Feb. 232010
 

22022010007.jpg Schöner, guter, aufschlussreicher Abend bei der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung gestern am Kürfürstendamm! Armin Laschet, der Minister aus Nordrhein-Westfalen, stellt sein Buch „Die Aufsteigerrepublik“ vor, das dieses Blog leider viel zu spät, erst 2 Monate nach Erscheinen, nämlich am 05.12.2009 rezensiert hatte.

Laschet gelang es gestern, sein Anliegen erzählend, erklärend, „mit kurzem Aufschlag“ in etwa 15 Minuten zusammenzufassen. Serve, Volley, Punkt gemacht! Seine Botschaft: Deutschland ist „ganz oben“ und „ganz unten“ in Strukturkonservatismus erstarrt. Vorstandsvorsitzendenfamilie gebiert Vorstandsvorsitzendenfamilie. (Ich ergänze: Graues Kloster gebiert Graues Kloster). Hauptschule gebiert Hauptschule. Hartz-IV gebiert Hartz IV. Und so weiter. Laschet dagegen: Das Land braucht die Aufsteigergesinnung! Das Einwanderungsland muss allen die Sprossen zum Aufstieg bereitstellen. „Wir haben uns versündigt.“ Klares Schuldbekenntnis der deutschen Politik steht bei Laschet am Anfang, wie in der katholischen Messe! Peccavimus! Wunderbar, mirabile dictu!

Was mir besonders gefällt: Laschet erkennt, dass das ganze Thema keine Frage der Verteilungspolitik, keine Frage der Finanzen ist – sondern eine Sache des Umdenkens!

Ich spitzte die Ohren. Von Laschets Ansichten war ich vorher schon begeistert, blieb es auch gestern. In den Plaudereien mit den türkischen Unternehmern vor der Lesung hatte ich schon gesagt: „Ich halte dieses Buch für einen großartigen Wurf! Für einen Quantensprung in der ganzen Integrationsdebatte!“

Interessant die Aussprache nach der Lesung. Es kamen, – was?  Die üblichen Forderungen, wie gehabt: DAS PUBLIKUM: „Ihr müsst den Lehrern mehr Gehalt zahlen, dann werden auch Abiturienten mit Zuwanderungsgeschichte Lehrer werden.“ LASCHET: „Die wenigen Abiturienten mit Zuwanderungsgeschichte wollen lieber Ärzte, Anwälte oder Unternehmer werden, – aber nicht aus Geldgründen.“ DAS PUBLIKUM: „Wir brauchen kleinere Klassen, bei 36 Schülern ist kein sinnvoller Unterricht möglich, egal ob deutsche oder migrantische Kinder.“

Hierauf würde ich erwidern: Einspruch! Auch bei Klassenstärken von 50 Kindern ist sinnvolles Lernen möglich, wie in der multiethnischen Sowjetunion und im Nachkriegsdeutschland vorgeführt. Und wir haben in Berlin schon Klassenstärken in den sozialen Brennpunkten von oft unter 25 Kindern, eine zweite Lehrkraft ist routinemäßig im Raum. Was wollt ihr noch? Wer soll das bezahlen? Das ganze Berliner Schulwesen wird doch derzeit umgekrempelt!

Und noch einige andere Forderungen an die POLITIK äußerte DAS PUBLIKUM. Wie gehabt. Die Ansprüche an den allzuständigen Versorgerstaat sind weiterhin sehr hoch, das trat mir gestern wieder einmal sehr deutlich vor Augen. Das ist aber nicht die Aufstiegsmentalität, welche einzelne Politiker wie etwa Armin Laschet und neuerdings in seinen Fußstapfen sogar der Berliner Regierende Bürgermeister zu entfachen versuchen.

Der Groschen in der deutschen Integrationsdebatte ist noch nicht gefallen. Die goldenen Einsichten eines Armin Laschet sind da, man kann sie nahezu kostenlos abrufen. Niemand widerspricht ihnen mit sachhaltigen Gründen. Das Buch ist „wasserdicht“, faktengesättigt, es verströmt Zuversicht, Weisheit und Güte. Was wollen wir mehr?

Der Politiker Laschet hat mit seiner „Aufsteigerrepublik“ vorgelegt, wie es besser eigentlich nicht denkbar ist. Unsere Schulen sind viel besser als ihr Ruf. Der Ball muss nun zurückgeschlagen werden. Durch wen? Durch uns! Die Bürger müssen es jetzt stemmen. Wir armen Bürger müssen anfangen zu klettern. Wir tun es nicht. Warum? Es geht uns noch zu gut.

Und zwar denke ich mir das in all meiner Einfalt so: Nach dem 2. Weltkrieg lag das Land am Boden. Es gab nichts zu verteilen. Man brauchte den Erfolg. Und man hat ihn sich erarbeitet. Heute wird das ganze wieder verfrühstückt. Jede Kategorie will mehr abhaben von dem Kuchen, der mittlerweile durch heftige Staatschulden vorfinanziert wird. Durch wen? Durch unsere Kinder.

Kaum haben wir Jungs 300 Euro zusammen, mieten wir einen BMW Z3 für einen Tag. Für einen Tag groß rauskommen! Darum geht es uns Jungens. Wir kennen uns doch 🙂

Im U-Bahnhof ADENAUERplatz (sic!) fiel mir danach ein Plakat von Misereor ins Auge: „Gott kann nicht alles regeln.  Uns bleibt genug zu tun.“ Wer war mit ER gemeint? Der STAAT? Oder GOTT? Soll der gütige Versorgerstaat Gott spielen?

