Okt 312008
 

Immer wieder schafft es Berlins CDU-Spitze mit ihrer Dauerführungskrise in die überregionale Presse. FAZ, Spiegel, Focus, Welt – sie alle machen sich weidlich lustig über diese legendär streitsüchtige Führungstruppe einer vormals wichtigen Partei mit immerhin 12500 Mitgliedern, bei deren Führungszirkel nicht klar ist, ob er politisch noch irgendwelche Inhalte vertritt.  Es fällt auf, dass niemand außerhalb der Stadtgrenzen Berlins die hochtrabend „Hauptstadt-CDU“ genannte Vereinigung derzeit noch ernst nimmt. „Klüngelverein“, „Kungelrunden“, „Old Boys Network“ und was dergleichen lustige Spöttereien mehr sind. So schreibt heute Mechthild Küpper in der seriösen Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

 Berliner CDU: „Eine verkrustete und verstaubte Partei“ – Länder – Politik – FAZ.NET
Am Mittwochabend rechneten im gut besuchten Plenarsaal des ehemaligen West-Berliner Regierungssitzes Funktionäre, ehemalige Amtsträger und die Basis aus drei Kreisverbänden mit den vermeintlichen Verursachern des „desaströsen Erscheinungsbildes“ der CDU ab. „Hier beginnt etwas ganz Neues“, sagte die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters. Zum ersten Mal werde die Basis „ernst genommen“.

Das ist nicht ganz richtig. Denn dass Henkel, der nach der Abwahl von Friedbert Pflüger Fraktionsvorsitzender wurde und gegen seine ursprüngliche Absicht nun auch die Partei führen soll, der neue starke Mann der Union ist, steht schon fest. Über die Neubesetzung hat wie üblich der „stabil gepflegte Freundeskreis“ entschieden, wie sich das Grüppchen der West-Berliner Kreisvorsitzenden gern nennt, das die Geschicke der CDU lenkt. Zu entscheiden hat die Basis bis auf weiteres nichts. Doch zeigen die Aussprachen, wie die Stimmung in der Partei ist.

Was lernen wir daraus? Küpper scheint nicht Schmitt und Pflüger für die echten Auslöser der Krise zu halten, sondern die Truppe um Schmitt, Landowsky, Henkel und Diepgen. Henkel hätte sich demzufolge an die Macht geputscht, indem er Pflüger in den Wahnsinn trieb und anschließend Ingo Schmitt erfolgreich die Hauptschuld am desaströsen Zustand der Berliner Union zuschob. Ein großer Teil der Springer-Presse arbeitete ihm dabei zu, Grütters gibt die Rolle des liberalen Feigenblatts, das für das Haifischbecken der Berliner CDU viel zu zart war.

Dies wäre eine sehr bedenkenswerte Vermutung. Ein genaues Studium der Verlautbarungen Pflügers und Henkels in den Monaten April bis Juli 2008 scheint dafür zu sprechen, dass die Arbeitshypothese von Mechthild Küpper zutrifft. Letzten Aufschlus darüber könnten nur Gespräche mit den Beteiligten liefern.

 Posted by at 18:57

Sorry, the comment form is closed at this time.