Feb. 132016
 

Morgen ist der 14. Februar, der Gedenktag der beiden Slawenapostel Kyrill und Method, die zweifellos ebenso bedeutend sind wie der Bischof Valentin, der Bischof von Interamna, dem heutigen Terni in Umbrien, der neben Ambrosius von Mailand einer der Schutzpatrone der Imker (und neuerdings der Chocolatiers und Pralinenhersteller) ist, wovon gerade heute wieder zahlreiche Poster und Plakate kündeten.

Nun Kyrill und Method, beide aus dem griechischen Thessaloniki stammend! Sie sind gewissermaßen die Patrone der orthodoxen, der slawischen Spielart des Christentums. Kyrill schuf die glagolitische Schrift, aus der sich die heutige kyrillische Schrift ableitet.

Unter der „Griechischen“ Religion verstand man zu den Zeiten eines Grimmelshausen die orthodoxe Spielart des Christentums; hinwiederum die „Lateinische Religion“ wäre demnach die westliche Religion, das „Abendland“, das das Neue Testament in einer Ableitung, also in der lateinischen Übersetzung des griechischen Urtextes empfing.

Ein schöner Beleg für die beiden gleichberechtigten Lungenflügel Europas, von denen Papst Johannes Paul II. oft sprach! Die östliche Hälfte Europas empfing das Neue Testament aus dem Griechischen; die Slawenapostel Kyrill und Method formten das kyrillische Alphabet nach dem griechischen Alphabet und übersetzten aus der Weltsprache Griechisch ins damalige Slawische, das „Alt-Bulgarische“, oder auch „Altkirchenslawische“, wie es heute meist genannt wird.

Unter unseren europäischen und nahöstlichen Mitvölkern sind es beispielsweise die Bulgaren, die Russen, die Griechen, aber auch viele syrische Christen, die bis heute das orthodoxe Christentum mit seinen „autokephalen“, also von einer zentralen Amtskirche unabhängigen Patriarchen weitertragen. In gewisser Weise sind also die ostkirchlichen Patriarchate die Vorbilder der viel späteren lutherischen oder reformierten „Landeskirchen“.

Im Jahr 1054 kam es zu einem tiefen Bruch zwischen den beiden Lungenflügeln, der erfreulicherweise in diesen Tagen allmählich zusammenzuwachsen scheint. Es wurde aber auch Zeit. Ich habe selbst dem heutigen Patriarchen Kyrill im Jahre 2014 bei einer Messe in der Moskauer Erlöserkathedrale gelauscht und fand, dass jedes seiner Worte auch für einen abendländisch-lateinischen Christen völlig nachvollziehbar und glaubwürdig war. Die beiden gleichberechtigten Spielarten – die morgenländische und die abendländische – sind geeint in der Person Jesu Christi und im Geist und im Buchstaben der Bibel. Das ist das Wesentliche. Auch die Taufe erkennen sie gegenseitig an.

Grimmelshausen beschreibt im 5. Buch seines Simplicissimus sehr lebendig und amüsant, wie der Held auf seiner kriegerisch-abenteuerlichen Tour in Moskau aufgefordert wird, vom lateinischen Glauben zur griechischen Spielart der christlichen Religion überzutreten. Er widersteht, so sehr ihm aus Opportunitätsgründen der Konfessionswechsel auch zupaß gekommen wäre.

Hier der ganze Passus in der Fassung des Erstdruckes:

Nach dem wir nun sicher in der Statt Moscau ankommen / sahe ich gleich daß es gefehlt hatte / mein Obrister conferirte zwar täglich mit den Magnaten, aber viel mehr mit den Metropoliten als den Knesen / welches mir gar nicht Spanisch / aber viel zu pfäffisch vorkam; so mir auch allerhand Grillen und Nachdenckens erweckte / wiewol ich nicht ersinnen könte / nach was vor einem Zweck er zielte; endlich notificirt er mir / daß es nichts mehr mit dem Krieg wäre / und daß ihn sein Gewissen treibe die Griechische Religion anzunehmen; Sein treuhertziger Rath wäre / weil er mir ohne das nunmehr nicht helffen konte wie er versprochen / ich solte ihm nachfolgen; Deß Zaarn Mayestät hätte bereits gute Nachricht von meiner Person und guten Qualitäten / die würden gnädigst belieben / wofern ich mich accommodiren wolte / mich als einen Cavallier mit einem stattlichen Adelichen Gut und vielen Unterthanen zu begnädigen; Welches allergnädigste Anerbieten nicht außzuschlagen wäre / in deme einem jedwedern rathsamer wäre / an einem solchen grossen Monarchen mehr einen allergnädigsten Herrn / als einen ungeneigten Groß-Fürsten zu haben; Jch wurd hierüber gantz bestürtzt / und wuste nichts zu antworten / weil ich dem Obristen / wann ich ihn an einem andern Ort gehabt / die Antwort lieber im Gefühl als im Gehör zu verstehen geben hätte; muste aber meine Leyer anders stimmen / und mich nach dem jenigen Ort richten / darinn ich mich gleichsam wie ein Gefangner befande / weßwegen ich dann / ehe ich mich auff eine Antwort resolviren konte / so lang stillschwi>
|| [594]
ge: Endlich sagte ich zu ihm / ich wäre zwar der Meinung kommen / ihrer Zaarischen Mäyestät / als ein Soldat zu dienen / warzu er der Herr Obriste mich daselbst veranlaßt hätte / seyen nun Dieselbe meiner Kriegsdienste nicht bedörfftig / so könte ichs nicht ändern / viel weniger Derselben Schuld zumessen / daß ich Jhrentwegen einen so weiten Weg vergeblich gezogen / weil sie mich nicht zu Jhro zu kommen beschrieben / daß aber Dieselbe mir ein so hohe Zaarische Gnad allergnädigst widerfahren zu lassen geruheten / wäre mir mehr rühmlich aller Welt zu rühmen / als solche allerunterthänigst zu acceptiren und zu verdienen / weil ich mich meine Religion zu mutiren noch zur Zeit nicht entschliessen könne / wünschend / daß ich widerumb am Schwartzwald auff meinem Bauren-hof sässe / umb niemanden einiges Anligen noch Ungelegenheiten zu machen;