Mein Vorschlag zur Güte: Alle diese Veranstaltungen, wo man einander in guten Ansichten und Einsichten bestärkt, sollten abschließen mit einer Besinnung: „Was können wir tun? Was können wir ändern?“

Jeder Zuhörer sollte aufgefordert werden, eine Selbstverpflichtung abzugeben. Etwa so: „Ich werde morgen meine Nachbarn zum Tee einladen!“ Oder so: „Ich werde meine Kinder nicht mit dem Van zur Elite-Grundschule fahren, sondern melde sie in der staatlichen Kreuzberger Grundschule um die Ecke an.“ „Ich gebe meine Scheinadresse auf!“ „Und ich ziehe in ein Viertel um, wo sonst nur Hartz-IV-Empfänger wohnen!“ „Und ich mache meine Hausaufgaben!“ „Ich lerne Arabisch mit meinem Nachbarn!“ „Und ich lerne ein Goethe-Gedicht!“ „Ich schreibe ein Gedicht in deutscher Sprache!“

Wäre das ein Opfer? Ja! Selbstverständlich. Ein Opfer, das hundertfältige Frucht bringt.

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Graues Kloster oder Willy-Brandt-Sekundarschule?

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Feb. 222010
 

Die starke Sonderung der Berliner Schüler nach ethnischer Herkunft, Wohnort und Bildungsgrad der Eltern setzt in Berlin bereits im Vorschulalter ein und zieht sich dann bis zum Abitur, ja bis ins Erwerbsleben bzw. Hartz-IV-Existenz durch. Diese Segregation geschieht – so meine ich – völlig unabhängig von den Schulformen und den Schul-Reformen. Sie würde vermutlich auch in einem Einheitsschulwesen bestehen bleiben. Dennoch leisten unsere Pädagogen Hervorragendes – sie versuchen ihr Bestes, um den ihnen anvertrauten Schülern den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen.

Wir müssen wegkommen vom Fatalismus der Segregation.

Ein weiteres Beispiel hierfür bringt soeben die Berliner Zeitung:

Vom Sinn des Lernens – Berliner Zeitung
Über 85 Prozent der Schüler der Willy-Brandt-Gesamtschule kommen aus türkisch- oder arabischstämmigen Familien. Schulleiter Wilfried Kauert hat schon vor anderthalb Jahren seine Schule aus eigener Initiative umgestaltet. Bald ist sie die erste Sekundarschule Berlins. Kauert hatte ein Schlüsselerlebnis: Im Matheunterricht wollte er das Prozentrechnen durchnehmen. Ein Schüler fragte, wofür man das denn brauche, und Kauert sagte, damit könne man später seine Steuererklärung selbst machen. Das konnte der Schüler nicht nachvollziehen.

„Ich denke, der Steuerzahler kommt für uns auf“, sagte er. In Form von Hartz-IV-Zuweisungen, mit denen eine vielköpfige Familie hier meist über die Runden kommt. Solchen Fatalismus will Schulleiter Kauert seinen Schülern austreiben.

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Armutsgequatsche wirksam bekämpfen!

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Feb. 182010
 

Herzerbarmende Bilder und Statistiken über die statistisch herbeigezauberte Armut flattern auch heute über den Bildschirm. Der Tagesspiegel macht im Internet mit der Rückenansicht eines wohlgekleideten Jungen auf. Er schaut auf einen menschenleeren Spielplatz. Niemand ist da. Er ist so allein! Hilfe! Armer Junge!

Armer Junge! Wer redet dir denn ständig ein, dass du arm bist? Lass dich nicht ins Bockshorn jagen!

Das Risiko liegt nicht darin, dass die Kinder weniger Geld haben als die Eltern.Das ist nicht so schlimm. Ich weiß es.

Das Risiko liegt viel stärker in der lebenslangen Beschäftigungslosigkeit, Arbeitslosigkeit, Faulheit. In der Mutlosigkeit. In der Staatshörigkeit weiter Teile der veröffentlichten Meinung.

Das Risiko liegt darin, dass viele Kinder nicht ertüchtigt werden, ihren Lebensunterhalt frei, selbstbewusst und ausreichend gebildet zu bestreiten. Materieller Wohlstand ist immer noch reichlich vorhanden. Das Geld wird falsch ausgegeben für Fernseher, Videospiele, Süßigkeiten en masse, von Alkohol und Zigaretten zu schweigen.

Geht doch erst mal nach Rumänien, geht nach Burkina Faso. Dann reden wir von Armut.

Aktuelle Nachrichten – Berlin Nachrichten

 Posted by at 09:21
Feb. 172010
 

Oft sehe ich Kinder und ihre Mütter, gerade aus der Türkei, hier in Kreuzberg ein Bonbon, ein Gummibärchen nach dem anderen essen. Gerade bei den Hartz-IV-Empfängern gibt es Süßigkeiten, Lakritze, Kuchen und Weißbrot satt. Und zwar freigebigst direkt aus der Tüte gefuttert und an andere Kinder verteilt. Das ist so. Das werden alle Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen hier in Kreuzberg bestätigen. Die Fehlernährung der Kinder liegt nicht am Geld, sondern am fehlenden Wissen. Geld für Süßigkeiten ist ja schließlich auch da.

Die Aufklärung über gesunde Ernährung  funktioniert nicht. Da ist sehr viel zu tun! Das Geld ist nicht entscheidend. Immer wieder verwechseln Journalisten die 3,11 Euro, die statistisch für Essen veranschlagt werden, mit dem tatsächlichen Ausgabeverhalten. Das kann mir niemand weismachen, dass für frisches Gemüse und frischen Salat kein Geld da ist. Das ist einfach Unsinn.
Ach ihr Journalisten, warum schickt ihr denn eure Kinder nicht zu uns Armen in die armen Bezirke??

