembevölkerung in Deutschland „unterbringen“ oder „abschieben“. Darüber hinaus nutzt ein Staat wie die Türkei diese „untergebrachte“ Bevölkerung sehr geschickt als Hebel, um eigene machtpolitische Ambitionen voranzutreiben und willkommene Devisen zu erringen.

Ich meine: Hier ist unbedingt der offene Dialog mit den Regierungen der Türkei, des Libanon und Syriens zu suchen.  Grundfrage muss sein: „Warum schickt ihr eure Landsleute zu uns? Was sind eure Interessen? Warum baut ihr kein Sozialversicherungssystem auf, das dem deutschen vergleichbar ist?“

3. Irrtum: Der dritte Irrtum lautet: „Diese zugewanderten Menschen sind sozial schwach und benachteiligt.“ Dies mag vielleicht gegenüber dem deutschen Durchschnitt gelten. Gegenüber  den Bedingungen in den Herkunftsländern stellt aber eine Hartz-IV-Existenz einen bedeutenden materiellen Gewinn und auch eine im Ursprungsland unerreichbare finanzielle Sicherheit dar. Die Sogwirkung des deutschen Sozialstaates besteht ungemindert, zumal da die deutsche Sozialpolitik weiterhin einen zweiten klug bedachten, weiterführenden Umbau des Systems scheut.

Hier ist insbesondere die Axt an die mittlerweile blühende Migrations- und Sozialindustrie zu setzen. Mir hat einmal eine Berliner Sozialarbeiterin erzählt, wie sie zwei Mal versuchte, mit einem türkischen, von Sozialhilfe lebenden Vater, der hier in Berlin aufgewachsen und  zur Schule gegangen ist, über Probleme mit einem Kind zu sprechen. Es war nicht möglich. Der Vater verstand auf Deutsch nicht, worum es ging. Auf Kosten des Staates musste zu den folgenden Gesprächen ein türkischer Dolmetscher beigezogen werden. Ein Fall von tausenden! Die Sozialarbeiter, die Berater, die Bewährungshelfer, die Dolmetscher usw., die unglaubliche Vielzahl an staatlich geförderten Initiativen, Vereinen, Beratungsstellen, Therapeuten usw. haben sich zu einer üppigen steuerfinanzierten Industrie ausgewachsen, die nichts mehr fürchtet als den Fortfall ihrer „Stammkundschaft“. Folglich verstehen die Vertreter dieser Industrie nichts besser, als unablässig die Öffentlichkeit von ihrer Unverzichtbarkeit zu überzeugen.

Ich rate zur Zurückführung der staatlichen Beratungs- und Förderleistungen. Sie sind aufs Ganze gesehen eher kontraproduktiv, weil sie Hilfeempfänger heranzüchten und Selbsthilfekräfte lähmen.

Das freigewordene Geld sollte zukunftsfähig investiert werden.

(Serie wird fortgesetzt.)

Kommentar aus dem heutigen Tagesspiegel:

Die Richtung geht verloren
Es waren und sind die Enkel von Migranten aus der Türkei, die oft genug mit so schlechten Deutschkenntnissen in die Schule kommen, dass ihr Weg in die Sackgasse schon in der ersten Klasse besiegelt wird. Sie sind Opfer der Illusionen von Bewegung ohne Veränderung, die ihre Eltern meist hilflos, die religiösen und politischen Führer in der Türkei oft genug sehr machtbewusst pflegen. Ihre Richtung aber hat die moderne Migration verloren, weil die Mehrheitsgesellschaften selbst vergessen haben, dass individuelles Menschenrecht und Demokratie eine unübertreffliche Orientierung für Menschen sind, die aufbrechen, um anderswo ihr Lebensglück zu machen.

 Posted by at 16:31
März 272010
 

Der Wettbewerb der deutschen Bundesländer um die beste Integrationspolitik ist entbrannt! Und das freut mich sehr. Denn bisher hatte das volkreichste Bundesland – Nordrhein-Westphalen – nahezu uneinholbar die Nase vorn: „Jedem Kind ein Instrument“ etwa ist so eine großartige Sache, die wir Berliner hätten zuerst vorlegen müssen!  Das erste Integrationsministerium bundesweit hat NRW, und mit Armin Laschet einen Vorzeigemacher, der obendrein ein konzeptionell starker Denker ist. Siehe sein Buch „Die Aufsteigerrepublik“, auf das natürlich Hinz und Kunz (und auch Klaus) sofort – also mit 3-4 Monaten Bedenkzeit – aufgesprungen sind.

