Mrz 302010
 

Sehr guter Beitrag des Außenministers Davutoglu zur türkisch-deutschen Beziehung! Türkische Schüler können und sollen Goethe, deutsche Schüler Mevlana lesen. Sehr gut! Ich füge hinzu: Aber sogar deutsche Schüler sollten Goethe früh, wiederholt und intensiv kennenlernen. Ich bin immer wieder traurig, wenn ich sehe, wie wenig die Berliner Schüler von Goethe, von Johann Sebastian Bach, von Immanuel Kant, von Mevlana und von Rumi erfahren!

Die Schulen schmeißen sich oftmals weg, nur um den Wünschen und Bedürfnissen der Schüler entgegenzukommen. Alles muss ja Spaß machen, alles muss leicht fasslich werden. Das große Erbe der deutschen Kultur, das in aller Welt – auch in der Türkei – gepflegt und verehrt wird, genau dieses wird an deutschen Schulen selbstverleugnend unter den Scheffel gestellt. Was für ein Jammer!

Wenn aber ein deutscher Schüler mit Namen wie Goethe, Immanuel Kant oder Johann Sebastian Bach nichts mehr anfangen kann, wenn er nicht viele, vielfältige Begegnungen mit den großen Werken der deutschen, der europäischen Leitkulturen erlebt und erlitten hat, dann wird er auch den Zugang zu Rumi, zu Homer oder zu Aischylos nicht finden. Dann hat es irgendwann auch keinen Sinn mehr, von Europa zu sprechen.

Denn jede Brücke hat zwei Enden! Von Goethe, von seiner frühen Mahomets-Ode, vom späten Goethe des West-östlichen Divans etwa – führt die Brücke zum Islam, zu Rumi, zu Mevlana. Ein direkter Eintritt in die orientalische Welt hingegen, ohne Wegbegleitung durch Vordenker und Vordichter der eigenen Muttersprache, das scheint mir fast unmöglich.

Davutoglu hat recht.

Berliner Zeitung – Aktuelles Politik – Merkel will Kulturaustausch mit Türkei ausbauen
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu, selber Absolvent eines deutschsprachigen Gymnasiums in Istanbul, bekräftigte die Bedeutung dieser fremdsprachigen Gymnasien im türkischen Bildungssystem. Diese seien Brücke zwischen den Ländern. «Aber jede Brücke hat zwei Enden», sagte er. Wenn türkische Schüler Goethe lernten, deutsche Schüler sich dann aber auch mit den Lehren des islamischen Mystikers und Dichters Mevlana befassten, werde das Band noch enger. «Die Bildung, die man erhalten hat (…) bildet später die Grundwerte», sagte Davutoglu.

 Posted by at 14:30

  2 Responses to “Warum nicht einmal ein Gedicht von Goethe lernen?”

  1. Sehr geehrter Herr Hampel,
    ich kann Ihnen nur zupflichten. Deswegen kümmert sich mein Poesieverein „Dichterpflänzchen e.V“ in Wiesbaden um beide „Brückenpfeiler“. Wie wir das machen? Mit Rezitationsprogrammen in die Mitwirkende aus dem Okzident und Orient eingebunden sind – und so setzt sich dann auch das Publikum zusammen. Vielleicht haben Sie ja Interesse an meinem Projekt „Mit Gedichten ein Brücke zwischen Istanbul und Wiesbaden bauen“. Mit freundlichen Grüßen
    Lutz Schauerhammer
    Vorstand Dichterpflänzchen e.V.
    Rüdesheimer Str. 28
    65197 Wiesbaden
    0611 / 801514

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