Mrz 292010
 

22032010004.jpg„Ist die Türkei ein Prügelknabe?„, fragt Tayyip Erdogan. Meine klare Antwort: „Nein!“ In vielem kann sie sogar Vorbild sein. Bei meinen Reisen durch die Türkei habe ich immer wieder die Offenheit, die Gastfreundschaft, die Warmherzigkeit der Türken genossen. Und in einem weiteren Punkt sind sie vorbildlich: Der Staat fördert die Landessprache Türkisch durch gezielten, nachhaltigen Unterricht, der Staat hat Türkisch bis in die entferntesten Bergdörfer getragen. Die Bundesrepublik Deutschland tut sich hingegen noch sehr schwer, die eigene Landessprache gezielt zu fördern und durchzusetzen. Dabei wäre die deutsche Sprache das ideale Mittel, um etwa die 20 verschiedenen ethnischen Gruppen, die beispielsweise in unserer Grundschule zusammentreffen, zu verbinden.

Ergebnis: Durch ein klares Bekenntnis zur einigenden, teilweise gewaltsam aufgezwungenen Landessprache haben die Türken aus einem polyethnischen Gebilde nach und nach zu einer fragilen nationalen Einheit gefunden. Die türkische Leitkultur wurde stets ohne Wenn und Aber durchgesetzt, und neuerdings erhebt sie den Anspruch, ihre Segnungen auch nach Europa zu tragen: „Impft Europa mit der türkischen Kultur!“ So Erdogan kürzlich zu einer Schar von politisch aktiven Diaspora-Türken aus anderen Ländern. Wem hingegen die türkische Leitkultur nicht passt, der wurde und wird vor die Tür gesetzt. Der kann gehen, wohin es ihm beliebt.

Gut finde ich auch: Das Verbot der Minderheitensprachen ist in der Türkei aufgehoben, es gibt kurdische Radiosendungen. Ich bin sicher: Nach und nach wird die Türkei zu einem ähnlich entspannten Umgang mit den Minderheitensprachen kommen wie auch wir in Deutschland: Meine Frau lässt das russische Radio auf UKW stundenlang dudeln, und ich weiß, dass die Türken ebenfalls jeden Tag stundenlang hier in Berlin ihre türkischsprachigen Medien konsumieren. Ergebnis: Die russische und die türkische Gemeinde glucken in Berlin zusammen – in ihrer eigenen Muttersprache, und Deutsch läuft nebenher auch noch mit. Hurrah!

Schöner Bericht über den Türkischwettbewerb im Kreuzberger Tempodrom heute auf S. 3 der Berliner Morgenpost! Das ist bei mir um die Ecke. Ein klares Bekenntnis zur eigenen Kultur – wenn auch unter den Grundschülern die türkische Mehrheit „gekippt“ ist und von den Arabern verdrängt ist.

Ich habe da eine teuflische Idee: Könnte man etwas Ähnliches auch für Deutsch veranstalten? Deutsch für die neuen Deutschen? Das wäre doch mal was! Warum nicht mal ein deutsches Volkslied singen? Eine spannende Ballade von Friedrich Schiller oder Johann Wolfgang Goethe akzentfrei aufsagen? Ein Lied von Franz Schubert singen? Der Beste kriegt dann einen Preis! Wir Jungs lieben den Gedanken des Wettbewerbs! Wir wollen doch immer die Besten sein! Warum nicht mal die deutsche Sprache durch einen Aufsatzwettbewerb, eine Berliner Deutsch-Olympiade nach vorne bringen?

Bild: Blick auf das Tempodrom, den Austragungsort der 8. Türkisch-Olympiade. Kreuzberg. Bei mir um die Ecke.

Streit vor Treffen in Ankara – Erdogan wirft Merkel Hass gegen die Türkei vor – Politik – Berliner Morgenpost
„Ist die Türkei ein Prügelknabe?“

 Posted by at 10:54

Sorry, the comment form is closed at this time.