„Ich mag meinen Beruf!“

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Jan. 202010
 

„Ich bin sehr gerne Geigenbauer“, „Ich bin sehr gerne Lehrerin“, „Ich bin sehr gerne Müllmann“, „Ich bin sehr gerne Gemüsehändler“, „Ich bin sehr gerne Keramikerin“ – diese und ähnliche Sätze habe ich in den letzten Wochen in persönlichen Gesprächen gehört. Ich höre sie immer gerne. Sie laufen immer auf eines hinaus: „Der Beruf, den ich gewählt habe, erfüllt mich. Ich möchte keinen anderen.“ Bitte noch mehr solche Botschaften! Der Beruf ist doch etwas, was dich an-ruft! Auch wenn du keinen Personenrufempfänger hast!

Genau in diesem Sinn wird heute der Herr Brandoberinspektor Ceyhun Heptaygun im Berliner Tagesspiegel auf S. 10 zitiert. Dabei befasst sich Brandoberinspektor Ceyhun Heptaygun beileibe nicht nur mit Bränden, sondern auch mit so schaudernmachenden Dingen wie Eiszapfen und Dachlawinen! Zum Chillen!

Einsatz Berlin: Retter suchen Nachwuchs
Immerhin kann er das voller Überzeugung tun. Heptaygun mag seinen Beruf. „Ich möchte nichts anderes machen“, sagt er. Dann muss er wieder los. Sein Personenrufempfänger macht piep-piep-piep.

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Gut lernen + Gut essen + Gut bewegen = Gute Schule

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Jan. 202010
 

„Mit einer klugen Pausengestaltung und der Abwechslung von Bewegungs- und Entspannungsangeboten lassen sich Konzentration und Leistungsfähigkeit über viele Stunden erhalten.“ So Ulrike Arens-Azevedo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg laut Berliner Morgenpost heute auf S. 20.

Sehr guter Punkt! Was isst mein Kind? Wie bewegt es sich? Was macht er oder sie in den Pausen? Diese Fragen halte ich für sehr wichtig! Wir haben erste Experimente mit dem verpflichtenden Ganztagsunterricht gemacht. Oder besser „Ganztagsbeschulung“. Ergebnis: Es ist ein Unding anzunehmen, dass eine Ganztagsschule einfach darin besteht, dass die Kinder statt 5 oder 6 nun 9 Stunden Unterricht erhalten, gestreckt über einen durch längere Pausen unterbrochenen 8-Stunden-Tag.

Je mehr Ganztagsschulen eingerichtet werden, desto wichtiger werden diese Fragen!

Eine gute Schule braucht nicht nur guten Unterricht, sondern auch gute Pausen und gutes Essen.

Showküche auf der Grünen Woche – „Das Schulessen muss besser werden“ – Familie – Printarchiv – Berliner Morgenpost

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Gibt es neben Menschenrechten auch Menschenpflichten?

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Dez. 012009
 

„Sie ist einfach ein toller Politiker, noch wichtiger: als Mensch für mich ein echtes Vorbild, sie hat einen starken Begriff von Pflicht und Hingabe – und das Ganze präsentiert sie obendrein mit einem Lächeln. Jungs, da können wir (noch) nicht mithalten.“ So schrieb ich kürzlich einer werten Freundin nicht ins Stammbuch, aber sehr wohl ins Facebook. Anlass: ein klitzekleines Revirement an der Spitze zweier Bundesministerien. Wer war gemeint? Egal! Auffällig jedoch, dass es mir herausrutschte: „Ein starker Begriff von Pflicht und Hingabe.“ Damit bezog ich mich insbesondere auf die Tatsache, dass diese Politikerin die Pflege ihres demenzkranken Vaters in die Familie hineingenommen hat.

Also frage ich zum Frühstück: Gibt es neben Rechten und Ansprüchen auch Pflichten? Große Frage! Schaut man sich um im Lande, möchte man meinen: Die Frage ist offen. Nur wenn man mit einzelnen Menschen spricht, werden sie einem doch meistens zustimmen: „Ja, es gibt gewisse Pflichten. Aber nicht zu viele.“

Gibt es neben individuell einklagbaren Menschenrechten auch individuell einzufordernde Menschenpflichten? Ich meine damit sittliche Pflichten im öffentlichen und privaten Bereich, etwa die vom Einzelnen zu fordernde Pflicht zur Generationengerechtigkeit, die individuelle Pflicht zur Umweltgerechtigkeit, die individuelle Pflicht zur Fürsorge für die eigenen Kinder und Eltern? Kann man erwarten oder verlangen, dass Kinder sich um die demenzkranken Eltern kümmern?

Viele werden zugeben: „Wir müssen etwas gegen die Erderwärmung tun!“ Aber kann man dann verlangen, dass man den Privat-PKW abschafft und nur noch Fahrrad, Bus und Bahn fährt?  Denn der private Kfz-Verkehr trägt ganz erheblich zur privaten „Kohlendioxid-Verschuldung“ bei – ganz abgesehen von den sonstigen Folgekosten.

Wir müssen darüber sprechen!

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Mauerfall im Kleinen anpacken!

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Nov. 092009
 

mauerfall.jpg Diesen großartigen Tag begann ich mit einer Feier in der Fanny-Hensel-Grundschule. Eine Baumpflanzung war genau für den heutigen Tag angesetzt. Die Bürgerstiftung Berlin und der Sponsor Boeing hatten Hand in Hand mit der Schule gearbeitet. Ein Feldahorn wurde eingesetzt. Ein Modell der Berliner Mauer war aus Kartons nachgebaut.

