Jun 012011
 

14052011584.jpg„Ordnung muss sein!“ Das ist eines der geflügelten deutschen Worte, das beispielsweise in Russland und Polen immer noch sehr viele Menschen, die sonst mit Deutschland wenig am Hut haben, kennen. Die Ordnungs- und Genehmigungswut der Deutschen ist sprichwörtlich, wird vielfach belächelt – und wurde in finsteren Zeit auch gefürchtet.

Große weitläufige Wiesen erstrecken sich rings um die drei Becken des Kreuzberger Prinzenbades. Sobald die Sonne kräftig vom Himmel lacht und sobald die Temperaturen nachmittags dauerhaft über 28 Grad liegen, strömen die Menschen herzu. An mindestens zwanzig Tagen im Jahr herrscht Hochbetrieb im Prinzenbad! Aber selbst dann findet man stets noch genug Platz um sich zu lagern. Traumhaft schön!

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An allen anderen Tagen kann man das riesige Bad nahezu unbehelligt genießen.

IntegrationspolitikerInnen sollten an heißen Sommertagen unbedingt einmal einen ganzen Nachmittag im Prinzenbad verbringen, denn die Besucherinnen und Besucher spiegeln die bunte multikulturelle Zusammensetzung der Kreuzberger Bevölkerung wider. Das lässt sich in Verhalten und Kleiderordnung für Männer und Frauen, in den gesprochenen Sprachen und in der Gestik deutlich ablesen.

Ich kenne kein anderes innerstädtisches Freibad in Deutschland, das so großzügig  angelegt wäre wie unser heimatliches Prinzenbad. Sport-, Bewegungs- und Ruheflächen sind üppigst vorhanden. Das Ungererbad in München-Schwabing etwa ist sicher nur ein Drittel so groß, und es war an den vielen Tagen, die ich es besuchte, meist gut gefüllt.

Selbst an sonnigen, aber nicht heißen Tagen ist es leer, wie etwa dieses Video über Glück im Prinzenbad beweist.

Danke Bayern, danke Banden-Württemberg, murmele ich immer wieder mal. Denn jede gelöste Eintrittskarte wird laut Auskunft der Berliner Bäderbetriebe mit durchschnittlich 8 Euro bezuschusst. Ein Zeichen der unerschütterlichen Solidarität der Geberländer, die das Armutsland Berlin so großzügig bezuschussen und etwa die Hälfte des laufenden Haushaltes unseres hochverschuldeten Bundeslandes beisteuern. Dank an die edlen Spenderbundesländer! Ihr bezahlt unsere Mieten, unsere U-Bahn, unsere Sommerbäder mit!

Ich bin und bleibe ein leidenschaftlicher Nutzer des Prinzenbades, kann mit einem Blick auf den Himmel voraussagen, ob das Bad leer, fast leer, wenig gefüllt,  oder auch mal voll ist.

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An nicht oder wenig genutzten Flächen entdeckte ich vor kurzem einen Kunsttempel. Kunsttempel? I wo! Es war eine jener Scube-Boxen, die zahlende Gäste nächteweise anmieten können. Eine kleine pfiffige Idee für Touristen, die den Ruhm unseres Bades hätten mehren können – und gleichzeitig Geld eingespielt hätten. Hätten anmieten können. 2008 wurde dieser coole Kunstgriff bereits vom Stapel gelassen. Aber mitterweile ist alles schon wieder vorbei.

Die Bezirksverordnetenversammlung (wieder so ein Wort!) hat sich deutlichst gegen diese kistenartigen Übernachtungsquartiere ausgesprochen. Begründung: Es fehle an Genehmigungen! Es fehlte an Unter- und Einordnung in den übergeordneten Zweck des Grundstückes, das eine Badeanstalt sei und bleibe. Es fehlte an Platz. Ich widerspreche entschieden: Die Boxen sind derzeit an einem Ort angebracht, den die Badegäste nie betreten und nicht nutzen. Ich kenne doch das Areal wie meine Ortlieb-Satteltasche.

Die Berliner Woche – Ausgabe Kreuzberg – berichtet dies aktuell auf S. 4.

Ordnung muss sein. Verhinderungsmanie und Obrigkeitsdenken herrschen weiterhin vor. Typisch deutsch. Das ist die Dagegenhaltung, die so vieles verhindert in Berlin. Schade.

Trotzdem: Das Prinzenbad verdient mehr Besucher! Politikerinnen und Politiker! Bezirksverordnete! Besucht das heimatliche Prinzenbad! Auch an kühlen Tagen! Stellt euch nicht so an!

 Posted by at 15:44

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