Apr 262010
 

Dieser oben genannten Frage gehe ich seit einigen Wochen systematisch nach. Meine Zweifel schwinden allerdings wie Vulkanasche aus Europens Himmeln: Immer mehr verdichten sich die Hinweise, dass wir eine große Sozialrechtsreform nicht brauchen, sondern dringend brauchen. Ist die Reform des Sozialrechts zugleich auch Voraussetzung einer gelingenden Integrations- und Arbeitsmarktpolitik? Auch hierauf verdichten sich die Hinweise! Wir bleiben am Ball, Fans&Gegner! Wir werden nicht locker lassen!

Hegt ihr noch Zweifel, Fans&Gegner? Dann lest mal den aktuellen SPIEGEL 17/2010 auf S. 93: „Soziales Nullsummenspiel“. Wie in einem klitzekleinen Modelleisenbahnland spiegeln sich auf dieser knappen Seite Text die endemischen, jahrzehntelang verschleppten Probleme einer wirklich durchdachten, zielführenden Sozialrechtsreform wider. Thema des kleinen Modellartikels zu einem riesigen Problemgebirge: „Bessere Bildung für sozialschwache Kinder als einer der Arbeitsaufträge aus dem jüngsten Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts“.

Da ist eine Ministerin, die eine Menge guter, zutreffender, zielführender Einsichten&Absichten hat, sie aber nicht durchführen kann, denn nach geltender Rechtslage „müsste in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob die Hilfe auch wirklich nötig sei.“ Da ist der bundesrepublikanische Föderalismus mit seinem „Kooperationsverbot“ zwischen Bund und Kommunen – allein das Wort ist schon grotesk!

Da sind die Kommunen, die mit gutem Grund die Hand ausstrecken und sich finanzielle Entlastung vom Bund für die Hilfen erwarten, die sie in Eigenregie bereits jetzt anbieten – etwa ermäßigte Museumsbesuche oder kostenlose Mitgliedschaften im Fußballverein.

Ergebnis: Es wird viel hin- und hergewendet, aber an der Lage vor Ort ändert sich – fast – nichts. Es herrscht organisierte Verantwortungslosigkeit.

Die beschriebene Lage und die angestrebten Maßnahmen führen zu nichts wesentlich Neuem. Die sozialpolitischen Maßnahmen enden sozusagen in einem „Schattenbahnhof“, wie die Modelleisenbahner sagen würden. Ein Schattenbahnhof, das ist meines Wissens ein unterirdischer Bahnhof, in den der Modelleisenbahner seine nicht gebrauchten  Züge einfahren lassen kann.

Und das hülfe aus dem Sozialrechts-Schattenbahnhof heraus:

1) Eine bedeutsame Vereinfachung des Sozialrechts!  Wir müssen weg von der überbordenden Fülle der Einzelfallprüfungen. Sonderbedarfsanmeldungen sollten nur mehr in ganz geringem Umfang oder überhaupt nicht mehr möglich sein. Stattdessen brauchen wir eine großzügigere Zuweisung von Pauschalbeträgen – wobei mathematisch ein Nullsummenspiel anzustreben ist. Wir würden also für den gesamten Bereich Soziales etwa soviel wie jetzt ausgeben, aber sehr viel weniger Prozesskosten zu zahlen haben. Denn die Sozialgerichtsprozesskosten tragen grundsätzlich wir alle! Netto sparen wir also!

2) Aufhebung des grundgesetzlichen Kooperationsverbotes zugunsten eines Kooperationsgebotes.

3) Stärkere Umschichtung weg von Hilfen zum Lebensunterhalt in Form finanzieller Leistungen hin zu Bildungsleistungen in Gestalt von Sachleistungen! 0,5% mehr Geldmittel in Bildung, 0,5% weniger Geldmittel in Hilfen zum Lebensunterhalt – und dies dann kleinschrittig Jahr um Jahr weiter fortgeführt. Das wäre schon ein Riesenschritt – aufgeteilt in Trippelschritte.

Diese Vorschläge sind nur Teil der Lösung, keineswegs jedoch ausreichend.

Denn wir wollen unsere Züge aus dem Schattenbahnhof herauskriegen! Sie sollen fahren, nicht stehen!


 Posted by at 12:09

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