Thüringen – Fall Zeca Schall beschäftigt nun Staatsanwaltschaft – Bundestagswahl 2009 – sueddeutsche.de
Nach der NPD-Attacke auf den dunkelhäutigen CDU-Wahlhelfer ermittelt nun der Staatsanwalt – wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, Beleidigung und versuchte Nötigung.
Beschämend, dass in Deutschland so etwas denkbar ist. Ein Mensch, ein Bürger unseres Landes wird nur wegen seiner anderen Herkunft oder Hautfarbe bedrängt und genötigt! Hier erkläre ich mich in jedem Sinne solidarisch mit Zeca Schall. Dabei fällt mir das merkwürdige Bild ein, das ich am dritten Tag meiner italiänischen Reise an der Türe der Klosterkirche Ettal sah: ein dunkelhäutiger Fürst – das Wappen des Marktes Mittenwald mit dem gekrönten Mohrenkopf aus dem Jahr 1407. Dass ein König, ein Herrscher, als Schwarzer, als ein Mohr, dargestellt wurde, deute ich so: Offenbar hat man in früheren Jahrhunderten noch gar nicht in Hautfarben gedacht. Es gab einfach schwarze Menschen. Darunter gab es auch Könige und Fürsten. Der dritte der Weisen aus dem Morgenlande wurde meist als Mohr dargestellt. Er vertrat den Erdteil Afrika, die anderen Asien und Europa. Das hatte nichts Rassistisches.
Den echten Rassismus, diese furchtbare Verirrung, scheint es erst seit dem 19. Jahrhundert zu geben. Noch heute plagt er uns, wie die Vorfälle um Zeca Schall belegen. Hier dürfen wir nicht nachgeben! Zeca Schall braucht unsere volle Unterstützung, Schutz und – genau jenen Geist der umfassenden Anerkennnung, oder sagen wir – der Liebe, von denen die Geschichten um den Mohren Balthasar, aber auch die Selbsterforschungen des Augustinus sprechen.
Die italiänische Reise brachte mich natürlich immer wieder vor die Wegmarken der europäischen Geschichte. Einer der größten Lehrer der Christenheit, Aurelius Augustinus, war selbst von Herkunft Afrikaner, und ich habe ihn auf frühen Darstellungen oft als Schwarzen, mit krausem Haar gesehen. Augustinus ist übrigens einer jener Kühnen, Wagemutigen, der mit seinen Confessiones die Tür zur öffentlichen Darstellung der eigenen Biographie aufgestoßen hat. Selbst dieses Blog wäre nicht denkbar ohne den ungeheuren Beitrag, den dieser Christ aus Afrika geleistet hat. Wenn wir früher in diesem Blog immer wieder bekräftigten, dass das Christentum aus Asien stammt, so dürfen wir doch nicht vergessen, dass es entscheidende frühe Umformungen in Nordafrika durchlebt hat, noch ehe es sich zur dominierenden Religion auch in Europa entwickelte.
Wir dürfen auch nicht vergessen, welch ungeheure ausgleichende Kraft das Christentum über die Jahrtausende hinweg ausgeübt hat. Da alle als Kinder Gottes gesehen wurden, konnte es auch keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen geben. Ob Römer oder Afrikaner von Geburt, ob Fürst oder Sklave – alle fanden sich unter einem Dach zusammen. Als Brüder und Schwestern.
Genau diesen Geist gilt es wiederzubeleben. Ein religiöses Bekenntnis wird dazu nicht erforderlich sein. Aber eine Rückbesinnung auf die fundamentale Gleichheit und gleiche Würde aller Menschen. Darunter unser Bruder Zeca Schall. Der Mohr an der Kirchentür in Ettal zeigt uns den Weg.
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