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Czy rosnąca liczba populistycznych rządów zagraża UE? Vom Gespenst des Populismus

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Jan. 082016
 

Czy rosnąca liczba populistycznych rządów zagraża UE – Bedroht die wachsende Zahl populistischer Regierungen die EU?

Die Antwort Günter Öttingers darauf ist eindeutig: ja! Ein Gespenst geht um in Europa: der Populismus. In seinen Augen ist der Populismus der europäischen Populationen das große Grundproblem der EU. Wir dürfen schließen: Gäbe es den Populismus nicht, wäre der Bestand der EU folglich gesichert.

Zum ersten Mal in der Geschichte der EU sieht der namhafte europäische Politiker, der EU-Kommissar Oettinger, die Drohung eines Auseinanderbrechens der Europäischen Union. Die Gefahr erwächst der EU eindeutig durch die wachsende Zahl an populistischen Regierungen. Erstaunlich bleibt, dass der Kommissar nicht den Hauch einer Selbstkritik, nicht den Schatten eines Umdenkens der EU-Elite zu erkennen gibt. Die Gefahr kommt – von ganz oben aus gesehen – einzig und allein von unten, der Populismus wird als die große, die entscheidende Bedrohung der EU gesehen.

Aber lest selbst, wie die polnische Gazeta wyborcza vor wenigen Tagen Günter Öttinger zitiert:

Oettinger dodał, że po raz pierwszy obawia się „dezintegracji Unii Europejskiej“, która może się rozpaść „pod naporem populizmów“.

„UE nauczyła się pokonywać kryzysy, ale liczba krajów, w których powstają rządy populistyczne lub niestabilne rośnie. Niepokoi mnie to i dostrzegam po raz pierwszy poważne zagrożenie rozpadu UE“ – podkreślił komisarz.

Cały tekst: http://wyborcza.pl/1,91446,19410955,oettinger-rosnaca-liczba-populistycznych-rzadow-zagraza-ue.html#ixzz3wfXGGoQK

Woher stammt der Begriff des Populismus?

Der Begriff des Populismus, so meine ich, dürfte in der politischen Theorie auf die politische Richtung der „Popularen“, die factio popularis zurückgehen, wie sie in den Spätzeiten der römischen Republik genannt wurde. Die beiden Brüder Tiberius Sempronius Gracchus und Gaius Sempronius Gracchus sind die ersten bedeutenden Vertreter dieser Politikauffassung. Sie vertraten ab 133 v. Chr. die plebs, das einfache Volk, verlangten Umverteilung des Bodens von den Mächtigen zu den Armen, verlangten neue Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten für Kleinbauern und Gewerbetreibende gegenüber den immer mächtiger werdenden Latifundienbesitzern, gegenüber den „Adligen“ und den „Rittern“ (ordo equestris), den beiden führenden Ständen des Senats.

Wir nennen diese mächtigere, die Oberschicht des Senates auch „Optimaten“, die selbsternannte Elite des Staates, in manchem vergleichbar der heutigen EU-Funktions-Elite.

Öttinger schlägt sich mit seiner Fundamentalkritik an den populistischen Regierungen der EU-Populationen eindeutig auf die Seite der Optimaten. Die populistischen Populationen mit ihren furchtbar populistischen Regierungen stören den Zusammenhalt. Sie, die Populären und Populisten, stören die Regierung, die Kommission der EU ja nur am Regieren.

Der Vorwurf des Populismus wird nunmehr von den Optimaten, den Edlen und Mächtigen des EU-Reiches, an jeder Ecke und bei jeder Wendung aus der Tasche gezogen. Jede sachliche Kritik an der herrschenden EU-Politik wird damit abgeklatscht und abgewatscht.

So einfach ist das alles. Die Welt ist eben so, wenn man sie von oben betrachtet!

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Juli 112015
 

Vita enim sine verbo incerta est et obscura, so sagt es Martin Luther aus tiefer Überzeugung und völlig zu Recht (WA 18, 655, 10).

Zu deutsch: „Ein Leben ohne das Wort ist ungewiß und dunkel.“

So dürfen wir heute sagen: „Ein Europa ohne Wort ist ungewiß und dunkel.“ Europa sine verbo incerta est et obscura.

Zu griechisch: Η Eυρώπη χωρίς το λόγο είναι αβέβαιο και σκοτεινό.

Das Licht, die Wahrheit Europas kommt nicht vom mythischen Geld und nicht vom märchenhaften Gold her, sondern vom Wort, – vom „Logos“ also, vom logischen Denken, Erkennen, Fühlen und Handeln.