Zuvor gab es Musik und Ansprachen. Mein Sohn spielte das Hirtenlied von Mozart. Ich sprach mit Lehrern, Sponsoren und Schülern. Ich war stolz auf die Schule. An dieser Schule wirken alle zusammen, um die neue Gesellschaft Deutschlands wachsen zu lassen.

In wenigen Augenblicken werden die Dominosteine am Brandenburger Tor stürzen. Mit dabei: Ein Stein, den die Kinder der Fanny-Hensel-Grundschule bemalt haben!

Ich freue mich sehr!

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„Wartet’s ab, irgendwann kommt ihr noch zur Bundeskanzlerin!“

 Das Gute, Entkernung, Europäisches Lesebuch, Fibel, Leitkulturen, Schöneberg  Kommentare deaktiviert für „Wartet’s ab, irgendwann kommt ihr noch zur Bundeskanzlerin!“
Okt. 082009
 

So flapsig äußerte ich mich zu unserer Kindergartenleiterin Ute Kahrs, als wir den Anstoß für eine „musikbetonte Kita“ ausgeheckt hatten. Auch in dieser gutgeführten Schöneberger Einrichtung überwogen die Kinder aus türkischen und arabischen Familien. Die Deutschen schickten ihre Kinder auf die kleinen und feinen privaten und kirchlichen Kitas. Dafür zahlten sie auch gerne.

Heute, drei Jahre später, hat sich eine prachtvolle, fröhliche Kita daraus entwickelt, die deutschen Eltern setzen sich wieder auf die Warteliste. Die Berliner Zeitung hat darüber berichtet. Dieses Blog hat mehrfach darüber berichtet. Und – jawohl – die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kinder und die Erzieherinnen empfangen und sich auf ein schönes Foto dazugestellt. Dies entnehme ich mit großer Freude dem neuen Programmheft des Nachbarschaftsheims Schöneberg auf S. 125.

Programmheft-2-09_01.pdf (application/pdf-Objekt)

Kristina Köhler sagte gestern in der mäßig harten und ziemlich unfairen Sendung „Hart aber fair“: „Wir müssen mehr Erfolgsgeschichten erzählen.“ Richtig! Dann schaut euch doch mal das Foto mit Bundeskanzlerin Merkel und der Kita am Kleistpark an: Alle Kinder tragen einen Pulli in den deutschen Farben, sie dokumentieren damit: Wir gehören alle dazu. Und zwar zu Deutschland. Viele Musiker stehen als stützender schützender Hintergrund dabei. Das heißt: Klassische Musik, die Musik eines Mozart, eines Bach, eines Brahms oder Dvorak oder Tschjaikowskij kann uns zusammenführen und verbinden.

Ich ergänze: Diese deutschen Kinder brauchen neben viel Musik und Malen auch viel Poesie. Sie brauchen sinnvolle Gedichte. Sie brauchen Reime, Abzählspiele, Kinderlieder. Sie brauchen Goethe, sie brauchen Friedrich Schiller. Sie brauchen von mir aus auch die türkische Nationalhymne. Und zwar in deutscher Sprache.  Und genau das – gute, einfache, farbenfrohe Bilder aus der deutschen, der europäischen, der Weltkultur – vermisse ich.

Ich blättere verzweifelt die Lesefibeln durch, mit denen unsere Kinder in der Grundschule lernen. Nichts! Keine sinnstiftenden Geschichten! Keine Märchen, keine Sagen, keine Legenden. Keine Reime. Keine Pippi Langstrumpf, kein Zundelfrieder, kein Schweik. Kein Hans im Glück! Nichts. Es ist die Selbstaufgabe der europäischen Kultur, was ich da in den Lernmitteln der Kinder sehe. Der komplette Bankrott. Nur um niemandem auf die Füße zu treten, vermitteln unsere Grundschul-Lehrmittel eine weiße Fläche. Kein Hänsel, kein Gretel, und nicht einmal ein Ali Baba oder ein kleiner Muck. Denn es könnte ja sein, das Kulturstereotypen unbewusst weitergegeben werden. Huch!

Das sollte sich ändern. Wir brauchen ein gutes Lesebuch für die Grundschule. Mit Geschichten, Märchen, Bildern, Gedichten, Liedern.

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„Die Eltern sind in der Pflicht“ – na endlich sagt das jemand mal!

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Sep. 042009
 

Die Berliner Journalistin Regina Köhler erhält den Theodor-Wolff-Preis. Sehr gut! Ich gratuliere Ihnen, Frau Köhler.

Sie sind die einzige mir bekannte Journalistin, die so einfache Sätze wie „Die Eltern sind in der Pflicht“ bei den Redaktionen einzureichen wagt – und die dann die Redaktion so weit umgarnt, dass solche einfachen bündigen Wahrheiten abgedruckt werden. Sie müssen ja beträchtlichen Charme haben.

Diesen Satz „Die Eltern sind in der Pflicht“, den habe ich schon oft – häufig in der Form „Wir Eltern sind in der Pflicht“  – ausgesprochen, hier hinein gebloggt, geschrieben, geklagt und gepfiffen. Das Echo? Nun, ich bekomme Erwiderungen der folgenden Art:

„Du redest ja schlimmer als ein CDU-ler aus den 50er Jahren!“

„Wir müssen den Eltern durch Förderprogramme helfen!“

„Die Eltern haben kein Geld, um ihre Kinder sinnvoll zu erziehen“

„Die Eltern brauchen Hilfe, sie sind alle überfordert!“

„Die verheerende Schulpolitik des rot-roten Senats macht sinnvolle Erziehung unmöglich!“…

… und was dergleichen trickreiche Ausflüchte mehr sind. Ich nehme alle diese Vorwürfe gerne auf mich, bin bereit, sie Punkt um Punkt zu widerlegen, und erkläre mich hiermit zum Bundesgenossen der Preisträgerin Regina Köhler.

