Aug 182008
 

Keinen leichten Stand hat derzeit die Berliner CDU in der Springer-Presse. Das ist ein ungewohntes Bild, oder muss es heißen – eine ungewohnte Bild? Morgenpost und BZ bringen schon seit Tagen kritische Hintergrundberichte. Von einem angeblichen Machtkampf ist die Rede, von zermürbenden Personaldebatten, wie in der Bundes-SPD. So auch heute wieder in der Boulevardzeitung BZ. Auf S. 6 versucht Reporter bodo unter dem Titel „Schmitt klebt, Pflüger bebt“ einen Blick hinter die Kulissen des Landesverbandes zu werfen.

Was sagt eigentlich das Friedrichshain-Kreuzberger CDU-Mitglied Johannes Hampel zu dem Ganzen, dieser völlig unbekannte, still-unscheinbare Kleinstanteilseigner dieser nunmehr mitgliederstärksten Partei? Nun, meine Position war seit jeher die der „lernenden Partei“. Eine solche Partei zeichnet sich vor allem durch eine gute Kommunikation aus. In zahlreichen internen Gesprächen und Parteiversammlungen, in mehreren Positionspapieren, in Pflügers Blog, in den Online-Foren des Tagesspiegels, in zwei Klausurtagungen mit Berliner CDU-Kreisvorständen, in einer Regionalkonferenz zum neuen Parteiprogramm mit den fünf Ost-Landesverbänden und in einer CDU-Bundestagsfraktionsanhörung zum Thema Jugendgewalt habe ich persönlich in den letzten 12 Monaten in Wort und Schrift für meinen neuen, systemischen Ansatz geworben.

Was heißt das, eine lernende Volkspartei zu werden? Schauen wir es uns Schritt für Schritt an!

Die CDU beansprucht, eine erfolgreiche Volkspartei zu sein. Wohlan! Eine erfolgreiche, lernende Volkspartei hört ins Volk hinein! Sie pflegt einen ganzheitlichen Ansatz! Alles muss zusammenpassen. Zunächst sind die richtigen Fragen zu stellen. Die richtigen Themen werden gesucht. Eine Bestandsaufnahme wird versucht. Die erste Frage muss also lauten: Was will die Mehrheit der Wähler? Was braucht die Stadt, was braucht das Land? Was kommt an in den Herzen der Menschen? Will die Mehrheit der Wähler beheizte Bürgersteige? Will sie mehr Busbahnhöfe? Will sie mehr Flughäfen? Will sie mehr Fahrradwege? Oder will sie eine ruhige, lärmarme Wohnumgebung, ein friedliches Auskommen miteinander? Hier sollte man einfach erst hinhören lernen: „Was will das Volk? Was ist angesagt? Lasst uns ein nach vorne gerichtetes Leitbild erarbeiten!“

Die zweite Frage lautet: Wie stellen wir diese Themen dar? Hier gilt es, die Frage nach der guten Kommunikation zu stellen. Soll man draufschlagen? Soll man laute, grobe Töne anschlagen? Bezeichnend für diese Einstellung sind Sätze wie: „Der Kampf geht weiter! Ihr hört noch von uns! Weg mit dem Chaos!“ Oder soll man leisere Töne suchen, wie dies etwa Angela Merkel, Ole von Beust, Ursula von der Leyen oder Thomas de Maizière tun? Soll man auf Kooperation oder auf Konfrontation setzen? Bezeichnend für diesen neuen Politikstil, diesen Stil der positiven Kommunikation sind Sätze wie: „Nicht alles ist toll, nicht alles ist großartig. Ja, es gibt Schwierigkeiten. Aber lasst uns gemeinsam an Lösungen arbeiten! Lasst uns die Probleme gemeinsam anpacken! Was können wir zusammen tun?“

In einem dritten Schritt werden dann die Personen ermittelt. Nehmen wir mal an: Wir haben innerhalb der Partei in einer methodischen Abstimmung die richtigen Themen gefunden. Wir haben als Team die richtigen kommunikativen Strategien erarbeitet. Jedes Mitglied der mitgliederstärksten Partei kennt diese Themen, diese Strategien. Denn jedes Mitglied hat die Chance gehabt, selbst sein Scherflein beizutragen. Kleine, untereinander vernetzte Teams brechen die großen Themen, die umfassenden Strategien herunter auf die Ebene des Ortsvereins. Die Partei redet dann nicht mit gespaltener Zunge, sendet keine gespaltenen Botschaften aus. Jetzt kommt die spannende Frage, auf die sich alle Medien so gern stürzen: Wen stellen wir vorne hin?

Wer versteht es, zum richtigen Moment das Richtige zu sagen? Das Richtige, in dem sich die Mehrheit der Zuhörer wiederfindet? Wer vertritt unsere gemeinsame Sache mit Herz und Leidenschaft, mit kühlem Verstand und womöglich sogar einem Quentchen Humor? Wer verkörpert glaubhaft unsere Anliegen? Wen nehmen die Menschen als Projektionsfläche für ihre eigenen Wünsche an? Diese Frau, diesen Mann stellen wir vorne hin! In einer wahrhaft mitgliederstarken Partei werden sich immer mehrere Mitglieder finden, die diese Kriterien erfüllen. Die lernende Partei schafft sich über viele Jahre hin ein Reservoir an Persönlichkeiten, aus dem sie für jede Aufgabe die richtige Frau oder den richtigen Mann wählen kann. Dabei ist Takt, Einfühlung und Diskretion gefragt. Man sollte, so meine ich, Personalien nicht über die Presse austragen. Innerparteiliche Revierkämpfe werden in fleißiges Diskutieren und zielgerichtete Abstimmung umgewandelt.

Von meiner Frau habe ich gelernt: Man sollte als ausübende Opernsängerin oder als konzertierender Musiker nie einzelne Musikkritiker, die Journalisten oder gar die Medien angreifen, denn man wird immer den kürzeren ziehen. Die Presse irrt mitunter. Rezensenten irren mitunter. Menschen irren. Hepimiz insaniz! Zähne zusammenbeißen, da müssen wir durch. Ich glaube, das gilt auch für Politiker. Man sollte auch nie den politischen Gegner beschimpfen. Ich meine sogar: Man sollte überhaupt so wenig schimpfen wie möglich.

Es gilt, durch beharrliches, stilles Arbeiten an Sachthemen eine neue, gute Kommunikation aufzubauen. Negativtrends lassen sich durch systemisches Denken mittelfristig umkehren. Die richtigen Themen, die richtigen Leitbilder, die richtige Darstellung: Alles muss stimmig sein, nichts darf unschön hervorlärmen. Diese neue, positive Kommunikation ist unabhängig von Personen. Sie ist erlernbar. Sie ist keine Geheimwissenschaft.

Personalien sind nur in Funktion dieses, wie ich meine, unumgänglichen Umdenkens zu sehen. Also gehen wir es an! Eine gute Partei gelingt gemeinsam.

 Posted by at 09:51

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