Aber lest selbst den Kommentar aus dem Tagesspiegel:

Ein intakter Sozialstaat ist existenziell
Eine Vielzahl von Studien belegt, wie prekäre Lebensläufe beginnen – nur allzu oft bereits am Frühstückstisch: Arme Kinder ernähren sich in der Regel ungesünder als Kinder aus wohlhabenden Familien. Kein Wunder bei den schon erwähnten 3,11 Euro für Lebensmittel pro Tag für ein Kind. Viele Hartz-IV-Empfänger beklagen sich, dass bei diesem niedrigen Tagessatz das Geld für frische Nahrungsmittel nicht ausreicht. Hartz-IV-Kinder leiden infolge dessen häufiger unter Vitaminmangel, Abwehrschwäche, Konzentrationsproblemen und Übergewicht.

 Posted by at 22:36
Feb. 162010
 

Sozialismus oder spätrömische Dekadenz? Der Vergleich unserer Sozialstaatsdebatte mit dem marxistischen Sozialismus, mit seiner unerbittlichen sozialistischen Arbeitspflicht, seinen riesigen Lagern, dem GULAG, der oft tödlichen Zwangsarbeit in gewaltigen Infrastrukturprojekten, dieser Vergleich hinkt meines Erachtens gewaltig. Niemand schickt bei uns die Bürger zu Tausenden und Abertausenden zwangsweise auf die Lager-, Kraftwerks- und Kanal-Baustellen, wie dies Lenin, Stalin, Che Guevara, Castro und viele andere sozialistische Führer taten.

Aber der Vergleich mit dem spätrömischen Kaiserreich ist durchaus aufschlussreich! Im spätrömischen Kaiserreich bedienten sich die Macht-Eliten hemmungslos. Sie wirtschafteten in die eigene Tasche. Der Sinn für virtus romana, für die res publica, für die salus publica ging verloren. Selbstbereicherung herrschte. Auch im spätrömischen Kaiserreich wurden weite Teile der Bevölkerung wie heute durch staatliche Wohltaten alimentiert, durch üppige Spiele und Zerstreuung gefügig gehalten. Begüterte Oberschicht und minderbemittelte Unterschicht nahmen den Staat aus wie die sprichwörtliche  Weihnachtsgans (eine Redewendung, die allerdings erst später mit dem Christentum aufkam). Verantwortlich für das Ganze fühlten sich zwar einige der Kaiser, wie etwa Diokletian oder Konstantin, aber die Mehrzahl der Kaiser hatte alle Hände voll zu tun, den eigenen Machterhalt zu sichern, indem sie der einen oder der anderen Klasse oder Teilkategorie einen möglichst großen Anteil am öffentlichen Reichtum zuschanzten. Das Militär wurde zur wichtigsten Stütze der kaiserlichen Macht.

Richtig arbeiten, sparsam wirtschaften, ackern, säen, ernten – das wollten die verwöhnten Römer nicht mehr. Otium cum dignitate, das war das Ideal. Ich übersetze ins Deutsche: Abhängen in lässiger Coolness, Chillen in Tavernen und Bars, nur nicht die Hände schmutzig machen. Dann kamen die Eroberungsvölker aus dem Osten. Reiterstämme, Steppenvölker, Krieger. Und sie nahmen sich ebenfalls, was sie kriegen konnten. Letztlich krachte die Konstruktion zusammen. Die einigende Klammer war verlorengegangen.

Gespannt bin ich darauf, was die Althistoriker und die Volkswirtschaftler zu Westerwelles vermeintlichem „Amoklauf“ sagen werden!  Alle Meinungsforscher, alle Kommunikationsexperten, fast alle Politiker, die meinungsbildenden Zeitungen wenden sich von Westerwelle ab seit seiner leidenschaftlichen, ihm selbst schadenden Tirade, bei der ich mich allerdings als sein skeptischer Zuhörer, ja Unterstützer zu erkennen gab, der Westerwelles Argumentation nachzuvollziehen versuchte. „O wie unfein, Herr Westerwelle! So etwas tut man nicht als seriöser Politiker!“

Sein Fehler war vielleicht: Er griff nicht gleichzeitig mit der alimentierten Schicht auch die begüterte Oberschicht an, die Besserverdiener. Wenn er dies gemacht hätte, und dafür gibt es Gründe, wenn er die reichen Steuerhinterzieher, die überforderten Manager und die Aufsichtsräte angegriffen hätte, dann hätte man ihm kaum an den Karren fahren können.

Ich meine, man sollte Westerwelle nicht einfach so niederbügeln, wie man dies früher mit Sarrazin, mit Buschkowsky, mit Havemann, Djilas, Havel, Trotzkij und wie sie alle heißen, machte. Alle diese absoluten Minderheiten-Meinungsrebellen hatten etwas für sich. Sie legten den Finger in die Wunde. Sonst hätten sich die Mehrheiten ja auch nicht so über sie aufgeregt.

Mit Arnulf Baring bringt der Tagesspiegel heute ein Interview.

„Umverteilung können wir uns nicht leisten“
Brauchen wir denn, wie Westerwelle sagt, eine Neudefinition des Sozialstaats?