Regina Köhler hat recht. Damit sind wir schon zwei.  Sie und ich.

Kommentar – Fernseher aus! – Berlin – Berliner Morgenpost
Die Eltern sind in der Pflicht.

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Juni 302009
 

Gestern verfolgte ich das Endspiel der U21-Europameisterschaft am Fernsehen. Klasse herausgespielt, dieser Sieg! Die Verteidigung stand verlässlich, sie war einfach herausragend eingestellt. Sie hielt Özil den Rücken frei, er konnte so seine spielerische Klasse entfalten. Völlig richtig, dass Hrubesch ihn endlich wieder zum echten Stürmer machte und nach links vorne stellte. Das 4-1-4-1-System hat mich überrascht, wahrscheinlich ebenso sehr wie die Engländer!

Wer hätte das gedacht, dass wir Deutschen einen derart klug disponierten Gesamtansatz hinbekommen. Das muss doch auch in der A-Mannschaft möglich sein.

„Er staucht uns zusammen und holt uns gleich danach wieder aus dem Dreck.“ So rühmen die Spieler ihren Trainer. „Wir machen das, was der Trainer sagt, und deshalb haben wir Erfolg.“ Fleiß und Gehorsam in Kombination mit Selbstbewusstsein und Mannschaftsgeist – diese alten Tugenden werden durch Spieler wie Özil, Boateng, Dejagah, Khedira, Castro und Aogo nach Deutschland gebracht. Es sind importierte Werte, oder re-importierte?

Özil, Boateng, Dejagah, Khedira, Castro, Aogo sind unsere Vorzeigedeutschen – sie verkörpern den Willen zum Erfolg. Und dieser Erfolgswille bringt den Erfolg hervor.

Mesut Özil ist der Star der Deutschen. Völlig richtig, dass er zum Spieler des Tages gewählt wurde.

Mein Bruder Muck, langjähriger A-Spieler beim TSV Firnhaberau (Augsburg), kommentierte bei der Geburtstagsfeier am Sonntag, als wir über Migranten in Kreuzberg diskutierten: „Im Fußball klappt Integration schon lange.“ Er hat recht: Der Fußball ist ein Paradebeispiel, dass jeder seine Chance erhält. Fleiß, Disziplin, Einsatzfreude, Teamwork, Einordnung in eine Gruppe, Identifikation mit einem gemeinsamen Ziel: diese Tugenden kann man kaum so gut vermitteln wie im Sport.

„Wir haben Erfolg.“ So betitelte Kerstin Finkelstein ihr Buch über erfolgreiche muslimische Frauen.

Wann kommt ein solches Buch auch über Männer?

Lest hier einiges über unsere bunt zusammengewürfelte Multi-Kulti-Truppe aus der Süddeutschen Zeitung:

U-21-Nationalelf – Multi-Kulti ist normal – Sport – sueddeutsche.de
Andreas Beck wurde in Sibirien geboren, Sebastian Boenisch in Polen, Ashkan Dejagah in Teheran und Marko Marin in Bosnien, Jerome Boateng hat einen ghanaischen Vater, Sami Khedira einen tunesischen und Dennis Aogo einen nigerianischen, Mesut Özil hat türkische Eltern und Gonzalo Castro spanische. Die deutsche Nachwuchsmannschaft ist so international wie noch nie, aber das ist intern nicht mal ein großes Thema. „Wir kennen es aus unseren Klubs nicht anders“, sagt Dennis Aogo.

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Ist die Königin der Nacht gut oder böse?

 ADFC, Das Böse, Das Gute, Gute Grundschulen, Theater  Kommentare deaktiviert für Ist die Königin der Nacht gut oder böse?
Jan. 302009
 

Gestern führten wir wieder einmal Mozarts Zauberflöte in der Fassung für Puppentheater auf. Ort diesmal: die Aula der Clara-Grunwald-Grundschule in Kreuzberg. Zum ersten Mal spielten wir für die älteren Kinder, für „oben“, wie man in dieser Schule sagt, also die Jahrgänge 4 bis 6. Ira singt die Arie der Pamina leicht und schwebend, als wäre sie eine echte Sopranistin. Dabei ist sie eigentlich Alt. Und siehe da: Manches an unseren Texten verändert sich.  Ich merke, wie ich mehr in den Frage-Antwort-Gang umschalte, weniger märchenhaft erzähle. So frage ich die Kinder nach der Aufführung: „Ist die Königin der Nacht gut oder böse? Was meint ihr?“ Die Meinungen der Kinder sind geteilt. Ich fasse zusammen: „Aha, wir sehen, es ist nicht so leicht zu entscheiden, ob jemand gut oder böse ist.“  Für die Kleinen, für „unten“, sind solche Aussagen nicht so gut: Die Kleinen wollen schon wissen, ob einer gut oder böse ist.

Am Abend fahre ich zur Bezirksratssitzung des ADFC. Es ist die erste Sitzung des Bezirksrates, die ich nach meiner Wahl zum Sprecher leite. Ein bisschen Aufregung herrscht schon in meiner Magengrube – es erinnert mich an meine frühere Zeit als Sprachlehrer für Erwachsene, wo ich ja ebenfalls den Ablauf irgendwie steuern musste. Die Mischung aus Disziplin und Kreativität ist das A und O bei allen Gruppen. Und vor einem sitzen lauter selbstbewusste, erwachsene Menschen, die ihren eigenen Kopf haben!  Das Spannende an dem Zusammentreffen von ganz unterschiedlichen Leuten ist, dass man nicht alles planen kann. Doch gestern ging fast alles gut.  Wir arbeiteten fast die gesamte Tagesordnung ab. Und eine Geschäftsordnung für unser Gremium wurde auch beraten und beschlossen.

