Dez 052009
 

Äußerst possierlicher Kontrast zwischen der laufenden Berichterstattung unserer Zeitungen über die Berliner Schulen einerseits – und dem neuen Buch von Armin Laschet andererseits! Hier in Berlin zanken und zauseln sie sich um eine zusätzliche Stunde für Naturwissenschaften, um berlinweit gültige Essenspläne für das Mittagessen, sie  mahnen, klagen, drohen und schimpfen.

Laschet hingegen erzählt, schafft den großen Überblick, rafft, bekennt Sünden, wirbt um Verständnis, baut Brücken in die Zukunft! Ein toller Wurf ist dieses Buch, das ich innerhalb von 2 Stunden durchgelesen habe! Ich bin begeistert.

Auffällig: Gerade in Einzelfragen stimme ich mit ihm überein (S. 235 ff). Ich empfehle vor allem Kapitel 12 „Bildung, Bildung, Bildung“ und ziehe hieraus folgende Einzelaussagen:

a) Frühkindliche Bildung ist wichtiger als das Herumbosseln an der Sekundarstufe. In Kitas und Grundschulen muss Hirnschmalz und Geld fließen! Hier werden die Weichen gestellt.
b) Schulstrukturen sind nicht entscheidend. Entscheidend ist die Möglichkeit des Aufstiegs, des Umstiegs, der Teilhabe, des Lernens.
c) Bildungsverläufe sind langfristig anzulegen – über den gesamten Lebenszyklus hinweg spannen sich die Biographien des Lernens.
d) Das Elternhaus ist ebenso wichtig wie die Schule. Die Eltern müssen mitarbeiten.

Offene Fragen in Laschets Buch sind für mich:
Lebenslang lernen, das heißt auch: Sich lebenslang verändern! Was tun, wenn die Grundhaltung eines Menschen auf Bewahren des Errreichten, nicht auf Veränderung angelegt ist?

Kapitel 15: „Gemeinsame Leitkultur“ „Leitkultur in Deutschland“, oder auch „Europäische Leitkultur“, wie dies Bassam Tibi nannte. Hier bleibt Laschet eine Definition schuldig. Gehört der Koran dazu? Ich glaube: ja!
Man könnte sagen: Dieses Buch „Die Aufsteigerrepublik“ ist selbst ein ideales Beispiel für das, was „Leitkultur“ bedeutet: beständiges Nachdenken, beständiges Sich-Verändern, fortwährendes Sich-Abarbeiten an Erfahrungen, ein tastendes, nachholendes, erinnerungsgesättigtes Wirken in die Zukunft hinein – genau das ist Leitkultur. In diesem Sinne ist „Leitkultur“ äußerst dynamisch, stets unabgeschlossen, stets um Hereinholen des anderen bemüht. Leitkultur ist also das Gegenteil einer starren, auf bloßes Bewahren gerichteten Herrschaftskultur. Beispiel Christentum: Christentum ist stets nach vorne offen, ändert sich, verhallt, klingt wider, reagiert auf Sünden und Fehler und wandert weiter.

Würde gern mal den Herrn Laschet hierzu befragen!

Armin Laschet: Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance. Kiepenheuer  & Witsch, Köln 2009

 Posted by at 23:38

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