Unbedingt. Niemand kann permanent mehr ausgeben, als er einnimmt. Wir müssen unbefangen über unsere Prioritäten nachdenken. Wenn man der FDP jetzt vorwirft, sie sei konservativ oder populistisch, dann ist das Unsinn. Nicht die FDP, sondern zahlreiche Deutsche sind stockkonservativ in dem Sinne, dass sie unbedingt den bestehenden, unmäßigen Sozialstaat verteidigen wollen. Alle Sozialpolitiker machen sich immer nur Gedanken über zunehmende Umverteilungen. Wenn man sie fragt, woher das Geld dafür kommen soll, halten sie sich nicht für zuständig.

Baring übertreibt und verschweigt. Bedenkenswert ist aber zweifellos Barings Befund, dass die anderen vier Parteien in wesentlichen Teilen mit der Umverteilung öffentlicher Gelder beschäftigt seien oder gewesen seien (mal abgesehen von der SPD-geführten Schröder-Bundesregierung mit ihrer heftig angegriffenen Hartz-IV-Reform, von heftig befehdeten Einzelkämpfern wie dem damaligen Finanzsenator Sarrazin, den aber Berlin nicht mehr haben wollte).

Sicher: Wir Berliner können nicht klagen. Ach, Berliner! Ihr habt doch immer noch beheiztes Wasser in den Freibädern. Uns geht es doch sehr gut! Wir in Berlin haben einen Haushalt von jährlich 19 Milliarden Euro, den uns die anderen Bundesländer etwa zur Hälfte schenken! Niemand braucht selber Eis zu hacken, dafür haben wir ja den STAAT.

Also: Berlin ist REICH. UND SEXY!

Wo bleibt die CDU in diesem Circus Politicus Maximus? Die CDU hätte in ihrem programmatischen Grundbestand eigentlich das Zeug dazu, das vorherrschende Selbstbereicherungs- und Umverteilungsparadigma zu durchbrechen. Sie sollte die zaghaften Ansätze dazu, die in der SPD und der FDP zu besichtigen sind, entschlossen aufgreifen und mit ihrer Subsidiaritätslehre zu vereinen suchen, die aus der katholischen Soziallehre stammt. Eherne Voraussetzung dafür wäre, dass endlich einmal eine Partei den Mut aufbrächte zu sagen: Wenn ihr uns wählt, werdet ihr weniger Geld vom Staat bekommen. Der Staat wird euch weniger schenken. Diese Botschaft müsste man den Bankern, den Aufsichtsräten  und Finanzhaien ebenso zurufen wie der wachsenden Schicht derer, die sich vollständig auf staatliche Alimentierung verlassen.

Der Staat müsste also wie ein guter Vater zu seinen volljährig werdenden Kindern sagen: „Ich schenke dir weniger Taschengeld. Lerne, auf eigenen Füßen zu stehen!“

Subsidiarität, das bedeutet: Zunächst einmal ist die untere Ebene verantwortlich: Der einzelne ist verantwortlich, dass er bei Glätte nicht ausrutscht. Nicht der Staat. Wenn es dem einzelnen nicht zuzumuten ist – dann muss die nächsthöhere Ebene einspringen. So ergibt sich die winterliche Räumpflicht der Hauseigentümer für die Gehwege. Da es den Hauseigentümern nicht zuzumuten ist, auch noch die Straßen vor dem Grundstück freizuhalten, muss der Staat einspringen. So ergibt sich die Räumpflicht der öffentlichen Hand für die Straßen. Alle diese Pflichten hat der demokratische Gesetzgeber nach reiflicher Überlegung eingeführt.

Aber nirgendwo hat der demokratische Staat die völlige Fürsorge für Wohl und Wehe der einzelnen Bürger übernommen. Das Wohlergehen, der Wohlstand der einzelnen Bürger ist im Wesentlichen Sache der Bürger selbst. Der demokratische Staat wächst im Gegensatz zum Fürstenstaat von unten auf. Er stützt sich auf den Fleiß der Menschen, auf Gemeinsinn, Redlichkeit, Gerechtigkeit, auf Fürsorge der Menschen füreinander. Auf die Verantwortung aller für das Ganze. Diese Tugenden gilt es wiedezubeleben.

Ich vermute – genau dies wollte Westerwelle sagen. Und genau darin gebe ich ihm recht.

 Posted by at 17:02

Der Sozialstaat pumpt Geld und vermehrt die Armut

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Feb. 142010
 

Guter Beitrag von Gunnar Heinsohn in der WELT vom 08.02.2010! Endlich einmal wird anhand von Zahlen nachgewiesen, dass unser Schulsystem nicht die Ursache dafür ist, dass so viele Schulversager den Weg in den Arbeitsmarkt verfehlen, sondern eine völlig verfehlte Setzung von Anreizen in der Sozialpolitik. Inhaltlich treffen Heinsohns Bemerkungen ins Schwarze,  jeder Spaziergang durch unser heimatliches Kreuzberg oder Wedding wird ihn bestätigen.

Jetzt muss die deutsche Politik erst einmal die vorwärts weisende Sozialpolitik eines Bill Clinton studieren. Dann wird man daran gehen, die schweren Fehler der vergangenen Jahrzehnte offen einzugestehen. Und dann wird man durch gesetzliche Reformen den Weg zur Abhilfe schaffen. Den ganzen Artikel von Heinsohn empfehle ich unseren Sozialpolitikern dringend zur Lektüre.