Das Foto zeigt einen Blick in die Aula der Clara-Grunwald-Schule.  Es tanzen – Papageno und Papagena.

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Zugpferd ackert weiter für verlängerte Lebensarbeitszeit

 Das Gute, Ey Alter, Friedrichshain-Kreuzberg, Grünes Gedankengut, Parteienwandel, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für Zugpferd ackert weiter für verlängerte Lebensarbeitszeit
Jan. 282009
 

Für einen auf dem Markt wirklich erfolgreichen Politiker halte ich Hans-Christian Ströbele. Er ist einer der ganz wenigen deutschen Politiker, die sich selbst einen hohen Markenwert erarbeitet haben, diesen bewusst pflegen und immer wieder ins Gedächtnis rufen. Dazu gehört nicht zuletzt der rote Schal und ein kluges Gespür für den jeweiligen Brennpunkt der Kameras. Gegen ihn kann in Berlin bei den Grünen niemand ankommen. Also meldete sich gestern klugerweise bei der Nominierung auch kein Gegenkandidat. Und seine Partei? Der Berliner Kurier berichtet heute:

Liebling Kreuzberg – Berlin – Berliner Kurier
Seine Partei ist ihm dafür sehr dankbar, sieht ihn als Zugpferd in Berlins „grünstem Bezirk“, in dem sie den Bürgermeister stellt und zwei der fünf Stadtratsposten besetzt.

Bei der Nominierung gestern Abend im Haus der Demokratie gab es keinen Gegenkandidaten. Dort sollte Ströbele aufgestellt werden – knapp 830 Grünen-Mitglieder aus dem Wahlkreis 84 Friedrichshain-Kreuzberg / Prenzlauer Berg Ost waren wahlberechtigt.

Sind alle so begeistert von ihm? Nein – es gibt mindestens eine Frau, die ihm ganz öffentlich die Leviten lesen will. Wir zitierten ja bereits vor drei Tagen aus dem umfassenden „Sündenregister“, das die Direktkandidatin der Linken gerade erarbeitet, und das sie auch freundlicherweise ins Netz der Netze gestellt hat. Hier kommt des Sündenregisters zweiter Teil. Es liest – die Zeugin der Anklage Halina Wawzyniak:

Es wirdin diesem Wahlkampf darauf ankommen die Erinnerung an die Rot-Grüne
Regierungszeit wieder ins Gedächtnis zu rufen. Die Erinnerung daran, dass es
die Rot-Grüne Bundesregierung war, die völkerrechtswidrige Angriffskriege
wieder salonfähig gemacht hat und die Rot-Grüne Bundesregierung die Hartz IV –
Gesetze eingeführt hat um nur zwei Beispiel zu nennen.  Rot-Grün hat die Spaltung der Gesellschaft inArm und Reich massiv vorangetrieben und auch Hans Christian Ströbele hat diesen Kurs im Wesentlichen mitgetragen.[…]

Auch in dem wir Hans-Christian Ströbele immer daran erinnern, dass
er von der Grünen Partei im Wahlkreis aufgestellt worden ist. Er muss sich
deshalb auch die Kommunalpolitik der Grünen zurechnen lassen.
Und
deshalb muss man immer wieder betonen, dass man die Grünen dazu tragen musste,
endlich eine Lösung für das Problem Bethanien zu finden und an ihre
wechselvolle Position in der Frage des Spreeraums erinnern.

Wir halten fest: Als Haupteinwände gegen Ströbele formuliert die Kandidatin der Linken seinen Wankelmut, seine Zugehörigkeit zur Grünen Partei, die die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben habe, die Passivität der Grünen, die sich trotz ihres Zugpferdes zur Arbeit tragen lassen müssten, und die Unterstützung der Grünen bei völkerrechtswidrigen Angriffskriegen. Letztlich wirft sie ihm in einfachen Worten ungefähr vor: „Er ist überhaupt kein Linker, sondern er tut nur so. Eigentlich ist er nur ein ganz normaler Grüner.“

Ob diese Strategie aufgehen kann? Ist Ströbele kein Linker? Das wäre ja schrecklich in diesem so linken Wahlkreis! Dann müssten all die Linken jemand anderen wählen! Wer käme da in Frage? Großes Fragezeichen! Wir bleiben dran mit unserem Blog! Ich selbst - muss Hans-Christian Ströbele loben. Ich finde, es ist ihm hoch anzurechnen, dass er sich nicht aufs Altenteil abschieben lässt. Denn wir sollten uns alle darauf einstellen, dass wir länger und härter arbeiten müssen - gerade in Zeiten von Hartz IV. Ströbele liefert ein klares Bekenntnis zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit, zu den Grundsätzen, auf denen auch die Hartz-IV-Gesetzgebung beruht.  Und das ist gut.

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Jan. 062009
 

25122008004.jpg Was hält uns in Europa zusammen? So fragten wir in diesem Blog im vergangenen Jahr. Unsere vorläufige Antwort: Es ist nicht klar. Wir wissen es nicht so recht. Und wenn wir es wüssten, müsste es laut und deutlich gesagt werden.

Was hält politische Gemeinschaften zusammen? So fragte Aristoteles. Seine Antwort: „Freundschaft“, das Gefühl einer Zugehörigkeit zueinander. Innerhalb einer Stadtgemeinde dürfe es keine Feindschaften, aber auch keine Gleichgültigkeit  geben, sonst bräche der Zusammenhalt auseinander.

