Wir sind alle Prinzen

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Juli 162009
 

15072009001.jpg Weniger als 2 Dollar am Tag – das steht den meisten Menschen in Ländern wie Niger, Mali, Tschad oder Demokratische Republik Kongo zur Verfügung. Sie sind arm. Nicht unsere ALG-II-Empfänger. Lest auf dem Rücken des hier schreibenden Bloggers die Namen einiger der ärmsten Länder! Das Sportbecken im Prinzenbad ist endlich wieder freigegeben! Allerdings fehlen die Startblöcke, von denen aus die „Prinzen“ ihre Köpper ins Wasser setzten. Wir berichteten über diese Prinzen mehrfach in unserem Blog, so etwa am 07.03.2009.

Wir kaufen den Ferienpass des Berliner Senats für Schulkinder.  Er kostet 9 Euro. Wie lange müsste eine Landarbeiterin in Mali oder Niger dafür arbeiten? Ich glaube: etwa 2 Tage, dann hätte sie genug Geld, damit eins ihrer Kinder kostenlos über die Sommerferien ins Prinzenbad gehen könnte. Übrigens: Badewasser muss Trinkwasserqualität haben! 1,1 Milliarden Menschen etwa weltweit haben nach Angaben des Auswärtigen Amtes keinen Zugang zu Trinkwasser. Sie würden ihren kärglichen Verdienst sicher eher für Trinkwasser als für so einen Ferienpass ausgeben. Zugang zu sauberem Wasser ist eine, vielleicht die wichtigste Hauptforderung der Armutsbekämpfung! Die meisten Kleinkinder sterben nicht an Hunger, sondern an Krankheiten, die sie sich wegen verschmutzten Wassers zuziehen.

Wir schwimmen in dem, was 1,1 Milliarden Menschen fehlt.

Wenn man das bedenkt, muss man sagen: Wir alle sind Prinzen!

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März 072009
 

Und noch etwas erfüllt mich mit Stolz: Sogar in vielgelesene Bestseller schafft es mein Heimatbezirk. Diesmal also: das Prinzenbad, nur einen Steinwurf vom Kottbusser Tor entfernt. Wir berichteten in diesem Blog bereits mehrfach in Wort & Schrift daraus – denn ich versäume es nie, eine Dauerkarte für das Familienbad zu lösen.

Necla Kelek dolmetscht in ihrem spannenden Buch „Die verlorenen Söhne“ für uns, was sie im Sommer 2005 am Kreuzberger Beckenrand sah und hörte. Zuerst berichtet sie, wie die Mutter des späteren Sultans Murat III., Nurbanu, im Jahre 1574 die anderen fünf rechtmäßigen Söhne seines Vaters Selim II. aus der Welt schaffen ließ: Sie ließ die Prinzen in Säcke nähen und vom Topkapi aus in den Bosporus werfern. Sie „ertranken“ im Meer. In einem kühnen Sprunge blendet die Autorin dann ins Kreuzberg des Jahres 2005 über und schildert die Prinzen des heutigen Tages:

Die „Prinzen“ treten meist in Gruppen auf, vier bis sieben Jungen zwischen sechs und sechzehn Jahren, die zusammengehören, meist Brüder, zumindest Cousins, die alles gemeinsam machen. Was sie machen, bestimmt der Abi, der Älteste. Man geht gemeinsam zum Springen, isst gemeinsam, liegt gemeinsam auf dem Handtuch. Alle tragen weite Shorts, vom Bauchnabel abwärts bis zu den Knien, keiner trägt eine enge Badehose. Die Kinder unterhalten sich nicht, sie scherzen auch nicht, sondern sie schreien (auf Türkisch): „Spring oder ich fick dich“, „ich fick deine Mutter“, so als bestünde Türkisch für diese Jungen nur aus diesen Worten.

Die Abis sind die Könige des Beckenrands. Sie sehen den deutschen Mädchen nach, kontrollieren mit routiniertem Griff den Sitz ihres Genitals, erteilen den Kleinen gnädig Genehmigung zu springen oder auf die Toilette zu gehen. Der eigene Rang wird durch ständige Kontrolle der Jüngeren unterstrichen.

Na, solche Negativberichte schrecken natürlich viele deutsche Familien vom Besuch des Prinzenbades ab. Schade. Wir gehen trotzdem regelmäßig hin. Ab und zu quatsche ich mit den türkischen Jungs, die über die Zäune klettern. Mein Eindruck: Da ich ein erwachsener Mann bin, der sich nicht ins Bockshorn jagen lässt, respektieren sie mich. Zumal ich vom Alter her bei weitem der Abi ihres Abis sein könnte.

Dennoch: Kommt ins Prinzenbad, nehmt Keleks Buch mit, staunt, vergleicht, redet mit den türkischen Jungs vor Ort. Hat die Autorin recht mit ihrem Bericht?

Hier noch die Quellenangabe (bewundernswertes Buch, bewundernswerte Frau!):

Necla Kelek: Die verlorenen Söhne. Plädoyer für die Befreiung des türkisch-muslimischen Mannes. Taschenbuchausgabe Oktober 2007. Wilhelm Goldmann Verlag München. 8,95 Euro. Hier: S. 146-147

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Wasser, Sonne, Karneval in Kreuzberg

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Mai 092008
 

prinzenbad_06052008.jpg Kreuzberg zeigt sich derzeit von seinen schönsten Seiten. Das vielgerühmte Prinzenbad bietet zum Glück wieder die Saisonkarte an. Preis für Erwachsene: 220.-. Da wir fast täglich für 30 oder 40 Minuten in diesem Sommerbad Urlaub machen wollen, lohnt es sich. Wir besitzen die Eintrittskarten in diese großzügig gestaltete Bade- und Parklandschaft! Die Sonne spielt auch mit, und morgen beginnt der Karneval der Kulturen!

Die Zeitschrift zitty widmet aktuell unserem Bezirk ein Themenheft. Schwerpunkt: Wohnen am Wasser. Besonderes erwähnenswert: Ideen des Ingenieurs Ralf Steeg, den Landwehrkanal aufzuwerten: durch Klärung der Niederschlagswasser soll Badewasserqualität erreicht werden, alle Uferzonen sollen zum Verweilen und Flanieren eingerichtet werden. Realistisch? Soll man sich immer nur mit dem Machbaren begnügen? Braucht man nicht manchmal auch kühne Visionen? War Venedig etwas Machbares, mit seinen zehntausenden von Eichenpfählen, die in sumpfigen Grund gerammt wurden?

Kreuzberg bietet so viel!Unser Foto zeigt den verlockenden Blick auf das Kaltwasserbecken im Prinzenbad. Be berlin? I wo: Schnatter schnatter bibberlin!

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