Gesellschaft: Der Sozialstaat pumpt Geld und vermehrt die Armut – Nachrichten Debatte – WELT ONLINE
Weil in Deutschland die Herkunft den Schulerfolg stärker prägt als in anderen Ländern, könne das nun einmal nur an den Schulen liegen. Wenn aber Deutschland überdurchschnittlich vielen Schulversagern aus aller Welt eine Heimstatt bietet, dann könnte auch genau darin der Grund für die unterdurchschnittliche Akademikerquote liegen. Denn es ist zugleich Deutschland, das als erste entwickelte Nation in einer negativen Bildungsspirale steckt, obwohl das Schulsystem ständig reformiert und besser finanziert wird. Abschlüsse werden immer leichter gemacht und dennoch schaffen die 25- bis 34-Jährigen nicht mehr akademische Grade als die 55- bis 64-Jährigen mit ihren damals vergleichsweise ärmlichen Bedingungen und Behandlungen mit Schwarzer Pädagogik.

 Posted by at 21:28
Feb. 112010
 

08022010008.jpg Etwa 10% der Bevölkerung des spätrömischen Kaiserreiches – so schätzen Historiker – lebten dauerhaft, über Generationen hinweg auf Kosten des Staates. Ihnen wurden regelmäßig Getreidespenden verteilt, für die Unterhaltung sorgten die zirzensischen Schauspiele in den riesigen Amphitheatern: „panem et circenses“, mit diesem Rezept hielt sich das Kaiserreich Umstürzler und Republikaner vom Leib. Erst die gewaltsame Eroberung einzelner Provinzen durch andere Stämme sowie die gewaltlose Unterwanderung durch die Germanen führten über anderthalb Jahrhunderte hinweg zum Zerfall dieser riesigen Herrschaft. Es gab nichts mehr zusätzlich zu verteilen, der bewohnte Erdkreis war ja schon weitgehend unterworfen, und von außen her sickerten Germanen und andere Stämme ein.

Der Wohlstand, die unermessliche Pracht des Imperiums beruhte auf der Ausbeutung der Provinzen, auf militärischer Eroberung neuer Länder und nicht zuletzt auf der Sklavenhaltung.  Alle drei Optionen – Ausbeutung fremden Landes, Eroberung, Sklavenhaltung – verbieten sich für die Bundesrepublik Deutschland von vorneherein.

Es bleibt nur, den Wohlstand durch Fleiß, Geschick und durch eigene Anstrengung zu erhalten und womöglich zu mehren.

Diese fundamentalen Zusammenhänge rückt zurecht Guido Westerwelle heute in einem Beitrag für die WELT ins Licht.

Guido Westerwelle wirft der Hartz-IV-Debatte zu Recht eine Schieflage vor. Es gehe nur noch darum, wie jeder ein Maximum für sich heraushole. Es werde nicht mehr davon gesprochen, was jeder einzelne für seinen eigenen Wohlstand tun müsse. Ich stimme Westerwelle in seinen wesentlichen Gedankengängen zu, wenn ich auch glaube, dass für Steuersenkungen kein Spielraum da ist.

Ich meine: Die Steuern lassen sich kaum senken. Wir brauchen ein einfacheres Steuersystem (wesentlich gerechter wird es wohl kaum werden). Und die Staatsausgaben müssen gesenkt werden. Die staatlichen Subventionen müssen abgebaut werden, die massive Steuerflucht und Steuerhinterziehung reicher Deutscher muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gestoppt werden.

Außerdem bin ich für die Volksschule! Ein einheitliches Volksschulwesen, in dem von Anfang an Leistung und Fleiß geachtet wird. Diese ständige Perhorreszierung der „Einheitsschule“ oder gar der „sozialistischen Einheitsschule“ – wie sie leider auch Westerwelle heute bekräftigt – ist Unsinn. Unser Schulwesen ist viel zu zersplittert, zu unübersichtlich, hat zuviele Aussteiger. 16 Bundesländer, in denen dann für dieselbe Altersstufe bis zu 6 verschiedene Grundschultypen nebeneinander bestehen. Nein, gerade in einem einheitlicheren Grundschulwesen kann der Leistungsgedanke besser zur Geltung kommen!

Ein Sparvorschlag: Wir brauchen kein beheiztes Badewasser im Kreuzberger Prinzenbad. Beheiztes Wasser in einem Sommerbad, das halte ich für unnötigen Luxus, den wir uns nicht leisten können. Wir sind keine Prinzen! Und derartige Sparvorschläge kann ich stapelweise liefern.

Durch eine kräftige Erhöhung von Hartz IV wird die fulminante Staubsaugerwirkung unseres Sozialsystems noch einmal zunehmen! Der „Staubsauger“ erzeugt einen trichterartigen Sog, der weit in andere, in ärmere Länder hineinreicht. Wer in dem Trichter lebt, der wird über die Jahre hinweg nach und nach von Lähmung befallen. Es gibt keinen Anlass, den Trichter wieder zu verlassen. „Brot“ und „Spiele“ werden weiterhin zuverlässig ausgespendet.

Dies gilt vor allem für Berlin, für Bezirke wie Kreuzberg oder Neukölln.

Ich verfolge amüsiert die Debatte über die Eisbeseitigung auf Berlins Bürgersteigen! Auch hier wird sofort lautstark nach dem Staat gerufen. Wowereit soll es persönlich richten! Das Ganze trägt bizarre Züge, das Ganze riecht schon sehr stark nach Sozialismus. Der Staat soll den Bürgern alle Kümmernisse, alle Sorgen abnehmen. Auch wenn so eine Eisschicht nur einmal in 20 Jahren vorkommt – der Staat muss angeblich darauf gerüstet sein! Spinnen wir den Gedanken aus: Denkbar wäre die Schaffung einer aus Steuermitteln bezahlten „Schnellen Eishack-Eingreif-Truppe (SEET, englisch: Rapid Ice Hacking Reaction Force), die jederzeit vorgehalten wird. Da ließen sich wieder viele Stellen im öffentlichen Dienst schaffen! So läuft es doch! Bedarf erkannt? Bedarf abgedeckt durch öffentliche Mittel!

