Jul 052009
 

Der Donnerstagabend stand im Zeichen der Diskussion  über Parallelgesellschaften und Integration. Mir war im Glashaus (die Kneipe heißt wirklich so!) die ehrenvolle Aufgabe des Moderators zugedacht. Gleich zu Beginn lobte ich die deutsche U21-Nationalmannschaft über den grünen Klee und zitierte ausführlich aus einem Interview mit dem Spielführer. Ich meine in der Tat: Wenn man gemeinsame Teams bildet, wenn alle an einem Strang ziehen, dann gelingt Integration.

Oberschulrat Schmid schlug, gestützt auf umfangreiches Wissen aus seiner Verwaltungspraxis, deutlich pessimistischere Töne an als dieser Blogger in all seiner Blauäugigkeit. Über weite Viertel Berlins bestünden bereits jetzt verfestigte Parallelgesellschaften. Sie seien gekennzeichnet durch ein archaisches Rollenverständnis und geringe Bildungsanstrengungen. Diese abgeschotteten Parallelwelten gelte es aufzubrechen: erstens durch konsequente Integration, zweitens durch das Einfordern und Durchsetzen guter deutscher Sprachkenntnisse und drittens durch einen deutlichen Mentalitätswandel bei den Eltern. Ihnen komme eine entscheidende Bedeutung zu.

Der Befund des Herrn Schmid  wie auch die Beiträge der anschließenden Diskussion lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Aufgrund jahrzehntelanger Fehler und Versäumnisse bei den Zuwanderern selbst wie bei der Politik hat sich nunmehr ein massives Integrationsdefizit bei der überwiegenden Mehrheit der Zuwanderer aus islamischen Kulturkreisen verfestigt. Es fehlt an grundlegenden Sprachkenntnissen, an Kenntnissen und Fertigkeiten bei der gesellschaftlichen Teilhabe. Die Vorstellungen, dass mehrere voneinander abgeschottete Kulturen in einem Land nebeneinander ohne einen gemeinsamen Bestand an Werten existieren könnten, hat in die Sackgasse geführt.

Nur durch massive Anstrengungen, die vor allem durch die Migranten selbst zu erbringen sind, werden die Ghettogrenzen des Migranten-Status aufzubrechen sein. Dem muss eine großangelegte Bildungsoffensive dienen.

Weitere Themen, über die gesprochen wurde, über die jedoch keine Einigkeit erzielt wurde, waren das Gottesbild im Islam, die Rolle der Religionen bei Fanatismus und Glaubenskämpfen sowie auch Wesen und Natur des Islam überhaupt. Ist der Islam eine Religion oder ein umfassendes System, das alle Lebensbereiche durchdringt? Ist der Gott des Islam ein rächender, strafender Gott oder ein barmherziger, versöhnender? Welche Vielfalt an Gottesbildern gibt es in der Tora der Juden, im Neuen Testament der Christen, im Koran der Muslime?

Mir fällt ein, dass einmal ein irakischer christlicher Asylbewerber gefragt wurde: „Erklären Sie den Unterschied zwischen dem islamischen und dem christlichen Gottesbild!“ Damit sollte er beweisen, dass er würdig und recht sei, als Asylbewerber anerkannt zu werden.

Ich meine: Wer so fragt, hat schon bewiesen, dass er wenig Ahnung hat. Im Christentum, aber auch im Judentum gibt es mehrere, einander teilweise widersprechende Gottesbilder, die sich letzlich nur als Abfolge von Offenbarungen aufeinander beziehen lassen. Es gibt schlechterdings kein einheitliches Gottesbild im Christentum – weder in der Bibel noch im nachbiblischen Christentum. Der rächende, der strafende Gott ist von den ersten Kapiteln der Genesis bis zu der Offenbarung des Johannes spürbar. Ebenso auch der liebende, verzeihende, der barmherzige Gott. Ähnliches, so vermute ich, dürfte für den Gott des Korans gelten.

Oft wird auch fälschlich behauptet, der Gott der Juden sei der strafende, eifernde Gott, der Gott der Christen der verzeihende, gütige. Nichts ist falscher als das. Derartige Behauptungen lassen sich nur mit mangelnder Kenntnis der Schriften erklären.

 Posted by at 23:03

  5 Responses to “Integration anpacken – als Bringschuld”

  1. Hallo Marti, danke, ich finde Ihre Beiträge sehr gut! Ich habe auch schon im Internet einige Arbeiten Tilman Nagels gelesen. Und die Selbsteinschätzung führender Muslime, wonach „im Koran alles Wesentliche gesagt ist“, scheint mit der Ihrigen übereinzustimmen. Ich werde versuchen, einen Moslem zu einer Antwort auf Ihren Beitrag zu bewegen. Vorerst nochmal herzlichen Dank! Johannes Hampel

  2. Ich dachte, ich bekomme vielleicht einen Antwort auf meinen Kommentar, aber da habe ich mich wohl getäuscht.

    Was ich da sage ist ja auch nicht sehr aufbauend für jemanden, der immer noch auf die Integration der großen Masse der Muslime hofft.

    Die Integration der großen Masse der Muslime ist nicht ausversehen gescheitert, sondern viele Muslime haben Jahrzehnte lang keine Mühen gescheut eine Parallelwelt aufzubauen, in der sie nach ihren eigenen Regeln leben können und nicht der nach ihrer Auffassung dekadenten und schamlosen deutschen Umwelt.