Was hält unsere deutsche Gesellschaft zusammen? So fragen heute die beiden Bürger Ursula von der Leyen und Wolfgang Schäuble in der FAZ auf S. 8. Ich nenne sie Bürger … Moment mal, sind das nicht zwei Politiker, Minister gar? Stimmt, ihr habt recht. Aber die beiden Verfasser schließen ihren Artikel höchst wirkungsvoll mit folgender Schlussformel ab: „… wir alle als Bürgerinnen und Bürger.“ Alle sind wir Bürgerinnen und Bürger, das ist doch ganz meine Rede. Einige dieser Bürger sind daneben auch Politiker, aber Politiker und Bürger sollten sich einig sein in einem gemeinsamen Ethos. So verstehe ich zumindest die beiden Autoren.

Den ganzen Artikel durchzieht die Forderung nach einem gestärkten Miteinander. Nur dann, wenn jede und jeder das Gefühl hat, dazuzugehören und gebraucht zu werden, kann sich eine Gesellschaft auf Dauer den wichtigen Einzelfragen zuwenden. Vereine, Bürgerinitiativen, Mehrgenerationenhäuser – das alles und vieles mehr sind hochwillkommene Beispiele solch tätiger Gemeinschaft, die den Staat trägt. Der Staat kann diesen Wurzelgrund nicht ersetzen, aber er kann ihn fördern.

Wir warfen gestern einen Blick auf das untergegangene Zarenreich. Politiker wie Stolypin kämpften unentwegt für die gemeinsame Sache. Umsonst, es war wohl schon zu spät. Die gesellschaftlich führenden Gruppen und die meisten Politiker, nicht zuletzt auch Zar Nikolaus II. höchstselbst, waren offenbar nicht bereit, eigene Besitzstände aufzugeben. Der Petersburger Blutsonntag von 1905 und viele andere Abwehrreflexe setzten Fanale der Unterdrückung gegen die berechtigten Forderungen der benachteiligten Bauern und Arbeiter.

Wie schreibt doch Vera Lengsfeld in ihrem Buch Neustart auf S. 103? „Und wenn Politiker in der Öffentlichkeit gegen jede mögliche Veränderung vor allem besitzstandswahrende Abwehrreflexe kultivieren, wirken sie lähmend auf die Veränderungsbereitschaft der Gesellschaft.“

Ich meine: Wir brauchen Veränderung, wir brauchen dafür mehr innere Bindung an ein freiheitliches Miteinander. Ich glaube darüber hinaus: Die größten Risiken liegen nicht in der Staatsverschuldung, nicht in der Arbeitslosigkeit, nicht in der Finanzkrise. Die größten Risiken für unsere Republik und auch für die EU liegen darin, dass diese innere Bindung verloren gehen könnte.

Den höchst lesenswerten Artikel aus der heutigen FAZ werde ich mir aufheben. Man könnte ihn auch in einen Artikel für die führenden Boulevardblätter Deutschlands umschreiben, mit kurzen knackigen Sätzen und auf 200 Wörter verkürzt. Die Botschaft würde gut ankommen. Ich wünsche es ihr.

Unser Foto zeigt heute einen Blick in die Neue Oper in Moskau. Dort sahen und hörten wir am 25. Dezember eine Aufführung von Tschaikowskijs Nussknacker. Nach der Erzählung Nussknacker und Mäusekönig von E.T.A. Hoffmann. Auch solche deutsch-russischen kulturellen Gemeinschaftsleistungen halten uns in Europa zusammen.

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„I value good manners“

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Nov. 292008
 

28112008.jpg „Ich mag es, wenn die Menschen sich höflich benehmen“, sagt der künftige amerikanische Präsident. Wir zitieren:

I value good manners. Every time I meet a kid who speaks clearly and looks me in the eye, who says „yes, sir“ and „thank you“ and „please“ and „excuse me“, I feel more hopeful about the country. I don’t think I am alone in this. I can’t legislate good manners. But I can encourage good manners whenever I’m addressing a group of young peolpe.

Barack Obama: The Audacity of Hope. Thoughts on Reclaiming the American Dream. Three Rivers Press, New York 2006, Seite 60

You value good manners? You are not alone in this, Mr President!

Auch ich meine: Höfliches Benehmen, wie es beispielsweise Barack Obama wünscht und ermutigt, kann eine Wohltat sein. Ich war selbst als Jugendlicher manchmal frech, reizte Ältere und Lehrer durch Dazwischenreden, durch Witzereißen, Widersetzlichkeit und schnippisches Gebaren. Hat es viel gebracht? Ja! Ein gewisses Ansehen bei den Gleichaltrigen. „Der traut sich aber was!“, müssen sie gedacht haben. Die eine oder andere Rüge oder Kopfnuss, auch einmal einen „schriftlichen Verweis“ habe ich mir an der Schule eingefangen. Geschämt habe ich mich dafür nicht, sondern ich war eher stolz darauf.

Heute bin ich ähnlich unangepasst. So entbiete ich in meinem Hof grundsätzlich als erster den Gruß, hebe schon auch mal Unrat auf, den andere hinterlassen haben. Ich halte stets bei roter Ampel. Und als Radfahrer lasse ich durchaus ab und zu einen PKW zuerst fahren, selbst wenn mir die Vorfahrt zusteht. Ihr seht: Ich habe weiterhin meinen eigenen Kopf. Ich meine mittlerweile: Einhaltung von Regeln erleichtert das Zusammenleben. Ich arbeite daran, höflich und zuvorkommend aufzutreten.