„Scheitert der Euro, scheitert Europa.“ Diese Festnagelung der Europäischen Union, schlimmer noch diese Festnagelung Europas auf das Geld, auf den Euro, dieses monetaristisch-kapitalistische Euro-Evangelium war eine falsche Erlösungslehre, eine Irrlehre, ein trügerischer Mythos, der zu nichts Gutem geführt hat außer zu der Erkenntnis, dass nicht der blind geglaubte Mythos vom Euro, sondern nur der vernünftige Glaube an die gute, verbindendende, versöhnende Macht des Wortes den Frieden und die Eintracht stiften kann, die wir dringend brauchen.

Luther (WA 18, 655, 10) hier zitiert nach:
Joachim Ringleben, Das philosophische Evangelium. Theologische Auslegung des Johannesevangeliums im Horizont des Sprachdenkens. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2014, S. 465 (Anm. 71)

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Η Ευρώπη είναι το σύμβολο της Ευρώπης; – Ist Europa das Symbol Europas?

 Europäische Galerie, Kupferstichkabinett, Latein, Was ist europäisch?  Kommentare deaktiviert für Η Ευρώπη είναι το σύμβολο της Ευρώπης; – Ist Europa das Symbol Europas?
Juni 232015
 

europa_luini kopie
… sic et Europe niveum doloso
credidit tauro latus…

„… so vertraute Europa auch dem listigen Stier
an die schneeweiße Hüfte…“

So besingt ein europäischer Dichter, Quintus Horatius Flaccus, das Schicksal Europas (Ode 3,27). Europa, mit einem erlesenen Sinn für Schönheit, für Natur, für Vielfalt und für Freundschaft unter den Menschen begabt, steht bei Horaz symbolisch für Europa im Zeichen der europäischen Kulturen, der europäischen Natur, der europäischen Schönheiten und der Solidarität.

Im Blick auf Europa dürfen wir sagen: Europa ist da stark und überzeugend, wo der Sinn für Freundschaft, Schönheit und Kultur gedeiht, wo Vielfalt nicht zertrampelt wird, sondern sprießt und wo Europa nicht unter das Joch der Gewalt gespannt wird.

Als blumenpflückende Prinzessin stellt auch Bernardino Luini, der Zeitgenosse Martin Luthers, um das Jahr 1522 Europa dar. Wir sehen Europa beim Blumenpflücken. Wie schön: Europa im Frieden! Frieden für Europa – das wollen wir doch alle!

Doch dieses Idealbild Europas ist gefährdet. Ein scheinbar zutraulicher, scheinbar zahmer Stier nähert sich Europa. Was führt er im Schilde? Der Zeichner Luini zeigt es uns nicht; die furchtbare Vergewaltigung und Entführung Europas bleibt unseren Augen erspart.

Im Blick auf die heutige Lage dürfen wir sagen: Der Stier, der Europa auf die Hörner nimmt, vergewaltigt und entführt, steht symbolisch für die Macht des Einen, für die zügellose Herrschaft. Es ist der Inhaber der Macht selbst, der sich als angreifender Stier verkleidet hat, um Europa zu vergewaltigen. Nicht umsonst steht der angreifende Stier, the Charging Bull, als Monument für die Macht am Bowling Green. Der Stier der verführerischen, unterjochenden Macht des Geldes hat Europa auf die Hörner genommen.

Europa steht symbolisch für ein Europa der Vielfalt, der Blüte der Kulturen, ein Europa der Achtung der Menschenrechte. Die Königstochter Europa steht für ein Europa des Wortes und der Kultur. Und Europa will den Frieden.

Der Stier der Macht hingegen steht für Zwang, Herrschaft, Gewalt, Unterjochung, Zwangsehe. Aus den Hörnern des Stiers gibt es kein Entkommen. Der Stier – er mag als europäisches Schwert, als europäisches Reich, als zügellos herrschendes Geld erscheinen – kennt keine Bindung an das Recht. Er holt sich, was er will.

Europa? Ist das nicht unser Kontinent? Richtig – es ist Europa, von dem Europa den Namen hat.

Europa, Tochter des Königs Agenor, ist das Symbol Europas.

Ein Schöneberger fragt: Ist also nicht der Euro, sondern Europa das Symbol Europas? Antworte mir, Kreuzberger!

Einige Quellen Europas:
Das Gedicht von Horaz ist z.B. hier publiziert:
Q. Horati Flacci opera. Ediderunt Edvardus C. Wickham et H.W. Garrod. Oxonii, 1975, carminum liber III, carmen XXVII.

Bild: Europa und ihre Gefährtinnen beim Blumenpflücken. Zeichnung, Pinsel in Braungrau, weiß gehöht. Entwurf für Fresko in der Casa Rabia in Mailand. Foto Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin. Fotograf/in: Volker H. Schneider

Die Zeichnung Bernardino Luinis ist hier publiziert:
„Europa und ihre Gefährtinnen beim Blumenpflücken.“ In: Arkadien. Paradies auf Papier. Landschaft und Mythos in Italien. Für das Kupferstichkabinett. Staatliche Museen zu Berlin. Ausstellungskatalog hgg. von Dagmar Korbacher mit Beiträgen von Christophe Brouard und Marco Riccòmini. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2014, S. 216-217

Eine Website mit dem angreifenden Stier – The CHARGING BULL – findet sich hier:
http://chargingbull.com/

Die Geschichte Europas steht hier:

Η Ευρώπη

Source: Ευρώπη (μυθολογία) – Βικιπαίδεια

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Was kommt am Ende des Lateins – Englisch, Europäisch oder Globisch?