Aber das von Burkard Dregger und Monika Grütters vorgelegte Papier „Gemeinsinn und Leistung“ ist es ebenfalls wert, genau studiert zu werden. Ich vernehme neue Töne, auch eine begriffliche Klarheit, die weit über das sloganartige „Fördern und Fordern“ hinausgeht.

Allein schon die Tatsache, dass Grütters und Dregger der Bundesrepublik so etwas wie „Nation building“ empfehlen, zeigt, dass sie den Ernst der Lage erkannt haben.  Denn Nation building, das ist ein Begriff, der eigentlich der Schaffung verbindlicher Institutionen in auseinanderfallenden oder erst entstehenden Gesellschaften vorbehalten ist, etwa Somalia oder Afghanistan. In Gesellschaften, die ihre innere Einheit erst noch erringen müssen. So wie unsere. Wir haben die innere Einheit noch nicht erreicht. Die dritte deutsche Einheit, also die zwischen den deutschen Einheimischen und den türkischen, russischen, arabischen, chinesischen …  Zuwanderen steht noch aus.

Ich halte Gemeinsinn – oder „Gemeindrang“, wie dies Goethes Faust nennt – und Leistung in der Tat für die beiden notwendigen, notwendenden Schlüsselbegriffe der Integrationsdebatte. Dass Dregger und Grütters dies bereits im Titel ihres Papiers ausdrücken, ist ihnen sehr hoch anzurechnen. Und dass sie ausdrücklich den Begriff „Vorbild“ im Untertitel nennen, ist ein weiterer Vorzug.

Lest das Papier, streitet darüber, redet euch die Köpfe heiß! Ich finde es sehr gut, wenngleich es mir – dem vielgeprüften Kreuzberger – in einigen Punkten noch zu weich, zu lieblich ist. Es ist dennoch ein großer, ja großartiger Wurf, der aufhorchen lässt.

Was sagt eigentlich der deutsche Politiker Badr Mohammed zu diesem Papier? Sabine Rennefanz berichtet heute auf S. 20  in der Berliner Zeitung:

Die alte CDU ist eine neue – Berliner Zeitung
Der aus dem Libanon stammenden Integrationsexperte Badr Mohammed, der in der Islamkonferenz saß, lobt das Integrationspapier: „Das ist ein Quantensprung für die CDU“, sagt er. Er ist inzwischen auch CDU-Mitglied, zuvor war er aus der SPD ausgetreten, weil ihn deren Integrationspolitik nicht überzeugte. Die Thesen zur Integration sind ein Zeichen, dass die CDU sich selbst integrieren will – als ernstzunehmende politische Kraft.

 Posted by at 12:50

„Ob die sich nen Daimler der C-Klasse leisten können?“

 Armut, Migration, Rechtsordnung, Sozialadel, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für „Ob die sich nen Daimler der C-Klasse leisten können?“
März 232010
 

23032010.jpg Die WELT liefert heute auf S. 29 eine Antwort. Es ist eine Familienkutsche! Die betreffenden Familien haben in Neukölln, Wedding und Spandau ganze Straßenzüge unter sich aufgeteilt.Die Basis des Lebensunterhaltes ist die Sozialhilfe. Darauf wird dann mit vereinten Kräften draufgesattelt. Und so kann man sich auch eine derartige dunkelstgetönte Kutsche leisten. So äußerte sich gestern Bodo Pfalzgraf, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Pokerraub: Polizei sucht den Kopf der Bande – Nachrichten Berlin – WELT ONLINE

 Posted by at 14:17
März 052010
 

Ein wahrer Schwall an Absichtsbekundungen gehört unvermeidlich zu den Begleiterscheinungen jedes großen, jedes überragenden Themas. Und eins dieser großen, vielleicht sogar DAS überragende Thema ist die Frage der Selbstreproduktion einer Gesellschaft. Wie schaffen wir Zukunft? Wie kehren wir das bereits jetzt stattfindende Auseinanderfallen der nachwachsenden Generation in ein Zusammenwachsen um?