Unser Foto zeigt einen Blick in die Fußgängerzone der Bergstadt Freiberg in Sachsen. Ich nahm gestern das Foto auf. Fußgängerzonen sind ein unerschöpfliches Übungsfeld für sittlich-friedliches Miteinander-Auskommen. In Freiberg ist übrigens die Fußgängerzone für den Radverkehr freigegeben. Eine gute Sache! Allerdings ist gerade dann besonders rücksichtsvolles Fahren angesagt.

Die Wertschätzung guten, menschenfreundlichen Benehmens teile ich übrigens auch mit Gunnar Schupelius, dessen unermüdliches Werben für friedliches Betragen ich unterstütze. Heute hat er sich den Umgang der Hundebesitzer und der Nicht-Hundebesitzer vorgenommen:

Hier noch ein Abschnitt aus dem Berlin-Knigge des heutigen Tages:

Ab sofort geht die Sauberkeit Gassi – BZ-Berlin.de
Die Welt teilt sich auf in Hundebesitzer und Menschen ohne Hund. Der Frieden zwischen beiden Seiten ist wacklig, denn Hunde sind ein Reizthema. Hundebesitzer reagieren empfindlich auf Kritik an ihren liebsten Kameraden. Menschen ohne Hund dagegen sehen nicht ein, warum sie Hunde in der Stadt überhaupt akzeptieren sollten. Auch in diesem Konflikt helfen nur eiserne Regeln, die beide Seiten einhalten müssen.

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„Wo bleibt das Negative, Herr Hampel?“

 Carl Schmitt, Das Gute  Kommentare deaktiviert für „Wo bleibt das Negative, Herr Hampel?“
Okt. 232008
 

21102008.jpg Immer wieder wird mir vorgeworfen, ich hätte eine zu positive Sicht auf die Welt, ich verströmte zu viel Optimismus, ich verschlösse die Augen vor dem Bösen. „Sie können nicht leugnen, dass alles in Berlin immer schlechter wird, Herr Hampel!“ So wörtlich ein Vorwurf in einer politischen Veranstaltung, bei der ich sprach.

Hierauf  erwidere ich: Ja, ich sehe sehr gerne das Gute an. Ich glaube, dass die Welt und folglich auch die Stadt Berlin insgesamt etwas Gutes ist. Na und? Ist das denn so schlimm? Leugne ich damit das Böse? Nein! „Das Böse lauert immer an deiner Türschwelle, wenn du in der Krise steckst!“ So steht’s im ersten Buch, Kapitel vier einer Büchersammlung, die Juden, Moslems und Christen gleichermaßen als geoffenbart anerkennen. Was heißt das? Die Welt ist nicht in Gut und Böse aufgeteilt. Sondern in etwas insgesamt Gutem steckt auch das Missgeschick, die Mauer, die Abkapselung, die Einigelung, das Böse. Das gilt für die Welt insgesamt. Es gilt auch für Länder, Städte, für einzelne Menschen, ja sogar für politische Parteien. Die Krise, von der das erste Buch Mose so oft spricht, ist zugleich die Chance, beherzt das Gute zu ergreifen.

Niemand darf sagen: „Du Böser! Ihr seid alle Mörder! Ihr von der Linkspartei seid alle Mauermörder!“ Dass die anderen, die „Welt“, die Bösen sind, ist eine zutiefst unchristliche, unjüdische, unislamische Haltung. Es ist eine manichäische Haltung, ein Spaltungsdenken, das etwa in der altiranischen Lichtreligion Zarathustras, aber ebenso auch im Totalitarismus, im Freund-Feind-Denken eines Carl Schmitt, in der Ideologie des Krieges an uns herantritt. Was aber ist christlich, jüdisch, islamisch? Islamisch, jüdisch und christlich ist es zu sagen: „Wir haben alle die Freiheit zum Guten und zum Bösen. Wir haben es in der Hand. Wir stehen in der Verantwortung. Auch du. Und du.“

Ich bestreite also hiermit erneut und mit größtem Nachdruck, dass alles in Berlin immer schlechter wird. Bin ich der einzige? Nein! Es lohnt sich, Politiker daraufhin zu prüfen, ob sie genügend positive Botschaften vermitteln können. Ganz leicht ist es, in einer offenkundigen Krise festzustellen: „Es herrscht eine offenkundige Krise!“ Aber wie kommt man da heraus? Ich meine: Dadurch, dass man das Gute stärkt, das Schlechte nicht noch größer macht, als es ohnehin ist, und dadurch, dass man konkrete Aussagen macht und den Blick nach vorne wendet. Und vor allem: Man muss handeln. Wählen wir irgendein beliebig herausgegriffenes Interview aus der heutigen Tagespresse – und seien wir so frei … schneiden wir doch die negativen Aussagen weitgehend heraus – dann haben wir schon ein hübsches kleines Schmuckstück dessen, was ich gerne „Positive Kommunikation“ nenne. Wiedergegeben wird hier also ein in diesem Sinne radikal gekürztes Interview aus der heutigen Berliner Zeitung. Durch Klicken auf den unten angeführten Link könnt ihr es anschließend vollständig lesen. Es lohnt sich!

Unser Bild zeigt eine Reihe neuer Leihräder am Potsdamer Platz.

Mario Czaja, CDU-Kreischef in Marzahn-Hellersdorf, über die Konsequenzen der Krise in seiner Partei

Das Gespräch führte Thomas Rogalla

Herr Czaja, die Berliner CDU hat nach dem Pflüger-Crash ein Rettungspaket geschnürt. Inhalt: Frank Henkel, Monika Grütters und einige Strukturänderungen. Wird jetzt alles gut?

Ich hoffe das sehr. Wir müssen Vertrauen neu erwerben – das wird ein langer Weg.

