Apr 172012
 

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Soeben rief ich, einen bayrisch-schwäbischen Heimatdichter zitierend, aus: „O Lust des Beginnens! O früher Morgen!“, ich machte Morgengymnastik im morgenfrischen Park, las die heutige taz und Stefano Libertis „Land grabbing. Come il mercato delle terre crea il nuovo colonialismo“ auf dem Kindle for PC! Zitat Liberti: „Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte – probabilmente la verità è da qualche parte nel mezzo „(Position 2227). Ganz meine Rede!

Liberti schneidet tief hinein in eine zentrale Herausforderung der Gegenwart: Landwirtschaft, Ernährung, Armut, Gerechtigkeit, Bodenverteilung, Lebensstil, Kapitalismus, Neokolonialismus. Alle Begriffe sind mit Fragezeichen zu versehen!

Allerdings gelangt Liberti am Ende seiner langen, scharfsichtigen Analyse mit Hunderten von Gesprächen zu einer mich in dieser Eindeutigkeit überraschenden Schlussfolgerung. Er schreibt:

I responsabili principali di questa svendita indiscriminata di terre sono i governi nazionali, che barattono le risorse del paese per un pugno di valuta forte – o, nel peggiore dei casi, per un bonifico in dollari su un conto domiciliato all’estero (Kindle-Ausgabe, Position 3558).

Das ist zu deutsch: „Die Hauptverantwortlichen für diesen hemmungslosen Ausverkauf der Flächen sind die nationalen Regierungen, die die Ressourcen des Landes für eine Handvoll, eine Faust an Devisen in starker Währung verscherbeln – oder schlimmstenfalls für eine Gutschrift in Dollar auf einem im Ausland geführten Konto.“  

Hört hört! Nicht die Märkte, nicht die Spekulation, nicht der Neoliberalismus, nicht der Neokolonialismus, nicht der Kapitalismus und nicht einmal die EU sind laut Stefano Liberti verantwortlich zu machen für den Ausverkauf des Bauernlandes, sondern unverantwortliche afrikanische Regierungen, die das Land aus dem Staatsbesitz heraus an den Meistbietenden verhökern, um sich die eigenen Taschen zu füllen. So schreibt es schroff und deutlich Liberti!

Ich konstatiere dies hier nur. Man sollte Libertis Buch, das neuerdings unter dem Titel „Landraub“ auch in deutscher Übersetzung im Berliner Rotbuch Verlag vorliegt, sehr genau lesen. Es lohnt sich!

Ich meine: Es spricht in der Tat einiges dafür, dass die Probleme der meisten afrikanischen Staaten – wie Liberti meint – an der Politik dieser einzelnen Länder liegen, an den Machthabern, die vor allem an den eigenen Vorteil denken. Ich gehe einen Schritt weiter:

Gäbe es den funktionierenden Rechtsstaat mit Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte, gäbe es eine echte Marktwirtschaft mit parlamentarischer Demokratie und würden die Regierungen sich vorrangig um die Interessen der Bevölkerung kümmern, sähe die Lage in Afrika anders aus. Sie sähe dann vielleicht etwa so aus wie in dem früher so armen Südkorea oder dem früher so armen Schwabenland.

 

Alexander Knaak (Übers.), Stefano Liberti

Landraub

Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus

ISBN 978-3-86789-155-4

256 Seiten
12,5 x 21,0 cm
geb.

sofort lieferbar

Preis 19,95 €

 

   

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