 Erosion des Staates, Europäische Union, Geld, Latein, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für Was kommt am Ende des Lateins – Englisch, Europäisch oder Globisch?
Okt. 022014
 

Die EZB ist am Ende ihres Lateins„, so konstatiert der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Georg Fahrenschon unumwunden am 27./28.09.2014  in der Berliner Zeitung auf S. 10. Sie habe ihr Pulver bereits weitgehend verschossen; die Untätigkeit der Regierungen der Euro-Zone habe die EZB in eine Rolle gedrängt, die ihr nie und nimmer hätte zukommen dürfen. Fahrenschon sagt:

Stück für Stück wird die EZB zu einer Art europäischer Ersatzregierung.“

„As joblessness stays high and prices fall, pressure is mounting on E.C.B.“, sagt die International New York Times gleichlautend am 1. Oktober 2014 auf S. 17. Überall richten sich die Augen auf die EZB, der Politik wird offenbar gar nichts mehr zugetraut.

Die Geldpolitik der EZB wird ein Surrogat der gescheiterten Wirtschaftspolitiken der EU, ein derartig einhelliges Resultat findet sich kaum je sonst bei politischen Streitfragen.

Die Regierungen und die EZB sind am Ende des Lateins, was tun sie? Sie erfinden Wunderprogramme in englischer Sprache: Quantitave easing und Asset backed securities. Was bedeutet das? Wer weiß es? Wer würde heute zugeben, dass er kein Englisch kann? Also schweigt man lieber und hält die Füße still. Das ist das Ende jeder echten Debatte! Das ist die Selbstenteignung der Politik.

Englisch, Globisch, Europäisch, – ist doch alles egal.

Aber: In den drei größten Volkswirtschaften der Euro-Zone wird Deutsch, Französisch und Italienisch gesprochen. Die politischen Debatten finden hier auf Italienisch, Französisch und Deutsch statt. Und sie laufen seit Jahren kreuz und quer gegeneinander. Es ist doch unerträglich, dass über Wohl und Wehe eines riesigen Wirtschaftsraumes entschieden wird, ohne dass die maßgeblichen Politiker und die Bürger imstande wären, die Grundlagen ihrer Entscheidungen angemessen bei den anderen Partnern darzustellen. Ebensowenig VERSTEHEN die Politiker und die Bürger das, was jenseits der eigenen Landesgrenzen geschrieben und gesagt wird. Vor allem aber sind die Dokumente in einem für die Politiker und die Parlamentarier  nicht verständlichen Englisch, einem krausen Finanz-Globisch abgefasst, das bewusst geheimnisvoll und unverständlich daherkommt.

Folge: Die EU versucht nunmehr, alles im Bankwesen über einen Leisten zu schlagen. Sie ebnet die Unterschiede ein. Das deutsche Bankensystem – untergliedert in Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken – wird diese Gleichschaltung durch die EU vermutlich nicht überleben. Es werden die großen Geschäftsbanken  („too big to fail“) übrigbleiben, die nach und nach die kleineren Häuser übernehmen. Die kleinen Genossenschaftsbanken, die Kreissparkassen usw. werden vor dieser Gleichmacherei mit all den Stresstests wohl nicht bestehen können.

Wollen wir das? Wollen wir diese Uniformierung, diese Gleichmacherei der 28 Länder, von oben her verfügt durch die zentrale Gesetzgebungsbehörde, die Europäische Kommission?

Die Warnungen Georg Fahrenschons sollten nicht in den Wind geschlagen werden.

Interview zur Zinspolitik der EZB: Sparkassenchef warnt vor Enteignung der Bankkunden | Wirtschaft – Berliner Zeitung.

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Unter dem schützenden Dach der Buche – sub tegmine fagi

 Europäische Galerie, Europäisches Lesebuch, Kupferstichkabinett, Latein, Thüringer Städtekette  Kommentare deaktiviert für Unter dem schützenden Dach der Buche – sub tegmine fagi
Mai 302014
 

2014-05-01 15.06.03

 

 

 

 

 

 

 

 

Tityre tu patulae recubans sub tegmine fagi
silvestrem tenui musam meditaris avena
nos patriae finis et dulcia linquimus arva
nos patriam fugimus tu Tityre lentus in umbra
formosam resonare doces Amaryllida silvas …

Tiyrus rücklings gelehnt unter dem schützenden Dach der Buche …

Einen berauschenden Sonnen- und Sinnesgenuß hat der europäische Dichtervater hier in Worte gegossen.  Gerade erst blitzt der Sonnenstrahl über Kreuzberg auf, unten im Hof plätschert der immerwache Brunnen. Das Volk tut und das Kind tut, was es gern tut – es schläft.

Arkadien – ein erdachtes Paradies steigt in aller Frühe aus dem Papier ins Ohr hinein.

Noch wenige Wochen, bis zum 22. Juni 2014, verbleibt die Ausstellung „Arkadien – Paradies auf Papier“ im Berliner Kupferstichkabinett zu besichtigen. Dann wird sie die Pforten schließen. Das empfindliche Papier verträgt ungeschützt den Strahl des Lichts immer nur kurze Zeit. Du schaust, du staunst: So ist dies also. Ich besuchte die Ausstellung vor einigen Tagen. Die zarten, oft mit Andeutungen und Anspielungen arbeitenden Zeichnungen riefen lange verschüttete Klänge, Wörter und Bilder hervor.

Der Anblick des Schönen ist endlich. Er ist zeitlich befristet.