Sie sind CDU-Kreisvorsitzender in Marzahn-Hellersdorf. Parteienstreit kommt bei Wählern im Ostteil erfahrungsgemäß besonders schlecht an. Wie ist das bei Ihren Mitgliedern?

Wir müssen jetzt versuchen, mit politischen Themen wieder an die Menschen heranzukommen.

Mit welchen?

Wichtigstes Thema ist für mich ganz klar die Bildungspolitik. Dabei hat Bildung für Berlin besondere Bedeutung. Viele Menschen kommen in die Stadt, um hier zu lernen, zu studieren. Doch wenn sie dann Arbeit suchen, müssen sie Berlin verlassen. Dagegen müssen wir etwas tun.

Weitere Themen?

Wir müssen die Wirtschaft stärken. Beispiel Flughafen Schönefeld: Es ist das größte Infrastrukturprojekt der neuen Bundesländer. Daran partizipiert Berlin aber sehr wenig. Da muss dringend etwas geschehen.

Bei allem Respekt: Monika Grütters und Frank Henkel verkörpern nicht die Wirtschaftskompetenz.

Sie sind Experten auf ihren Gebieten. Es wäre auch vermessen so zu tun, als sei man als Politiker omnipotent. Politik ist ein Teamspiel, die Führung muss natürlich ergänzt werden. Wir haben gute Wirtschaftsexperten in der Abgeordnetenhaus-Fraktion, beispielsweise Matthias Brauner, Michael Dietmann oder etwa den Vorsitzenden der Mittelstandsvereinigung, Dr. Michael Wegener.

Frank Henkel nennt Integration als weiteres Thema. Er selbst fiel bisher eher durch Vorschläge zur Repression auf, etwa gegen problematische Migrantenkinder.

Auch hier gilt, dass wir ein Team sein müssen. Die CDU hat auch Migrationsexperten wie Emine Demirbürken-Wegner.

Was halten Sie von der Forderung, die CDU-Mitglieder direkt über die neue Führung abstimmen zu lassen?

Wenn Mitglieder entscheiden sollen, dann muss es auch personelle Alternativen geben.  Es steht jedem in der CDU frei, sich für die Funktion als Vorsitzender zur Wahl zu stellen.

Sie meinen Ihren Kollegen aus Steglitz-Zehlendorf, Michael Braun. Es fällt auf, dass die alte West-Berliner CDU sehr aktiv ist: Landowsky berät Grütters, Diepgen gibt Ratschläge, Braun moniert das Verfahren. Wie kommt das bei den Mitgliedern an?

Man muss unterscheiden. Eberhard Diepgen ist Ehrenvorsitzender mit unglaublich großer Regierungs- und Parteierfahrung, sein Rat kann uns nur dienlich sein. Aber gestalten müssen jetzt die Jüngeren in der CDU.

Die Marktwirtschaft, ein CDU-Essential, ist in der Krise. Hat die CDU dadurch eine Legitimationskrise?

Nein. Für mich ist das Finanzmarktdebakel keine Krise der Marktwirtschaft, im Gegenteil. Es hat sich gezeigt, dass soziale Marktwirtschaft Ausgleich zwischen Markt und Wettbewerb einerseits und Staat und Kontrolle andererseits bedeutet. Zur Finanzmarktkrise kam es, weil diese Balance aufgegeben wurde. Allein die Unterscheidung zwischen Finanzwirtschaft und Realwirtschaft zeigt, dass der Boden der sozialen Marktwirtschaft verlassen wurde. Das den Menschen zu vermitteln, ihre Ängste und Sorgen in der Krise aufzugreifen, das ist jetzt ureigenste Aufgabe der CDU. Auch deshalb müssen die Personalquerelen jetzt rasch beendet werden.

 

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/112305/index.php

 

 Posted by at 09:31
Juli 242008
 

24072008029.jpg Nachdenklich geworden, versuche ich so den Inhalt der großen Rede Barack Obamas an der Berliner Siegessäule für mich zusammenzufasssen: „Wir stehen alle gemeinsam in der Verantwortung.“ Ich spreche ein paar Amerikaner an: „Was meint ihr?“ Ihre Antwort: „Na, so viel Besonderes hat er nicht gesagt. Er sprach mehr zu uns Amerikanern zuhause als zu euch in Europa!“ Ich widerspreche entschieden! Er hat nichts vollkommen Neues gesagt – aber dies war auch gar nicht zu erwarten. Viel wichtiger war die Wirkung seiner Rede. Eine gute Rede reißt mit, stiftet Gemeinschaft, lässt die Menschen fühlen: Das, was er da sagt, das hätte ich auch gerne gesagt, das schweißt uns zusammen.

Und das ist Barack Obama gelungen. Und deswegen hat sich jede Minute gelohnt, die ich mir die Beine in den Bauch gestanden habe.

Schon ehe er den Mund auftat, hatte er die Herzen gewonnen. Das war so deutlich spürbar! Seine Art zu gehen, seine Art zu lächeln, seine Art, Kontakt aufzunehmen mit den Massen, das ist eine Gabe, die zum großen Redner unbedingt dazugehört. Er hat sie!

Dann fing er an:

I come to Berlin as so many of my countrymen have come before. Tonight, I speak to you not as a candidate for President, but as a citizen – a proud citizen of the United States, and a fellow citizen of the world.

I know that I don’t look like the Americans who’ve previously spoken in this great city. The journey that led me here is improbable. My mother was born in the heartland of America, but my father grew up herding goats in Kenya. His father – my grandfather – was a cook, a domestic servant to the British.