Wie sagte doch Goethes Mephisto?

„Nimm Hack und Spaten
grabe selber
dann wirst du deine Sorgen los
und eine Herde goldner Kälber
sie reißen sich vom Grunde los.“

Also, Bürger: Nehmt Hack und Spaten, wenn euch das Eis stört – aber ruft bitte nicht erneut ständig nach Vater Staat.

Das Bild zeigt eine Schuhsohle des Bloggers. Die Stiefel sind von der Marke Lloyd.  Sie haben zwei umklappbare Metalldorne. Ich trage diese Schuhe ständig. Das Eis kann mir nichts anhaben und ich kann sogar alten und jungen Damen den Arm reichen. Ihr seht: Man braucht nicht immer den Staat.

Gastkommentar zu Hartz IV: An die deutsche Mittelschicht denkt niemand – Nachrichten Debatte – WELT ONLINE
Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst. Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.

 Posted by at 14:09

Trichtermigration: perspektivlos oder Dauerveranstaltung?

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Feb. 022010
 

26012010005.jpg Seit vielen Jahren lebe ich in der Nähe des Kottbusser Tores. Und eigentlich ärgere ich mich, wenn wieder einmal behauptet wird, das Leben dort sei „perspektivlos“. Nein, das Gegenteil ist richtig! Nehmen wir nur das Prinzenbad! Wo sonst gibt es ein so tolles Schwimmbad, in dem sogar das Badewasser vorgewärmt wird?

Da sich kaum etwas verschlechtert hat und das meiste gleich geblieben ist, kann man sagen: Die Perspektive ist da – es geht so weiter wie bisher. Wieder einmal steckt der Staat zusätzliche 40 Millionen Euro in den Bezirk, auf dass es so bleibe, wie es ist! Und da wir alle Gewohnheitstiere sind, fühlen wir uns da wohl, wo alles bleibt, wie es ist. Der Tagesspiegel schreibt heute:

Leben am Kottbusser Tor – perspektivlos wie immer
Die Außensicht auf den Kotti entspreche nicht dem Lebensgefühl der Menschen, die hier wohnen, sagt Atrache- Younes. Bei einer Befragung hätten 90 Prozent der Anwohner angegeben, sie fühlten sich wohl im Kiez. „Viele Einwanderer haben sich hier ihr Zuhause eingerichtet“, ein Stück Heimatgefühl nach Deutschland geholt. Das könne sie durchaus nachvollziehen, sagt Atrache-Younes, die aus Syrien stammt.

Wer schnöde und kalt das Leben am Kotti perpektivlos nennt, beweist auch seine Ignoranz gegenüber den Herkunftsländern. Denn der deutsche Sozialstaat bietet genau das: eine Dauerperspektive über mehrere Generationen hinweg.

Ich wette: Allen, die hierherziehen, geht es in Deutschland weit besser als etwa in Syrien, Libanon oder Türkei. Es gibt hier in Berlin geschlossene arabisch- oder türkischsprachige Wohngegenden. Und auf Almosen ist man bei uns nicht angewiesen, denn der deutsche Sozialstaat sorgt in vorbildlicher und verlässlicher Weise dafür, dass es zu keiner echten Armut kommt, wie sie die Menschen in Syrien, Libanon oder der Türkei zu gewärtigen hätten. Im Gegenteil: Durch Segnungen wie etwa „Quartiersmanagement“ oder „Die soziale Stadt“ wird den Vätern und Müttern immer mehr Erziehungs- und Bildungsarbeit abgenommen, die Zuwanderer können sich ganz auf die staatliche gewährte  Dauerperspektive verlassen. Echte Anstrengungen werden nicht von ihnen verlangt.

Kenan Kolat MdB sprach einmal von der üblichen Netzwerk-Migration (dieses Blog zitierte ihn am 13.10.2009): Eines Tages beschließen die Dorfältesten, etwa in Anatolien, dass ein ganzes Dorf nach Deutschland übersiedelt. Gesagt – getan!  Den ganzen Papierkram erledigen bezahlte Profis, die Investition hat man schon nach wenigen Monaten wieder hereingeholt.

In Deutschland wartet eine ganze Batterie von Sozialämtern, Helfern, Assistenten, Betreuern und Landsleuten. Niemand ist auf sich allein gestellt, jeder wird mit offenen Armen empfangen und ins Netz eingeführt. Niemand braucht Deutsch zu lernen. Materielle Not gehört der Vergangenheit an. Erwartungen, dass man irgendwann einmal den Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen soll, werden nicht gestellt.

Das ist die Perspektive. Es ist eine Dauerperspektive! Um sie zu erhalten, ergießt sich immer wieder ein warmer Geldregen auf diese Gebiete wie etwa den Kotti. Von diesem Geldregen profitieren Wohnungsbauunternehmen, Sozialprofis, Händler und Helfer. Da es so stetig vorwärtsgeht, kommen auch neue Zuwanderer nach Deutschland, die im Heimatland keine Dauerperspektive erarbeiten könnten und auf Almosen angewiesen wären. Hierfür schlage ich in Anlehnung an Kenan Kolats Ausdruck „Netzwerkmigration“ den Ausdruck „Trichtermigration“ vor.