Aber unsere Ohren können sich – gestützt auf den schwachen Abdruck des gezeichneten Erinnerungsbildes – den Klang der Worte Vergils jederzeit ins Gedächtnis rufen. Diese Worte haben das Bild hervorgebracht, sie überdauern die Zeiten, sie sind dauerhafter als das Papier, dauerhafter als das Erz der Druckplatte, aus der der Kupferstich für wenige Jahrzehnte des Anblicks nur hervorging.

via Vergil, ecloge 1: Meliboeus und Tityrus (lateinisch, deutsch).

Ausstellung:
Arkadien – Paradies auf Papier. Landschaft und Mythos in Italien. Kupferstichkabinett. Staatliche Museen zu Berlin, 7. März – 22. Juni 2014

Bild:

Eine Blumenwiese mit Bächlein, unter dem schützenden Dach von Buchen. Aufnahme des Wanderers vom 1. Mai 2014, Thüringer Wald, bei Eisenach

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Wo war eigentlich das Wort am Anfang?

 Griechisches, Johannesevangelium, Koran, Latein, Novum Testamentum graece  Kommentare deaktiviert für Wo war eigentlich das Wort am Anfang?
Jan. 032012
 

In the beginning were the words … so leitet der aktuelle Economist seine sehr kluge, sehr bedachte Umschau über die kritische Erforschung des Korans ein (S. 42-43). Lesenswert!

Also: Am Anfang waren die Worte. In der Tat, ausgerechnet am 27. Dezember kamen wir wieder jene vielzitierten Einleitungssätze des Johannes-Evangeliums in den Sinn, an denen sich der arme Faust schon abmühte:

Geschrieben steht: >>im Anfang war das W o r t!<<
Hier stock‘ ich schon! Wer hilft mir weiter fort!
Ich kann das W o r t so hoch unmöglich schätzen,
Ich muß es anders übersetzen, […]

Eine kleine Übersicht in  wichtigen europäischen Sprachen der Jetztzeit ergab, dass alle das griechische Logos mit Wort (verbum, parola, слово, …) übersetzen. Es ist eine ur-europäische Tradition: das schaffende, das gesprochene, das zeugende Wort rückt im Johannes-Prolog in die höchste Wertigkeit auf.

Wie geht der Text weiter? „Sie können doch Griechisch – zitieren Sie doch mal bitte!“ So fragte mich kürzlich eine Runde an Fragenden. Ich ließ mich nicht bitten und antwortete:

καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν

… und merkwürdig, da fiel mir zum ersten Mal auf, wie seltsam dieses pros ton theon klingt. Ja, wer da mit den Augen hören, mit den Ohren denken möchte! Wer griechische Texte nicht nur stumm liest, sondern sie gelegentlich auch laut rezitiert, dem muss dieses πρὸς τὸν θεόν hart aufstoßen. Es klingt irgendwie falsch. Denn diese Präposition pros drückt zusammen mit dem Akkusativ  stets eine Richtung, eine Bewegung aus, fast niemals aber einen ruhenden Ort – pros mit Akkusativ bedeutet motus ad locum, nicht situs in loco. Dies gilt unverrückbar für die gesamte griechische Sprache bis weit über die Zeitwende hinaus – es gilt ohne Ausnahme auch für den Sprachgebrauch des Evangelisten Johannes.

Ich meine aus diesem Grund, dass die übliche vulgärsprachliche Übersetzung  nach der Vulgata „et verbum erat apud deum“ – „und das Wort war bei Gott“ den Sinn des zweifelsfrei überlieferten originalen griechischen Wortlautes nicht treffend wiedergibt.

Denn die Präpositionen bei oder auch lateinisch apud drücken keine Bewegung, sondern einen festen Ort aus. Ihr seht: Wie der arme Faust bin ich unzufrieden mit den jahrtausendealten verehrten Übersetzungen. Sie sind mir zu statisch, nicht dynamisch genug!

Es gibt jedoch eine Übersetzungsmöglichkeit, die das im griechischen Text Angelegte besser verstehbar macht, nämlich das lateinische „ad“ bzw. das deutsche „zu“.

Ich meine somit, als Übersetzung des griechischen

καὶ ὁ Λόγος ἦν πρὸς τὸν Θεόν

folgende Möglichkeiten vorschlagen zu dürfen:

lateinisch: et verbum erat ad deum

deutsch: und das Wort war zu Gott

Dieser deutsche Satz klingt ungewöhnlich, klingt gewagt – und genau so klingt auch das griechische Original, wie jeder gute Kenner des Griechischen bestätigen wird.

Wagnis – Ungewöhnliches – Regelverletzung!

Diese beiden Übersetzungen sind grammatisch zweifellos näher am griechischen Wort, sie eröffnen darüber hinaus ein räumlich-bildliches Verständnis des Prologs, das geeignet ist, auch die nachfolgenden Texte und Gleichnisreden besser, nämlich körperlicher zu begreifen. Man braucht dann viel weniger Theologie, viel weniger Kommentar, viel weniger Regalmeter Sekundärliteratur, wenn man mithilfe guter, freilich unerlässlicher Vertrautheit mit dem Griechischen versucht, diesen Grundtext, wie ihn der arme Faust nennt, besser zu verstehen.

Johannes sagt also:

Das Wort war zu Gott.

Es war nicht ortsfest, nicht am festen Ort angekommen, es war am Anfang nicht bei Gott, sondern es war unterwegs, es war gerichtet auf denjenigen, den keiner je gesehen hat.