Einer der sachkundigsten Soziologen zu diesem Thema ist der 1949 in Beirut geborene, im Libanon aufgewachsene Ralph Ghadban. Am 26.02.2008 hielt er in Essen einen Vortrag zur Frage: „Sind die Libanon-Flüchtlinge noch zu integrieren?“  Hier ist er nachzulesen:

die-libanon-fluchtlinge2.pdf (application/pdf-Objekt)

Ghadban zieht nach einer sehr genauen Analyse der Herkunftstraditionen eine schonungslose Bilanz: Enge Stammesverhältnisse und ein sektiererisches Islamverständnis führen nach seiner Einschätzung zu einer „kompakten Solidarität“, die ihrerseits wiederum das Entstehen krimineller Netze begünstigt.

Was ist zu tun?

„Jede Investition in die Sozialarbeit rentiert sich langfristig.“ Der Vf. schlägt gezielte Repression der in dieser Gruppe exorbitant hohen Kriminalität, auch durch Abschiebung, enge Kooperation verschiedener Behörden, aber auch „Zwangsintegration“ vor.

„Man muss die Gruppe zwingen, arbeiten zu gehen und bei mangelnder Bereitschaft die Sozialhilfe kürzen. Das ist inzwischen möglich, wird aber nicht konsequent umgesetzt.“

Letzte Forderung: Die Ganztagsschule. Eine Stärkung der Schule gegenüber den Familien hält Ghadban für unerlässlich. Zu diesem Zweck empfiehlt er nachdrücklich die Ganztagsschule.

Der Vortrag Ghadbans stimmt mich sehr nachdenklich.  Die einzelnen Feststellungen kann ich selbstverständlich nicht nachprüfen. Aber ihre Erklärungskraft ist erheblich. Ich kenne keine Analyse, die ihm widerspräche.

 Posted by at 15:19

Die neuen Deutschen kommen

 Migration  Kommentare deaktiviert für Die neuen Deutschen kommen
März 022010
 

Über die Post erreichte mich am Samstag eine Einladung zu einem Abend mit Mohammed Badr: Mi., 24.03.2010, 19.00 Uhr     Gemeinsam sind wir stark. Die neuen Deutschen

                     Vortrag und Diskussion mit Badr Mohammed

Wer hier lebt, gehört dazu und soll sich zu diesem Land bekennen können. Der Politiker, sozial- und interkulturelle Manager Badr Mohammed fordert ein Umdenken in der Integrationsdebatte. Ob Menschen mit oder ohne Zuwanderungsgeschichte, ob Christen, Muslime oder Konfessionslose – sie alle werden die Neuen Deutschen sein.  Was ist dran?
Ort:
Friedrichstädtische Galerie, Stresemannstraße 27, 10963 Kreuzberg-West (gegenüber dem Willy-Brandt-Haus, bitte klingeln). Presse ist eingeladen. Gäste willkommen.

Interessant! Komische Ortsangabe, es muss doch heißen: 10963 BERLIN! Egal. Den Abend werde ich mir grün & dick vormerken, auch wenn vielleicht die SPD dahintersteckt?? Wer steckt dahinter? Oder gegenüber?

Einen guten Kommentar zu dem Thema bringt auch die Badische Zeitung:

Kommentare: Die neuen Deutschen – badische-zeitung.de

 Posted by at 10:41
Feb. 122010
 

Freunde, diese ganze Bloggerei hier muss verblassen vor dem echten menschlichen Miteinander, dem direkten politischen Austausch von Angesicht zu Angesicht. Das habe ich gestern wieder einmal auf dem Stammtisch der CDU Friedrichshain-Kreuzberg im Glashaus erlebt. Politik entfaltet sich zunächst und zumeist in Stimme und Gestalt, in Blick und Wort. Deshalb ziehe ich in der Regel politische Versammlungen dem Forschen und Wühlen im Internet vor. Das Internet ist zwar eine notwendige Ergänzung des eigentlichen politischen Geschäfts. Der lebendige Austausch vor Ort darf und soll aber durch die virtuelle Sphäre nicht ersetzt werden. Wir brauchen die Stammtische, wir brauchen Menschen aus Fleisch und Blut in den Parlamenten und Regierungen. Wir brauchen politische Debatten auch ohne Fernsehen und ohne Internet.

„Die Reform des Steuersystems muss auf einen Bierdeckel passen!“, so sagte ein bunter Hund der Opposition vor Jahren. Gestern bekam ein anderer überall (außer in diesem Blog) eine Tracht Prügel, weil er irgendetwas von spätrömischer Dekadenz ausbreitete, was auf keinen Bierdeckel geschweige denn eine Kuhhaut passte.