Unter „Trichtermigration“ verstehen wir die Sogwirkung, die in Städten wie Berlin durch die sozialstaatliche Daseinsvorsorge ausgeübt wird. Dieser Sog wirkt in die unterentwickelten Gegenden anderer Länder hinein und erfasst jene Menschen, die dort keinerlei Zugang zum Arbeits- und Heiratsmarkt haben.

Intensive staatliche Fürsorge, finanzielle Bevorteilung der „benachteiligten“ Stadtquartiere verstärkt die Sogwirkung des Trichters. Das Ergebnis: Der „Trichter“ zieht von außen neue Menschen an, die dann die geschlossenen Siedlungsgebiete der einzelnen Volksgruppen verstärken. Es wird mit sozialstaatlicher Hilfe „eine zweite Heimat“ geschaffen, in der ein weitgehend anstrengungsloses Leben möglicht ist: ein nahezu paradiesischer Zustand, den man auf keinen Fall perspektivlos nennen sollte!

Die Menschen, die seit längerem hier wohnen, versuchen, sobald sie sich den geschlossenen ethnischen Gebieten nicht mehr zugehörig fühlen, den Trichter zu verlassen. Sie ziehen vom Kotti oder überhaupt aus Kreuzberg weg. Es ist ihnen – zu paradiesisch.

 Posted by at 16:37

Subventionierte Verwahrlosung

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Feb. 022010
 

Wenig Sympathie kann ich den Streik- und Besetzer-Aktionen einiger Berliner Studenten abgewinnen. Gestern besuchte ich die FU-Rostlaube. Ich hatte den Eindruck eines friedlichen Freizeit-Happenings, eines fröhlichen Schlenderns und Feierns über 7 Tage die Woche. Der größte Hörsaal, Hörsaal Nummer 1, ist besetzt. Vorlesungen oder sinnvolle Arbeit sind dort nicht möglich.

Was ist die Legitimation der Besetzer? Sie wollen „freies, selbstbestimmtes Studium“ usw. Sie kämpfen gegen den Bachelor-Titel, gegen die Verschulung des Studiums und ähnliches mehr. Diese Besetzer gebärden sich als eine leidende, unterdrückte Minderheit. Aber ich konnte mich vergewissern: es geht ihnen gut, sie haben reichlich zu essen und trinken. Arbeiten müssen sie nicht.

Das eine oder andere ihrer Anliegen mag berechtigt sein. Gut, dann mögen sie es schriftlich und mündlich, in Demos, in Leserbriefen und selbstverwalteten Seminaren und ähnlichem vorbringen. Aber ganze Hörsäle über Wochen komplett lahmlegen, ohne jede demokratische Legitimation, das geht einfach nicht. Dagegen werde ich immer auftreten. Das ist ein Akt der Gewalt.

Durch diese Besetzung verscherzen sie bei mir jede Sympathie. Die Rostlaube der FU (also der FU-Bau an der Habelschwerdter Allee) beginnt zu vermüllen. Vermüllung hat sich ausgebreitet. Holla! Ich zahle als arbeitender Bürger kräftig Steuern und finanziere damit die Verlängerung der Studiendauer durch derartige Blockade-Aktionen mit!? Das passt mir nicht, oh StudentInnen!

Ich sehe überall Forderungen, Ansprüche, Beschwerden! Alles soll kostenlos sein. Alles soll so sein, wie die Studentinnen und Studenten, oder vielmehr eine kleine Minderheit, es gerne hätten. Die Besetzer sind wie die Kinder. Sie wollen alles und zwar JETZT. Zahlen tun die anderen.

Oh verehrte StudentInnen! Werte Studierende! Warum geht ihr nicht in die Parteien und mischt sie ein bisschen auf? Unterwandert die Parteien! Wo sind eure Briefe an Abgeordnete, wo sind eure Teach-Ins, wo sind eure Bücher, wo sind eure Analysen? Was von euch kommt, ist nur Agitation – soweit mir bekannt.

Warum jammert ihr so viel und warum studiert ihr so wenig?

 Posted by at 10:28
Jan. 212010
 

4. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist wie die Stadt Berlin durch eine starke Zerklüftung und zunehmendes Auseinanderdriften der verschiedenen Bevölkerungsteile geprägt. Die zersplitterten Milieus versuchen nun, das jeweils Beste für sich herauszuholen, da sie sich keinem gemeinsamen Leitbild verantwortlich wissen.

So schrieb ich am 06.01.2010. Dies war einer der erschreckenden Befunde, der zum Leitbild „Die zusammenwachsende Stadt“ führte. Meine Diganose wird nun durch den neuesten Sozialatlas gestützt. Sein Titel: Monitoring Soziale Stadtentwicklung. Der Tagesspiegel berichtet heute:

Die soziale Kluft zwischen Berlins Problemkiezen und dem Rest der Hauptstadt hat sich weiter vergrößert. Arbeitslosigkeit, Armut und Chancenlosigkeit sind in sozial schwachen Stadtvierteln nach der jüngsten Untersuchung im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Jahr 2008 nicht spürbar zurückgegangen.

Überflüssig zu erwähnen, dass ich als Kreuzberger mittendrin wohne und die empirischen Daten nicht überraschend finde.

Es wäre schön gewesen, wenn die Parteien dieser Stadt  – SPD, CDU und Linke vorneweg – dieses Problem der sich zunehmend spaltenden Stadt erkannt hätten, das sich ja nun schon seit vielen Jahren abzeichnet. Aber sie haben es nicht erkannt, sie haben es nicht aufgegriffen! Ich vermisse Diagnosen und Konzepte. Es war kein Thema in den Wahlkämpfen.