Quellen:

Muslims and the Koran: In the beginning were the words | The Economist December 31st 2011-January 6th 2012, Seite 42-43

Johann Wolfgang Goethe: Faust. Texte. Herausgegeben von Albrecht Schöne. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main, 1999, S. 61

Nestle-Aland: Novum testamentum graece, ed. vicesima septima, Deutsche Bibelgesellschaft, Suttgart 1999, S. 247

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Aug. 272011
 

Toller Katalog der Gesichter der Renaissance-Ausstellung! Ich werde mir alle Bilder erst einmal im Katalog erschließen und erlesen, ehe ich dann den großen Gang in all die Herrlichkeiten unternehme! Eines macht mich stutzig, nämlich folgende Behauptung:

Wenn man ein Hermelin fangen will, braucht man nur den Weg zum Nest zu beschmutzen. Es wird sich lieber fangen lassen als das weiße Fell zu beschmutzen. Malo mori quam foedari, schön und gut, aber: Ob Leonardo da Vinci das glaubte?

Katalog:
Gesichter der Renaissance. Meisterwerke italienischer Porträt-Kunst. Für die Gemäldegalerie – Staatliche Museen zu Berlin und das Metropolitan Museum of Art, New York. Hg. von Keith Christiansen und Stefan Weppelmann. Hirmer Verlag, München 2011, 420 Seiten, hier: S. 73-74

Museum Berlin | Homepage zur Ausstellung Gesichter der Renaissance im Bode-Museum – Home

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Beatus ille vir qui procul negotiis …

 Antike, Elektromobilität, Latein, Russisches, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für Beatus ille vir qui procul negotiis …
Mai 242011
 

… so begann der göttliche Horaz einst seine Ode an des müßige Leben jenseits der hektischen Geschäfte in der Hauptstadt.

Erquickende Muße verschaffte mir heute nach anstrengendem Tagewerk in der geschäftigen Hauptstadt eine Übersetzungsanfrage einer russischen Freundin, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Ich unterbreite hiermit meine lateinischen Vorschläge den kundigen Männern und Frauen dort draußen in der Weite des retis retorum digitalis. 

„Du kannst doch fast alle Sprachen! Also übersetze mal folgende Wörter ins Lateinische!“

слова двадцатого века:
искусственный спутник satellites terrae artificialis („künstlicher Begleiter der Erde“)
одноразовая посуда vasa abicienda [post primum usum] („[nach dem ersten
Gebrauch] wegzuwerfende Gefäße“)
противозачаточная таблетка  pillula anticonceptionalis
(„empfängniswidriges Kügelchen“)
интернет retis retorum digitalis („zum Finger gehöriges Netz der Netze“)
резиновая женщина meretrix resinata („harzige Hure“)
фаст-фуд cena statim devoranda („sofort zu verschlingendes Essen“)
синтетические колготки bracae aderentes muliebres („anliegende Hosen des
> Weibes“)
спид infirmitas immunologica multiformis aquisita („erworbene mehrfache
Immunschwäche“)
фломастер penna pilleata („mit einer Filzkappe versehene Feder“)

Imago: Carrus vi electrica propulsus, pronuper visus in campo cortilis templarii mese Maio A.D. MMXI

Lexicon Recentis Latinitatis, parvum verborum novatorum Léxicum

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Ist krude alternativlos?

 Deutschstunde, Fahrrad, Italienisches, Klimawandel, Latein, Musik, Sprachenvielfalt, Verdummungen  Kommentare deaktiviert für Ist krude alternativlos?
Jan. 212011
 

18012011289.jpgDas Unwort des Jahres soll „alternativlos“ sein. Gut gemacht. Dieses Blogs bester Beleg dafür – entnommen der Broschüre „Sicher im Sattel“ von unseren durchweg akademisch gebildeten Berliner Grünen (siehe dieses Blog am 25.06.2010):

Die uneingeschränkte Förderung des Radverkehrs ist klimapolitisch alternativlos.

HERR-licher Satz! Alternativlos glücklich macht er den Liebhaber des Radverkehrs.

Ein reines Bildungsbürgerwort ist auch das Wort „krude“. Ich schlüg es gern als Unwort vor, ich grüb es gern in jedes Rindenalbum unfreiwilliger Begriffsduselei ein. Als Gymnasiast las ich eifrig Theodor W. Adorno und schnappte dort das fetischartig als Waffe verwendete Wort „krude“ auf. In den Deutschaufsätzen verwendete ich ich das Wort krude recht fleißig. Mancher Lehrer schalt mich darob: „Verwende nicht so viele Fremdwörter!“

In Italien, während meiner Gastarbeiterjahre, lernte ich geschmäcklerisch zwischen rohem und gekochtem Schinken, zwischen prosciutto crudo und prosciutto cotto zu unterscheiden.

In der Tat: Sowohl das deutsche Wort krude als auch das italienische crudo stammten vom lateinischen crudus ab.

Ist das Wort krude wirklich so alternativlos, dass Hinz und Kunz es auf Schritt und Tritt polternd verwenden müssen? Sarrazins krude Thesen, wie der SPIEGEL einige tausend Mal schrieb, Lötzsch‘ krude Theorien – das Wort hat einen schwindelerregenden Höhenflug hingelegt – möge es jetzt zerplatzen wie ein Meteor am Himmel der Geistesarmut! CSU-General Alexander Dobrindt hat jetzt schnurstracks das typische Salonkommunisten-, Toskanafraktions-  und Bildungsbürgerwort „krude“ postwendend an die Linke zurückgeschickt und damit diesem Unwort ironisch-eifernd das unübertreffliche Sahnehäubchen aufgesetzt! Lest:

Kommunismus-Debatte – „Der Linken ist die eigene Vorsitzende peinlich“ – Politik – Berliner Morgenpost – Berlin
Dobrindt kritisierte die fehlende Bereitschaft der Linken, „ihre kruden Kommunismustheorien“ offen und ehrlich im Bundestag zu diskutieren.

