Jul 312011
 

„Das norwegische Volk hat großartig reagiert.“  So etwa haben es verschiedene Norweger gesagt. Die Norweger haben als Nation zusammengestanden, – wobei sie Nation oder Volk als die Gesamtheit aller fassen, die in ihrem Land leben.

Die Norweger sprechen nicht von „Menschen mit Migrationshintergrund“, also unnormalen Menschen der anderen Art – wie etwa im Berliner Integrationsgesetz ausgesagt.  Sie sagen: Wir Norweger, alte und neue Norweger zusammen.

Integration kann vermutlich nur dann gelingen, wenn eine Art Nationenbegriff zugrundeliegt. Nation verstanden wie in Norwegen als Gemeinschaft aller Menschen in einem Land, die nicht bloß als räumlich zusammengewürfelt aufgefasst werden, sondern als echte Schicksalsgemeinschaft freier mündiger Gleicher.

Diese Einsicht scheint in Deutschland aber nicht verbreitet zu sein.  Im Gegenteil: Fast alle Kommentatoren verkennen, dass das Land als norwegische Nation jetzt noch enger zusammensteht als vorher. Die eigentümliche Entleerung des Begriffes der Nation scheint mir ein besonderes Merkmal der Deutschen zu sein.

Von daher das in der deutschen Integrationsdebatte vorherrschende kulturelle Nirwana, in das hinein die Integration als Addition nicht zusammengehörender Teile erfolgen soll.

Schon ein aus dem Schwedischen übersetztes deutsches Volkslied wie etwa „Im Frühtau zu Berge“ erzeugt antideutsche, konvulsivische Zuckungen bei einem Großteil der Menschen. Man haut sich lieber den neuesten Song aus dem European Song Contest über iPod rein.

Einen Beleg unter vielen für diese Zurückweisung des Nationalen, wie sie ein Spezifikum der deutschen Publizistik ist, stellt der Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff dar:

Norwegen: Eine Gesellschaft der Furchtlosen – Meinung – Tagesspiegel
Heute kann die Antwort aber genauso wenig in einem „Zurück zur Nation“ liegen, erst recht nicht im Zeitalter transnationaler Freiheitsbewegungen. Das wäre auch unpatriotisch, wie der Soziologe Ulrich Beck meint. Er sieht, im ausdrücklichen Bezug zu Brandt, „Kosmopolitismus“ heraufziehen, der einen neuen Integrations- und Identitätsbegriff, ein Zusammenleben über Grenzen hinweg „bejaht, ohne dass Eigenheit und Differenz auf dem Altar der nationalen Homogenität geopfert werden müssen“.

 Posted by at 20:56

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