„Ihr ‚Migranten‘ müsst euch zu Wort melden“, so schrieb ich gestern auf einen BIERDECKEL im schönen Restaurant GLASHAUS. Den Bierdeckel schob ich unauffällig einem Mit-Deutschen zu. Der Bierdeckel war mein gestriger Beitrag zur Reform der Integrationspolitik. „Melde Dich zu Wort“, flüsterte ich einer Mit-Deutschen zu, nachdem schon fünf Ohne-Deutsche lange und ausführlich geredet hatten. Dies waren gestern meine bescheidenen Beiträge zum Stammtisch über Integration, zu dem die CDU Friedrichshain-Kreuzberg geladen hatte.

Ort des Geschehens: das Glashaus, Linden- Ecke Ritterstraße. Referent: Burkard Dregger, den wir in diesem Blog bereits am 31.10.2009 vorgestellt hatten (bitte dort nachlesen). Unter der kundigen Leitung des Kreisvorsitzenden Kurt Wansner entfaltete sich eine sehr anregende, auf hohem Niveau geführte Diskussion.

Ich höre euch grummeln: „Mit-Deutsche„, „Ohne-Deutsche“ – was soll denn das? Verzeiht, damit meine ich Deutsche mit und Deutsche ohne Migrationshintergrund. Eine ach so wichtige, ach so folgenträchtige, ach so fundamentale Unterscheidung!

Ich selber bin jedoch der Meinung: Nach 6-12 Monaten in unserem Land ist man kein Migrant mehr. Man gehört dazu, hat Rechte und Pflichten eines Bürgers. Man bedarf dann keines Sonderstatus mehr. Keiner Sozialarbeiter, keiner Fördermaßnahmen. Wie gut gefiel es mir, als eine Mit-Deutsche gestern klagte: „Obwohl ich einen türkischen Namen habe, bin ich Deutsche. Ich bin hier aufgewachsen, studiere an der TU. Es kränkt mich, wenn ich immer mit dem Etikett Migrationshintergrund abgestempelt werde.“

Brauchen wir also überhaupt noch Integrationspolitik? Dregger legte sich und uns diese Frage vor. Manche CDU-Parteifreunde im schönen Wedding (Nähe Soldiner Straße) hätten ihm gegenüber diese Meinung vertreten. „Es hat doch alles nichts gebracht! Weg mit der Integrationspolitik!“ Dregger sondierte mit derartigen Ködern sozusagen das Terrain … er nahm uns, seinen Zuhörern, den Puls ab.

Äußerst geschickt stellte Dregger sich als Quereinsteiger, als Neuling dar, der den Vorteil des Unerfahrenen mit sich bringe. Er sei neugierig, habe viel gelesen und zugehört, wolle Meinungen und Erfahrungen in verschiedenen Bezirken auflesen und dann in ein Thesenpapier zusammentragen, das auf einem Sonderparteitag im Frühjahr 2010 vorgelegt werden solle. Na bitte, ein zuhörender, ein lernender Politiker – großartig!

Aber beim Zuhören blieb es nicht. Dregger führte doch recht klar aus, wie er sich gelingende Integration vorstellt. Er tat dies in einprägsamen, positiven, zur Zustimmung einladenden Formulierungen.

Dregger hob immer wieder den Gedanken der Werbung hervor. „Die bloße Einhaltung der Gesetze genügt nicht. Wir sollten alle, die bei uns leben, für unsere Ideale begeistern.“ Die Deutschen könnten stolz auf dieses freiheitliche System sein, in dem sie lebten. Es sei der beste denkbare vorläufige Endpunkt einer mehr als 2000 Jahre dauernden  Entwicklung von den Hochkulturen der Antike, der Christianisierung Europas hin zu den Werten der Aufklärung, den bürgerlichen Revolutionen, der Erklärung der Menschenrechte, und letztlich zum Grundgesetz mit dem unübertroffenen Spitzensatz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.“

Ein Traum, den ich schon lange hegte, wurde gestern abend auf dem CDU-Stammtisch wahr! Endlich einmal steuerte eine Mit-Deutsche fundiert etwas zu den Herkunftsländern der Zuwanderer bei. Ich meine nämlich, man kann die Zuwanderer nur verstehen und integrieren, wenn man etwas weiß über die Länder, aus denen sie kommen. Dazu bin ich sehr neugierig auf die türkische Verfassung, auf das syrische, das libanesische Schulwesen, das ägyptische Parlament.