Welche anderen deutschen Wörter bieten sich als Alternativen zu krude an?

Hier kommen einige wenige:

roh, ungeschliffen, grobschlächtig, blutig-anfängerhaft, blutig, unbehauen, tumb, dreist, dumm, tölpelhaft, polternd, grob, unbesonnen, vorschnell, unbedacht, unklug, täppisch, einfältig, grob, holzschnittartig, gewaltsam vereinfachend, bärbeißig, strohdumm, unbeholfen, hölzern, gewaltsam, tolpatschig, ungeschlacht, flach, engherzig, kaltherzig, duselig, dusslig, vorgestanzt, gefühllos, hartherzig, unbelehrbar, unbelehrt, uneinsichtig, sinnfrei

Es hülfe bereits, wenn man in Wendungen wie „Sarrazins krude Thesen“ oder „Lötzsch‘ kruder Theorie“ das Wort krude durch ein anderes Wort ersetzte! Versucht es! Spielt mit Worten! Erkundet die Klangfülle der deutschen Sprache! Schreibt weniger voneinander ab!

Sucht selbst weitere Alternativen zu krude! Bedenkt: Weniges im Leben – außer dem Tod – ist alternativlos.

Bild: Roher Bretterboden, kurz vor dem Auftritt des Artemis-Quartetts im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie, aufgenommen vorgestern


 Posted by at 15:25
Sep. 132009
 

Eine der besten Reden, die ich in den letzten Wochen lesen konnte, ist die Rede des Kaisers Claudius. Ihm wurde eines Tages im Senat vorgeworfen, er spreche zu vielen Menschen das Bürgerrecht zu.  Aber er weist das zurück: seit jeher habe Roms Größe darin bestanden, ehemalige Nachbarn, ja ehemalige Feinde zu Staatsbürgern zu machen. Dazu gehörten nicht zuletzt seine eigenen Vorfahren und die der meisten Anwesenden! Absolut richtig! Das Imperium romanum hat immerhin mehr als 1000 Jahre gehalten. Stabilität eines staatlichen Gebildes hängt nicht zuletzt davon ab, ob es einen einbeziehenden, für Außenstehende zugänglichen Begriff der Staatsbürgerschaft hat. Die Römer haben das geschafft. Anders die Griechen, deren staatliche Gebilde aus heutiger Sicht sehr empfindlich waren – zu stark eine Bürgerschaft aus verschiedenen Klassen hatten. Die einheitliche Staatsbürgerschaft durch Geburt auf römischem Boden – das war die zukunftsweisende Großtat des 1. Jahrhunderts. Einer der ersten, die davon profitierten, war Saulus aus Tarsos, der spätere Apostel Paulus.

Aber lest selbst. Tacitus berichtet in Annales, 11.24:

Tacitus: Annales XI
His atque talibus haud permotus princeps et statim contra disseruit et vocato senatu ita exorsus est: ‚maiores mei, quorum antiquissimus Clausus origine Sabina simul in civitatem Romanam et in familias patriciorum adscitus est, hortantur uti paribus consiliis in re publica capessenda, transferendo huc quod usquam egregium fuerit. neque enim ignoro Iulios Alba, Coruncanios Camerio, Porcios Tusculo, et ne vetera scrutemur, Etruria Lucaniaque et omni Italia in senatum accitos, postremo ipsam ad Alpis promotam ut non modo singuli viritim, sed terrae, gentes in nomen nostrum coalescerent. tunc solida domi quies et adversos externa floruimus, cum Transpadani in civitatem recepti, cum specie deductarum per orbem terrae legionum additis provincialium validissimis fesso imperio subventum est. num paenitet Balbos ex Hispania nec rninus insignis viros e Gallia Narbonensi transivisse? manent posteri eorum nec amore in hanc patriam nobis concedunt. quid aliud exitio Lacedaemoniis et Atheniensibus fuit, quamquam armis pollerent, nisi quod victos pro alienigenis arcebant? at conditor nostri Romulus tantum sapientia valuit ut plerosque populos eodem die hostis, dein civis habuerit. advenae in nos regnaverunt: libertinorum filiis magistratus mandare non, ut plerique falluntur, repens, sed priori populo factitatum est. at cum Senonibus pugnavimus: scilicet Vulcsi et Aequi numquam adversam nobis aciem instruxere. capti a Gallis sumus: sed et Tuscis obsides dedimus et Samnitium iugum subiimus. ac tamen, si cuncta bella recenseas nullum breviore spatio quam adversus Gallos confectum: continua inde ac fida pax. iam moribus artibus adfinitatibus nostris mixti aurum et opes suas inferant potius quam separati habeant. omnia, patres conscripti, quae nunc vetustissima creduntur, nova fuere: plebeii magistratus post patricios, Latini post plebeios, ceterarum Italiae gentium post Latinos. inveterascet hoc quoque, et quod hodie exemplis tuemur, inter exempla erit.‘

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Sep. 162008
 

In der Berliner Zeitung lesen wir heute:

Berliner Zeitung – Aktuelles Wissenschaft – Deutsche finden fremdartige Raubameise
Washington/Karlsruhe – Karlsruher Forscher haben im brasilianischen Regenwald die primitivste lebende Ameise gefunden. Das Tier erschien ihnen so fremd, als stamme es von einem anderen Planeten.