Bemerkenswert: Wieder einmal zerhacken die Parteien die unterschiedlichen Ansätze in Stückwerk. Es fehlt ein umfassender Ansatz.Warum nimmt sich keine Partei ein Herz und packt das Ganze an?

Ich meine: Mehr Geld wird die Lage nicht bessern. Das fehlende Geld ist nicht das Problem.  Ein Hauptproblem scheint mir zu sein, dass überhaupt viel zu viel vom staatlichen Handeln erwartet wird. Über Jahrzehnte hinweg hat eine satt profitierende politische Kaste in dieser Stadt hübsch davon gelebt, dass Hilfeempfänger herangezogen wurden. Die unselige Verquickung von Wohnungswirtschaft und Politik, von Landesbanken und Politik, von Sozialleistungsindustrie und Politik halte ich für eine der Ursachen dieser schwierigen Lage.

Es war allzu bequem, die Kinder unablässig als „benachteiligt“ einzustufen, statt den Eltern und den Kindern mehr abzuverlangen. Diesen Fehler sollte man nicht endlos wiederholen.

 

 Posted by at 16:02

War Platon gegen Videospiele?

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Jan. 102010
 

Kaum ein Autor ist mir so nahe vertraut wie – Platon. Bereits als 16-jähriger ließ ich mir zu Weihnachten die von Burnet trefflich besorgte Oxforder Gesamtausgabe schenken. Seither lese ich immer wieder darin und so ward mir der Autor ebenso vertraut wie dem Harley-Fahrer seine Maschine und dem Bauern seine Kuh im Stall.

Heute las ich im zweiten Buch der Politeia das, was Platon über den modernen Wohlfahrtsstaat schreibt, Verzeihung: über die antike „üppig aufgeschwemmte Stadt“ (372 eff.) Sie ist gekennzeichnet durch einen Überschuss an nicht lebensnotwendigen Dingen, durch hochgradige Aufsplitterung der Berufs- und Arbeitswelt und durch ein hohes Maß an Müßiggang.

In 373a7 nennt Sokrates „bewegte Bilder“ als Merkmal einer derartigen Luxuswelt. An unsere Flachbildschirme konnte  er nicht denken. Aber das Überhandnehmen der Medienwelt, der „bewegten Bildnissse“, das ständige Schielen auf Schminke, Gold und Elfenbein scheint auch damals bereits absehbar gewesen zu sein. Hier eine Gratifikation, da eine Prämie, da eine Zulage.

Wie gesagt: Wir haben Flachbildschirme in vielen Familien, in denen die Kinder keine Lesebücher haben. Das ist – wie sagt Plato? – „nicht gesund“.

Quelle: Platonis opera. ed. Ioannes Burnet, t. iV, 372e-373b

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Na bitte, es geht doch!

 Schäuble, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für Na bitte, es geht doch!
Jan. 092010
 

Allmählich werd ich noch zum Fan des Bundesfinanzministers. Das darf doch nicht sein! Aber die Gefahr besteht. Kaum einen Tag, nachdem ich gefordert habe: Die Politik muss bescheidener sein, darf nicht so viel versprechen,  muss die Bürger auf Einschnitte vorbereiten (am besten vor den Wahlen), fällt mein Auge auf diese Meldung:

Schäuble kündigt Einschnitte an
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat umfangreiche Sparmaßnahmen angekündigt. „Die Koalition steht vor einer gewaltigen Aufgabe. Wir werden die Bürger auf Kürzungen vorbereiten müssen“, sagte Schäuble dem Tagesspiegel.

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Jan. 082010
 

Fassungslos schlagen die russischen Mütter meines Bekanntenkreises immer wieder die Hände über die Berliner Grundschulen zusammen! „Sie lernen fast nichts, wir haben dasselbe Pensum in der multiethnischen Sowjetunion in einem Drittel der Zeit durchgearbeitet.“

Jetzt kamen wir darauf, dass die Kinder in der Tat kaum Bücher haben – keine Lesebücher, keine Sachkundebücher, keine zusammenhängenden Sprachlehrbücher … aus Geldmangel!

„Wir hatten keine Unterhosen, aber jedes Kind bekam sein Exemplar des Lesebuches aus der Schulbibliothek entliehen! Jeder musste darauf aufpassen. Wir wurden gefüttert mit der großen klassischen Literatur, mit der gesamten bürgerlichen und adligen Literatur der vergangenen Jahrhunderte! Bei euch in Berlin herrschen die grauen Herren aus Momo. Alles so fantasielos, so leblos. Wo sind die Bilder, wo sind die Geschichten, wo sind die Phantasien? Kein Wunder, dass die türkischen und arabischen Kinder sich nicht zur deutschen Kultur hingezogen fühlen. Ihr zeigt sie nicht. Ihr lehrt sie nicht.“

Tja, ich schluckte. Die russischen Mütter haben die Erziehung der Berliner Grundschulkinder weitgehend in die eigenen Hände genommen: sie lesen vor, sie üben das Schreiben in beiderlei Sprachen, sie bringen die Kinder zum Klavier- oder Geigenunterricht. Vom Berliner Schulwesen haben sie alle die Nase voll. Sie nehmen es nicht ernst.

Sind wir lächerliche Schrumpfgermanen? Ich muss konstatieren: In Russland hatten sie keine Unterhosen, aber Lesebücher. Bei uns in Berlin haben sie wegen Geldmangels keine Lesebücher, aber Fernseher, Satellitenschüsseln, Handys, Spielekonsolen, Autos und Urlaubsreisen.

Leute, da stimmt was nicht. Da ist was faul! Gewaltig!

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