Eins der aufschlussreichsten Interviews der letzten Tage: Volker Ratzmann von den Grünen und Thomas Heilmann von der CDU in der Berliner Morgenpost vom 27.12.2009. Und so fängt es an:
Parteien – CDU und Grüne loten Bündnisoptionen aus – Berlin – Printarchiv – Berliner Morgenpost
Berliner Morgenpost: Herr Heilmann, Herr Ratzmann, hätten Sie sich früher in der Schule doof gefunden? Der eine mit Aktenkoffer und Lederschlips. Der andere mit Palästinensertuch und langen Haaren?Volker Ratzmann: Ich bin in der Tat mit Lederjacke und Palästinensertuch durch die Gegend gelaufen. Wir hatten generell wenig Junge Unionler in unserer Schule.
Thomas Heilmann: Ich bin das fünfte Kind von sechsen, da war die Kleiderfrage schnell geklärt – immer das vom großen Bruder. Das war damals noch nicht Nachhaltigkeit, sondern einfach nur sparsam. Ich komme aus Dortmund, der Hauptstadt der SPD. Da ist Interesse für Positionen der CDU zumindest nicht Mainstream. Bis heute liebe ich weder Aktenkoffer noch Schlipse, obwohl ich heute Krawatten manchmal beruflich bedingt trage.
Schön, dass die Gesprächspartner am landläufigen Image der Parteien kratzen!
Wir brauchen darüber hinaus vielleicht bisweilen mehr Mut, Parteien inhaltlich aus einer Art Grundformel abzuleiten. Ich selbst versuche das immer wieder innerhalb meiner Partei, der CDU.
Ich greife dabei gern auf die Entstehung der CDU zurück: „Die CDU war eine Art Alternative Liste, eine Sammlungsbewegung, die sich klar von den bestehenden Altparteien wie etwa Zentrum und DVP abgrenzte. Ebenso stand sie in schroffem Gegensatz zur verbotenen Partei der NSDAP. Sie wollte keine Partei alten Typs werden, sondern fasste sich als Union, als Bündnis der Unabhängigen auf. Daran müssen wir anknüpfen. Wir müssen zur Alternative werden.“
Was ist der gemeinsame Nenner dieser Alternativen Liste? Antwort: Das „Christlich-Demokratische“. Ein klares Bekenntnis zu den christlichen Grundwerten der Freiheit des Einzelnen, zur unendlichen Würde der Person, zur Verantwortung des Einzelnen für Familie und Gesellschaft, zu den Werten der Demokratie, des Rechtsstaates – das alles findet man in den Gründungsdokumenten der neugegründeten Alternativen Liste (genannt CDU) wieder und wieder. In den entscheidenden 8-10 Jahren von 1947-1957 waren es diese Werte, die die den Grundstein für die noch heute bestehende Ordnung der Bundesrepublik legten.
Ich glaube, wir Christdemokraten müssen viel ruhiger, viel gelassener, viel überlegener in die ganze Tiefe des Freiheitsbegriffes eintauchen, in die ganze Breite des Verantwortungsbegriffes uns hineinstrecken. Diese beiden Begriffe müssen wir glaubwürdig und überzeugend erzählen können. Damit steht und fällt der Erfolg der CDU/CSU.
Die Grundformel der CDU, die steckt meines Erachtens im Namen „Christlich-Demokratische Union“. Das Christliche, das Demokratische, der Unions-Gedanke – das sind für mich die Säulen, die bilden für mich das Grundgefüge dieser Partei. Diese drei Säulen, die gilt es zu erklären und stets wieder neu begreiflich zu machen.
Von hier aus werden sich dann mühelos Anknüpfungen zum Klimaschutz, zum Umweltschutz, zu einzelnen Themen wie dem Radfahren, dem gemeinsamen Lernen, zur aktiven Friedenspolitik ergeben. Die CDU könnte die Grünen auf den urgrünen Politikfeldern stellen und sie mit dem Kuss der Spinne umarmen.
Dazu braucht es Mut. Dazu braucht es Kraft im Denken. Dazu braucht es nicht zuletzt viele neue Menschen, die die Partei mit diesem Wissen vertreten.