Daher wählten sie den Namen Martialis heureka – etwa: «Hurra, ich habe die gefunden, die vom Mars stammt». Nach einem Gentest – die DNA dafür stammte aus dem rechten Vorderbein – wurde die neue Art in eine eigene Unterfamilie geordnet.

Wie ist dieser neue Name zu beurteilen? Er scheint dem anerkannten Gebot der internationalen zoologischen Verbände gerecht zu werden, Lateinisch zu sein oder wie Lateinisch zu klingen. Aber aufgepasst! Heureka ist griechisch. Es heißt: Ich habe gefunden – ein resultatives Perfekt. Martialis wiederum klingt nicht nur lateinisch, es ist sogar Lateinisch! Das Wort bedeutet tatsächlich „zum Mars gehörig“. Es diente auch als geläufiger römischer Vorname. Doch Vorsicht: In diesem lateinisch-griechischen Mischgebilde müsste das Adjektiv im Akkusativ stehen. Also „Martialem heureka“.  So würde es mir gefallen. Bin ich mit dieser Korrektur ein Besserwisser und Nörgler? Nein – nur ein Sprachpfleger.

Denn ich meine: Griechisch, Latein und Hebräisch – diese drei Sprachen stehen am Anfang unserer gemeinsamen europäischen Kultur. Sie bergen den Mutterboden. Es sollte zu allen Zeiten einige, oder besser viele Leute geben, die sich um sie kümmern, die sie erlernen und an die Jugend weitergeben.

Es gilt nicht nur, brasilianische Raubameisen zu benennen, sondern die Grundworte unseres Denkens weiterhin verständlich zu halten.

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Sind die Parteien mit ihrem Latein am Ende?

 Altparteien, Antike, Friedrich Merz, Latein, Parteienwandel, Staatlichkeit  Kommentare deaktiviert für Sind die Parteien mit ihrem Latein am Ende?
Aug. 232008
 

Heute widmet 3sat der quicklebendigen Sprache Latein einen ganzen Sendetag. Bene, da wollen wir nicht hinterdreinhinken und unser Thema wieder aufgreifen: Sind die Parteien mit ihrem Latein am Ende? Mitglieder und Wähler laufen davon, wirtschaftspolitische Experten wie etwa Rainer Wend, Friedrich Merz, Matthias Wissmann, Hildegard Müller oder Rainer Göhner verlassen die politische Bühne, die Personaldecke ist dünn. Kann man sich auf Lateinisch einen Reim drauf machen?

Gab es denn im alten Rom schon Parteien? Ja, zwar war Rom keine parlamentarische Demokratie, aber sehr wohl gab es Parteien und Grüppchen zuhauf, Vetternwirtschaft und Ämterpatronage ebenso – alles Dinge, die in offenen Staatsformen jederzeit auftreten können. Es gab sogar im Ansatz eine Lehre von den Parteientypen – nämlich die Unterscheidung in die Volksparteien (populares), die Eliteparteien (optimates) und die Milieu- oder Klientelparteien (clientelae).

Was machte gute Politiker aus, die sich aus jenen Parteien rekrutierten? Cicero sagt: die Fähigkeit, über die eigenen Wähler- und Klientelgruppen hinauszureichen und das Gemeinwohl in den Blick zu nehmen. Er schreibt im ersten Buch von De officiis:

[85] Omnino qui rei publicae praefuturi sunt duo Platonis praecepta teneant: unum, ut utilitatem civium sic tueantur, ut quaecumque agunt, ad eam referant obliti commodorum suorum, alterum, ut totum corpus rei publicae curent, ne, dum partem aliquam tuentur, reliquas deserant. Ut enim tutela, sic procuratio rei publicae ad eorum utilitatem, qui commissi sunt, non ad eorum, quibus commissa est, gerenda est. Qui autem parti civium consulunt, partem neglegunt, rem perniciosissimam in civitatem inducunt, seditionem atque discordiam; ex quo evenit, ut alii populares, alii studiosi optimi cuiusque videantur, pauci universorum.

[86] Hinc apud Athenienses magnae discordiae, in nostra re publica non solum seditiones, sed etiam pestifera bella civilia; quae gravis et fortis civis et in re publica dignus principatu fugiet atque oderit tradetque se totum rei publicae neque opes aut potentiam consectabitur totamque eam sic tuebitur, ut omnibus consulat. Nec vero criminibus falsis in odium aut invidiam quemquam vocabit omninoque ita iustitiae honestatique adhaerescet, ut, dum ea conservet, quamvis graviter offendat mortemque oppetat potius, quam deserat illa, quae dixi.

Der Parteienzwist und Parteienhader wird also von Cicero nicht als friedliches Wetteifern empfunden, sondern als tödliches Gegeneinander in Bürgerkrieg und Meuchelmord. Nur jene können gute Staatenlenker genannt werden, die es verstehen, das politische Amt im Sinne aller ihrer Auftraggeber auszufüllen. Macht, die um ihrer selbst willen erstrebt wird, schlägt unheilvoll auf das Gemeinwohl durch. Mit dieser Verpflichtung auf das Gemeinwohl und der Geringschätzung einer bloß parteigebundenen Sichtweise hat diese vielgelesene Schrift Ciceros das Staatsdenken vieler Jahrhunderte beeinflusst und mit dazu beigetragen, dass Parteien vielfach nicht als Chance, sondern als Bedrohung empfunden werden. Diese tiefverwurzelten Vorurteile sollten die Parteien auch heute nicht ruhen lassen.

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