Und damit hatte er erneut gewonnen. Eine leichte humoristische Wendung – ein klares Bekenntnis zu seinen Wurzeln. So fängt fast jede gute amerikanische Rede an. Nur wir Deutschen tun uns damit schwer, mit dieser Kunst, sich auf elegante Art in die Herzen der Zuhörer zu schleichen! Dabei ist es so leicht!

Es folgte ein messerscharfes Bekenntnis zur deutsch-amerikanischen Luftbrücke, zum unbeugsamen Freiheitswillen der Berliner während der Blockade durch die Kommunisten im Jahr 1948:

And on the twenty-fourth of June, 1948, the Communists chose to blockade the western part of the city. They cut off food and supplies to more than two million Germans in an effort to extinguish the last flame of freedom in Berlin. The size of our forces was no match for the much larger Soviet Army. And yet retreat would have allowed Communism to march across Europe. Where the last war had ended, another World War could have easily begun. All that stood in the way was Berlin.

And that’s when the airlift began – when the largest and most unlikely rescue in history brought food and hope to the people of this city.

The odds were stacked against success. In the winter, a heavy fog filled the sky above, and many planes were forced to turn back without dropping off the needed supplies. The streets where we stand were filled with hungry families who had no comfort from the cold.

But in the darkest hours, the people of Berlin kept the flame of hope burning. The people of Berlin refused to give up. And on one fall day, hundreds of thousands of Berliners came here, to the Tiergarten, and heard the city’s mayor implore the world not to give up on freedom. „There is only one possibility,“ he said. „For us to stand together united until this battle is won…The people of Berlin have spoken. We have done our duty, and we will keep on doing our duty. People of the world: now do your duty…People of the world, look at Berlin!“

Diese Zitate aus der Rede Ernst Reuters, des sozialdemokratischen West-Berliner Oberbürgermeisters aus dem Munde eines US-Präsidentschaftsbewerbers – nun, in der Tat nichts Neues, aber die Leidenschaft, mit der Obama sich auf den Freiheitswillen der Berliner berief, das klare Bekenntnis zur Tempelhofer Luftbrücke, das war etwas, was ich so ausführlich nicht erwartet hatte! Der eindeutige Antikommunismus ist weiterhin ein Grundstock beider großen amerikanischen Volksparteien, darüber täuschen sich die Deutschen nur allzu leicht hinweg. Und für Amerikaner ist es meist unverständlich, dass in Deutschland zwei große „sozialdemokratische“ Parteien – die SPD und die CDU – einander so unerbittlich den Schneid abzukaufen versuchen!

Natürlich ist Obama nach europäischen Maßstäben ein in der Wolle gefärbter Konservativer, ein Mann, der auf universelle Werte wie Liebe zur Herkunft, zum jeweiligen Vaterland, auf Freiheit, Verantwortung, Gemeinschaft setzt. Dennoch sollte auch Europa, das sich gerne auf erworbene Ansprüche, auf acquis communautaire, Mindestlöhne, Pendlerpauschalen und andere Segnungen des gütigen Sozialstaates beruft und darauf ausruht, einen Mann wie Obama als Partner mit vollem Herzen willkommen heißen!

Den Hauptteil seiner Rede widmete Obama den vor uns liegenden Aufgaben: Eindämmung des Klimawandels, Bekämpfung der Armut, Zusammenstehen gegen Terrorismus, Brückenbauen zwischen den Religionen, Fürsorge für die Armen und Vergessenen:

This is the moment when we must come together to save this planet. Let us resolve that we will not leave our children a world where the oceans rise and famine spreads and terrible storms devastate our lands. Let us resolve that all nations – including my own – will act with the same seriousness of purpose as has your nation, and reduce the carbon we send into our atmosphere. This is the moment to give our children back their future. This is the moment to stand as one.

And this is the moment when we must give hope to those left behind in a globalized world.

Zum Schluss noch ein Liebesbekenntis an Amerika:

But I also know how much I love America. I know that for more than two centuries, we have strived – at great cost and great sacrifice – to form a more perfect union; to seek, with other nations, a more hopeful world.

Da ist es ein fünftes Mal in dieser doch nur halbstündigen Rede – das Wort „Opfer“. Welcher deutsche Politiker traut sich heute noch, so wie Obama von Opfer zu sprechen, – von Liebe zum eigenen Land, von Hingabe, von Dienen, von Verantwortung? Es sind nur wenige. So viel Verzagtheit, so viel Mutlosigkeit in deutschen Reden!

Obama kann uns wahrlich eines Besseren belehren. Deshalb bin ich dankbar, dass er gekommen ist. Ich sehe ihn in einer langen Tradition amerikanischer Präsidentenreden, beginnend mit der großen Gettysburg Address von Abraham Lincoln: Schlichte Worte, mit Leidenschaft und Überzeugung vorgetragen, kein Honigseim um das Maul des Volkes, sondern ein klarer Aufruf zur Verantwortung, zur gemeinsamen Tat, gespeist aus dem Bewusstsein der vergangenen Kämpfe.

Wir brauchen mehr solche Politiker. Es muss und wird sie auch in Europa geben, eines nicht allzufernen Tages. Es war ein großer Tag, eine große Rede, die man auch noch in Jahren nachlesen sollte, ein Schritt nach vorne zu einer besseren Welt!

Die Leute spürten das. Sie drängten sich nach Schluss der Rede noch an die Absperrungen, um einen „Saum seines Mantels zu erhaschen“, wie es im Evangelium heißt. Und hier – Freunde – scheiden sich die Geister. So weit würde ich nicht gehen. Eine fast kultartige Verehrung für einen Politiker – das ist in meinen Augen … too much of a good thing! So please … give me a break!

Full script of Obama’s speech – CNN.com

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