Die oben bereits erwähnte mit-deutsche Studentin – neben der ich zufällig saß – kontrastierte die türkische Verfassung mit dem deutschen Grundgesetz: „In der Türkei herrscht ein vollkommen anderes Staatsverständnis“, erklärte sie uns. „Nicht die Würde des Menschen steht an erster Stelle, sondern der Schutz des Staates.“

Zitieren wir doch wörtlich aus der Präambel der türkischen Verfassung:

Diese Verfassung, die die ewige Existenz des türkischen Vaterlandes und der türkischen Nation sowie die unteilbare Einheit des Großen Türkischen Staates zum Ausdruck bringt, wird, um entsprechend der Auffassung vom Nationalismus, wie sie Atatürk, der Gründer der Republik Türkei, der unsterbliche Führer und einzigartige Held, verkündet hat […]

Besonders aufmerksam lauschte ich gestern den türkischen Parteifreunden. (Araber oder Polen waren leider keine da). Sie berichteten vom häufigen Gefühl der Diskriminierung. Einer fragte, ob man nicht statt von Integration besser von Partizipation sprechen sollte.  Wir hörten einander alle aufmerksam zu, jeder durfte etwas beisteuern.

Eine Sternstunde der politischen Debatte – klug moderiert und mit umfassendem Detailwissen bereichert von unserem  Kreisvorsitzenden Kurt Wansner.

Meine persönliche Bilanz:

1) Der Abend im Glashaus brachte ein sehr gutes, in die Tiefe gehendes Gespräch. Der Grundansatz von Burkard Dregger scheint mir vollkommen richtig: selbstbewusstes Werben für unser Land, keine Vorwürfe gegenüber denen, die noch nicht ganz „angekommen“ sind in unserem Land, aber eben auch keine rückgratlose Verbeugung vor dem Wischi-Waschi der Allesversteher und denen, die sich dauerhaft und über Generationen hinweg auf Sozialleistungen verlassen. Die Integrationspolitik sieht sich in Berlin einer außerordentlich schwierigen, fast verfahrenen Situation gegenüber. Die Probleme werden größer, nicht kleiner. Vorbilder gelingenden Lebens sind wichtig, auch wenn sie vielerorts in der Minderzahl sind.

2) Persönlich bin ich mittlerweile zur Ansicht gelangt, dass wir alle – also der deutsche Staat – mehr Klarheit zeigen sollten gegenüber allen, die hierher kommen. Bitte mehr Kante zeigen! Wir müssen klar machen, dass die Menschen hier alle Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben haben, sehr viel mehr Freiheit haben, aber auch mehr Verantwortung tragen als in den Ländern, aus denen sie kommen. Der deutsche Sozialstaat kann in Übergangssituationen helfen, aber grundsätzlich sollte jeder Arbeitsfähige seinen Lebensunterhalt selbst erwerben.

3) Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss erleichtert, der Zugang ins Sozialsystem muss deutlich erschwert werden! Deutschland kann nicht die sozialen Probleme der arbeitslosen Staatsangehörigen der Türkei, Syriens, Libanons, Rumäniens lösen. Diese Länder müssen selbst Lösungen für ihre Bevölkerung erarbeiten. Insgesamt wird – so meine ich – durch den deutschen Staat zu viel gefördert und zu wenig von den Zuwanderern gefordert.

4) Angst vor Überfremdung? Ja! Habe ich persönlich durchaus! Oder besser gesagt: Angst vor Verlust des kulturellen Zusammenhalts der in Deutschland nachwachsenden Generation. Wir haben in der Schulklasse meines Sohnes hier in Kreuzberg eine deutliche arabische Schülermehrheit, eine türkische Schülerminderheit – und einige ganz wenige nichtmuslimische Kinder. Und dies etwa 2 km vom Deutschen Bundestag entfernt. Ich habe das Gefühl, dass hier in Kreuzberg wirklich vollkommen getrennte Kulturen nebeneinander her existieren. Und mein Sohn – irgendwo dazwischen, zwischen der russischen, der deutschen, der türkischen und der arabischen Kultur.

Besondere Besorgnis erzeugt in mir das Gefühl, dass in ganz Deutschland die große deutsche Musik von Bach bis Brahms, die große deutsche Philosophie von Kant bis Heidegger und Wittgenstein, die große deutsche Literatur mit Goethe und vielen anderen nach und nach verlorengeht, ersetzt wird durch Spielkonsolen und Videogames, elektronische Medien. Die zehnjährigen Kinder gucken heute durchschnittlich 210 Minuten pro Tag fern! Was sehen sie da? Die Zukunft unseres Landes?

 Posted by at 19:28