Bildungsgerechtigkeit – Privatschule für alle – Schule – sueddeutsche.de
Eltern misstrauen dem staatlichen Bildungssystem, Privatschulen boomen. Sie haben den Ruf, Eliteschmiede für die Oberschicht zu sein – doch das Klischee ist falsch.
„Es darf nicht vom Kontostand abhängen, welche Schule ein Kind besucht.“ So behauptet es immer wieder unverdrossen die SPD. Sie weckt Begehrlichkeiten: Denn natürlich brauchen die Eltern mehr Geld, damit sie dann ihre Kinder aufs Gymnasium schicken können. Geld, das ihnen die SPD schenken will. Was ist dran? Hängt es vom Einkommen der Eltern ab, welche Schulen die Kinder besuchen?Der Kandidat der SPD in unserem Wahlkreis verlangt „kostenfreie Beratungsanlaufstellen“ als Maßnahme der Bildungspolitik. Er möchte uns weismachen, es gäbe nicht genug kostenfreie Beratung im Bildungswesen. Allerdings: Schafft man neue Beratungsanlaufstellen, so schafft man auch neue Arbeitsplätze in der Helfer-Industrie. Und die Helfer werden aus Dankbarkeit wiederum SPD wählen.
Aber brauchen die Eltern mehr „kostenfreie Beratung“? Brauchen die Eltern mehr Geld?
Nein! Diesen Mythos ließ die Süddeutsche Zeitung gestern platzen. Am Beispiel der Privatschulen erläuterte sie auf Seite 1, dass einzig und allein der Bildungsgrad der Eltern und das Bildungsbewusstsein der Eltern darüber entscheiden, welche Schulen die Kinder besuchen. Die bildungsbewussten Eltern und die Akademiker schicken ihre Kinder von Anfang an – also bereits in der Grundschule – auf „besondere“ Schulen, auf Privatschulen und kirchliche Schulen. Und später aufs Gymnasium. Das gilt unabhängig vom Einkommen. Eltern, denen Bildung nicht so wichtig ist, schicken die Kinder auf die nächstgelegene Schule oder die Regelschule. Das gilt ebenfalls unabhängig vom Einkommen.
NICHT Geld, sondern Bildungsgrad der Eltern und Wertesystem der Eltern bestimmt in diesem Land, ob ein Kind in die staatliche oder die private Grundschule geht. Ob es dann ins Gymnasium geht. Und zwar von Klasse 1 an.
Was heißt das für unseren Wahlkreis? Viel! Denn Wahlkreis 84 weist zwei Besonderheiten auf. Die Haushalte alle zusammengenommen haben eins der niedrigsten Durchschnittseinkommen aller Berliner Bezirke. Wir haben eine sehr hohe Arbeitslosigkeit und einen sehr hohen Anteil an Transferleistungsempfängern. Aber umgekehrt hat Friedrichshain-Kreuzberg den höchsten Bildungsgrad aller Berliner Bezirke. Hier leben prozentual die meisten Akademiker Berlins. Jetzt wird auch klar, warum die Eltern alles mögliche tun, um auf ihre Wunschschule zu kommen: Da Bildung für sie ganz oben steht, suchen sie für ihre Kinder die in ihren Augen beste Schule.
Und das hartnäckige Vorurteil, das leider von allerlei Migrationsexperten und Migranten selber verbreitet wird, das lautet: „Ab einer Migrantenquote von 50% kannst du keinen vernünftigen Unterricht mehr machen.“ Je niedriger der Migrantenanteil, desto besser. So wird es behauptet, und so verhalten sich die Eltern auch.
Dass dies immer wieder behauptet wird, halte ich für allerdings für eine Schande. Das grenzt an Rassismus. Das IST Rassismus. Was sollen die Lehrer und Eltern machen wie wir, in deren Klassen der Migrantenanteil 90-100% beträgt? Wegziehen? Evangelische Privatschule gründen, wie der Kandidat der Grünen Ströbele will? Oder Hand aufhalten, in die Böhning dann seine Wahlgeschenke schüttet?
Deshalb der ganze Fahrzirkus, deshalb der starke Zuzug der Familien nach Friedrichshain und Prenzlauer Berg – und der auffällig starke Wegzug der Familien aus Kreuzberg! Denn nur im Ortteil Kreuzberg gibt es regelmäßig Migrantenanteile von 70, 80, oder 100 Prozent. Tendenz steigend.
Und deshalb ist das Elternverhalten für das Bezirksamt völlig unberechenbar geworden. Deshalb gehen die Einschulungsbescheide mit riesiger Verzögerung hinaus.
Was sagt Lengsfelds Plakat? Es setzt auf Werte – nicht auf Versprechen. Eigenverantwortung und Freiheit. Wer diese Werte im Blick hat, wird nicht versucht sein, den Wählern durch allerlei Versprechungen vorzugaukeln, „mit Geld lasse sich alles richten“. Nein, es kommt auf die Entscheidungsfähigekit der einzelnen Menschen an. Sie brauchen keine Beglückung durch „kostenfreie Beratung“.
Die kostenfreien Beratungsstellen gibt es bereits zuhauf. Jede Schule bietet heute bereits Sprechstunden an. Kostenfrei.
Das Problem unseres Bildungswesens ist nicht Geldmangel, sondern fehlendes Bewusstsein vom Wert der Bildung bei denjenigen, die keine Abschlüsse erreichen. Dieses Bewusstsein wird man auch mit Unsummen an Geld nicht verändern. Da kann man gleich Geld aus Eimern regnen lassen. Es hülfe nichts.
Man wird es nur verändern durch einen Wertewandel, wie ihn Vera Lengsfeld fordert. Hin zu mehr Eigenverantwortung. Zu mehr Freiheit. Die Schülerinnen und Schüler müssen erfahren, dass sie verantwortlich sind für ihre Schulkarriere. Und zwar vom ersten Tag an.
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