    Wieso sollten diese Muslime das aufgeben, zumal sie ja ständig von westlicher zu hören bekommen, dass alle Kulturen und Religionen gleichwertig sind?

    Wenn die Integration, oder ehrlicher Assimilation, doch noch klappen soll, ist meines Erachtens ein erheblicher Druck, um nicht zu sagen Zwang nötig.

    Wer sich nicht einfügen will, von dem müsste man sich wohl längerfristig trennen.

    Wenn Sie mehr vom Innenleben und den Ansichten der Muslime in Berlin
    erfahren wollen: das Buch „Die Libanon-Flüchtlinge in Berlin: zur Integration ethnischer Minderheiten“, Berlin, 2000, ISBN 3860932934 von Ralph Ghadban enthält einige sehr gute Einblicke.

  3. Gottesbild und Menschenbild sind in gewisser Weise auf einander bezogen, also komplementär.

    Gott hat im Islam den Menschen nicht als sein Ebenbild erschaffen, Gott und Mensch sind im Islam also grundverschieden.

    Im Islam hat man lange über menschliche Attribute Gottes, etwa „Hand Gottes“ gestritten, die Lösung war meistens, dass das nur eine Metapher ist, oder dass man nicht weiterfragen darf, was es bedeutet. (bila kayfa, das heißt „ohne wie“, man darf also nicht fragen, was es bedeutet)

    Im Islam ist Gott nicht nur der Schöpfer der guten Dinge, sondern auch der Schlechten, man könnte auch sagen, des „Bösen“, aber der Begriff des Bösen kommt im Koran überhaupt nicht vor, jedenfalls nicht als moralische Kategorie.

    Im traditionellen Scharia-Islam spielen „gut“ und „böse“ auch keine Rolle, sondern „halal“ und „haram“, also „erlaubt“ und „verboten“. Der Mensch muss nicht „gut“ sein, sondern gehorchen.

    Der Mensch kann auch nicht selbst erkennen, was er tun muss, sondern „halal“ und „haram“ sind von Gott und nur von Gott gesetzte Kategorien.

    Im Koran essen Adam und Eva deshalb auch nicht von Baum der Erkenntnis, sondern nur von einem nicht näher bezeichneten verbotenen Baum. Sie werden aus dem Paradies vertrieben, weil sie ungehorsam waren.

    In der Bibel essen Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis und werden damit Gott ähnlicher. Würden sie auch noch vom Baum des Lebens essen, würden sie wie Gott, deshalb müssen sie aus dem Paradies vertrieben werden.

    Nach dem islamischen Gottes- und Menschenbild ist der Mensch also unfähig eigene Erkenntnis zu gewinnen, alles Wissen stammt nur von Gott und wird durch Offenbarung dem Menschen vermittelt.

    Da alle Offenbarungen vor Mohammed von den Juden und Christen verfälscht wurden und nach Mohammed kein Prophet mehr kommen kann (Mohammed ist das „Siegel der Propheten“), ist alle Offenbarung und damit auch alles Wissen nur durch Mohammed vermittelt.

    Was der Mensch tun soll, ist das, was Gott ihm über Mohammed befiehlt. Die Aufgabe des Menschen ist deshalb auch Muslim („Unterworfener“ unter den Willen Gottes) zu sein. Die wahre Religion, der Islam also, bedeutet deshalb absolute Unterwerfung unter dem Willen Gottes.

    Da es „gut“ und „böse“ nicht gibt, sind auch bestimmte Taten nicht an sich „gut“ oder „böse“. Das Töten von Menschen ist im traditionellen Scharia-Islam deshalb nicht an sich „böse“.

    Das Töten von Muslimen ist „haram“, das von Nichtmuslimen, die keine Kopfsteuer (dschizya) bezahlen, von Apostaten (murtaddun) oder von Menschen die Unzucht (zina) begangen haben, ist „halal“. Sie sind „halal ad-dam“, das heißt ihr Blut zu vergeißen ist erlaubt.

    Der Mensch hat seinen Verstand nur dazu einzusetzten die Befehle Gottes zu erkennen und danach zu handeln, mehr nicht.

    Tilman Nagel bringt mehrfach das Beispiel des Teufels (Iblis), der deshalb verdammt wurde, weil er selbst ethisch räsonierte.

    Iblis weigerte sich trotz des Befehls Gottes vor dem Menschen niederzufallen, da die Engel vom ihrer Substanz höher stehen als der Mensch (und da das Anbeten von Menschen verboten ist). Für sein Ungehorsam wurde er auf ewig verdammt!

    Als gute Einführung in all dieses gibt es von Tilman Nagel das schmale Buch (166 Seiten) „Islam – die Heilsbotschaft des Korans und ihre Konsequenzen“ aus dem Jahre 2001. Dies möchte ich sehr empfehlen.

  4. Lieber Marti, danke für den Hinweis, das macht mich neugierig. Ich werde mir das Buch beschaffen. Aber können Sie selbst versuchen, einige dieser Unterschiede zu benennen? Worin sehen Sie die gewaltigsten Unterschiede? Freu mich auf Antwort von Ihnen oder anderen Lesern!

  5. Lesen sie mal was von Tilman Nagel, der setzt sich sehr intensiv und hochkompetent mit dem islamischen Gottesbild auseinander, etwa in seinen Beiträgen in „Götterbilder, Gottesbilder, Weltbilder / Hrsg. von Reinhard Gregor Kratz, Teil 2: Griechenland und Rom, Judentum, Christentum und Islam

    Eines kann ich Ihnen veraten, die Unterschiede sind gewaltig!

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